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Emir
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Nur in China wächst die Wirtschaft schneller als in der Türkei. Trotz starker Daten bei Exporten und Konsum ist das türkische Wirtschaftswunder mit Vorsicht zu genießen.
Istanbul. Während andere Länder nur langsam oder gar nicht aus der Krise kommen, konnten die türkischen Statistiker zu Wochenbeginn Erfreuliches berichten: Die türkische Wirtschaft wuchs im ersten Quartal um 11,7 Prozent. Dies ist der zweithöchste Wert, den die Türkei je erreicht hat. Unter den zwanzig größten Industrienationen wächst nur China schneller.
Die Börse in Istanbul hat trotz der guten Nachrichten keinen Luftsprung gemacht. Der Hauptgrund hierfür ist, dass die meisten Analysten aufgrund von sogenannten „Basiseffekten“ ohnedies mit einem zweistelligen Wachstumswert gerechnet haben.
Da die Konjunktur am Anfang des vergangenen Jahres mit einem Minus von 14,5 Prozent die steilste Talfahrt in der Geschichte der Türkei hingelegt hatte, reichte es heuer schon, sich langsam wieder den alten Werten anzunähern, um ein starkes Wachstum feiern zu können. Die Wirkung des Basiseffektes zeigt sich auch deutlich, wenn man das Wachstum nach Wirtschaftszweigen vergleicht. Im ersten Quartal 2009 haben der Handel und die verarbeitende Industrie den stärksten Einbruch erlitten – und genau diese Sektoren führen nun wieder in dieser Reihenfolge das Wachstum an.
Die scheinbar sensationellen Zahlen sind also mit Vorsicht zu genießen. Für manche Analysten sind die 6,25 Prozent Wachstum, die der IWF der Türkei für 2010 voraussagt, nach Bekanntgabe der Zahlen sogar weniger wahrscheinlich geworden.
[h2]Kein IWF-Kredit, kein Bail-out[/h2]
Für Premierminister Recep Erdogan ist der wirtschaftliche Aufschwung des Landes von immenser Bedeutung, er will sein Chancen auf eine dritte Amtszeit wahren. Bisher macht die Türkei unter seiner Führung in der Krise keine schlechte Figur.
Das Land musste keine einzige Bank vor dem Bankrott retten, einen möglichen IWF-Kredit konnte Erdogan heuer dankend ablehnen. Auch der Export brummt mittlerweile wieder und konnte im Mai gegenüber dem schwachen Vorjahresmonat immerhin um 34,5 Prozent zulegen.
Eine gewisse Belebung ist auch von der Binnennachfrage zu erwarten. Die Arbeitslosenquote fiel zu Jahresbeginn von 16,1 Prozent auf 14,4 Prozent. Auch die Importe haben etwas stärker angezogen als die Exporte. Allerdings ist auch das zum größten Teil auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Importe in der Krise stärker eingebrochen sind als die Exporte.
In der Krise hat sich auch ein struktureller Vorteil der Türkei gezeigt. Als Land mit einer noch relativ jungen Bevölkerung und einem niedrigen Pro-Kopf-Einkommen, ist die Türkei kein Land von Sparern. Das Geld fließt stärker in den Konsum. Daher ist die Türkei für das Wachstum auf Kapitalimporte angewiesen.
[h2]Konsum auf Pump[/h2]
Da die Türkei kaum Kapital exportiert, waren türkische Banken auch nicht an Fehlinvestitionen beteiligt, etwa in den US-Immobilienmarkt. Andererseits fällt es den Bürgern schwer, den Konsum zu drosseln. Mit dem Ende der Krise werden sie ihre Ausgaben rasch wieder erhöhen. Dabei wird – von Lebensmitteln abgesehen – fast alles mit Ratenzahlungen auf Kreditkarte eingekauft, also letztlich über Konsumentenkredite.
Die Abhängigkeit von ausländischen Kapitalimporten ist die Achillesferse des Aufschwungs. Turbulenzen auf den Kapitalmärkten treffen die Türkei hart, ebenso wie politische Unsicherheiten im eigenen Land. Wahlen in einem Jahr und das Erstarken der wirtschaftspolitisch schwer einzuschätzenden Opposition unter Kemal Kiliądaroglu könnten Investoren verunsichern.
