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Verfassungsgericht kippt Vorratsdaten-Speicherung

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Gelöschtes Mitglied 8317

Guest
Schon wieder eine Klatsche für die Bundesregierung! Nach den Urteilen zu Hartz IV, dem Lauschangriff und Online-Durchsuchungen hat das Bundesverfassungsgericht jetzt das Daten-Gesetz gekippt!

Die Richter in Karlsruhe erklärten für unzulässig, dass der Staat die Telefon- und Internet-Daten seiner Bürger sechs Monate lang speichern lässt, um im Falle einer Strafverfolgung darauf zugreifen zu können. Heißt: Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ist in der jetzigen Fassung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar! Es verstoße gegen das Telekommunikationsgeheimnis, hieß es in dem Urteil.
Im größten Massenklageverfahren in der Geschichte des Gerichts hatten fast 35 000 Bürger geklagt.
Auch Internet-Provider müssten ihre bislang vorhandenen Speicherbestände „unverzüglich" löschen.

Nach Ansicht der Richter handelt es sich bei der Vorratsdatenspeicherung um einen „besonders schweren Eingriff in das Fernmeldegeheimnis“.

Die Begründung von Bundesverfassungsgerichts-Präsident Hans-Jürgen Papier:

„Dass die Freiheitswahrnehmung der Bürger nicht total erfasst und registriert werden darf, gehört zur verfassungsrechtlichen Identität der Bundesrepublik Deutschland, für deren Wahrnehmung sich die Bundesrepublik in europäischen und internationalen Zusammensätzen einsetzen muss.“

Das haben die Richter moniert:
• Die Verbindungsdaten ermöglichten inhaltliche Rückschlüsse „bis in die Intimsphäre“. Daraus könnten aussagekräftige Persönlichkeits- oder Bewegungsprofile gewonnen werden.
Ein Missbrauch der Daten sei nicht auszuschließen. Weil die Bürger von der Verwendung ihrer Daten nichts mitbekommen, sei die Vorratsdatenspeicherung in ihrer bisherigen Form geeignet, „ein diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins hervorzurufen“.
Das Gesetz trat 2008 in Kraft. Grund dafür war der Kampf gegen den Terror. Verbindungsdaten aus der Telefon-, Mail- und Internetnutzung sowie Handy-Standortdaten werden für sechs Monate gespeichert. Abrufbar sind sie für die Strafverfolgung sowie zum Zweck der Gefahrenabwehr.

Bis zur heutigen Entscheidung durften die Daten nur noch bei schweren Straftaten wie Mord und Totschlag, aber auch Kinderpornografie, Urkundenfälschung oder Bestechung genutzt werden.

Viele Straftaten könnten nur mit den Daten der Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt werden, sagte der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach gegenüber BILD. „Die Terrorhelfer sind hochkommunikativ und konspirativ, wir brauchen den Datenzugriff.“

REAKTIONEN NACH DEM RICHTER-SPRUCH
„Es hat sich gelohnt, dass sich 35 000 Menschen gegen die Vorratsdaten-Speicherung gewehrt haben“, sagt Claudia Roth (Grüne), die ebenfalls geklagt hatte. „Das ist eine richtige Klatsche für einen Gesetzgeber, der das Recht mit Füßen getreten hat.“
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion im Bundestag, Peter Altmaier (CDU), äußerte Bedauern: „Dieses Urteil ist eines, das uns erst einmal in Schwierigkeiten bringen wird, weil wir Instrumente nicht anwenden können!“

Das Karlsruher Urteil schließt eine Speicherung der Daten jedoch nicht generell aus. Die deutschen Verfassungsrichter stellten nicht die Zulässigkeit der EU-Richtlinie in Frage, die Grundlage für das Gesetz in Deutschland ist. Bei der Speicherung handele es sich aber „um einen besonders schweren Eingriff mit einer Streubreite, wie sie die Rechtsordnung bisher nicht kennt“.






RICHTIG SO!!
 
Gut so. Doch ich denke, dass das früher oder später doch eingeführt wird. Mit dem Urteil hat man das Unausweichliche nur verzögert.
 
dei deutschen regierungen haben mehreremals gegen die verfassung verstoßen und zwar mit besten wissen.
ich meine dass sie nicht so dumm gewesen sein können um nicht zu wissen was sie da machen.
sie hattten bestimmt die besten experten für diese angelegenheiten:mad:
 
Die VDS ist tot, es lebe die VDS

Bundesverfassungsgericht legt Hürde für künftige Vorratsdatenspeicherung hoch


Das Bundesverfassungsgericht hat die anlasslose Protokollierung elektronischer Nutzerspuren und ihre Speicherung für mindestens sechs Monate gemäß den EU-Vorgaben in seinem Grundsatzurteil zur Vorratsdatenspeicherung (Az: 1 BvR 256/08) nicht für schlechthin unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Allerdings sind für die Karlsruher Richter enge Auflagen für die praktische Ausgestaltung unbedingt erforderlich; sie machen dem Gesetzgeber in ihrer umfassenden Entscheidung dafür sehr konkrete Vorschläge. Möglicherweise werden Datenschützer und Bürgerrechtler über die Entscheidung aber auch nicht rundum glücklich sein: Die Ausführungen des Gerichts lesen sich teilweise wie eine detaillierte Anleitung an den Gesetzgeber zur Regelung einer neuen Vorratsdatenspeicherung, die auch das Bundesverfassungsgericht mittragen würde.

