Gabrijel
Balkaner
Hier möchte ich einige Auszüge aus einem elf seitigen Text
niederschreiben, welche zum Teil überspitz und sarkastisch auf
das Aufwachsen in Zagreb hinauszielt.
Autor war Hrvaoje Hitrec, "Zagreb: hrvatska prijestolnica",
"Turistkomerc", Zagreb - ISBN 953-6184-04-4.
"Es ist nicht meine Aufgabe über diese, von Zagreb entzückten Fremden
zu schreiben, sondern darüber, wie wir, inzwischen fünfzigjährigen
Burschen unsere Stadt entdeckten."
[...]
"Unsere Impressionen über die Stadt waren alles andere als einheitlich.
Wenn es um ernsthafte Entdeckungen ging, so haben wir zuerst, und
zwar sehr planmässig, die Zagreber Höfe entdeckt und erforscht.
Wir besuchten keine Spielschulen, wir spielten in höfen, die meistens
zwischen den Gebäuden eingequetsch und voll von tückischen Gefahren
waren, vor denen wir uns druch einen abgemachten Schrei retteten,
einem Signal für unsere Omas oder Mütter, deren Erscheinen am
Küchenbalkan, zwischen den Blumen und der aufgehängten Wäsche
einen vorübergehenden Beistand bedeutete.
Und die Gefahren waren ja vielfältig; von einer festentschlossenen
Katze, ihre Ehre zu verteidigen, bis zu grösseren Strolchen aus
benachbarten Höfen, die Steine auf uns schleuderten, oder einem Frosch,
der aus irgendeinem verwilderten Rosengarten neben jemandes
Holzschuppen vorbeihüpfte, in dem sich manchmal etwas Geheimnis-
volltes regte.
In einem von diesen Schuppen, der mit einem schweren Vorhängeschloss
verrigelt war, soll angeblich ein Mann eingeschlossen gewesen sein,
der aus Kindern Seife machte."
[...]
"So wurden wir durch unpräzise Geschichten und unsichere Legenden
in die Zagreber Geschichte eingeführt. Den Brunnen Manduševac gab
es in diesen Nachkriegsjahren nicht, er lebte aber in der mündlichen
Überlieferung und auf alten Ansichtskarten fort.
[...]
Auf einigen Zagreber Karten stand es: Harmica, oder Jelačić Platz,
offensichtlich ging es aber um den Platz, den wir unter dem Namen
"Platz der Republik" kannten, obwohl die Erwachsenen immer noch
von Jelačić Platz sprachen.
[...]
Auf die Frage, was es denn sei, bekamen wir die Geschichte vom
Mädchen Manda zu hören, das dort angeblich Wasser aus einer
Quelle schöpfte, als ein durstiger Ritter vorbeikam und sie ein
wenig Wasser für ihn schöpfte, sodass die Stadt den Namen Zagreb
erhielt. (schöpfen-zagrabiti)."
[...]
"Wir machten Entdeckungen und kamen zu Erkenntnissen und
Schlussfolgerungen. Hier wurde also nicht nur die Zagreber
Geschichte, sondern auch die Geschichte Kroatiens entwickelt.
Unsere Stadt war nicht irgendeine Stadt, sie war eine Hauptstadt.
Die Hauptstadt der Kroaten."
[...]
"In der Schule wurde uns nicht viel über Zagreb beigebracht. Weder
Zagreb, noch die kroatische Geschichte waren Schulfächer, noch
war es erlaubt, sich im Zagreber kajkawischen Dialekt zu unterhalten,
wir waren in den Händen der Nachfolger von Vuk Stefanović Karazdžić
und uns wurde der stokawische Dialekt aufgedrängt, sodass wir uns
auf sprachlicher Ebene, sowie im Dualimus des täglichen Lebens
ziemlich schizophren benahmen."
[...]
"Wir wurden von der Oper erobert. Man wartete nicht so gespannt auf
Wagner und Puccini wie auf "Nikola Šubic Zrinski" von Ivan Zajc, denn
die Menschen weinten, manchmal schrien sie sogar bei der Szene,
als der heldenhafte Ban sang: "Zur Schlacht, zur Schlacht, das Schwert
aus der Scheide, Brüder", insbesondere bei den Worten: "Seht, Feinde,
wie der Kroate stirbt". Na ja. Einzelne Zuschauer verschwanden danach
auf einige Monate oder länger, und die Erklärungen für deren plötliches
Verwschwinden waren für uns die ersten aufschlussreichen Lehren in
der Politik.
[...]
So sind wir in der Oper nicht nur Zagreber, sondern auch Kroaten
geworden."
[...]
"In den höheren Klassen des Gymnasiums lernten wir angenehme
Restaurants und unangenehme Kneipen kennen, wo man lärmen,
singen und etwas zerschlagen konnte, falls man schnelle Beine und
starke Feunde hatte, die Auseinandersetzungen endeten ab und zu so,
dass Tische und Sänger zusammengestellt wurden...
[...]
...bis die Volkspolizei mit den roten Sternen auf den Mützen kam. Wer
hätte uns aber nachlaufen können? Sie konnten uns mal."
