Mastakilla
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10. Juli 2011
Nokia-CEO Stephen Elop
Vom Katastrophenmanager zum Totengräber
Der Anfang von Nokias Ende: CEO Stephen Elop setzt auf das erfolglose Betriebssystem Windows Phone 7 und kündigt gleichzeitig Symbian und MeeGo ab.
Sinkende Marktanteile, wohin man nur schaut: Vor genau einem Monat haben wir an dieser Stelle die vier schlimmsten Fehler von Nokia-CEO Stephen Elop analysiert und dachten, schlimmer geht es nicht mehr - weit gefehlt! Ein zartes Pflänzchen Hoffnung, das neue Smartphone N9, von der Presse und Kunden gefeiert, wurde von Elop sofort wieder zertrampelt. Zudem hat er einen der weltgrößten Provider, AT&T, vergrault, so dass sich die Frage stellt: Arbeitet Elop wirklich für Nokia oder doch noch für seinen Ex-Arbeitgeber Microsoft?
Egal, was der Markt entscheidet, Nokia-CEO Stephen Elop zeigt sich beratungsresistent und setzt weiterhin konsequent auf Windows Phone - zum Entsetzen der ausbleibenden Kunden und der Telekommunikationsanbieter, denen die Integration von Skype das Geschäft kaputtmacht.
Dabei könnte sich Elop, um die richtigen Schlüsse zu ziehen, einfach die aktuellen Verkaufszahlen des taiwanischen Handy-Herstellers HTC, dessen Umsatz im Mai um 114 % und im Juni um 88 % über dem der entsprechenden Vorjahresmonate lag und dessen Marktanteil mittlerweile bei 11 % liegt, ansehen. HTC ist nämlich der einzige Hersteller, der sowohl Android- als auch Windows-Phone-Smartphones (als Microsofts größter Partner in den Handy-Industrie) produziert und die Verkäufe getrennt ausweist. Hier ist das Ergebnis: Im ersten Quartal 2011 verkaufte HTC 9,7 Mio. Smartphones, davon 9,3 Mio. mit Android und 400.000 mit Windows Mobile und Windows Phone - zusammengerechnet. Dieses Verhältnis von 23:1 zu Gunsten von Android gegenüber 2 (!) Microsoft-OS hat nunmehr dazu geführt, dass HTC offen sagt, seine Aufmerksamkeit weg von Microsoft hin zu Android zu lenken - eine wenig überraschende und wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung. Selbst Microsoft-CEO Steve Ballmer musste auf der Microsoft Partner Conference in Los Angeles einräumen, dass Windows Phone "bisher ein Reinfall ist".
Nun aber zu Nokia und Stephen Elop. Das kürzlich vorgestellte Smartphone N9 mit dem Betriebssystem MeeGo, das Nokia in Zusammenarbeit mit Intel entwickelt hatte und dessen Weiterentwicklung mittlerweile von Elop eingestampft wurde, ist laut Fach- und Wirtschaftspresse das beste Gerät seit Jahren aus dem Hause Nokia. Sogar die Investorenherzen hüpften vor Freude, der Wert von Nokia-Aktien - man mag es kaum glauben - stieg nach der Ankündigung rasant an. Elop hätte ja nun diese Erfolgsstory so weit wie möglich ausschlachten und Anweisung geben können, diese sensationelle Smartphone-Linie möglichst schnell mit Nachfolgegeräten auszubauen. Es wäre vermutlich nichtmal zu spät gewesen, Intel wieder ins Boot zu holen, ein Freundschaftsbesuch in Santa Clara bei Boß Paul Otellini, angesichts der Tatsache, dass Intel mit Macht ins Geschäft mit Mobilgeräten strebt, hätte der Chipgigant einem Werben von Elop vermutlich nicht widerstehen können.
