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Die frühen Seldschuken in Xorâsân
Der Historiker und Geograph Abu Sa’id Abdul-Hay ibn Dhaḥḥāk ibn Maḥmūd Gardīzī ابوسعید عبدالحی بن ضحاک بن محمود گردیزی berichtet in seinem Werk Zayn al Axbâr sehr detailliert, wie Teile der türkischen Seldschuken bereits vor ihrer militärischen Invasion nach Iran gelangt sind. Dieses Meisterwerk der Prosa in persischer Sprache aus der Samaniden Zeit, hatte er seinem Gönner Zaynol Mellah Abdor Rašid Ebne Maudud Ghaznawiزینالملة عبدالرشید بن مودود غزنوی gewidmet:
Zu Lebzeiten Soltan Mahmud Ghaznawis محمود غزنوی vollzog sich der Niedergang Persiens durch den Beginn der türkischen Invasion prinzipiell durch eine genehmigte Einwanderung und dem unkontrollierten Nachzug von Stammesangehörigen. Gardizis kritische Haltung in seinem Werk Zayn al Axbâr gegenüber den türkischen Ghaznawiden und türkischen Seldschuken, die er als Zeitzeuge im frühen 11. Jahrhundert miterlebte, verewigte er in diesem Werk, das später, im Jahre 1968 als kritische Ausgabe von Abd al-Ḥayy Ḥabībī in Teheran, unter dem Titel Târixe Gardizi [Die Geschichte Gardizis] erschienen ist. Gardizi schrieb sein Werk in persischer Sprache und nicht wie damals üblich, in arabischer Sprache und das war daher, allein schon aus diesem Grund, eine Provokation in jener Zeit. Als Historiker und Geograph war Gardizi einer der großen Männer seiner Zeit.
In diesem Werk berichtet uns Gardizi, dass als Soltan Mahmud Ghaznawi im Jahre 417 n. Hidjra [1026] in Transoxanien verweilte, er mit einer Gruppe von Repräsentanten aus Xorâsân, die militärischen Führer von Turkestan in Transoxanien traf, und die Türken sich über die Tyrannei der Khane und die erniedrigende Behandlung, derer sie in ihren Händen ausgesetzt waren, beschwerten und Turkestan, ihre Heimat, verlassen wollten. Sie sagten: „Wir wählen 4000 Familien aus, wenn der König einen Befehl erlassen könnte, der uns erlaubt den Amu Darja [Oxus] zu überqueren, um in Xorâsân zu siedeln; der König wird sicher erleichtert sein und sie sagten, es gibt viel Platz in deinem Reiche für uns, denn wir sind Menschen der Steppe und besitzen riesige Schafherden und darüber hinaus könnten wir dich mit Kämpfern für deine Armee versorgen.“
Soltan Mahmud Ghaznawi stimmte dem Wunsch zu und ließ die Familien der 4000 Seldschuktürken in Xorâsân siedeln, denn er sah einen Vorteil darin, frische Kämpfer für seine Armee zu bekommen. Er machte ihnen deshalb Mut und Hoffnung für ein gutes Auskommen und erließ ein Dekret, das ihnen erlaubte den Amu Darja zu überqueren. Mit seinem Einverständnis siedelten nun 4000 türkische Familien, Männer, Frauen und Kinder mit ihrer Habe, ihren Schafen, Kamelen, Eseln und Pferden in den Steppenregionen von Sarakh, Farāwa und Bāward, schlugen ihre Zelte auf und blieben von nun an in Xorâsân. Als Soltan Mahmud Ghaznawi bei seiner Rückkehr aus Transoxanien den Amu Darja überquerte, besuchte ihn der Statthalter der Stadt Tus, Abu’l Hārith Arslān al-Jādhib der von diesem Dekret erfahren hatte und sagte zu ihm: „Warum hast Du diesen Türken erlaubt in deinem Reich zu siedeln? Du hast einen großen Fehler gemacht! Jetzt, wo Du zugestimmt hast, bleibt Dir nur noch sie alle zu töten, oder erlaube mir wenigstens ihre Daumen abzuschneiden, so dass sie nicht mehr in der Lage sind Bogen zu schießen.“ Die Menschen hatten damals, bereits vor der türkischen Invasion, große Angst vor den Turkstämmen und genau wie der Statthalter von Tus wussten die Menschen, dass diese Türken nichts Gutes verheißen. Soltan Mahmud Ghaznawi war erstaunt über die Forderung des Statthalters von Tus und bezeichnete ihn als einen mitleidlosen und hartherzigen Mann. Der Statthalter von Tus antwortete ihm: „Wenn du das nicht tust, wirst Du es noch bitter bereuen.“ Und genau das geschah, es gab zu keiner Zeit ein friedliches Auskommen mit diesen integrationsunfähigen Türken.
