Aktuelles
  • Herzlich Willkommen im Balkanforum
    Sind Sie neu hier? Dann werden Sie Mitglied in unserer Community.
    Bitte hier registrieren

Wissenswertes über Ungarisch und Ungarn

  • Ersteller Ersteller Levente
  • Erstellt am Erstellt am
L

Levente

Guest
Verstehen Ungarn Finnisch?
Wie bereits erwähnt sind die Ungarn im Ursprung kein europäisches Volk.
Die Vorfahren der Ungarn müssen irgendwo in der Gegend des Ural ihren Ursprung gehabt haben. Zusammen mit den Finnen, den Esten, Kareliern, Liven, den Komi, Mari, Udmurten, Nenzen und noch vielen anderen bilden sie daher die Uralische Sprachfamilie.

Schätzungsweise vor etwa 4000 bis 5000 Jahren löste sich die damalige finno-ugrische Sprachgemeinschaft auf. Seit dieser Zeit also gingen Ungarn und Finnen schon getrennte Wege.
Da ich immer wieder gefragt werde, ob man als ungarisch Sprechender nicht auch finnisch recht gut verstehen könnte, antworte ich jedesmal:
"NEIN! Nach über 4000 Jahren Trennung haben sich diese Sprachen viel zu weit auseinander entwickelt. Oder kannst Du mit Deinen Deutsch-Kenntnissen einen albanisch, litauisch oder irisch Sprechenden verstehen?"

Eine der schwierigsten Sprachen?
Eine Liste über die am schwersten zu erlernenden Sprachen setzt das Ungarische doch tatsächlich auf Platz vier, Deutsch läge immerhin auf Platz acht. Baskisch wurde hier leider nicht erwähnt - auch wenn die Liste nicht vom Teufel erstellt worden ist, ganz sicher nicht!
Am schwierigsten sei Mandarin, eine der vielen Ausprägungen des Chinesischen, welches wiederum so als gesprochene Hoch-Sprache gar nicht existiert sondern nur als Schrift - quasi als kleinster gemeinsamer Nenner aller "Chinesen".

Nun gilt aber auch für die Schwierigkeit beim Erlernen einer Sprache der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Sprachverwandtschaften in Europa
Für uns Deutsche ist es realtiv einfach, Englisch zu lernen; zum Niederländischen oder Dänischen sind die Ähnlichkeiten noch stärker ausgeprägt. Spötter meinen ja, Niederländisch etwa sei nichts weiter als schlecht gesprochenes Deutsch.
Allesamt sind es aber doch Sprachen, die sich auf einen geimeinsamen, nämlich den germanischen Ursprung zurückführen lassen.

Für einen Russen wiederum ist es einfach, Tschechisch, Slowakisch, Polnisch oder Serbokroatisch zu lernen, da sie alle der slawischen Sprachgruppe angehören.
Dies beruht natürlich auf Gegenseitigkeit, auch wenn viele slawischen Volksgruppen auf Grund der jüngeren politischen Vergangenheit vom Russischen genug haben.

Mit Deutsch oder Englisch haben die slawisch Sprechenden aber schon gewisse Probleme.
Ein Italiener hat weniger Probleme mit dem Erlernen von Französisch, Spanisch oder Portugiesisch, denn hierbei handelt es sich um romanische Sprachen, die ihren Ursprung im Lateinischen hatten.
Übrigens sprach man schon zu Zeiten von Kaiser Augustus in den Straßen von Rom kein Schriftlatein mehr sondern Vulgär-Latein, eben Lateinisch.
"Tedesco" dagegen - so nennen die Italiener die Deutschen und deren Sprache - bereitet den Italienern schon einige Schwierigkeiten, vor allem, weil Italienisch recht arm an Lautierungen ist; aber vielleicht versucht der Italiener ja diese Armut durch das gesteigerte Temperament auszugleichen...
Englisch dagegen - auf Grund seiner Vielzahl an Elementen aus der lateinischen Sprache - ist für Italiener wiederum einfacher zu erlernen.

Sonderfälle herrschen bei den Albanern, Griechen und Armeniern, deren Sprache einen eigenständigen Sprachzweig in den indogermanischen Sprachen repräsentieren.

All die eben genannten Sprachen haben aber unterm Strich eines gemeinsam: ihre Herkunft aus einer ur-indoeuropäischen Sprache. Wo diese einmal ihren Ursprung hatte, konnte bisher nicht sicher festgestellt werden. Die wahrscheinlichste Theorie besagt, dass indoeuropäisch seinen Ursprung in Mesopotamien gehabt hätte.