CTO Richard Green, der erst im Mai 2010 zu Nokia gekommen war und sich für eine Weiterentwicklung von MeeGo ausgesprochen haben soll, hat jedenfalls schon seine eigenen Schlüsse hinsichtlich Elops "Strategie" gezogen: Er hat sich vorläufig bis zum Jahresende beurlauben lassen, dass er überhaupt nochmal zurückkommt, erscheint fraglich.
Nokia - CEO Stephen Elop als Totengräber
Was aber macht Elop? Statt zu überlegen, wie man das N9 und MeeGo vorantreiben kann, präsentiert er in einer "geheimen Session", von der einen Tag später ein Video auf YouTube auftaucht, ein Windows-Phone-Smartphone, das bis auf einem Knopf identisch zum N9 aussieht. Die Folge: Nokias Aktienkurs entwickelt sich wieder in die bekannte Richtung - nach unten.
Das Beste folgte jedoch wenig später: "Selbst wenn das N9 und MeeGo ein Erfolg werden sollten, wird kein weiteres MeeGo-Handy geben", ließ sich Elop öffentlich zitieren. Diese abstruse Einstellung, nämlich sich nicht an erfolgreichen Produkten zu orientieren, gipfelte darin, dass Elop auch noch alles dafür tat, dass nichtmal das N9 hohe Verkaufszahlen erreichen kann: Er traf die Entscheidung, dass das N9 in den sechs größten europäischen Märkten (Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Niederlande) erst gar nicht verkauft wird. Kein Kunde darf sich an MeeGo und dem N9 erfreuen, stattdessen wurden exakt diese sechs Länder für den Start des ersten Windows-Phone-Smartphones aus dem Hause Nokia definiert. Wir halten also fest: Die für Nokia wichtigsten Märkte dürfen nicht durch MeeGo verbrannt werden, damit alle Kunden später brav Windows Phone kaufen. Auf die Idee, dass die Kunden einfach statt Nokia-Handys Geräte anderer Hersteller mit Android oder Apple-OS kaufen könnten, weil Sie - wie durch HTC und andere Hersteller bewiesen - Windows Phone einfach nicht haben wollen, kommt Elop scheinbar nicht.
Spätestens hier stellt sich die Frage, wessen Interessen Elop eigentlich vertritt: Die der Nokia-Aktionäre, die möglichst hohe Profits sehen wollen, oder die seines Ex-Arbeitgebers Microsoft, der sein Betriebssystem Windows Phone - bislang vergeblich - im Markt etablieren will - entscheiden Sie selbst. Auf jeden Fall hat seine "Strategie" schon ein Ergebnis erzielt: Nokia musste die Preise seiner Handys um durchschnittlich 15 % senken, wodurch die wirtschaftlichen Verluste weiter ansteigen dürften.
Windows Phone's Marktanteil in Microsofts stärkstem Markt: 1 %
Für MeeGo und Intel sieht die Zukunft rosig aus: Neben ZTE, Huawei, LG und Panasonic setzt der Provider China Mobile auf MeeGo-Geräte. China Mobile ist doppelt so groß wie alle Provider in den USA (u.a. AT&T, Verizon) zusammengenommen. Für Windows Phone zeigen neue Analysen genau das Gegenteil auf.
Schon in unserer ersten Analyse haben wir den Boykott durch Handy-Provider erläutert, der mit der Integration von Skype zusammenhängt. Telefoniert ein Handy-Besitzer mittels Skype über WLAN, verdient der Provider nicht einen Cent. Diverse Zeitungen haben in den USA, immerhin Microsofts stärkstem Markt weltweit, eine Umfrage bei Handy-Verkäufern gemacht. Das Ergebnis: Sie haben kein Windows-Phone-Gerät gefunden, stattdessen haben Verkäufer versucht, Kunden, die nach Windows-Phone-Geräten gefragt haben, dazu zu bewegen, Android-Geräte zu kaufen. Der bislang größte Microsoft-Partner, HTC, hat sich wie schon erwähnt mittlerweile von Windows Phone abgewendet.
