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Warum Hari Kotov als makedonischer Premier abtratt

Albanesi

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Am Montag (15.11.) ist der mazedonische Premierminister Hari Kostov überraschend zurückgetreten. Bei der Pressekonferenz begründete er dies mit mangelnder Teamarbeit zwischen den mazedonischen und albanischen Regierungspartnern und kritisierte dabei den mazedonischen Koalitionspartner BDI stark. Ein Bericht von Adelheid Feilcke-Tiemann:


Es ist gerade eine Woche her, dass die Regierungskoalition in Skopje neuen Aufwind erhalten hat, nachdem ein Referendum gegen die geplante Gemeindereform gescheitert war. Da steht die nächste Regierungskrise ins Haus: Am Montag hat Regierungschef Hari Kostov seinen Rücktritt erklärt. Als Grund für diesen Schritt nannte er bei einer Pressekonferenz die grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Koalitionsparteien. Ohne die BDI (Demokratische Vereinigung für Demokratie) beim Namen zu nennen, erhob er schwere Vorwürfe gegen den albanischen Juniorpartner in der multiethnischen Regierungskoalition:


"In der Regierung gibt es keine vollständige Gemeinsamkeit und praktische Teamarbeit für die Realisierung der strategischen Ziele Mazedoniens. Im Gegenteil: einer der Koalitionspartner versteht die Teilnahme an der Regierung trotz der wohlklingenden Verlautbarungen nur als Mittel für die partielle Realisierung des Ohrider Rahmenvertrags und setzt sich nur für die Einstellung von Beamten einer der ethnischen Gemeinschaften ein (...) Dieser Koalitionspartner unterstützt nationale und enge parteiliche Interessen inklusive der Vetternwirtschaft und Korruption."


Kostov war nur sechs Monate Premier der kleinen Balkanrepublik. Der parteilose Politiker hatte das Amt im Frühjahr übertragen bekommen, nachdem Branko Crvenkovski, bisheriger Premierminister, durch den tragischen Flugzeugabsturz Boris Trajkovskis zum Staatspräsident gewählt wurde. Kostov gilt als Vertrauter Crvenkovskis. Die Mandatierung des Bankers wurde immer als "technische Lösung" bewertet. Er agierte ohne großen Rückhalt in der Regierungspartei. Insofern wurde schon längere Zeit über eine Ablösung spekuliert, der heutige Rücktritt kam aber doch unerwartet. Kostov selbst verband am Montag mit diesem Schritt auch ein positives Signal, wohl nicht nur an den Koalitionspartner BDI, sondern auch an die Sozialdemokraten gerichtet:


"Ich hoffe, dass mein Rücktritt eine mobilisierende Wirkung haben wird auf die Koalitionspartner in der Regierung. Sie sollen nicht nur die Zusammenarbeit immer wieder deklarieren, sondern auch in der essentiellen und praktischen Zusammenarbeit ausdrücken. Das Ziel ist die Verwirklichung der strategischen Ziele der Republik Mazedoniens."


Diese Ziele: Erfüllung des Ohrider Abkommens und eine Beschleunigung der euro-atlantischen Integration. Für beide Ziele braucht das Land eine handlungsfähige Regierung. Diese wird aller Voraussicht nach einer Fortsetzung der derzeitigen Regierungskoalition aus SDSM und BDI unter Mitwirkung der Liberalen (DPL) sein, aber mit einem neuen Premier. Schon hat sich in Skopje das Personalkarussell zu drehen begonnen: Gute Chancen für die Nachfolge Kostovs werden der derzeitigen Europaministerin Sekerinska und Verteidigungsminister Vlado Buckovski eingeräumt.