Eingangs-Betonung
Wer als Deutscher zum ersten Mal etwas Ungarisches hört wird nach anfänglichem "Häääh?" und hochgezogenen Augenbrauen feststellen, dass das Ungarische eine ganze Reihe von Lauten besitzt, die es im Deutschen nicht gibt.

Weiterhin fällt eine recht eigenartige Betonung der Worte auf: es wird stets die erste Silbe eines Wortes betont. Ausnahmslos! Die Schweizer(-Deutschen) machen es übrigens genauso.

Nur spielt das für uns (Hoch-)Deutsche zunächst keine Rolle, denn ob jemand nun im schönsten Züridytsch oder aber korrektem Ungarisch daher kommt, verstehen tun wir es so oder so nicht.

Ein Wortungeheuer?
Hier ein einfaches Beispiel für den großen (grammatikalischen) Unterschied zwischen Deutsch und Ungarisch:
Während wir Deutschen "mit unserer Ungerechtigkeit" leben müssen, sprechen die Ungarn von "igazságtalanságunkkal"!

Wie bitte?
Das sei ja ein wahres Wortungeheuer?
Aussprechen unmöglich!?!

Na, was bitte schön soll dann ein Ausländer von unserem "Einkommensteuergesetz" halten?
Das hat genauso viele Buchstaben.

Und lang muss der ungarische Ausdruck ja auch sein, logischerweise, denn er muss ja all die Feinheiten in sich vereinigen, für die wir Deutschen mehrere Worte brauchen.

Agglutinierendes
Ich nehme dazu einmal das eben genannte ungarische Wort in seine Bestandteile auseinander.

igaz / ság / talan / ság/ unk/ kal

"igaz" bedeutet "wahr", "richtig", "echt" - ein Adjektiv.

"-ság" ist ein Suffix, das substantivierend wirkt. Für sowas haben wir im Deutschen Suffixe wie
"-heit", "-keit", "-schaft" oder "-ung", die es dann auch noch richtig anzuwenden gilt!
"Wahrheit" oder "Recht" heißt also auf ungarisch "igazság"

"-talan" an ein Substantiv angehängt drückt ein nicht vorhanden Sein desselben aus und bildet ein Adjektiv. Man könnte es in diesem Fall mit dem deutschen Präfix "un-" gleichsetzen.
"igazságtalan" steht also für "ungerecht"

"-ság" ... ja, siehe oben. Es wird wiederum benötigt, um aus dem abgeleiteten Adjektiv das entsprechende Substantiv zu formen, also steht "igazságtalanság" für die "Ungerechtigkeit"

"-unk" ist ein sogenanntes Besitzerzeichen - oder Possessivmorphem, wem das besser gefällt-, welches dem deutschen Wort "unser(e)" entspricht. "igazságtalanságunk" ist also "unsere Ungerechtigkeit"

"-kal" letzten Endes ist auf Grund des vorangegangenen Wortes eine modifizierte Form jenes Suffixes, welches der deutschen Präposition "mit" entspricht.

Sozusagen wortwörtlich übersetzt - oder besser Silbe für Silbe - müsste es dann heißen:
gerecht / (ig)keit / un / keit / unsere / mit

Nix männlich, weiblich
oder sächlich!

Ebenfalls reichlich untypisch für die Indogermanen:
es gibt im Ungarischen keine grammatikalischen Geschlechter. Während wir im Deutschen von Kindesbeinen an eingetrichtert bekommen, dass ein Substantiv männlich, weiblich oder sächlich ist - oft ohne ersichtlichen Grund und gegen jede Konvention - pfeifen die Ungarn auf solche Sperenzchen.

Zwar gibt es zwei bestimmte Artikel, nämlich "a" und "az", doch richtet sich deren Gebrauch einzig und allein nach dem Anfangsbuchstaben des entsprechenden Folgewortes:

Beginnt es mit einem Konsonanten, benutzt man "a", bei einem vokalischen Anlaut dagegen nimmt man "az".

Das kennen wir so ähnlich aus dem Englischen, vom dortigen unbestimmten Artikel:
a book, an animal

Zwar haben auch die Engländer dem kleinen Unterschied in der Grammatik entsagt, doch beherrscht man im Englischen durchaus noch folgende Unterscheidung:

Das Personalpronomen der 3.Person Einzahl lautet im Deutschen "er", "sie" oder "es", im Englischen entsprechend "he", "she" bzw. "it".

Im Ungarischen gibt es dafür nur ein Wort, einfach "ő".
...was hier hoffentlich als "ö" mit zwei Stichlein statt Pünktchen zu sehen ist. Falls nicht, dann ist die eingestellte Schriftzeichen-Codierung in Deinem Browser nicht Ungarisch tauglich.