Soltan Mahmud Ghaznawi ging dann von Balkh nach Ghazni, verbrachte den Sommer dort und im Winter begann er, wie schon so oft, einer seiner vielen Feldzüge nach Indien. Als er aus Indien, Ende des Jahres 418 n. Hidjra [Januar 1027] zurückgekehrt war, kamen die Menschen von Nāsa, Sarakh, Bāward und Farāwa an den ghaznawidischen Hof, um sich über die Gewalt und Tyrannei der Türken, die Soltan Mahmud Ghaznawi in diesen Gebieten hatte siedeln lassen und deren Barbarei sie permanent in diesen Regionen ausgesetzt waren, zu beschweren.
Gardizi schrieb, dass Soltan Mahmud Ghaznawi daraufhin einen Brief an den Statthalter von Tus, Abu’l Hārith Arslān al-Jādhib verfasste und ihn bat, die Türken, die er in Xorâsân hatte siedeln lassen, zu bestrafen und ihrer Tyrannei gegen die einheimische Bevölkerung Einhalt zu gebieten. Der Statthalter von Tus sammelte daraufhin seine Armee und führte die ihm befohlene Strafaktion gegen die Türken, deren Zahl mittlerweile enorm zugenommen hatte, durch. Die Türken kamen ihm entgegen, kämpften gegen den Statthalter von Tus und töteten und verwundeten viele seiner Soldaten. Der Statthalter von Tus setzte mehrere Angriffe gegen diese Türken in Gang, aber er konnte nichts erreichen und die Beschwerden über die Tyrannei dieser Türken und die Hilferufe der einheimischen Bevölkerung, hörten nicht auf den Hof in Ghazni zu erreichen.
Soltan Mahmud Ghaznawi sandte deshalb dem Statthalter von Tus einen weiteren Brief, indem er dem Statthalter die Schuld für die Misere gab und ihm Schwäche vorwarf. Abu’l Hārith Arslān al-Jādhib antwortete ihm: „Die Türken sind extrem stark geworden und die einzige Möglichkeit dieses Unheil zu beseitigen, ist dein persönliches Erscheinen in dieser Angelegenheit. Wenn nicht der Herr selbst kommt, um diesen Schaden zu beheben, werden sie noch stärker werden und das Problem wird noch größer werden.“ Als Soltan Mahmud Ghaznawi diesen Brief las, wurde er unruhig und verzweifelt, doch er zögerte nicht und mobilisierte seine Armee.
Im Jahre 419 n. Hidjra [1028] verließ er Ghazni und machte sich an der Spitze seiner Armee auf den Weg nach Tus. Der Statthalter von Tus kam ihm entgegen und begleitete ihn. Als Soltan Mahmud Ghaznawi nach einem Situationsbericht fragte, gab der Statthalter ihm detaillierte Auskunft darüber, was hier geschah und gab Auskunft über die Truppenstärke des Feindes. Soltan Mahmud Ghaznawi erteilte daraufhin den Befehl, dass eine Vielzahl seiner Soldaten und Offiziere den Statthalter von Tus begleiten sollten, um die Türken, die sich in Xorâsân festgesetzt hatten und die einheimische Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzten und permanent drangsalierten, anzugreifen.
