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Türkische Generäle blicken neidisch nach Ägypten

Melvin Gibsons

Gesperrt
Istanbul – So mancher General der türkischen Armee dürfte in diesen Tagen voller Neid nach Ägypten blicken. Während in Kairo die Armee als Sachwalter des Staates hohes Ansehen genießt, erleben die einst so selbstbewussten Militärs in der Türkei eine Demütigung nach der anderen.

Aufgrund neuer Beweismittel hat ein türkisches Gericht jetzt Haftbefehle gegen mehr als 160 Offiziere erlassen, die an einem Putschplan gegen die Regierung Erdogan beteiligt gewesen sein sollen. Darunter sind die Ex-Kommandanten von Luftwaffe und Marine, die einst zu den mächtigsten Männern des Landes gehörten. Der Generalstabschef beschwerte sich bei Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, Angehörige der Verhafteten demonstrierten in Istanbul. Doch am Einflussverlust der Armee ändert das nichts.

Verdunklungsgefahr

Dass hochrangige Generäle von der Justiz behandelt werden wie gewöhnliche Schwerkriminelle, ist in der Türkei auch nach Jahren der demokratischen Reformen eine Sensation: Die Ereignisse im Gerichtssaal verdrängten die ägyptische Revolution von den Titelseiten der Zeitungen.

Erdogans politische Gegner sehen die Regierung hinter den Haftbefehlen. Die Armee solle „vernichtet“ werden, kritisierten Angehörige der Verhafteten bei einer Demonstration in Istanbul. Die Justiz sei „politisiert“, sagte Oppositionschef Kemal Kilicdaroglu. Doch ganz so einfach ist es nicht. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen diverse mutmaßliche Putschisten begannen 2007, lange vor Verfassungsreformen, mit denen die Regierung laut Kilicdaroglu ihren Einfluss auf die Justiz ausweitete.

Armee und Opposition, die jetzt das angeblich undemokratische Vorgehen gegen die Militärs beklagen, müssen sich ohnehin vorwerfen lassen, zuweilen selbst ein recht merkwürdiges Verständnis von Demokratie an den Tag zu legen. Die Armee drohte erst im Jahr 2007 offen mit einem Putsch gegen Erdogan. Und ein führender Politiker aus Kilicdaroglus Partei CHP erklärte kürzlich, die Armee sei ein „Papiertiger“ - und äußerte damit sein Bedauern darüber, dass die Militärs die Erdogan-Regierung nicht längst weggeputscht haben. (APA)
 
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