Der Erste Senat blieb bei seiner Linie, die er etwa mit den Beschlüssen zu heimlichen Online-Durchsuchungen oder zum großen Lauschangriff aufgestellt hat: Auch tief in die Grundrechte eingreifende Maßnahmen hält er für die Strafverfolgung und Gefahrenabwehr in einzelnen, konkreten Fällen für anwendbar, solange sie gut begründet und eng begrenzt sind. So stellte der aus dem Amt scheidende Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier am heutigen Dienstag in der Urteilsverkündung klar, dass eine Vorratsdatenspeicherung rechtmäßig sei, "wenn die gesetzliche Ausgestaltung dem besonderen Gewicht einer solchen Speicherung Rechnung trägt".

Die "Streubreite" der verdachtsunabhängigen Erfassung von Verbindungs- und Standortdaten sowie deren "weite Aussagekraft" macht laut Papier den Eingriff besonders schwer. Im Gegenzug müssten bei der Umsetzung glasklare Normen etwa hinsichtlich der Datensicherheit, der Transparenz oder des Rechtsschutzes aufgestellt werden. Es dürfe vor allem im ersten Schritt kein "offener Datenpool" angelegt werden, auf den Strafverfolger und Geheimdienste relativ frei zugreifen könnten.

Genau dies hat der Gesetzgeber dem Gerichtspräsidenten zufolge aber mit der Neuregelung der Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung getan. Er sei somit seinen Pflichten nicht nachgekommen, "klare Anforderungen festzulegen". Vielmehr sei die Datenverwendung generell bei Straftaten von erheblicher Bedeutung sowie sogar bei "mittels Telekommunikation begangener" Delikte zugelassen worden. Insofern seien die gesetzlichen Vorgaben als vollständig "nichtig" zu deklarieren und die bereits von den Telekommunikationsunternehmen aufbewahrten Daten "unverzüglich zu löschen".

Für eine mögliche künftige Vorratsdatenspeicherung hielt Papier einen "besonders hohen Standard der Datensicherheit geboten". Das Grundgesetz treffe dazu zwar keine detailgenauen Aussagen. Der Gesetzgeber habe sich aber an den Erkenntnissen der aktuellen technischen Diskussion zu orientieren. Datenbestände müssten getrennt und verschlüsselt und Zugriffe protokolliert werden. Außerdem müsse der Datenschutzbeauftragte einbezogen und ein "ausgeglichenes Sanktionssystem" für Zuwiderhandlungen geschaffen werden. Auf Bits und Bytes dürfe nur zur Ahndung von Straftaten, die überragend hohe Rechtsgüter bedrohen, oder zur Abwehr solcher Vergehen zugegriffen werden. Dabei müssten zumindest Anhaltspunkte für konkrete Gefahren vorliegen.

Ein "grundsätzliches Abrufverbot" stellte das Gericht für zumindest einen engen Kreis besonders persönlicher Daten auf, die auf Vertraulichkeit angewiesen seien. Papier nannte hier konkret Gespräche mit der anonymen Telefonberatung etablierter Hilfseinrichtungen. Insgesamt dürfe "die Freiheitswahrnehmung der Bürger nicht total erfasst und registriert werden". Ein "diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins", das eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen könne, müsse vermieden werden. Gleichzeitig sei anzuerkennen, dass eine "Rekonstruktion gerade der Telekommunikationsverbindungen" für eine effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr von besonderer Bedeutung sei.

Weniger strenge Auflagen knüpfte Karlsruhe daher etwa an die Nutzung von IP-Adressen in Form von behördlichen Auskunftsansprüchen gegenüber Diensteanbietern. Hier sei zum einen bedeutend, dass dabei die zuständigen Ämter die vorsorglich zu speichernden Daten nicht kennen. Vielmehr gehe es nur um "personenbezogene Auskünfte" über den Inhaber eines bestimmten Anschlusses, der von Providern unter Rückgriff auf diese Daten ermittelt worden sei. Systematische Ausforschungen über einen längeren Zeitraum oder das Erstellen von Persönlichkeits- und Bewegungsprofilen ließen sich allein auf Grundlage solcher Auskünfte nicht verwirklichen. Maßgeblich sei zum anderen, dass für solche Auskünfte nur ein von vornherein feststehender kleiner Ausschnitt der Daten verwendet werde.

Allerdings hat dem Richterspruch nach auch die Begründung von behördlichen Auskunftsansprüchen zur Identifizierung von IP-Adressen "erhebliches Gewicht". Mit ihr wirke der Gesetzgeber auf die Kommunikationsbedingungen im Internet ein und begrenze die Anonymität; es müsse sichergestellt werden, "dass eine Auskunft nicht ins Blaue hinein eingeholt wird". Für solche Auskünfte sei kein Richtervorbehalt nötig, allerdings seien die Betreffenden von der Abfrage zu benachrichtigen. Die Anonymität im Internet dürfe nur aufgehoben werden, wenn zumindest eine Rechtsgutbeeinträchtigung vorliegt, der "ein hervorgehobenes Gewicht beigemessen wird". Das könnten auch "im Einzelfall besonders gewichtige Ordnungswidrigkeiten" sein, die der Gesetzgeber ausdrücklich benennen müsse.

Den Richtern Wilhelm Schluckebier und Michael Eichberger, die auf Anraten der CDU 2006 ins Verfassungsgericht nachrückten, ging die Mehrheitsmeinung des Senats zu weit. Sie hielten in abweichenden Voten fest, dass die angegriffenen Regelungen im Grundsatz nicht unangemessen seien. Der Gesetzgeber habe sich in dem ihm in der Verfassung festgeschriebenen Gestaltungsrahmen gehalten. Straftaten effektiv aufzuklären und Gefahren wirksam abzuwehren seien nicht per se Bedrohungen für die Freiheit der Bürger. Die Senatsmehrheit schränke zugleich den Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nahezu vollständig ein, bei der Straftatenaufklärung und der Gefahrenabwehr zum Schutz der Menschen angemessene und zumutbare Regelungen zu treffen. (Stefan Krempl) / (anw)
 
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