In einer Studie der Marktforschungsfirma Nielsen wird das Drama offensichtlich: Ein Jahr nach dem Launch von Windows Phone werden neunmal (!) soviele Geräte mit dem antiquierten Vorgänger-OS Windows Mobile verkauft wie mit Windows Phone - obwohl Microsoft selbst Windows Mobile ablösen wollte. Selbst das von Elop abgekündigte Symbian wird in den USA doppelt so oft verkauft und - schlimmer kann es nicht mehr kommen - das auf Handys quasi unsichtbare von HP gekaufte uralte Palm OS (nicht das neue WebOS) kommt auf den selben Marktanteil wie Windows Phone: 1 %, und das wie gesagt in Microsofts stärkstem Markt, den USA.
Diese Zahlen beziehen sich auf in der Vergangenheit gekauft Geräte, vielleicht wird es ja in der Zukunft besser? Leider nicht. Auch für Neukäufe erwartet die Nielsen-Studie für Windows Phone einen Marktanteil von 1 %. Zum Vergleich: Android erzielt 38 %, Apple-OS 27 %, Blackberry-OS 21 %, Windows Mobile 9 %, Symbian 2 %, HPs WebOS (das neue Palm OS) 2 % und das alte Palm OS 1 %. Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Windows Phone mit ebenfalls 1 %.
Apropos Symbian: Nachdem Elop dieses am 11. Februar beerdigt hatte, hat sich mit NTT DoCoMo nicht nur Nokias größter Partner in Japan abgewendet (hin zu - raten Sie mal - richtig: Android), sondern auch in Indien geht es richtig abwärts: Hier hatte Nokia mal 70 % Marktanteil, jetzt nur noch 39 % (in Relation zu anderen Ländern klingt diese Zahl gar nicht schlecht, die Inder kaufen allerdings primär vergleichsweise billige Handys, so dass Umsatz und Gewinn nur bedingt profitieren).
Das N9 ist ein Gerät, das für einen Neuanfang bei Nokia hätte stehen können - bevor es von Stephen Elop umgehend wieder liquidiert wurde. Aber es hätte auch noch eine andere Chance gegeben: Eine Partnerschaft mit AT&T für das X7, die auf dem Mobile World Congress in Barcelona hätte angekündigt werden können - lieber zeigte sich Elop jedoch mit seinem Ex-Boss, Microsoft-CEO Steve Ballmer.
Alle Hersteller wünschen sich eine Partnerschaft mit einem Provider - außer Elop
Vor 7 Jahren war Nokia auch auf dem großen US-Markt Marktführer. Seitdem ist der Marktanteil stetig gefallen, heute dümpelt Nokia auf dem Niveau eines Nischenanbieters herum. Der Grund sind keine schlecht designten Geräte, ein mieses Ecosystem oder das Symbian-OS (bevor es von Elop am 11.2.2011 verbal liquidiert wurde), sondern schlicht und ergreifend ein miserables Verhältnis zu den großen US-Telekom-Providern wie AT&T oder Verizon, die für die Markteinführung neuer Geräte in den USA eine extrem wichtige Rolle spielen.
Im Januar 2011 erzielte das US-Verkaufsteam von Nokia einen unter diesen Rahmenbedingungen fast unglaublichen Erfolg: AT&T war bereits, das X7 von Nokia zu promoten (=zu subventionieren), man schlug sogar vor, auf dem Mobile World Congress in Barcelona ein gemeinsames Event mit AT&T-CEO Randall L. Stephenson und Stephen Elop aufzusetzen, auf dem die Partnerschaft verkündet werden sollte. Was aber tat Elop? Er sagte die Markteinführung des X7 kurzerhand ab und trat stattdessen mit Microsoft-CEO Steve Ballmer auf, um nicht nur das Ende von Symbian zu verkünden, sondern auch auf den zukünftigen "Erfolg" (Zahlen dazu s.o.) von Windows Phone anzustoßen.
