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Das Bahngebäude ist den Muslimen ans Herz gewachsen. Recep Aydin möchte, dass die Religion aus dem Gebetsraum in die Stadt getragen wird.
Wo Muslime und Christen zusammen feiern
Als der türkisch-islamische Kulturverein vor acht Jahren das Gebäude der Bahn in der Sigelstraße mietete, war es eine Bruchbude. Inzwischen hat der Verein viel investiert, würde das Gelände gerne kaufen. Allein die Bahn zögert. Schließlich sind die Pläne zumindest für ein kleines Güterverkehrszentrum auf dem Areal noch nicht vom Tisch.
„Seit acht Jahren sind wir nur am Basteln und Bauen“, erzählt Recep Aydin, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit im Verein. Dach, Elektrik, Heizung, Wasserleitungen – alles hat der Verein in Eigenarbeit auf Vordermann gebracht, keine Kosten und Mühen gescheut.
Auch deshalb will der Verein das Gelände kaufen und „weil wir hier außerhalb der Stadt sind und niemanden stören“.
Derzeit ruhen aber die Gespräche mit der Bahn. Aydin möchte bald wieder einen Vorstoß wagen, auch weil die Stadt inzwischen auf ihr Vorkaufsrecht verzichtet hat und den Verein unterstützt.
Vor dem Gebäude wehen die deutsche und die türkische Flagge. Damit möchte der Verein auch deutlich machen, dass hier in der Ayasofya-Moschee nicht nur gebetet wird und die türkische Kultur eine Heimat gefunden hat, sondern dass der Verein viel Wert darauf legt, sich zu integrieren. „Wir leben hier und viele von uns sind auch Deutsche, sehen Deutschland als ihre Heimat an.“
Seit der Vereinsgründung vor 20 Jahren bemühen sich die Mitglieder um Begegnungen zwischen Christen und Muslimen. So gibt es etwa für die Kindergartenkinder Deutschkurse, für jugendliche Muslime Kurse in Deutsch über den Islam, damit sie ihren Mitschülern ihre Religion erklären können. Mit den anderen Kirchen besteht reger Kontakt, nach der muslimischen Fastenzeit feiern alle Religionen gemeinsam ein Fest, das abwechselnd in den Kirchen gefeiert wird. Seit Jahren treffen sich christliche und muslimische Frauen zum gemeinsamen Frühstück. Auch der Tag der offenen Tür in der Moschee trägt zum gegenseitigen Kennenlernen bei.
Dieses Kennenlernen und Akzeptieren ist Recep Aydin wichtig. Integration bedeutet für ihn, dass man sich gegenseitig respektiert und keine Angst voreinander haben muss. Und: „Wenn wir zusammen leben wollen, müssen wir die Gemeinsamkeiten suchen und die Streitpunkte zur Seite legen.“
Je länger man sich kenne, umso geringer werde die Scheu, Fragen zu der jeweils anderen Religion zu stellen. Überhaupt schade es nicht, von anderen Kulturen etwas zu lernen. „Das ist ein Reichtum und auch ein Zeichen von Demokratie.“ Gute Eigenschaften der Deutschen seien etwa die Kehrwoche, die Einstellung zur Arbeit und die Ordnung.
Was der 40-Jährige bei den Deutschen vermisst, ist das Familienbewusstsein und den Zusammenhalt untereinander.
Dafür, dass die beiden Kulturen noch näher zusammenrücken, will Aydin weiter kämpfen. Damit den Muslimen irgendwann nicht mehr eine Bruchbude als Heimat für die Moschee angeboten wird und dafür, dass Moscheen irgendwann nicht mehr in die Industriegebiete verbannt werden, sondern ganz selbstverständlich in der Stadt zu Hause sind. „Viele Moscheen sind wie die in Schorndorf architektonisch eine Attraktion.“
Sein größter Wunsch: „Ich hoffe, dass die Menschen noch offener werden, dass Türken und Deutsche zusammen und nicht nebeneinander und vor allem in Frieden leben.“ Schließlich glaubten alle an den gleichen Gott. „Es gibt zehn verschiedene Wege, um nach Stuttgart zu kommen und so gibt es auch verschiedene Wege, zu glauben.“
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