Wirtschaftswachstum: Die Türkei, Europas China DiePresse.com
siktir EU \\/
Istanbul. Während andere Länder nur langsam oder gar nicht aus der Krise kommen, konnten die türkischen Statistiker zu Wochenbeginn Erfreuliches berichten: Die türkische Wirtschaft wuchs im ersten Quartal um 11,7 Prozent. Dies ist der zweithöchste Wert, den die Türkei je erreicht hat. Unter den zwanzig größten Industrienationen wächst nur China schneller.
Die Börse in Istanbul hat trotz der guten Nachrichten keinen Luftsprung gemacht. Der Hauptgrund hierfür ist, dass die meisten Analysten aufgrund von sogenannten „Basiseffekten“ ohnedies mit einem zweistelligen Wachstumswert gerechnet haben.
Da die Konjunktur am Anfang des vergangenen Jahres mit einem Minus von 14,5 Prozent die steilste Talfahrt in der Geschichte der Türkei hingelegt hatte, reichte es heuer schon, sich langsam wieder den alten Werten anzunähern, um ein starkes Wachstum feiern zu können. Die Wirkung des Basiseffektes zeigt sich auch deutlich, wenn man das Wachstum nach Wirtschaftszweigen vergleicht. Im ersten Quartal 2009 haben der Handel und die verarbeitende Industrie den stärksten Einbruch erlitten – und genau diese Sektoren führen nun wieder in dieser Reihenfolge das Wachstum an.
Die scheinbar sensationellen Zahlen sind also mit Vorsicht zu genießen. Für manche Analysten sind die 6,25 Prozent Wachstum, die der IWF der Türkei für 2010 voraussagt, nach Bekanntgabe der Zahlen sogar weniger wahrscheinlich geworden.
[h2]Kein IWF-Kredit, kein Bail-out[/h2]
Für Premierminister Recep Erdogan ist der wirtschaftliche Aufschwung des Landes von immenser Bedeutung, er will sein Chancen auf eine dritte Amtszeit wahren. Bisher macht die Türkei unter seiner Führung in der Krise keine schlechte Figur.
Das Land musste keine einzige Bank vor dem Bankrott retten, einen möglichen IWF-Kredit konnte Erdogan heuer dankend ablehnen. Auch der Export brummt mittlerweile wieder und konnte im Mai gegenüber dem schwachen Vorjahresmonat immerhin um 34,5 Prozent zulegen.
Eine gewisse Belebung ist auch von der Binnennachfrage zu erwarten. Die Arbeitslosenquote fiel zu Jahresbeginn von 16,1 Prozent auf 14,4 Prozent. Auch die Importe haben etwas stärker angezogen als die Exporte. Allerdings ist auch das zum größten Teil auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Importe in der Krise stärker eingebrochen sind als die Exporte.
In der Krise hat sich auch ein struktureller Vorteil der Türkei gezeigt. Als Land mit einer noch relativ jungen Bevölkerung und einem niedrigen Pro-Kopf-Einkommen, ist die Türkei kein Land von Sparern. Das Geld fließt stärker in den Konsum. Daher ist die Türkei für das Wachstum auf Kapitalimporte angewiesen.
[h2]Konsum auf Pump[/h2]
Da die Türkei kaum Kapital exportiert, waren türkische Banken auch nicht an Fehlinvestitionen beteiligt, etwa in den US-Immobilienmarkt. Andererseits fällt es den Bürgern schwer, den Konsum zu drosseln. Mit dem Ende der Krise werden sie ihre Ausgaben rasch wieder erhöhen. Dabei wird – von Lebensmitteln abgesehen – fast alles mit Ratenzahlungen auf Kreditkarte eingekauft, also letztlich über Konsumentenkredite.
Die Abhängigkeit von ausländischen Kapitalimporten ist die Achillesferse des Aufschwungs. Turbulenzen auf den Kapitalmärkten treffen die Türkei hart, ebenso wie politische Unsicherheiten im eigenen Land. Wahlen in einem Jahr und das Erstarken der wirtschaftspolitisch schwer einzuschätzenden Opposition unter Kemal Kiliądaroglu könnten Investoren verunsichern.
Wirtschaftswachstum: Die Türkei, Europas China DiePresse.com
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