Hätte Elop den Deal mit AT&T klar gemacht, hätte er eine Art Heldenstatus bekommen können angesichts der Tatsache, dass seine zwei Vorgänger daran gescheitert sind, Nokia wieder bei einem großen US-Provider ins Boot zu bekommen. Stattdessen vergraulte er die Amerikaner vermutlich endgültig, beerdigt Symbian und macht nur einen glücklich: Steve Ballmer und dessen Untertanen aus Redmond. Auch hier darf die Frage gestellt werden, wessen Interessen Elop eigentlich vertritt.
Nebenbei bemerkt: AT&T hat Stand heute 26 subventionierte Smartphones von Apple, Samsung, RIM, HP, HTC, LG und Motorola im Programm, Verizon deren 40 und T-Mobile USA 48 Geräte. Von diesen 114 Geräten trägt genau eines (!) den Aufdruck Nokia: Das Nokia Astound (in Deutschland unter der Bezeichnung C7 erhältlich) bei T-Mobile.
Fazit
Lassen Sie mich die Ergebnisse der Ära Stephen Elop bei Nokia zusammenfassen: Aktienkurs um 52 % gesunken, das erfolgreichste OS der Welt (Symbian) beerdigt, das beste Smartphone seit langem (N9) den wichtigsten europäischen Kunden vorenthalten, mit Windows Phone auf ein OS gesetzt, dass von den Kunden nicht geliebt und dank Skype von den Telekom-Providern derart gehasst wird, dass es in den Läden vermutlich nicht ein einziges subventioniertes Handy mit Windows Phone und Skype geben wird, einen für den US-Markt historischen Deal mit AT&T ausgeschlagen, und last but not least den Marktanteil von 29 % in Q4 2010 bis Ende 2011 vermutlich mehr als halbiert - und nebenbei dem Chiplieferanten Texas Instruments nach dessen eigener Aussage noch die Quartalsbilanz verhagelt.
Welcher CEO kann eine solch desaströse Bilanz in nur 9 Monaten vorweisen und was muss noch passieren, damit der Aufsichtsrat Elop endlich vor die Tür setzt? Ich weiß es nicht.
Nokia-CEO Stephen Elop
Vom Katastrophenmanager zum Totengräber
Der Anfang von Nokias Ende: CEO Stephen Elop setzt auf das erfolglose Betriebssystem Windows Phone 7 und kündigt gleichzeitig Symbian und MeeGo ab.
Sinkende Marktanteile, wohin man nur schaut: Vor genau einem Monat haben wir an dieser Stelle die vier schlimmsten Fehler von Nokia-CEO Stephen Elop analysiert und dachten, schlimmer geht es nicht mehr - weit gefehlt! Ein zartes Pflänzchen Hoffnung, das neue Smartphone N9, von der Presse und Kunden gefeiert, wurde von Elop sofort wieder zertrampelt. Zudem hat er einen der weltgrößten Provider, AT&T, vergrault, so dass sich die Frage stellt: Arbeitet Elop wirklich für Nokia oder doch noch für seinen Ex-Arbeitgeber Microsoft?
Egal, was der Markt entscheidet, Nokia-CEO Stephen Elop zeigt sich beratungsresistent und setzt weiterhin konsequent auf Windows Phone - zum Entsetzen der ausbleibenden Kunden und der Telekommunikationsanbieter, denen die Integration von Skype das Geschäft kaputtmacht.
Dabei könnte sich Elop, um die richtigen Schlüsse zu ziehen, einfach die aktuellen Verkaufszahlen des taiwanischen Handy-Herstellers HTC, dessen Umsatz im Mai um 114 % und im Juni um 88 % über dem der entsprechenden Vorjahresmonate lag und dessen Marktanteil mittlerweile bei 11 % liegt, ansehen. HTC ist nämlich der einzige Hersteller, der sowohl Android- als auch Windows-Phone-Smartphones (als Microsofts größter Partner in den Handy-Industrie) produziert und die Verkäufe getrennt ausweist. Hier ist das Ergebnis: Im ersten Quartal 2011 verkaufte HTC 9,7 Mio. Smartphones, davon 9,3 Mio. mit Android und 400.000 mit Windows Mobile und Windows Phone - zusammengerechnet. Dieses Verhältnis von 23:1 zu Gunsten von Android gegenüber 2 (!) Microsoft-OS hat nunmehr dazu geführt, dass HTC offen sagt, seine Aufmerksamkeit weg von Microsoft hin zu Android zu lenken - eine wenig überraschende und wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung. Selbst Microsoft-CEO Steve Ballmer musste auf der Microsoft Partner Conference in Los Angeles einräumen, dass Windows Phone "bisher ein Reinfall ist".
