Die wahren Patrioten und Milosevisten zeigen Ihr Gesicht
Serbiens "Anwälte der Kleinen Leute" als Abzocker in den Schlagzeilen
Ultranationalisten und Sozialisten leben im Luxus und machen die größten Spesen
Belgrad - Der Chef der ultra-nationalistischen Radikalen Partei Serbiens (SRS), Tomislav Nikolic, zeigt sich in der Öffentlichkeit gern als "ehrlicher und bescheidener Normalbürger". Im letzten Präsidentenwahlkampf fuhr er demonstrativ mit einem alten "Jugo"-Kleinstwagen vor, um zu demonstrieren, dass er auch als Führer der immerhin stärksten serbischen politischen Kraft doch "einer von euch" geblieben ist. Jetzt ist er in Erklärungsnot geraten, weil die Boulevardpresse ausgegraben hat, dass er stolzer Besitzer von zwei Luxuswohnungen in Neu-Belgrad ist, für die er 350.000 Euro gezahlt haben soll.
Homestory
Ivica Dacic, Chef der Sozialisten des früheren jugoslawischen Staatschefs Slobodan Milosevic und Berufspolitiker, zeigte in einer Homestory selbst stolz seine große Wohnung im Belgrader Nobelstadtteil Dedinje. Inzwischen fragen die Medien, woher er das Geld für die teure Einrichtung hat in einem Land, in dem die Durchschnittseinkommen umgerechnet 200 Euro im Monat ausmachen. Auch sein großer Geländewagen will nicht recht zur selbst gewählten Rolle als "soziales linkes Gewissen" passen. In dieser Woche ist der frühere Milosevic-Minister Branislav Ivkovic, der nach eigenen Angaben nach der Scheidung nichts mehr besitzt, mit seiner "Hollywood-Villa" vor den Toren Belgrads aufgefallen.
Scheinheilig
Die Radikalen und die Sozialisten in Serbien, die dem nahezu autokratisch regierenden Milosevic lange zu Diensten waren, spielen heute stets die Rolle als "Anwalt der Kleinen Leute". Doch im letzten Jahr bedienten sich die Abgeordneten der Radikalen ungeniert aus der Parlamentskasse, kritisierten die heimischen Medien. So rechnete ihr Parteifreund Dragoslav Milkovic in elf Monaten 188.000 Kilometer Autofahrt ab und strich dafür zwei Millionen Dinar (24.067 Euro) ein, immerhin hundert Mal mehr als das Durchschnittseinkommen im Lande.
1,5 Millionen Dinar
Der ebenfalls zu den Ultranationalisten gehörende Nemanja Sarovic hatte für Fahrtkosten, die vor allem das Erscheinen zu den Parlamentssitzungen sicherstellen sollen, 1,5 Millionen Dinar (18.051 Euro) in Rechnung gestellt. Doch er sitzt als Abgeordneter der Belgrader Altstadt in der Volksvertretung. Im vorigen Jahr ließen sich die Radikalen mit Abstand das meiste Geld aus der Parlamentskasse auszahlen. In den ersten Monaten dieses Jahres waren es die Sozialisten, berichteten die Medien.
Heuchlerisch
Es sei "heuchlerisch, im Namen des unglücklichen Volkes zu reden, sich als Beschützer der verarmten Bevölkerung hinzustellen und sich gleichzeitig in Hollywood-Luxus schamlos breit zu machen", schimpfte die Belgrader Zeitung "Press". Die jüngsten Affären über den plötzlichen Reichtum "linker" Politiker zeigt auch schon Auswirkungen auf das Wahlverhalten: Die SRS blieb bei den letzten Umfragen zwar stärkste Partei, ist aber deutlich abgesackt. Und aus Enttäuschung auch über andere Politiker wollen nur noch 40 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgeben.(dpa)