Nachdem der Premier am Montag beim Parlamentspräsidenten Ljupco Jordanovski das Rücktrittsgesuch eingereicht hat, wird das Parlament am Donnerstag (18.11.) zusammentreten und den Rücktritt aller Voraussicht nach annehmen. Spätestens in zehn Tagen wird dann beim Parteikongress der Sozialdemokratischen Union (SDSM) ein neuer Parteipräsident gewählt werden, den dann Präsident Branko Crvenkovski mit der Regierungsbildung beauftragen wird
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Krise als neue Chance begreifen


- Mazedonischer Regierungschef Kostov scheiterte an Druck von allen Seiten

Bonn, 16.11.2004, DW-RADIO / Mazedonisch, Nada Steinmann


Der parteilose mazedonische Ministerpräsident Hari Kostov, der erst seit einem knappen halben Jahr im Amt ist, hat am Montag (15.11.) seinen Rücktritt eingereicht. Dieser Schritt kam insgesamt nicht überraschend, obwohl er gerade in den letzten Wochen wichtige Triumphe hatte für sich verbuchen können.


Der noch amtierende Ministerpräsident Mazedoniens, Hari Kostov, hätte eigentlich allen Grund gehabt sich zu freuen. Das Scheitern des Referendums über ein parteipolitisch geprägtes Gesetz für eine neue territoriale Gliederung galt als Sieg für seine pro-westliche Regierung. Die US-Regierung bestätigte die Beibehaltung des Namens "Mazedonien". Dies alles hätte er als sein Verdienst feiern können.


Stattdessen trat Kostov am Montag (15.11.) nervös und aufgeregt vor die Presse und erklärte seinen Rücktritt. Der parteilose Wirtschafsexperte, der erst im Juni an die Spitze der Regierung gerückt war, beschuldigte indirekt den albanischen Koalitionspartner, die Demokratische Union für Integration (DUI), sich mehr für die Rechte der albanischen Minderheit zu interessieren als für die Modernisierung des Landes. Wegen der anhaltenden Streitigkeiten stagniere auch die geplante Harmonisierung von Gesetzen mit europäischem Recht. Dadurch sei das Land unregierbar. Damit hatte er gar nicht so unrecht, denn während der nicht transparent verlaufenden Verhandlungen zu dem genannten Gesetz hatte der Führer der albanischen DUI ständig mit seinem Austritt aus der Regierung gedroht, sollten seine Forderungen nicht erfüllt werden.


Kostov wusste aber, dass die ganze Region ein stabiles Mazedonien braucht. Und ein Erfolg des Referendums hätte Mazedonien auf dem Weg in die NATO und EU zurückgeworfen. Dem Premierminister war aber auch bekannt, dass unter den Gegnern der Reform keinesfalls nur mazedonische Nationalisten waren und dass es gute Gründe für den Widerstand gegen die Regierungspläne gab. Kostov kannte die Ängste der Mazedonier davor, dass die Albaner dafür kämpften, ihren ethnischen Staat zu erreichen. Er hatte aber keine Zeit, damit sich zu befassen, denn ihm war auch klar, dass ohne die Vereinigten Staaten auf dem Balkan kaum was bewegt. Der Druck, unter den er geraten war, war so gesehen sehr groß.


Das war aber nicht alles. Kostov, der in den letzten Monaten schon öfter mit dem Rücktritt gedroht hatte, hatte Probleme auch mit der regierenden SDSM. Der parteilose Kostov galt zwar als Vertrauter Crvenkovskis, wurde aber als Außenseiter betrachtet. Schon lange wurde in den Reihen des SDSM subtil aber hart und hinter verschlossenen Türen der Kampf um die Funktion des neuen Parteipräsidenten geführt. Viele kluge ehrgeizige Politiker bei den Sozialdemokraten warten nur darauf, dass der Sessel des Premierministers frei wird. Unter deren Kämpfen muss Kostov sehr gelitten haben. Daher beschwerte er sich über mangelnden Rückhalt in der Koalition. Vor einigen Monaten wurde er als Retter gefeiert, aber als Premierminister "zum einmaligen Gebrauch" behandelt. Keiner stellte sich hinter ihn, da er doch der Partei nicht angehörte. Dies machte seine Position noch schwieriger. Auch als Wirtschafsexperte, der dem Land mehr Wohlstand bringen sollte, kam er nicht zum Zuge.