Nun aber zu Nokia und Stephen Elop. Das kürzlich vorgestellte Smartphone N9 mit dem Betriebssystem MeeGo, das Nokia in Zusammenarbeit mit Intel entwickelt hatte und dessen Weiterentwicklung mittlerweile von Elop eingestampft wurde, ist laut Fach- und Wirtschaftspresse das beste Gerät seit Jahren aus dem Hause Nokia. Sogar die Investorenherzen hüpften vor Freude, der Wert von Nokia-Aktien - man mag es kaum glauben - stieg nach der Ankündigung rasant an. Elop hätte ja nun diese Erfolgsstory so weit wie möglich ausschlachten und Anweisung geben können, diese sensationelle Smartphone-Linie möglichst schnell mit Nachfolgegeräten auszubauen. Es wäre vermutlich nichtmal zu spät gewesen, Intel wieder ins Boot zu holen, ein Freundschaftsbesuch in Santa Clara bei Boß Paul Otellini, angesichts der Tatsache, dass Intel mit Macht ins Geschäft mit Mobilgeräten strebt, hätte der Chipgigant einem Werben von Elop vermutlich nicht widerstehen können.
CTO Richard Green, der erst im Mai 2010 zu Nokia gekommen war und sich für eine Weiterentwicklung von MeeGo ausgesprochen haben soll, hat jedenfalls schon seine eigenen Schlüsse hinsichtlich Elops "Strategie" gezogen: Er hat sich vorläufig bis zum Jahresende beurlauben lassen, dass er überhaupt nochmal zurückkommt, erscheint fraglich.
Nokia - CEO Stephen Elop als Totengräber
Was aber macht Elop? Statt zu überlegen, wie man das N9 und MeeGo vorantreiben kann, präsentiert er in einer "geheimen Session", von der einen Tag später ein Video auf YouTube auftaucht, ein Windows-Phone-Smartphone, das bis auf einem Knopf identisch zum N9 aussieht. Die Folge: Nokias Aktienkurs entwickelt sich wieder in die bekannte Richtung - nach unten.
Das Beste folgte jedoch wenig später: "Selbst wenn das N9 und MeeGo ein Erfolg werden sollten, wird kein weiteres MeeGo-Handy geben", ließ sich Elop öffentlich zitieren. Diese abstruse Einstellung, nämlich sich nicht an erfolgreichen Produkten zu orientieren, gipfelte darin, dass Elop auch noch alles dafür tat, dass nichtmal das N9 hohe Verkaufszahlen erreichen kann: Er traf die Entscheidung, dass das N9 in den sechs größten europäischen Märkten (Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Niederlande) erst gar nicht verkauft wird. Kein Kunde darf sich an MeeGo und dem N9 erfreuen, stattdessen wurden exakt diese sechs Länder für den Start des ersten Windows-Phone-Smartphones aus dem Hause Nokia definiert. Wir halten also fest: Die für Nokia wichtigsten Märkte dürfen nicht durch MeeGo verbrannt werden, damit alle Kunden später brav Windows Phone kaufen. Auf die Idee, dass die Kunden einfach statt Nokia-Handys Geräte anderer Hersteller mit Android oder Apple-OS kaufen könnten, weil Sie - wie durch HTC und andere Hersteller bewiesen - Windows Phone einfach nicht haben wollen, kommt Elop scheinbar nicht.