Als die ghaznawidische Armee Farāwa erreicht hatte, standen sich beide Seiten gegenüber. Die Türken, mit einer großen Anzahl von Soldaten zeigten sich kühn und selbstbewusst und die Schlacht begann. Die ghaznawidischen Kräfte zeigten sich selbst ebenso stark und entschlossen, besiegten die Türken, töteten 4000 türkische Reiter und nahmen viele gefangen. Die noch übrig gebliebenen Türken flohen nach Balkhān [Kūh] und Dihistān und die Verwüstungen, die sie in der Region Xorâsân regelmäßig angerichtet hatten, wurden von nun an, bis zum Tod Soltan Mahmud Ghaznawis, weniger.
Soltan Mahmud Ghaznawi hatte ca. 50.000 Türken in Xorâsân siedeln lassen und schon bald waren einzelne Gruppen der in Xorâsân angesiedelten Türken auch in Richtung Kerman und Isfahan aufgebrochen, um auch in anderen Gegenden Persiens zu siedeln. Soltan Mahmud Ghaznawi hatte dem Statthalter von Kerman und Isfahan befohlen, dass er diese Türken sofort entweder lebendig oder tot nach Xorâsân zurückbringen solle. Die abtrünnigen türkischen Stämme erfuhren dann vom Vorhaben des Statthalters, befreiten sich, flüchteten nach Āzārbāyjān und beraubten und töteten viele Menschen auf ihrem Weg.
Auch die in der Provinz Xorâsân noch verbliebenen Türken hatten ständig für Unruhe, Krieg, Plünderungen, Tod und Verderben gesorgt, so dass Soltan Mahmud Ghaznawi immer wieder gegen sie Truppen geschickt hatte, bis er sie schließlich selbst besiegte und bis an die Grenzen Xorâsâns und Turkestans verfolgte und sie zwang dort zu bleiben.
Aber im Jahr 421 n. Hidjra [1030] starb Soltan Mahmud Ghaznawi. Sein Sohn Mohammad hatte in Ghazni den Thron für sich beansprucht und führte nun Kriege gegen seinen Bruder Massoud der in der Stadt Rayy regierte und unzählige Türken nach Persien holte, um mit ihrer Hilfe gegen seinen Bruder zu kämpfen. Als er seinen Bruder besiegt hatte und dann König wurde, siedelte er die Türken wieder in der Provinz Xorâsân an und viele dieser erst kürzlich angekommenen Türken dienten dann in seiner Armee. Doch Soltan Massoud Ghaznawi wurden diese Türken ebenfalls gefährlich und er suchte einen Vorwand sie los zu werden und zu töten. Er befahl seinem Feldherrn Tâš, der gleichzeitig der Statthalter von Rayy war, diese Türken nach Rayy zu bringen und sie dort zu töten. Doch in Rayy angekommen, töteten diese Türken den Feldherrn Tâš, plünderten die Stadt Rayy und verjagten die getreuen Diener Soltan Massoud Ghaznawis aus der Stadt. Die türkischen Seldschuken, die Soltan Mahmud Ghaznawi damals vertrieben hatte, hatten zu jener Zeit bereits den Amu Darja noch einmal überquert und waren bereits in der Provinz Xorâsân eingefallen. Soltan Massoud Ghaznawi musste nun gegen die Seldschuken in einem von Türken überfluteten Xorâsân kämpfen und konnte sich nicht mehr auf die Türken in Rayy konzentrieren und daher blieben viele dieser Türken in Rayy, während ein Teil dieser Türken sich auf den Weg nach Āzārbāyjān machten. Soltan Massoud Ghaznawi hatte 1040 n.Chr. die Entscheidungsschlacht von Dandanaqan gegen die türkischen Seldschuken verloren und wurde von den türkischen Seldschuken im Jahre 1041 n. Chr. hingerichtet. Der türkische Seldschuke Tuğrul Beg hatte sein Reich von Tag zu Tag vergrößert und seine Dynastie mittlerweile gefestigt und im Jahre 1068 n.Chr. erreichten seine Truppen Āzārbāyjān.