Später geht's weiter...
niederschreiben, welche zum Teil überspitz und sarkastisch auf
das Aufwachsen in Zagreb hinauszielt.
Autor war Hrvaoje Hitrec, "Zagreb: hrvatska prijestolnica",
"Turistkomerc", Zagreb - ISBN 953-6184-04-4.
"Es ist nicht meine Aufgabe über diese, von Zagreb entzückten Fremden
zu schreiben, sondern darüber, wie wir, inzwischen fünfzigjährigen
Burschen unsere Stadt entdeckten."
[...]
"Unsere Impressionen über die Stadt waren alles andere als einheitlich.
Wenn es um ernsthafte Entdeckungen ging, so haben wir zuerst, und
zwar sehr planmässig, die Zagreber Höfe entdeckt und erforscht.
Wir besuchten keine Spielschulen, wir spielten in höfen, die meistens
zwischen den Gebäuden eingequetsch und voll von tückischen Gefahren
waren, vor denen wir uns druch einen abgemachten Schrei retteten,
einem Signal für unsere Omas oder Mütter, deren Erscheinen am
Küchenbalkan, zwischen den Blumen und der aufgehängten Wäsche
einen vorübergehenden Beistand bedeutete.
Und die Gefahren waren ja vielfältig; von einer festentschlossenen
Katze, ihre Ehre zu verteidigen, bis zu grösseren Strolchen aus
benachbarten Höfen, die Steine auf uns schleuderten, oder einem Frosch,
der aus irgendeinem verwilderten Rosengarten neben jemandes
Holzschuppen vorbeihüpfte, in dem sich manchmal etwas Geheimnis-
volltes regte.
In einem von diesen Schuppen, der mit einem schweren Vorhängeschloss
verrigelt war, soll angeblich ein Mann eingeschlossen gewesen sein,
der aus Kindern Seife machte."
[...]
"So wurden wir durch unpräzise Geschichten und unsichere Legenden
in die Zagreber Geschichte eingeführt. Den Brunnen Manduševac gab
es in diesen Nachkriegsjahren nicht, er lebte aber in der mündlichen
Überlieferung und auf alten Ansichtskarten fort.
[...]
Auf einigen Zagreber Karten stand es: Harmica, oder Jelačić Platz,
offensichtlich ging es aber um den Platz, den wir unter dem Namen
"Platz der Republik" kannten, obwohl die Erwachsenen immer noch
von Jelačić Platz sprachen.
[...]
Auf die Frage, was es denn sei, bekamen wir die Geschichte vom
Mädchen Manda zu hören, das dort angeblich Wasser aus einer
Quelle schöpfte, als ein durstiger Ritter vorbeikam und sie ein
wenig Wasser für ihn schöpfte, sodass die Stadt den Namen Zagreb
erhielt. (schöpfen-zagrabiti)."
[...]
"Wir machten Entdeckungen und kamen zu Erkenntnissen und
Schlussfolgerungen. Hier wurde also nicht nur die Zagreber
Geschichte, sondern auch die Geschichte Kroatiens entwickelt.
Unsere Stadt war nicht irgendeine Stadt, sie war eine Hauptstadt.
Die Hauptstadt der Kroaten."
[...]
"In der Schule wurde uns nicht viel über Zagreb beigebracht. Weder
Zagreb, noch die kroatische Geschichte waren Schulfächer, noch
war es erlaubt, sich im Zagreber kajkawischen Dialekt zu unterhalten,
wir waren in den Händen der Nachfolger von Vuk Stefanović Karazdžić
und uns wurde der stokawische Dialekt aufgedrängt, sodass wir uns
auf sprachlicher Ebene, sowie im Dualimus des täglichen Lebens
ziemlich schizophren benahmen."
[...]
"Wir wurden von der Oper erobert. Man wartete nicht so gespannt auf
Wagner und Puccini wie auf "Nikola Šubic Zrinski" von Ivan Zajc, denn
die Menschen weinten, manchmal schrien sie sogar bei der Szene,
als der heldenhafte Ban sang: "Zur Schlacht, zur Schlacht, das Schwert
aus der Scheide, Brüder", insbesondere bei den Worten: "Seht, Feinde,
wie der Kroate stirbt". Na ja. Einzelne Zuschauer verschwanden danach
auf einige Monate oder länger, und die Erklärungen für deren plötliches
Verwschwinden waren für uns die ersten aufschlussreichen Lehren in
der Politik.
[...]
So sind wir in der Oper nicht nur Zagreber, sondern auch Kroaten
geworden."
[...]
"In den höheren Klassen des Gymnasiums lernten wir angenehme
Restaurants und unangenehme Kneipen kennen, wo man lärmen,
singen und etwas zerschlagen konnte, falls man schnelle Beine und
starke Feunde hatte, die Auseinandersetzungen endeten ab und zu so,
dass Tische und Sänger zusammengestellt wurden...
[...]
...bis die Volkspolizei mit den roten Sternen auf den Mützen kam. Wer
hätte uns aber nachlaufen können? Sie konnten uns mal."
Später geht's weiter...