Statt dessen wurde er von seinen Freunden bei den Sozialdemokraten ausgenutzt, um seinen Kopf im interethnischen Kampf hinzuhalten und Entscheidungen anderer durchzusetzen. Auch sein Vertrauter Branko Crvenkovski, der die Gunst der Stunde nutzte und nach dem Tod von Boris Trajkovski auf dem Posten des Präsidenten wechselte, hat hinter den Kulissen die Fäden gezogen und seine Macht demonstriert. Dem Premierminister blieb so gesehen kaum freier Raum, um seine Entscheidungen und Ideen durchzusetzen. Traurig ist aber auch, dass er selber keine Visionen für sein Land hatte.


Es sollte aber alles getan werden, um Mazedonien aus dieser Krise zu helfen. Alle hatten gute Absichten und alle kochten mit. So haben wir jetzt den mazedonischen Salat, gewürzt mit vielen internationalen Gewürzen. Gekocht wird woanders, gegessen werden aber soll zuhause, und dort schmeckt der Salat schon lange nicht mehr. Weder den Mazedoniern noch den Albanern noch irgendeiner anderen Minderheit von den vielen, die eigentlich friedlich leben wollen in ihrem Land. Viele Köche verderben nun mal den Salat.


Der Rücktritt von Ministerpräsident Kostov kam daher nicht, wie einige sagen, unerwartet. Mazedonien wird nicht erst in eine Krise geraten, es befindet sich schon lange in einer prekären Lage. Der jetzige Schritt Kostovs hat dies nur deutlich gemacht. Er wollte, wie er sagte, einen "heilsamen Schock" auslösen und die Regierung dahin bringen, dass sie über ihre eigene Ineffizienz nachdenken muss.


Wer über was in Mazedonien oder in den "Auslandsküchen" nachdenken wird, wissen wir heute noch nicht. Aber wir wissen, dass dieser ungewöhnliche Premierminister mit seinem Rücktritt zugegeben hat, dass sich Mazedonien vielleicht in der schlimmsten Krise seines Bestehens befindet. Aber wie das Leben manchmal so spielt: Vielleicht versteckt sich gerade in der von vielen gefürchtete Krise die Chance für eine Genesung Mazedoniens. (fp)


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Mazedonische Staatsanwaltschaft: Hari Kostov muss Korruptionsvorwürfe schriftlich beweisen




Skopje, 17.11.2004, UTRINSKI VESNIK, mazed.


Die (mazedonische) Staatsanwaltschaft wird den scheidenden mazedonischen Premier Hari Kostov auffordern, seine Informationen über Korruption und Vetternwirtschaft in der Regierung schriftlich darzulegen. Die Staatsanwaltschaft hat Generalstaatsanwalt Aleksandar Prcevski zufolge auf die Beschuldigungen des Premierministers sofort reagiert. Kostov soll jetzt konkrete Beweise vorlegen. (...)


Die Demokratische Union für Integration DUI (Koalitionspartner in der Regierung – MD) habe keine Information über Korruption und Vetternwirtschaft, sagte ein DUI-Vertreter. Er wies alle Beschuldigungen des Premierministers in seiner Rücktrittserklärung zurück. Ohne die Demokratische Union für Integration beim Namen zu nennen, erhob er schwere Vorwürfe gegen den albanischen Juniorpartner in der multiethnischen Regierungskoalition. "Dieser Koalitionspartner unterstützt nationale und enge parteiliche Interessen inklusive der Vetternwirtschaft und Korruption", erklärte Kostov. (...)


Die DUI ist mit Kostovs Einschätzungen überhaupt nicht einverstanden. "Falls der Premier Informationen über Nepotismus und Korruption gehabt hätte, hätte er sie früher mitteilen müssen, insbesondere vor den Mitgliedern des DUI-Vorstandes. Wir sind uns bewusst, dass es Korruption gibt. Unser Anliegen war von Anfang an, die Korruption zu bekämpfen, dort wo sie entsteht. Ich finde es nicht gerecht, dass Premier Kostov nur die Demokratische Union für Integration wegen Korruption beschuldigt", erklärte der DUI-Vizevorsitzende Rafiz Aliti.