Gardizi schrieb über die Folgen des Todes Soltan Mahmud Ghaznawis: „[…] sein Licht war erloschen, die Barmherzigkeit Gottes sei mit ihm und seine Ruhestätte möge erleuchtet werden. Soltan Mahmud Ghaznawi starb am 30. April des Jahres 421 n. Hidjra [1030]. Mit seinem Tod wurde eine ganze Welt ins Verderben gestürzt und die Abscheulichen wurden erhöht und diejenigen, die großartig waren wurden erniedrigt.“
Der mittlere Osten nach dem Ende der türkischen Gaznawiden
Obwohl Soltan Mahmud Ghaznawi selbst türkischer Abstammung, aus dem Geschlecht der türkischen Gaznawiden war, und seine siebzehn Feldzüge nach Indien und die von ihm begangenen Verbrechen und Plünderungen, eine wahre Schande für Persien waren, gelang es ihm noch den östlichen Teil Persiens zusammenzuhalten und die Türken an den Grenzen Xorâsâns zu halten, während im Westteil Persiens die iranischen Buyyiden regierten und den Westteil Persiens zur wirtschaftlichen und kulturellen Blüte verhalfen. Seine Söhne hatten weniger Erfolg gehabt. Es kam in der Folge daher nicht nur zum Zusammenbruch des unter ghaznawidischer Herrschaft stehenden Ostpersien, sondern auch zum Zusammenbruch Westpersiens, das unter buyyidscher Herrschaft stand und den türkischen Aggressionen nicht mehr standhalten konnte.
Die Einwanderungspolitik Soltan Mahmud Ghaznawis in Bezug auf die Türken und die militärischen Niederlagen seines Sohnes Soltan Massoud Ghaznawis gegen die Türken, sowie auch seine Einwanderungspolitik, ermöglichten von nun an die Türkisierung Persiens und dem Rest Westasiens.
Soltan Mahmud Ghaznawi hatte riesige Territorien in Indien gesäubert und für den Islam vorbereitet und das Jahrhunderte später entstandene britische, künstliche Konstrukt Pakistan ist eine direkte Folge der militärischen Aktivitäten Soltan Mahmud Ghaznawis in Indien. Gardizi ahnte wohl, dass die Welt von nun an nicht mehr dieselbe sein wird. Die Türken errichteten bald danach das Reich der Groß-Seldschuken und überzogen Persien und Westasien mit Blut und Feuer; man wurde die Türken und die türkische Unkultur, die man einst ins Land gelassen hatte nie wieder los –bis heute nicht. Die ständigen sarazenischen und seldschukischen Aggressionen hatten später auch das oströmische Reich Byzanz, das Jahrhunderte lang als Bollwerk des christlichen Europa gegen die türkischen und sarazenischen Muslime gedient hatte, zum Einsturz gebracht. Millionen Menschen in Westasien und Afrika wurden nach der Machtergreifung der Seldschuktürken bekriegt, ermordet, vergewaltigt, geplündert und versklavt, ein Schicksal dem Europa nur knapp entging. Das Seldschukenreich ging dennoch unter, doch der Türke und die türkische Unkultur sind geblieben.
