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Signal der Generäle an Premier Erdogan vor Davoser Gesprächen
Istanbul - Die EU-Reformen in der Türkei in den letzten Jahren haben dem Selbstbewusstsein der türkischen Armee offenbar nichts anhaben können. Als der stellvertretende Generalstabschef Yasar Büyükanit jetzt den türkischen Teil Zyperns besuchte, wurde er von den dortigen Politikern nicht nur wie ein Staatsgast hofiert. Der General machte vor laufenden Kameras auch deutlich, dass die Armee auf der geteilten Mittelmeerinsel auch in Zukunft ein gehöriges Wörtchen mitzureden gedenkt.
"Nicht einen einzigen Soldaten" abziehen
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bezahlte Einschaltungen"Nicht einen einzigen Soldaten" werde die Türkei vor einer umfassenden Friedenslösung von der Insel abziehen, kündigte Büyükanit an. Diese Feststellung kurz vor geplanten Zypern-Gesprächen von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos war ein Signal der Armee an die Regierung in Ankara: Zumindest in der Zypern-Frage wollen die Generäle weiter mitregieren.
Büyükanits Worte fanden in Ankara besondere Beachtung, weil er als Vizechef des Generalstabs einer der wenigen Offiziere ist, die offiziell für die ganze Armee sprechen dürfen. Bisher hatten sich die Generäle beim Thema Zypern eher zurückgehalten, auch mit Rücksicht auf das Image der Türkei in der EU. Doch nun sahen sie die Zeit zum Handeln gekommen. Denn nach Presseberichten sprachen türkisch-zypriotische Politiker vergangene Woche mit der Regierung in Ankara über einen möglichen Teilabzug türkischer Truppen als vertrauensbildende Maßnahme in neuen Friedensverhandlungen mit der griechischen Seite.
Strategischer Stützpunkt
Die Generäle betrachten den Konflikt auf der zwischen Griechen und Türken geteilten Insel vor allem unter zwei Gesichtspunkten: Zum einen sieht sich die Armee, die 1974 nach einem Putsch griechischer Extremisten in Nikosia das nördliche Drittel Zyperns einnahm, als Retter und Beschützer der türkischen Minderheit auf der Insel; rund 30.000 türkische Soldaten sind bis heute dort stationiert. Zum anderen hat die nur rund 100 Kilometer vor der türkischen Südküste gelegene Insel aus Sicht der Militärs große strategische Bedeutung. Einen Truppenabzug als türkische Vorleistung lehnen die Generäle deshalb ab.
Mit dieser Haltung stehen sie nicht allein. Auch im Außenministerium von Ankara gibt es erheblichen Widerstand gegen eine "weiche" Zypern-Politik. Die Hardliner fordern, die Türkei solle vor allem anderen Zugeständnisse der griechischen Zyprioten erwirken - schließlich war der jüngste UN-Friedensplan für die Insel im letzten April am Nein der Griechen auf Zypern gescheitert. Obwohl die türkischen Zyprioten damals mit Ja stimmten, ist ihr Inselsektor trotz gegenteiliger Zusagen der EU nach wie vor international isoliert.
Erdogan zu Zugeständnissen bereit
Anders als die nationalistische Bürokraten-Fraktion und die Militärs ist Erdogan zu Zugeständnissen bereit, um das Zypern-Problem möglichst rasch zu lösen und so die türkische EU-Bewerbung zu stärken. Für den Ministerpräsidenten und seine Berater kommt es vor allem darauf an, den Beginn der Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der EU im Oktober abzusichern. Die griechische Republik Zypern droht damit, die Verhandlungen mit ihrem Veto als EU-Mitglied zu blockieren.
Erdogan will in der internationalen Arena die Flexibilität der Türkei bei der Suche nach einer Zypern-Lösung demonstrieren: Wenn der Schwarze Peter bei den griechischen Zyprioten liegt, wird es für deren Präsident Tassos Papadopoulos schwer, im Oktober sein Veto einzulegen - so lautet Erdogans taktische Überlegung. Die geplanten Gespräche des Ministerpräsidenten in Davos sollen diesem Zweck dienen. Büyükanits öffentliche Absage an einen Truppenrückzug erschwert Erdogan die Arbeit.
Wer sich in dem Interessenskonflikt zwischen Erdogan und den Militärs durchsetzen wird, ist offen. Die Zeiten, in denen die Armee der Regierung die Eckpunkte der Politik vorgeben konnte, sind jedenfalls vorbei. Schon vor einem Jahr hatte Erdogan mit seinem Ja zum UN-Friedensplan gegen große Widerstände eine Wende der türkischen Zypern-Politik eingeleitet - was sich mit der Zustimmung der EU zu Beitrittsverhandlungen für Ankara am Ende auch auszahlte. Nun steht der Regierungschef vor einer ähnlichen Aufgabe. General Büyükanit muss damit rechnen, dass Erdogan der Armee nicht gehorcht. (Susanne Güsten/APA)
www.derstandard.at
Istanbul - Die EU-Reformen in der Türkei in den letzten Jahren haben dem Selbstbewusstsein der türkischen Armee offenbar nichts anhaben können. Als der stellvertretende Generalstabschef Yasar Büyükanit jetzt den türkischen Teil Zyperns besuchte, wurde er von den dortigen Politikern nicht nur wie ein Staatsgast hofiert. Der General machte vor laufenden Kameras auch deutlich, dass die Armee auf der geteilten Mittelmeerinsel auch in Zukunft ein gehöriges Wörtchen mitzureden gedenkt.