Juristen sind der Ansicht, dass das Innenministerium und die Staatsanwaltschaft die Beschuldigungen des Premierministers untersuchen müssen. Zu Wort hat sich auch die Antikorruptionskommission gemeldet: "Es gibt nur einen deklarativen und keinen echten Willen zur Bekämpfung des Übels. Das Korruptionsproblem ist viel verbreiteter als wir denken. Die Korruption hat mittlerweile viele andere Segmente des Systems erreicht, die der Premier in seiner Rücktrittserklärung nicht erwähnt hat. Die zuständigen staatlichen Behörden sollten keine Zeit verlieren, um hier zu intervenieren, anstatt von Premier Kostov Beweise zu verlangen. Gerade das Korruptionsproblem ist der Hauptgrund der Erfolglosigkeit der mazedonischen Regierung", sagte ein Mitglied der Antikorruptionskommission. (...) (fp)
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DPA in Mazedonien setzt sich gegen "Dämonisierung der Albaner" zur Wehr





Skopje, 18.11.2004, UTRINSKI VESNIK, mazed.


"Wir werden nicht zulassen, dass Hari Kostov (scheidender mazedonische Premierminister – MD) sich hinter irgendwelchen lakonischen Äußerungen versteckt. Wir werden ihn zu klaren Argumenten zwingen. Die Demokratische Union für Integration werden wir auffordern, konkrete Beweise dafür vorzulegen, dass sie von den (slawo -) mazedonischen Geheimdiensten nicht erpresst wird.


Die Demokratische Partei der Albaner DPA ist wegen den ständigen Beschuldigungen an die Adresse der Albaner, sie trüge stets die Hauptschuld an der Lage im Lande, äußerst beunruhigt", so der Vizevorsitzende und DPA-Sprecher Sulejman Rushiti zum Standpunkt seiner Partei zur Rücktrittserklärung von Premierminister Hari Kostov. Rushiti sagte, sollte Kostovs Erklärung stimmen, dann sollten die Albaner nicht nur in Mazedonien, sondern überall, wo sie leben, über die moralischen Attacken auf die politische Legitimität der Albaner beunruhigt sein. Den Frieden und das Recht für das Volk haben die Albaner nur mit Krieg erreicht. Die Behauptung, die ehemaligen Kämpfer seien jetzt Kriminelle, sei nach wie vor unerträglich, so Rushiti. Beunruhigt über die Beschuldigungen, Teil der organisierten Kriminalität zu sein, seien alle Albaner auf dem Balkan, fügte er hinzu.


Der DPA-Vizevorsitzende wiederholte den Standpunkt seiner Partei, dass sie "Teil der Lösung und nicht der Herbeiführung von Krisen sein wolle". Die politische Krise im Land wird ihm zufolge von Tag zu Tag größer. Er rief die Koalitions- und Regierungspartei DUI auf, die Partnerschaft nach den schweren Beschuldigungen des Premierministers aus moralischen Gründen zu aufzukündigen, weil sie sonst Gefahr laufe, ein Spielzeug in den Händen irgendeinen Staatsanwaltes zu werden. "Die Regierung, in der auch die Demokratische Union für Integration koaliert, ist die Hauptantriebskraft bei der Dämonisierung aller Albaner, die für der organisierten Kriminalität, der Korruption, der Vetternwirtschaft, des Fundamentalismus sowie für der politischen Unreife und demokratischen Atrophie beschuldigt werden", schlussfolgerte Rushiti. (fp)
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Schade das er zurückgetreten ist, denn Kostov hat die Anerkennung "Repulika Makedoija" durch die USA bewirkt, aber anscheinend, wie nun mal üblich bei den Makedoniern, zählt das nicht!

Kostov hat mit dem Dezentralisierungsgesetz Mut bewiesen und dafür mit einen Arschtritt belohnt.

also war doch der eine Grund:Er wurde doch nur ausgenützt um die heiße Kastanie "Dezentralisierung" aus dem Feuer zu holen, wozu sich die slawischen Politiker zu feige und fein waren.

Wenigstens kann sich der Aromune Kostov die Anerkennung MK's unter "RM" durch die USA auf seine Fahne schreiben. Ich glaube, dass wirkt tröstend auf ihn!

Jetzt bekommen wir einen Ministerpräsidenten slawischer Herkunft, was diese bisher gebracht haben, hat sich ja bis ausschliesslich Kostov gezeigt.

Unter dem Strich ein trauriger Tag für Makedonien!
 
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