[Quellen: Gardīzī, Zayn al Axbâr; Abd al-Ḥayy Ḥabībī, Târixe Gardizi [Die Geschichte Gardizis]; C.E Bosworth, The Ornament of Histories, A History Of The Eastern Islamic Lands AD 650 -1041, CE Bosworth, Encyclopedia Iranica]
Der Historiker und Geograph Abu Sa’id Abdul-Hay ibn Dhaḥḥāk ibn Maḥmūd Gardīzī ابوسعید عبدالحی بن ضحاک بن محمود گردیزی berichtet in seinem Werk Zayn al Axbâr sehr detailliert, wie Teile der türkischen Seldschuken bereits vor ihrer militärischen Invasion nach Iran gelangt sind. Dieses Meisterwerk der Prosa in persischer Sprache aus der Samaniden Zeit, hatte er seinem Gönner Zaynol Mellah Abdor Rašid Ebne Maudud Ghaznawiزینالملة عبدالرشید بن مودود غزنوی gewidmet:
Zu Lebzeiten Soltan Mahmud Ghaznawis محمود غزنوی vollzog sich der Niedergang Persiens durch den Beginn der türkischen Invasion prinzipiell durch eine genehmigte Einwanderung und dem unkontrollierten Nachzug von Stammesangehörigen. Gardizis kritische Haltung in seinem Werk Zayn al Axbâr gegenüber den türkischen Ghaznawiden und türkischen Seldschuken, die er als Zeitzeuge im frühen 11. Jahrhundert miterlebte, verewigte er in diesem Werk, das später, im Jahre 1968 als kritische Ausgabe von Abd al-Ḥayy Ḥabībī in Teheran, unter dem Titel Târixe Gardizi [Die Geschichte Gardizis] erschienen ist. Gardizi schrieb sein Werk in persischer Sprache und nicht wie damals üblich, in arabischer Sprache und das war daher, allein schon aus diesem Grund, eine Provokation in jener Zeit. Als Historiker und Geograph war Gardizi einer der großen Männer seiner Zeit.
In diesem Werk berichtet uns Gardizi, dass als Soltan Mahmud Ghaznawi im Jahre 417 n. Hidjra [1026] in Transoxanien verweilte, er mit einer Gruppe von Repräsentanten aus Xorâsân, die militärischen Führer von Turkestan in Transoxanien traf, und die Türken sich über die Tyrannei der Khane und die erniedrigende Behandlung, derer sie in ihren Händen ausgesetzt waren, beschwerten und Turkestan, ihre Heimat, verlassen wollten. Sie sagten: „Wir wählen 4000 Familien aus, wenn der König einen Befehl erlassen könnte, der uns erlaubt den Amu Darja [Oxus] zu überqueren, um in Xorâsân zu siedeln; der König wird sicher erleichtert sein und sie sagten, es gibt viel Platz in deinem Reiche für uns, denn wir sind Menschen der Steppe und besitzen riesige Schafherden und darüber hinaus könnten wir dich mit Kämpfern für deine Armee versorgen.“
Soltan Mahmud Ghaznawi stimmte dem Wunsch zu und ließ die Familien der 4000 Seldschuktürken in Xorâsân siedeln, denn er sah einen Vorteil darin, frische Kämpfer für seine Armee zu bekommen. Er machte ihnen deshalb Mut und Hoffnung für ein gutes Auskommen und erließ ein Dekret, das ihnen erlaubte den Amu Darja zu überqueren. Mit seinem Einverständnis siedelten nun 4000 türkische Familien, Männer, Frauen und Kinder mit ihrer Habe, ihren Schafen, Kamelen, Eseln und Pferden in den Steppenregionen von Sarakh, Farāwa und Bāward, schlugen ihre Zelte auf und blieben von nun an in Xorâsân. Als Soltan Mahmud Ghaznawi bei seiner Rückkehr aus Transoxanien den Amu Darja überquerte, besuchte ihn der Statthalter der Stadt Tus, Abu’l Hārith Arslān al-Jādhib der von diesem Dekret erfahren hatte und sagte zu ihm: „Warum hast Du diesen Türken erlaubt in deinem Reich zu siedeln? Du hast einen großen Fehler gemacht! Jetzt, wo Du zugestimmt hast, bleibt Dir nur noch sie alle zu töten, oder erlaube mir wenigstens ihre Daumen abzuschneiden, so dass sie nicht mehr in der Lage sind Bogen zu schießen.“ Die Menschen hatten damals, bereits vor der türkischen Invasion, große Angst vor den Turkstämmen und genau wie der Statthalter von Tus wussten die Menschen, dass diese Türken nichts Gutes verheißen. Soltan Mahmud Ghaznawi war erstaunt über die Forderung des Statthalters von Tus und bezeichnete ihn als einen mitleidlosen und hartherzigen Mann. Der Statthalter von Tus antwortete ihm: „Wenn du das nicht tust, wirst Du es noch bitter bereuen.“ Und genau das geschah, es gab zu keiner Zeit ein friedliches Auskommen mit diesen integrationsunfähigen Türken.
