D
D.Hans
Guest
Was ist ein freier Mensch?
Viel wurde in letzter Zeit über die Freiheit von Menschen diskutiert. Sei es in der Türkei, oder irgendwo auf der Welt, z.B. in Deutschland/Österreich/Schweiz wenn das Gespräch auf die Überwachung der elektronischen Kommunikation kommt.
Bei meinen Reisen schalte ich oft Handy/Laptop/Internet aus. Zumal die ständigen Verbindungsunterbrechungen ohnehin nur Ärger auslösen. Ich nehme dann ein Buch zur Hand, oder ziehe mich in meine eigene Gedankenwelt zurück. So z.B. tauchte vor kurzem in einem Buch von Martin Seel die Frage auf, wer denn eigentlich ein freier Mensch ist. Anfangs dachte ich, dies sei eigentlich schnell beantwortet. Je mehr ich darüber nachdachte, desto schwieriger fiel mir die Antwort darauf.
Selbst bei größter Umsicht haben wir unser Leben nicht in der Hand. Ein freier Mensch ist jemand, der alles in allem so lebt, wie er es aus eigenem Antrieb und eigener Überlegung will. Alles in allem: Er wird vieles so nehmen und manches so hinnehmen müssen, wie es nun mal ist. Aus eigenem Antrieb: Er wird vor allem denjenigen seiner Leidenschaft folgen, an denen ihm am meisten liegt – mitsamt seinen Bindungen, die ihnen entspringen. Aus eigener Überlegung: Er wird seine Antriebe durch sein Überlegen und sein Überlegen durch seine Antriebe so formen, dass es seine Entscheidungen sind, die ihm sein Leben gelingen oder scheitern lassen.
Frei zu sein bedeutet auch frei von inneren wie äußeren Beschränkungen zu sein, aber auch frei für bestimmte Anliegen und Vorhaben zu sein. Ein freier Mensch ist jemand, der sich selbst zu binden und sich also mit der Ungewissheit der eigenen Existenz zu verbünden vermag.
Was es mit der Freiheit des Menschen auf sich hat, wird an allerlei Figuren deutlich, die von dem Normalgebrauch der Möglichkeit eines selbstbestimmten Lebens in auffälliger Weise abweichen.
Ich stufe diese Figuren im Wesentlichen folgendermaßen ein:
· den Tyrannen
· den Trotzigen
· den Fanatiker und
· den Fatalisten
Der Tyrann glaubt, er könne alle Fesseln abwerfen und dadurch die eigene Lage unter Kontrolle bekommen. Dummerweise muss er dazu allen anderen direkt oder indirekt in Fesseln legen, was einen Apparat erfordert, als dessen Gefangener er fortan lebt. Insofern wird man ihn kaum einen Menschen nennen wollen, der mit seiner Freiheit etwas Rechtes anzufangen weiß. Aber im Prinzip handelt er aus eigenem Antrieb und eigener Überlegung. Auch ist er in seinem Handeln frei. Dass er arm dran ist, weil er sich die schönsten Früchte der Freiheit entgehen lässt, merkt er erst, wenn es längst zu spät ist. Der Tyrann nimmt sich die Freiheit, nur auf eigene Rechnung zu handeln. Dass diese Rechnung nicht aufgehen kann, ändert nichts daran, dass es seine Rechnung ist, die er zu begleichen hat.
Verglichen mit dem Tyrannen, ist der Trotzige eher eine Witzfigur. Aber das sind wir hin und wieder allesamt selbst auch einmal. Gelegentlich beweisen wir unsere Freiheit in einem unbegründeten Aufbegehren, einfach um unsere Freiheit zu beweisen. Wogegen auch immer: Es richtet sich gegen das, was man vernünftigerweise tun sollte, und zwar genau deswegen weil man es sollte. Die Trotzphasen kleiner Kinder machen es vor. Sie sind für Eltern eine Übung darin, gerade dort Widerstand zu leisten, wo sie bereits spüren, dass aller Widerstand vergebens ist. Auch Erwachsene geben dann und wann das Rumpelstilzchen, wenn ihnen etwas genommen oder nicht gegeben wird, worauf sie keinerlei Anrecht haben. Sie wollen es trotzdem. Der Zustand der Welt passt ihnen nicht in den Kram, und das soll alle Welt auch wissen. Wenn der Anfall vorüber ist, verkehrt sich die Freiheit der puren Verneinung wieder in eine Orientierung an Zwecken.