Spätestens hier stellt sich die Frage, wessen Interessen Elop eigentlich vertritt: Die der Nokia-Aktionäre, die möglichst hohe Profits sehen wollen, oder die seines Ex-Arbeitgebers Microsoft, der sein Betriebssystem Windows Phone - bislang vergeblich - im Markt etablieren will - entscheiden Sie selbst. Auf jeden Fall hat seine "Strategie" schon ein Ergebnis erzielt: Nokia musste die Preise seiner Handys um durchschnittlich 15 % senken, wodurch die wirtschaftlichen Verluste weiter ansteigen dürften.
Windows Phone's Marktanteil in Microsofts stärkstem Markt: 1 %
Für MeeGo und Intel sieht die Zukunft rosig aus: Neben ZTE, Huawei, LG und Panasonic setzt der Provider China Mobile auf MeeGo-Geräte. China Mobile ist doppelt so groß wie alle Provider in den USA (u.a. AT&T, Verizon) zusammengenommen. Für Windows Phone zeigen neue Analysen genau das Gegenteil auf.
Schon in unserer ersten Analyse haben wir den Boykott durch Handy-Provider erläutert, der mit der Integration von Skype zusammenhängt. Telefoniert ein Handy-Besitzer mittels Skype über WLAN, verdient der Provider nicht einen Cent. Diverse Zeitungen haben in den USA, immerhin Microsofts stärkstem Markt weltweit, eine Umfrage bei Handy-Verkäufern gemacht. Das Ergebnis: Sie haben kein Windows-Phone-Gerät gefunden, stattdessen haben Verkäufer versucht, Kunden, die nach Windows-Phone-Geräten gefragt haben, dazu zu bewegen, Android-Geräte zu kaufen. Der bislang größte Microsoft-Partner, HTC, hat sich wie schon erwähnt mittlerweile von Windows Phone abgewendet.
In einer Studie der Marktforschungsfirma Nielsen wird das Drama offensichtlich: Ein Jahr nach dem Launch von Windows Phone werden neunmal (!) soviele Geräte mit dem antiquierten Vorgänger-OS Windows Mobile verkauft wie mit Windows Phone - obwohl Microsoft selbst Windows Mobile ablösen wollte. Selbst das von Elop abgekündigte Symbian wird in den USA doppelt so oft verkauft und - schlimmer kann es nicht mehr kommen - das auf Handys quasi unsichtbare von HP gekaufte uralte Palm OS (nicht das neue WebOS) kommt auf den selben Marktanteil wie Windows Phone: 1 %, und das wie gesagt in Microsofts stärkstem Markt, den USA.
Diese Zahlen beziehen sich auf in der Vergangenheit gekauft Geräte, vielleicht wird es ja in der Zukunft besser? Leider nicht. Auch für Neukäufe erwartet die Nielsen-Studie für Windows Phone einen Marktanteil von 1 %. Zum Vergleich: Android erzielt 38 %, Apple-OS 27 %, Blackberry-OS 21 %, Windows Mobile 9 %, Symbian 2 %, HPs WebOS (das neue Palm OS) 2 % und das alte Palm OS 1 %. Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Windows Phone mit ebenfalls 1 %.
Apropos Symbian: Nachdem Elop dieses am 11. Februar beerdigt hatte, hat sich mit NTT DoCoMo nicht nur Nokias größter Partner in Japan abgewendet (hin zu - raten Sie mal - richtig: Android), sondern auch in Indien geht es richtig abwärts: Hier hatte Nokia mal 70 % Marktanteil, jetzt nur noch 39 % (in Relation zu anderen Ländern klingt diese Zahl gar nicht schlecht, die Inder kaufen allerdings primär vergleichsweise billige Handys, so dass Umsatz und Gewinn nur bedingt profitieren).