Soltan Mahmud Ghaznawi ging dann von Balkh nach Ghazni, verbrachte den Sommer dort und im Winter begann er, wie schon so oft, einer seiner vielen Feldzüge nach Indien. Als er aus Indien, Ende des Jahres 418 n. Hidjra [Januar 1027] zurückgekehrt war, kamen die Menschen von Nāsa, Sarakh, Bāward und Farāwa an den ghaznawidischen Hof, um sich über die Gewalt und Tyrannei der Türken, die Soltan Mahmud Ghaznawi in diesen Gebieten hatte siedeln lassen und deren Barbarei sie permanent in diesen Regionen ausgesetzt waren, zu beschweren.
Gardizi schrieb, dass Soltan Mahmud Ghaznawi daraufhin einen Brief an den Statthalter von Tus, Abu’l Hārith Arslān al-Jādhib verfasste und ihn bat, die Türken, die er in Xorâsân hatte siedeln lassen, zu bestrafen und ihrer Tyrannei gegen die einheimische Bevölkerung Einhalt zu gebieten. Der Statthalter von Tus sammelte daraufhin seine Armee und führte die ihm befohlene Strafaktion gegen die Türken, deren Zahl mittlerweile enorm zugenommen hatte, durch. Die Türken kamen ihm entgegen, kämpften gegen den Statthalter von Tus und töteten und verwundeten viele seiner Soldaten. Der Statthalter von Tus setzte mehrere Angriffe gegen diese Türken in Gang, aber er konnte nichts erreichen und die Beschwerden über die Tyrannei dieser Türken und die Hilferufe der einheimischen Bevölkerung, hörten nicht auf den Hof in Ghazni zu erreichen.
Soltan Mahmud Ghaznawi sandte deshalb dem Statthalter von Tus einen weiteren Brief, indem er dem Statthalter die Schuld für die Misere gab und ihm Schwäche vorwarf. Abu’l Hārith Arslān al-Jādhib antwortete ihm: „Die Türken sind extrem stark geworden und die einzige Möglichkeit dieses Unheil zu beseitigen, ist dein persönliches Erscheinen in dieser Angelegenheit. Wenn nicht der Herr selbst kommt, um diesen Schaden zu beheben, werden sie noch stärker werden und das Problem wird noch größer werden.“ Als Soltan Mahmud Ghaznawi diesen Brief las, wurde er unruhig und verzweifelt, doch er zögerte nicht und mobilisierte seine Armee.
Im Jahre 419 n. Hidjra [1028] verließ er Ghazni und machte sich an der Spitze seiner Armee auf den Weg nach Tus. Der Statthalter von Tus kam ihm entgegen und begleitete ihn. Als Soltan Mahmud Ghaznawi nach einem Situationsbericht fragte, gab der Statthalter ihm detaillierte Auskunft darüber, was hier geschah und gab Auskunft über die Truppenstärke des Feindes. Soltan Mahmud Ghaznawi erteilte daraufhin den Befehl, dass eine Vielzahl seiner Soldaten und Offiziere den Statthalter von Tus begleiten sollten, um die Türken, die sich in Xorâsân festgesetzt hatten und die einheimische Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzten und permanent drangsalierten, anzugreifen.
