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Von Sarajevo nach Neum

Josip Frank

Ultra-Poster
Ein Städtchen an der Adria hat nichts mehr zu lachen, seit Kroatien in der EU ist. Es liegt zwischen Split und Dubrovnik und gehört zu Bosnien. Bis vor kurzem war das egal.



Von Sarajevo nach Neum? „Am besten mit dem Talgo“, hatte ein seit Jahren in Düsseldorf lebender bosnischer Bekannter empfohlen. Ungläubige Rückfrage: Mit dem Talgo, dem spanischen Schnellzug? In Bosnien? Exakt, denn der Talgo fahre jetzt auch in Bosnien, die Eisenbahn der bosnischen Förderation habe mehrere Züge gekauft, das Beste vom Besten, sagte der Bekannte und versuchte gar nicht erst, seinen Stolz darüber zu unterdrücken, dass seine frühere Heimat nun Anschluss an die Moderne gefunden habe.

Bosnien ist ein Wunder
Schließlich trat Enver Bijedic, Bosniens neuer Transportminister, die Flucht nach vorn an. Es sei vollkommen unnütz gewesen, die Talgo-Züge zu kaufen, schimpfte der Minister, und das liege nicht einmal daran, dass sie zu teuer für Bosnien seien. „Selbst wenn man uns die Züge schenken würde, hätten wir keine Verwendung für sie.“ Denn die Eisenbahnverwaltung hatte ein Detail übersehen: Zwar erreicht die von Bosnien erworbene Talgo-Generation Geschwindigkeiten von bis zu 240 Kilometern in der Stunde, doch das seit habsburgischen Zeiten kaum modernisierte bosnische Schienennetz ist nur auf etwa 60 Stundenkilometer ausgelegt.


Man muss Bosniens Geschichte nicht kennen, um zu erkennen, dass dieser Grenzverlauf der Politik geschuldet ist, nicht der Topographie. Dass ihr Staat Adriaanrainer ist, haben die Bosnier nämlich Venedig zu verdanken. Beziehungsweise den Osmanen und der Republik von Ragusa (Dubrovnik). Die Ragusaner befanden sich in einem ständigen Abwehrkampf gegen Venedig, und um sich gegen die Dogenrepublik zu schützen, verfielen Ragusas gewiefte Diplomaten schließlich darauf, ein Stück Land nördlich von Dubrovnik an den Sultan abzutreten.

Kroatiens EU-Beitritt: Berge, Täler - und Neum - Europäische Union - FAZ


Diese Grenzregion sollte autonom werden.....die einzige Chance dieses Problem zu lösen
 
Das ist halt leider nur die halbe Geschichte.

Wenn der in Düsseldorf lebende Bosnier die ganze Talgo-Geschichte kennen würde, dann würde nicht einmal ein Funke Stolz aufkommen, sondern er würde sich für sein Land, vor allem aber für dessen Politiker schämen.

In Wirklichkeit ist die Geschichte der Beschaffung von Talgo-Zügen ein Krimi, bei dem es noch eine Reihe Verurteilungen geben wird und irgendwie symptomatisch für das Land ist.
Ganz kurz:
Krieg hat ja (aus der Sicht der Unbeteiligten) immer auch eine gute Seite. "Kaufen wenn die Bomben fallen" sagen die Börsianer und Geschäftsleute. Nach einem Krieg muss immer die Infrastruktur wieder aufgebaut werden. Das ausgeblutete Land schafft das aus eigener Kraft nicht. Also kommen die "Investoren" aus dem Ausland ins Spiel. In diesem Fall die Spanier. In jahrelanger Arbeit haben die Manager von Talgo "die Politik" in BiH bearbeitet. All zu viel Phantasie braucht man nicht...
Jedenfalls kam es im Jahr 2005 zu einer Bestellung von neun Zügen, die das maximal unpassendste Gerät darstellen, das Bosnien je brauchen könnte. Dabei ist das Geschwindigkeitsthema noch das geringste Problem. Wenn man sie im Internationalen Verkehr einsetzt, könnte man ab dem Jahr 2024 über hundert Kilometer mit 200 Km/h fahren. Ansonsten bleibt es noch für Jahrzehnte im Radius bis Budapest, München, Zürich bei Vmax 140. Inzwischen sind die Talgo 7 konstruktiv über 20 Jahre alt (die Entwicklung startete schon on den 80ern) und gelten als veraltet.

Aber die Züge könnten noch viel mehr. Spurwechsel z.B. Blöderweise von Normalspur auf spanische Breitspur. Wenn man das schon wollte, dann müsste ein Spurwechsel auf bosnische Schmalspur möglich sein. Erübrigt sich aber, weil dort das Wagenkasten Profil nicht passt.
Neigetechnik bringt erst nenneswerte Fahrzeitgewinne im Geschwindigkeitsbereich > 150 Km/h. Üblicherweise wird auf Neigetechnik nur zurückgegriffen, wenn Takt-Knoten nur mit unverhältnismäßigem Infrastrukturaufwand erreicht werden würde. In Österreich bleibt beim ICE-T von Passau nach Wien die Neigetechnik ausgeschaltet. Der Fahrzeitgewinn wäre ca. 2,5 Minuten. Zudem müsste am Oberbau einiges adaptiert werden...
Weiters wurde in völlig falscher Konfiguration bestellt. Insgesamt nur 237 Plätze, davon noch dazu 2 Wagen 1. Klasse und ein Speisewagen. Da bleibt nicht viel für "normale" Fahrgäste.