Im schlimmsten Fall verwandeln sich die Trotzigen in Fanatiker, nur weil sie sich in der Sache irgendeines Dogmas für rechtgläubig halten. Mehr als andere können sie sich für eine Mission begeistern, der sie auch dann ergeben bleiben, wenn vieles oder alles bereits gegen sie spricht. Ihre Leidensfähigkeit erweist sich als eine Form der – meist kollektiven und oft kollektiv organisierten – Selbstsucht. Im starren Glauben an ein Gur oder Gutes kämpfen sie auf Teufel komm raus für eine Sache, die ihnen zufällig behagt. Was sie betört soll alle anderen auch betören, nur weil es sie betört. Sie halten die eigene Linie für die einzige Linie. Sie erkennen nur ihr eigenes Belieben an. Sie wollen ihre Mitmenschen oder gleich die ganze Menschheit mit ihrer Version des Glücks beglücken. Der Fanatiker zieht seine Nummer durch – und verfehlt dadurch seine freie Entschlossenheit.
Der Fatalist hingegen schätzt seine eigenen Kräfte gering und damit schon einmal realistisch ein Ob er an das Schicksal oder sonst eine höhere Fügung glaubt, tut wenig zur Sache, Ihm ist klar, dass wir unser Leben selbst bei größter Umsicht nicht in der Hand haben. Echter Erfolg und echte Erfüllung können sich nur als Überraschung einstellen. Gerade die besten Bemühungen müssen glücken. Darauf ist der Fatalist eingestellt. Er glaubt nicht an die Verhältnisse, wie sie nun einmal sind, sondern an die Möglichkeiten, die sich ihm auftun werden. Er segelt gerne gegen den Wind. Der wahre Fatalist zieht seine Nummer nicht durch. Man darf ihn sich als glücklichen Menschen vorstellen.
Für mich ist die Antwort auf die Frage, ob ich ein freier Mensch bin nun relativ klar. Wie würdet Ihr euch einstufen? Wie würde Eure Antwort darauf ausfallen, wenn Ihr Euch die Frage stellen würdet: Bin ich ein freier Mensch?
Viel wurde in letzter Zeit über die Freiheit von Menschen diskutiert. Sei es in der Türkei, oder irgendwo auf der Welt, z.B. in Deutschland/Österreich/Schweiz wenn das Gespräch auf die Überwachung der elektronischen Kommunikation kommt.
Bei meinen Reisen schalte ich oft Handy/Laptop/Internet aus. Zumal die ständigen Verbindungsunterbrechungen ohnehin nur Ärger auslösen. Ich nehme dann ein Buch zur Hand, oder ziehe mich in meine eigene Gedankenwelt zurück. So z.B. tauchte vor kurzem in einem Buch von Martin Seel die Frage auf, wer denn eigentlich ein freier Mensch ist. Anfangs dachte ich, dies sei eigentlich schnell beantwortet. Je mehr ich darüber nachdachte, desto schwieriger fiel mir die Antwort darauf.
Selbst bei größter Umsicht haben wir unser Leben nicht in der Hand. Ein freier Mensch ist jemand, der alles in allem so lebt, wie er es aus eigenem Antrieb und eigener Überlegung will. Alles in allem: Er wird vieles so nehmen und manches so hinnehmen müssen, wie es nun mal ist. Aus eigenem Antrieb: Er wird vor allem denjenigen seiner Leidenschaft folgen, an denen ihm am meisten liegt – mitsamt seinen Bindungen, die ihnen entspringen. Aus eigener Überlegung: Er wird seine Antriebe durch sein Überlegen und sein Überlegen durch seine Antriebe so formen, dass es seine Entscheidungen sind, die ihm sein Leben gelingen oder scheitern lassen.
Frei zu sein bedeutet auch frei von inneren wie äußeren Beschränkungen zu sein, aber auch frei für bestimmte Anliegen und Vorhaben zu sein. Ein freier Mensch ist jemand, der sich selbst zu binden und sich also mit der Ungewissheit der eigenen Existenz zu verbünden vermag.
Was es mit der Freiheit des Menschen auf sich hat, wird an allerlei Figuren deutlich, die von dem Normalgebrauch der Möglichkeit eines selbstbestimmten Lebens in auffälliger Weise abweichen.