Als die ghaznawidische Armee Farāwa erreicht hatte, standen sich beide Seiten gegenüber. Die Türken, mit einer großen Anzahl von Soldaten zeigten sich kühn und selbstbewusst und die Schlacht begann. Die ghaznawidischen Kräfte zeigten sich selbst ebenso stark und entschlossen, besiegten die Türken, töteten 4000 türkische Reiter und nahmen viele gefangen. Die noch übrig gebliebenen Türken flohen nach Balkhān [Kūh] und Dihistān und die Verwüstungen, die sie in der Region Xorâsân regelmäßig angerichtet hatten, wurden von nun an, bis zum Tod Soltan Mahmud Ghaznawis, weniger.
Soltan Mahmud Ghaznawi hatte ca. 50.000 Türken in Xorâsân siedeln lassen und schon bald waren einzelne Gruppen der in Xorâsân angesiedelten Türken auch in Richtung Kerman und Isfahan aufgebrochen, um auch in anderen Gegenden Persiens zu siedeln. Soltan Mahmud Ghaznawi hatte dem Statthalter von Kerman und Isfahan befohlen, dass er diese Türken sofort entweder lebendig oder tot nach Xorâsân zurückbringen solle. Die abtrünnigen türkischen Stämme erfuhren dann vom Vorhaben des Statthalters, befreiten sich, flüchteten nach Āzārbāyjān und beraubten und töteten viele Menschen auf ihrem Weg.
Auch die in der Provinz Xorâsân noch verbliebenen Türken hatten ständig für Unruhe, Krieg, Plünderungen, Tod und Verderben gesorgt, so dass Soltan Mahmud Ghaznawi immer wieder gegen sie Truppen geschickt hatte, bis er sie schließlich selbst besiegte und bis an die Grenzen Xorâsâns und Turkestans verfolgte und sie zwang dort zu bleiben.
Aber im Jahr 421 n. Hidjra [1030] starb Soltan Mahmud Ghaznawi. Sein Sohn Mohammad hatte in Ghazni den Thron für sich beansprucht und führte nun Kriege gegen seinen Bruder Massoud der in der Stadt Rayy regierte und unzählige Türken nach Persien holte, um mit ihrer Hilfe gegen seinen Bruder zu kämpfen. Als er seinen Bruder besiegt hatte und dann König wurde, siedelte er die Türken wieder in der Provinz Xorâsân an und viele dieser erst kürzlich angekommenen Türken dienten dann in seiner Armee. Doch Soltan Massoud Ghaznawi wurden diese Türken ebenfalls gefährlich und er suchte einen Vorwand sie los zu werden und zu töten. Er befahl seinem Feldherrn Tâš, der gleichzeitig der Statthalter von Rayy war, diese Türken nach Rayy zu bringen und sie dort zu töten. Doch in Rayy angekommen, töteten diese Türken den Feldherrn Tâš, plünderten die Stadt Rayy und verjagten die getreuen Diener Soltan Massoud Ghaznawis aus der Stadt. Die türkischen Seldschuken, die Soltan Mahmud Ghaznawi damals vertrieben hatte, hatten zu jener Zeit bereits den Amu Darja noch einmal überquert und waren bereits in der Provinz Xorâsân eingefallen. Soltan Massoud Ghaznawi musste nun gegen die Seldschuken in einem von Türken überfluteten Xorâsân kämpfen und konnte sich nicht mehr auf die Türken in Rayy konzentrieren und daher blieben viele dieser Türken in Rayy, während ein Teil dieser Türken sich auf den Weg nach Āzārbāyjān machten. Soltan Massoud Ghaznawi hatte 1040 n.Chr. die Entscheidungsschlacht von Dandanaqan gegen die türkischen Seldschuken verloren und wurde von den türkischen Seldschuken im Jahre 1041 n. Chr. hingerichtet. Der türkische Seldschuke Tuğrul Beg hatte sein Reich von Tag zu Tag vergrößert und seine Dynastie mittlerweile gefestigt und im Jahre 1068 n.Chr. erreichten seine Truppen Āzārbāyjān.