Das N9 ist ein Gerät, das für einen Neuanfang bei Nokia hätte stehen können - bevor es von Stephen Elop umgehend wieder liquidiert wurde. Aber es hätte auch noch eine andere Chance gegeben: Eine Partnerschaft mit AT&T für das X7, die auf dem Mobile World Congress in Barcelona hätte angekündigt werden können - lieber zeigte sich Elop jedoch mit seinem Ex-Boss, Microsoft-CEO Steve Ballmer.
Alle Hersteller wünschen sich eine Partnerschaft mit einem Provider - außer Elop
Vor 7 Jahren war Nokia auch auf dem großen US-Markt Marktführer. Seitdem ist der Marktanteil stetig gefallen, heute dümpelt Nokia auf dem Niveau eines Nischenanbieters herum. Der Grund sind keine schlecht designten Geräte, ein mieses Ecosystem oder das Symbian-OS (bevor es von Elop am 11.2.2011 verbal liquidiert wurde), sondern schlicht und ergreifend ein miserables Verhältnis zu den großen US-Telekom-Providern wie AT&T oder Verizon, die für die Markteinführung neuer Geräte in den USA eine extrem wichtige Rolle spielen.
Im Januar 2011 erzielte das US-Verkaufsteam von Nokia einen unter diesen Rahmenbedingungen fast unglaublichen Erfolg: AT&T war bereits, das X7 von Nokia zu promoten (=zu subventionieren), man schlug sogar vor, auf dem Mobile World Congress in Barcelona ein gemeinsames Event mit AT&T-CEO Randall L. Stephenson und Stephen Elop aufzusetzen, auf dem die Partnerschaft verkündet werden sollte. Was aber tat Elop? Er sagte die Markteinführung des X7 kurzerhand ab und trat stattdessen mit Microsoft-CEO Steve Ballmer auf, um nicht nur das Ende von Symbian zu verkünden, sondern auch auf den zukünftigen "Erfolg" (Zahlen dazu s.o.) von Windows Phone anzustoßen.
Hätte Elop den Deal mit AT&T klar gemacht, hätte er eine Art Heldenstatus bekommen können angesichts der Tatsache, dass seine zwei Vorgänger daran gescheitert sind, Nokia wieder bei einem großen US-Provider ins Boot zu bekommen. Stattdessen vergraulte er die Amerikaner vermutlich endgültig, beerdigt Symbian und macht nur einen glücklich: Steve Ballmer und dessen Untertanen aus Redmond. Auch hier darf die Frage gestellt werden, wessen Interessen Elop eigentlich vertritt.
Nebenbei bemerkt: AT&T hat Stand heute 26 subventionierte Smartphones von Apple, Samsung, RIM, HP, HTC, LG und Motorola im Programm, Verizon deren 40 und T-Mobile USA 48 Geräte. Von diesen 114 Geräten trägt genau eines (!) den Aufdruck Nokia: Das Nokia Astound (in Deutschland unter der Bezeichnung C7 erhältlich) bei T-Mobile.
Fazit
Lassen Sie mich die Ergebnisse der Ära Stephen Elop bei Nokia zusammenfassen: Aktienkurs um 52 % gesunken, das erfolgreichste OS der Welt (Symbian) beerdigt, das beste Smartphone seit langem (N9) den wichtigsten europäischen Kunden vorenthalten, mit Windows Phone auf ein OS gesetzt, dass von den Kunden nicht geliebt und dank Skype von den Telekom-Providern derart gehasst wird, dass es in den Läden vermutlich nicht ein einziges subventioniertes Handy mit Windows Phone und Skype geben wird, einen für den US-Markt historischen Deal mit AT&T ausgeschlagen, und last but not least den Marktanteil von 29 % in Q4 2010 bis Ende 2011 vermutlich mehr als halbiert - und nebenbei dem Chiplieferanten Texas Instruments nach dessen eigener Aussage noch die Quartalsbilanz verhagelt.
Welcher CEO kann eine solch desaströse Bilanz in nur 9 Monaten vorweisen und was muss noch passieren, damit der Aufsichtsrat Elop endlich vor die Tür setzt? Ich weiß es nicht.