Ein weiteres Kapitel: Talgo verkauf nur Züge inkl. Wartungsvertrag (und garantiert 99% Verfügbarkeit). Das heisst, es muss eine Wartungsanlage mit gekauft werden. Die rentiert sich üblicherweise aber nur ab ca. 50 Züge. Darunter sind die Wartungsanlagen teurer als die Züge selbst. Das Kapitel "Wartung" wurde im Kaufvertrag daher ausgeklammert und auf später verschoben. Es gibt bis heute keine Lösung, was wiederum eh wurscht ist - es gibt ja auch bis heute keine Zulassung. (Ein Wartungskonzept ist unbedingter Bestandteil des Zulassungsverfahrens).

Kroatien hat jedenfalls die Zulassung auf dem HZ-Netz definitiv verweigert. Man streitet nebenbei um so Kleinigkeiten wie eine von der ZFBH einbehaltenen Lok, die vorher bei einem Unfall beschädigt wurde und für deren Reparatur das Geld fehlt...

Unendliche Geschichten... Einstweilen verroten ein paar gelieferte Waggons in Sarajevo.

Für mich ist klar: Die Talgo Züge werden NIE mit Fahrgästen besetzt auch nur einen Meter durch Bosnien rollen.

PS: @Babsi: Zum besseren Verständnis lies bitte die ganze Geschichte in der FAZ, die Josip verlinkt hat.
 
Das ist halt leider nur die halbe Geschichte.

Wenn der in Düsseldorf lebende Bosnier die ganze Talgo-Geschichte kennen würde, dann würde nicht einmal ein Funke Stolz aufkommen, sondern er würde sich für sein Land, vor allem aber für dessen Politiker schämen.

In Wirklichkeit ist die Geschichte der Beschaffung von Talgo-Zügen ein Krimi, bei dem es noch eine Reihe Verurteilungen geben wird und irgendwie symptomatisch für das Land ist.
Ganz kurz:
Krieg hat ja (aus der Sicht der Unbeteiligten) immer auch eine gute Seite. "Kaufen wenn die Bomben fallen" sagen die Börsianer und Geschäftsleute. Nach einem Krieg muss immer die Infrastruktur wieder aufgebaut werden. Das ausgeblutete Land schafft das aus eigener Kraft nicht. Also kommen die "Investoren" aus dem Ausland ins Spiel. In diesem Fall die Spanier. In jahrelanger Arbeit haben die Manager von Talgo "die Politik" in BiH bearbeitet. All zu viel Phantasie braucht man nicht...
Jedenfalls kam es im Jahr 2005 zu einer Bestellung von neun Zügen, die das maximal unpassendste Gerät darstellen, das Bosnien je brauchen könnte. Dabei ist das Geschwindigkeitsthema noch das geringste Problem. Wenn man sie im Internationalen Verkehr einsetzt, könnte man ab dem Jahr 2024 über hundert Kilometer mit 200 Km/h fahren. Ansonsten bleibt es noch für Jahrzehnte im Radius bis Budapest, München, Zürich bei Vmax 140. Inzwischen sind die Talgo 7 konstruktiv über 20 Jahre alt (die Entwicklung startete schon on den 80ern) und gelten als veraltet.

Aber die Züge könnten noch viel mehr. Spurwechsel z.B. Blöderweise von Normalspur auf spanische Breitspur. Wenn man das schon wollte, dann müsste ein Spurwechsel auf bosnische Schmalspur möglich sein. Erübrigt sich aber, weil dort das Wagenkasten Profil nicht passt.
Neigetechnik bringt erst nenneswerte Fahrzeitgewinne im Geschwindigkeitsbereich > 150 Km/h. Üblicherweise wird auf Neigetechnik nur zurückgegriffen, wenn Takt-Knoten nur mit unverhältnismäßigem Infrastrukturaufwand erreicht werden würde. In Österreich bleibt beim ICE-T von Passau nach Wien die Neigetechnik ausgeschaltet. Der Fahrzeitgewinn wäre ca. 2,5 Minuten. Zudem müsste am Oberbau einiges adaptiert werden...
Weiters wurde in völlig falscher Konfiguration bestellt. Insgesamt nur 237 Plätze, davon noch dazu 2 Wagen 1. Klasse und ein Speisewagen. Da bleibt nicht viel für "normale" Fahrgäste.

Ein weiteres Kapitel: Talgo verkauf nur Züge inkl. Wartungsvertrag (und garantiert 99% Verfügbarkeit). Das heisst, es muss eine Wartungsanlage mit gekauft werden. Die rentiert sich üblicherweise aber nur ab ca. 50 Züge. Darunter sind die Wartungsanlagen teurer als die Züge selbst. Das Kapitel "Wartung" wurde im Kaufvertrag daher ausgeklammert und auf später verschoben. Es gibt bis heute keine Lösung, was wiederum eh wurscht ist - es gibt ja auch bis heute keine Zulassung. (Ein Wartungskonzept ist unbedingter Bestandteil des Zulassungsverfahrens).

Kroatien hat jedenfalls die Zulassung auf dem HZ-Netz definitiv verweigert. Man streitet nebenbei um so Kleinigkeiten wie eine von der ZFBH einbehaltenen Lok, die vorher bei einem Unfall beschädigt wurde und für deren Reparatur das Geld fehlt...

Unendliche Geschichten... Einstweilen verroten ein paar gelieferte Waggons in Sarajevo.

Für mich ist klar: Die Talgo Züge werden NIE mit Fahrgästen besetzt auch nur einen Meter durch Bosnien rollen.

PS: @Babsi: Zum besseren Verständnis lies bitte die ganze Geschichte in der FAZ, die Josip verlinkt hat.



Gschichten....die nur ein Merkmal haben....Korruption .....anstatt das Schienennetz zu erneuern oder auszubauen.....so wird das eigene Grab geschaufelt
 
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