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Slowenien sucht Weg aus der Krise

Zmajček

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Slowenien sucht Weg aus der Krise

Während sich die EU-Staaten und die Länder Ost- und Südost-Europas auf dem Weg der wirtschaftlichen Erholung befinden wird Sloweniens Dynamik von hausgemachten Problemen behindert. Die Lösung soll nun angegangen werden.


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In Ljubljana regiert momentan die Krisenfeuerwehr


Während die Konjunktur rundum an Fahrt gewinnt, findet die slowenische Wirtschaft nur zögerlich aus dem Tief. Schuld daran ist nach Ansicht von Experten der beispiellose Zusammenbruch der Bauwirtschaft, die sich mit auf Pump finanzierten Immobilienprojekten verspekulierte. Seit zu Silvester auch der bisher solide Branchenprimus SCT den Gang zum Konkursrichter antreten musste, brennt der Hut. Eine Konkurswelle, die tausende Jobs bei anderen Baufirmen kosten dürfte, zeichnet sich ab. Die Regierung will der Branche daher mit einer Bau-Offensive unter die Arme greifen.

Baubranche muss saniert werden

"Wir müssen dieser Branche helfen, weil sie eine große Multiplikatorwirkung hat. Die Probleme übertragen sich nämlich auf die Subunternehmer und deren Subunternehmer", sagte Finanzminister Franc Krizanic jüngst der Wirtschaftszeitung "Finance". Tatsächlich sind im Sog der SCT-Pleite auch die mittelgroßen Bauunternehmen Primorje und CPM ins Wanken geraten, ein Dominoeffekt droht. Die Gewerkschaften fordern daher ein gewaltiges Investitionsprogramm, um einen Kollaps des Sektors abzuwenden. "Wir erwarten einen Investitionsschub von der Regierung, eine Art 'New Deal'", sagte Baugewerkschafter Oskar Kosmac. Er wies darauf hin, dass jeder Arbeitsplatz in der Bauwirtschaft "zwei oder drei Arbeitsplätze in anderen Bereichen" schaffe.

Der Bausektor ist in Slowenien ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Rund jeder zehnte Arbeitnehmer ist in der Bauwirtschaft tätig, und viele von ihnen haben seit Monaten keinen Lohn gesehen. Die sich so ergebenden negativen Auswirkungen auf den Binnenkonsum sind aber fast schon ein zu vernachlässigender Nebenaspekt der Baukrise. Gefährlich sind vor allem die hohen Außenstände der Baukonzerne bei den Banken, die sich laut einer früheren Schätzung auf 3 Mrd. Euro summieren. Ein großer Teil dieser Summe könnte nun uneinbringlich sein, was verheerende Auswirkungen auf den Finanzsektor hätte. So hat etwa die staatliche Nova Ljubljanska banka Medienberichten zufolge allein bei SCT ein Exposure von über 100 Mio. Euro.

Bausektor als stotternder Motor

Der slowenische Wirtschaftsboom in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrzehnts mit Wachstumsraten über 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) war vor allem dem Bausektor zu verdanken, der sich im Zuge des slowenischen Euro-Beitritts im Jahr 2007 mit billigem Geld versorgen konnte. Nun erweist sich die Baukrise als Bleigewicht an den Beinen der slowenischen Wirtschaft, die kaum von der Erholung auf den Exportmärkten profitieren kann. Für heuer wird gerade einmal ein Wachstum von 1,3 Prozent des BIP erwartet.

"Die Bauwirtschaft ist zusammen mit dem Finanzsektor in großem Maße für unsere Probleme verantwortlich", resümiert der renommierte Ökonom und Ex-Wirtschaftsminister Joze Mencinger. Er weist darauf hin, dass die exportorientierte slowenische Wirtschaft höchstens ein Wachstum von 4 Prozent des BIP aus eigener Kraft generieren kann, alles andere gehe nur auf Pump. Eben dies sei in den Boomjahren der Fall gewesen. Der Zusammenbruch zahlreicher slowenischer Großunternehmen unter erdrückender Schuldenlast - Baukonzerne wie SCT oder Vegrad sind hier nur die Spitze des Eisbergs - gibt ihm Recht.

Die slowenische Mitte-Links-Regierung ringt vor diesem Hintergrund fieberhaft um eine Stützung des Bausektors. So denkt die Regierung darüber nach, tausende von den Baukonzernen errichtete Eigentumswohnungen - die wegen der Finanzkrise unverkäuflich sind - aufzukaufen und als Mietwohnungen anzubieten.

Öffentliche Aufträge sollen es richten

Der Staat will auch Straßenbau- und Eisenbahnprojekte sowie die thermische Sanierung öffentlicher Gebäude wie Schulen vorantreiben, um einen völligen Zusammenbruch des Bausektors zu verhindern, kündigte Wirtschaftsministerin Darja Radic an. Zu Aufträgen sollen die Bauunternehmen auch durch eine Gesetzesänderung kommen, die den Bau kleinerer Gebäude "in Eigenregie" einschränkt. Damit sollen auch Häuslbauer dazu gezwungen werden, konzessionierte Bauunternehmen anstelle der bisherigen "Nachbarschaftshilfe" in Anspruch zu nehmen.

Experten bezweifeln aber, dass diese Maßnahmen ausreichen werden. Der slowenische Bausektor, dem auch das Auslaufen des milliardenschweren Autobahnbauprogramms zu schaffen macht, gilt nämlich als deutlich überdimensioniert. Nach Einschätzung der slowenischen Wirtschaftskammer müssen weitere 15.000 Jobs in der Branche abgebaut werden, um den Marktanforderungen gerecht zu werden. Es gebe einfach zu wenig Aufträge, sagte der Leiter der Sektion Bauwirtschaft bei der Wirtschaftskammer, Joze Renar. Im Vorjahr habe es um 35 Prozent weniger Aufträge gegeben als im Jahr 2008, womit man sogar unter das Niveau des Jahres 2005 gefallen sei.​
 
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