Gardizi schrieb über die Folgen des Todes Soltan Mahmud Ghaznawis: „[…] sein Licht war erloschen, die Barmherzigkeit Gottes sei mit ihm und seine Ruhestätte möge erleuchtet werden. Soltan Mahmud Ghaznawi starb am 30. April des Jahres 421 n. Hidjra [1030]. Mit seinem Tod wurde eine ganze Welt ins Verderben gestürzt und die Abscheulichen wurden erhöht und diejenigen, die großartig waren wurden erniedrigt.“
Der mittlere Osten nach dem Ende der türkischen Gaznawiden
Obwohl Soltan Mahmud Ghaznawi selbst türkischer Abstammung, aus dem Geschlecht der türkischen Gaznawiden war, und seine siebzehn Feldzüge nach Indien und die von ihm begangenen Verbrechen und Plünderungen, eine wahre Schande für Persien waren, gelang es ihm noch den östlichen Teil Persiens zusammenzuhalten und die Türken an den Grenzen Xorâsâns zu halten, während im Westteil Persiens die iranischen Buyyiden regierten und den Westteil Persiens zur wirtschaftlichen und kulturellen Blüte verhalfen. Seine Söhne hatten weniger Erfolg gehabt. Es kam in der Folge daher nicht nur zum Zusammenbruch des unter ghaznawidischer Herrschaft stehenden Ostpersien, sondern auch zum Zusammenbruch Westpersiens, das unter buyyidscher Herrschaft stand und den türkischen Aggressionen nicht mehr standhalten konnte.
Die Einwanderungspolitik Soltan Mahmud Ghaznawis in Bezug auf die Türken und die militärischen Niederlagen seines Sohnes Soltan Massoud Ghaznawis gegen die Türken, sowie auch seine Einwanderungspolitik, ermöglichten von nun an die Türkisierung Persiens und dem Rest Westasiens.
Soltan Mahmud Ghaznawi hatte riesige Territorien in Indien gesäubert und für den Islam vorbereitet und das Jahrhunderte später entstandene britische, künstliche Konstrukt Pakistan ist eine direkte Folge der militärischen Aktivitäten Soltan Mahmud Ghaznawis in Indien. Gardizi ahnte wohl, dass die Welt von nun an nicht mehr dieselbe sein wird. Die Türken errichteten bald danach das Reich der Groß-Seldschuken und überzogen Persien und Westasien mit Blut und Feuer; man wurde die Türken und die türkische Unkultur, die man einst ins Land gelassen hatte nie wieder los –bis heute nicht. Die ständigen sarazenischen und seldschukischen Aggressionen hatten später auch das oströmische Reich Byzanz, das Jahrhunderte lang als Bollwerk des christlichen Europa gegen die türkischen und sarazenischen Muslime gedient hatte, zum Einsturz gebracht. Millionen Menschen in Westasien und Afrika wurden nach der Machtergreifung der Seldschuktürken bekriegt, ermordet, vergewaltigt, geplündert und versklavt, ein Schicksal dem Europa nur knapp entging. Das Seldschukenreich ging dennoch unter, doch der Türke und die türkische Unkultur sind geblieben.
[Quellen: Gardīzī, Zayn al Axbâr; Abd al-Ḥayy Ḥabībī, Târixe Gardizi [Die Geschichte Gardizis]; C.E Bosworth, The Ornament of Histories, A History Of The Eastern Islamic Lands AD 650 -1041, CE Bosworth, Encyclopedia Iranica]