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bezahlte Einschaltungen"Nicht einen einzigen Soldaten" werde die Türkei vor einer umfassenden Friedenslösung von der Insel abziehen, kündigte Büyükanit an. Diese Feststellung kurz vor geplanten Zypern-Gesprächen von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos war ein Signal der Armee an die Regierung in Ankara: Zumindest in der Zypern-Frage wollen die Generäle weiter mitregieren.
Büyükanits Worte fanden in Ankara besondere Beachtung, weil er als Vizechef des Generalstabs einer der wenigen Offiziere ist, die offiziell für die ganze Armee sprechen dürfen. Bisher hatten sich die Generäle beim Thema Zypern eher zurückgehalten, auch mit Rücksicht auf das Image der Türkei in der EU. Doch nun sahen sie die Zeit zum Handeln gekommen. Denn nach Presseberichten sprachen türkisch-zypriotische Politiker vergangene Woche mit der Regierung in Ankara über einen möglichen Teilabzug türkischer Truppen als vertrauensbildende Maßnahme in neuen Friedensverhandlungen mit der griechischen Seite.
Strategischer Stützpunkt
Die Generäle betrachten den Konflikt auf der zwischen Griechen und Türken geteilten Insel vor allem unter zwei Gesichtspunkten: Zum einen sieht sich die Armee, die 1974 nach einem Putsch griechischer Extremisten in Nikosia das nördliche Drittel Zyperns einnahm, als Retter und Beschützer der türkischen Minderheit auf der Insel; rund 30.000 türkische Soldaten sind bis heute dort stationiert. Zum anderen hat die nur rund 100 Kilometer vor der türkischen Südküste gelegene Insel aus Sicht der Militärs große strategische Bedeutung. Einen Truppenabzug als türkische Vorleistung lehnen die Generäle deshalb ab.
Mit dieser Haltung stehen sie nicht allein. Auch im Außenministerium von Ankara gibt es erheblichen Widerstand gegen eine "weiche" Zypern-Politik. Die Hardliner fordern, die Türkei solle vor allem anderen Zugeständnisse der griechischen Zyprioten erwirken - schließlich war der jüngste UN-Friedensplan für die Insel im letzten April am Nein der Griechen auf Zypern gescheitert. Obwohl die türkischen Zyprioten damals mit Ja stimmten, ist ihr Inselsektor trotz gegenteiliger Zusagen der EU nach wie vor international isoliert.
Erdogan zu Zugeständnissen bereit
Anders als die nationalistische Bürokraten-Fraktion und die Militärs ist Erdogan zu Zugeständnissen bereit, um das Zypern-Problem möglichst rasch zu lösen und so die türkische EU-Bewerbung zu stärken. Für den Ministerpräsidenten und seine Berater kommt es vor allem darauf an, den Beginn der Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der EU im Oktober abzusichern. Die griechische Republik Zypern droht damit, die Verhandlungen mit ihrem Veto als EU-Mitglied zu blockieren.
Erdogan will in der internationalen Arena die Flexibilität der Türkei bei der Suche nach einer Zypern-Lösung demonstrieren: Wenn der Schwarze Peter bei den griechischen Zyprioten liegt, wird es für deren Präsident Tassos Papadopoulos schwer, im Oktober sein Veto einzulegen - so lautet Erdogans taktische Überlegung. Die geplanten Gespräche des Ministerpräsidenten in Davos sollen diesem Zweck dienen. Büyükanits öffentliche Absage an einen Truppenrückzug erschwert Erdogan die Arbeit.
Wer sich in dem Interessenskonflikt zwischen Erdogan und den Militärs durchsetzen wird, ist offen. Die Zeiten, in denen die Armee der Regierung die Eckpunkte der Politik vorgeben konnte, sind jedenfalls vorbei. Schon vor einem Jahr hatte Erdogan mit seinem Ja zum UN-Friedensplan gegen große Widerstände eine Wende der türkischen Zypern-Politik eingeleitet - was sich mit der Zustimmung der EU zu Beitrittsverhandlungen für Ankara am Ende auch auszahlte. Nun steht der Regierungschef vor einer ähnlichen Aufgabe. General Büyükanit muss damit rechnen, dass Erdogan der Armee nicht gehorcht. (Susanne Güsten/APA)
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