Ich stufe diese Figuren im Wesentlichen folgendermaßen ein:
· den Tyrannen
· den Trotzigen
· den Fanatiker und
· den Fatalisten
Der Tyrann glaubt, er könne alle Fesseln abwerfen und dadurch die eigene Lage unter Kontrolle bekommen. Dummerweise muss er dazu allen anderen direkt oder indirekt in Fesseln legen, was einen Apparat erfordert, als dessen Gefangener er fortan lebt. Insofern wird man ihn kaum einen Menschen nennen wollen, der mit seiner Freiheit etwas Rechtes anzufangen weiß. Aber im Prinzip handelt er aus eigenem Antrieb und eigener Überlegung. Auch ist er in seinem Handeln frei. Dass er arm dran ist, weil er sich die schönsten Früchte der Freiheit entgehen lässt, merkt er erst, wenn es längst zu spät ist. Der Tyrann nimmt sich die Freiheit, nur auf eigene Rechnung zu handeln. Dass diese Rechnung nicht aufgehen kann, ändert nichts daran, dass es seine Rechnung ist, die er zu begleichen hat.
Verglichen mit dem Tyrannen, ist der Trotzige eher eine Witzfigur. Aber das sind wir hin und wieder allesamt selbst auch einmal. Gelegentlich beweisen wir unsere Freiheit in einem unbegründeten Aufbegehren, einfach um unsere Freiheit zu beweisen. Wogegen auch immer: Es richtet sich gegen das, was man vernünftigerweise tun sollte, und zwar genau deswegen weil man es sollte. Die Trotzphasen kleiner Kinder machen es vor. Sie sind für Eltern eine Übung darin, gerade dort Widerstand zu leisten, wo sie bereits spüren, dass aller Widerstand vergebens ist. Auch Erwachsene geben dann und wann das Rumpelstilzchen, wenn ihnen etwas genommen oder nicht gegeben wird, worauf sie keinerlei Anrecht haben. Sie wollen es trotzdem. Der Zustand der Welt passt ihnen nicht in den Kram, und das soll alle Welt auch wissen. Wenn der Anfall vorüber ist, verkehrt sich die Freiheit der puren Verneinung wieder in eine Orientierung an Zwecken.
Im schlimmsten Fall verwandeln sich die Trotzigen in Fanatiker, nur weil sie sich in der Sache irgendeines Dogmas für rechtgläubig halten. Mehr als andere können sie sich für eine Mission begeistern, der sie auch dann ergeben bleiben, wenn vieles oder alles bereits gegen sie spricht. Ihre Leidensfähigkeit erweist sich als eine Form der – meist kollektiven und oft kollektiv organisierten – Selbstsucht. Im starren Glauben an ein Gur oder Gutes kämpfen sie auf Teufel komm raus für eine Sache, die ihnen zufällig behagt. Was sie betört soll alle anderen auch betören, nur weil es sie betört. Sie halten die eigene Linie für die einzige Linie. Sie erkennen nur ihr eigenes Belieben an. Sie wollen ihre Mitmenschen oder gleich die ganze Menschheit mit ihrer Version des Glücks beglücken. Der Fanatiker zieht seine Nummer durch – und verfehlt dadurch seine freie Entschlossenheit.
Der Fatalist hingegen schätzt seine eigenen Kräfte gering und damit schon einmal realistisch ein Ob er an das Schicksal oder sonst eine höhere Fügung glaubt, tut wenig zur Sache, Ihm ist klar, dass wir unser Leben selbst bei größter Umsicht nicht in der Hand haben. Echter Erfolg und echte Erfüllung können sich nur als Überraschung einstellen. Gerade die besten Bemühungen müssen glücken. Darauf ist der Fatalist eingestellt. Er glaubt nicht an die Verhältnisse, wie sie nun einmal sind, sondern an die Möglichkeiten, die sich ihm auftun werden. Er segelt gerne gegen den Wind. Der wahre Fatalist zieht seine Nummer nicht durch. Man darf ihn sich als glücklichen Menschen vorstellen.
Für mich ist die Antwort auf die Frage, ob ich ein freier Mensch bin nun relativ klar. Wie würdet Ihr euch einstufen? Wie würde Eure Antwort darauf ausfallen, wenn Ihr Euch die Frage stellen würdet: Bin ich ein freier Mensch?