"Ő meg én" kann also heißen "Er und ich" oder "Sie und ich" oder eben auch "Es und ich" - wobei übrigens das "meg" eine stärkere Zusammengehörigkeit ausdrückt, als es das normale Wort für "und" - "és" - es tun würde.

Im Gegensatz zum Deutschen kommt man also im Ungarischen nicht so schnell in Schwulitäten und Erklärungsnöte - wenn das Gegenüber sich mit dieser indifferenten Antwort zufrieden gibt.











Woher stammt eigentlich der "Ungar"?
Tatsächlich stammt der Begriff "Ungar(n)" vom Wort "Onogur" ab, einem der türkischen Stammesoberhäupter aus jener Zeit des ersten Kontaktes der Europäer mit den Ungarn.

Und Tatsache: die Ungarn waren auf ihrem Jahrtausende währenden und tausende Kilometer langen Weg vom Ural Richtung (Mittel-)Europa lange Zeit mit den Türken gewandert, ohne mit ihnen wirklich verwandt zu sein.
Und die Ungarn haben in dieser Zeit der Wanderung ihre eigene (sprachliche) Identität beibehalten, aber doch auch vieles aus dem Türkischen übernommen.
Wer die türkische und die ungarische Sprache miteinander vergleicht, wird nicht nur eine Reihe gemeinsamer Worte und Namensbezeichnungen auffinden sondern auch den agglutinierenden Sprachaufbau.
Also hielt man die Ungarn fälschlicherweise für mit den Türken verwandt - und nahm sie so von der Namensgebung her in Sippenhaft mit den Türken.

Die Selbstbezeichnung der Ungarn - "Magyar" - leitet sich von einem ihrer sieben Stammesfürsten aus der Zeit ab, die von den Ungarn als "Landnahme" bezeichnet wird; jene Zeit also, in der die Ungarn im Karpatenbecken einmarschierten - um schließlich sesshaft zu werden.
Nach Historikermeinung muss diese "Landnahme" zwischen 888 und 900 erfolgt sein. Dass man heute offiziell von 896 spricht, geht auf die Millenniumsfeierlichkeiten Ende des 19.Jahrhunderts zurück. Man einigte sich zunächst auf 895, doch da die Vorbereitungen etwas mehr Zeit in Anspruch nahmen, verschob man das Ganze auf das Jahr 896.
Auch so kann Geschichte geschrieben werden.

"Megyer" soll jener namensgebende Fürst geheißen haben. Somit lässt sich das Wort "Magyar" als "die von unserem Stamme sind" erklären. Und so oder so ähnlich lauten mehr oder weniger alle Selbstbezeichnung der meisten Völker auch.

Wem also mal in einer Publikation der Begriff "Magyaren" oder "Madjaren" begegnen sollte, dem müsste also spätestens jetzt klar sein, wer damit gemeint ist.
Der letztere Ausdruck - der mit dem "dj" - ist übrigens der komplett germanisierte - also so geschrieben, wie man es spricht. Der erstgenannte wird genauso ausgesprochen, nur hat man hier die ungarische Schreibweise beibehalten.

Quellenangabe; Die Ungarische Sprache - A magyar nyelv
 
Die ungarische Sprache hat es wirklich in sich fast so schwer wie die kurdische...

Kurdisch ist eine indogermanische Sprache, wir Europäer habens leichter die zu lernen und auch einen höheren Verwandtschaftsgrad als zu fino-ugrischen (finnisch, ungarisch, estnisch, udmurtisch), altaischen (türkisch, jakutisch, chinesisch, mongolisch) oder sonstigen nicht-indogermanischen Sprachen, was den Aufbau und andere mit Grammatik assoziierten Dinge einer Sprache betrifft.

Bei den Kurden und Persern, die übrigens wie die indogermanischen Völker vor Jahrtausenden denselben Ursprung hatten, sind gewisse Sprachmerkmale eh noch vorhanden, welche auf eine indogermanische Herkunft aufweisen.
Bis auf den Vokabeln, die - wie du sagtest nicht leicht für uns sind - ist kurdisch leichter für uns zu lernen...

So Sprachen hingegen wie finnisch, die unseren Sprachen in der Struktur weniger ähnlich sind, so Sachen wie 17(!) Zeitformen (Kausus) haben, sind einfach krass schwer und sehen aus als würde man den Kopf gegen die Tastatur rollen, nichts für ungut. :D

Dennoch finde ich letztendlich Ungarisch voll die sexy Sprache und bei Frauen einfach hinreizend, auch wenn der Klang für meine Ohren leicht komisch ist. Eure Frauen... :homer:
 
Für mich ist Kurdisch brutal schwer... Türkisch dagegen sehr leicht zu lernen so hab ich das gefühl halt....
 
Zurück
Oben