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Wenn der Pilot aus dem Cockpit fliegt

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Wenn der Pilot aus dem Cockpit fliegt

Eine geborstene Cockpit-Scheibe zwang am Mittwoch eine Swiss-Maschine zur Landung. 1990 ging ein ähnlicher Vorfall weniger glimpflich aus – und wurde für den Piloten zum Höllenritt.


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Kapitän Tim Lancaster wurde 1990 aus dem Cockpit gesogen - glücklicherweise blieb er mit einem Bein am Steuerknüppel hängen

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Die BAC 1-11 flog 650 km/h schnell, als das komplette Fenster wegflog.

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Wie durch ein Wunder überlebte der Pilot der Höllenritt. Er erlitt Brüche und Erfrierungen.


Glück im Unglück hatten die Piloten der Swiss-Maschine auf dem Weg nach Zürich: Ein zerplatztes Cockpitfenster zwang sie zu einer Landung in Frankfurt , sie blieben aber unverletzt – die innere Fensterscheibe hielt dicht.
Nicht immer gehen aber Zwischenfälle mit defekten Windschutzscheiben bei Linienflugzeugen so glimpflich aus – wie ein Fall vom 10. Juni 1990 zeigt.

Cockpitscheibe verabschiedet sich

Mit dem Ziel Málaga hebt die BAC 1-11 der British Airways damals vom Flughafen Birmingham ab. Der 42-jährige Kapitän Tim Lancaster löst nach dem Start des Fluges BA 5390 die Seitengurte, um etwas entspannter sitzen zu können. Die Maschine erreicht mit einer Geschwindigkeit von 650 km/h eine Höhe von 5275 Metern, als die Frontscheibe plötzlich mit einem lauten Knall nach draussen wegfliegt. Die 81 Passagiere sind geschockt.
Ein gewaltiger Luftsog zieht den Kapitän aus dem Sitz. Diesen unfassbaren Moment hat das im Cockpit anwesende Crew-Mitglied Stanley Steward später im Buch «Emergency» wie folgt beschrieben: «Kapitän Lancasters Kopf und Schultern sausten senkrecht durch das offene Fenster, der Körper wurde durch den extremen Fahrtwind gewaltsam über den Flugzeugrumpf zurückgebogen. Teile seiner Kleider flogen weg. Der blutende Kopf schlug mehrmals auf den Scheiben auf.»

Sturzflug bei -25 Grad

Es beginnt ein Kampf um Leben und Tod. Ein Steward – und ehemaliger Rugbyspieler - kann den Kapitän mit letzter Not an den Hüften festhalten. Währenddessen zieht der gewaltige Sog alles aus der Kabine, was nicht niet- und nagelfest ist. Die Cockpittüre wird aus der Verankerung gerissen und blockiert die Steuerungssysteme. Im Flieger bricht das totale Chaos aus.
Die Maschine geht darauf mit vollem Schub in einen Sturzflug über. Zu diesem Zeitpunkt hängt der Kapitän bei -25 Grad immer noch über dem Cockpit, er ist völlig unterkühlt und kann kaum atmen. Copilot Alastair Atchinson hält Lancaster längst für tot. «Seine Augen waren weit aufgerissen. Das werde ich nie vergessen», gab Atchinson später zu Protokoll.

Pilot erlebt Landung auf dem Rumpf

Nur mit viel Mühe kann er die Maschine wieder abfangen, auf 3000 Fuss stabilisieren, das Fahrwerk ausfahren und die Geschwindigkeit auf 300 km/h reduzieren. Ein letzter, verzweifelter Versuch der Crew, den Piloten endlich ins Cockpit zu ziehen, schlägt fehl. Tim Lancaster hängt noch immer zu zwei Dritteln aus dem Flugzeug, als die BAC 1-11 auf dem Flughafen Southampton aufsetzt.
Kaum zu glauben: Der Kapitän hat den 18-minütigen Höllenritt auf dem Flugzeugrumpf überlebt. Als ihn die Retter bergen, kommt er zu Bewusstsein: «Ich will essen», sind seine ersten Worte. Er erleidet einige Knochenbrüche und Erfrierungen am ganzen Körper, sitzt aber schon fünf Monate später wieder im Cockpit.

Montagefehler als Unfallursache

Als Unfallursache stellte sich später heraus, dass ein Mechaniker bei der Fenster-Montage zu kurze Schrauben verwendet hatte. Deshalb flog die Scheibe weg. Bei modernen Flugzeugen wie dem A321 der Swiss kann dies nicht geschehen: Die Scheiben sind von innen nach aussen eingebaut – bei der in der 1960er-Jahren entwickelten BAC 1-11 waren sie von aussen nach innen konstruiert.

20.min
 
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