Aktuelles
  • Herzlich Willkommen im Balkanforum
    Sind Sie neu hier? Dann werden Sie Mitglied in unserer Community.
    Bitte hier registrieren

Nach Saloniki und Serbien

Agusti Gaziel - Nach Saloniki und Serbien. Eine Reise in den Ersten Weltkrieg. - Bücher - Kultur - WDR

Agusti Gaziel - Nach Saloniki und Serbien. Eine Reise in den Ersten Weltkrieg.


Krieg

Gesehen hatte der Journalist Gaziel den Krieg mit Trommelfeuer und Massensterben in den Schützengräben Flanderns. Gespürt hat er den Schrecken auf dem Mittelmeer, im Herbst 1915 bei der Überfahrt nach Italien und Griechenland:
"Ein gigantischer Körper wölbte sich unter dem Glas der Wellen schimmernd herauf. Kurz durchzuckte mich ein Gefühl von Gefahr. Handelte es sich etwa um ein deutsches U-Boot? Der Kapitän grinste mich an. Die plötzliche Erscheinung war ein Jungwal, der seinen lackschwarzen Rücken durch die weißen Schaumkronen streckte."


Ein besonderes Motiv

Schon auf den ersten Seiten dieser "Reise in den Ersten Weltkrieg" wird deutlich, was die besondere, ja einzigartige Qualität dieses Kriegsreporters ausmacht: eine vibrierende, nie nachlassende Neugier. Und die speist sich aus einer überraschenden Quelle:
"Kaum bin ich in Mailand angekommen, verlasse ich mein Zimmer, um die feingliedrige Masse des Doms zu betrachten – schließlich müssen wir dafür sorgen, dass der ständige Gedanke an den Krieg nicht unseren Instinkt für die reineren Realitäten trübt."
Die reinere Realität

Dieses Beharren auf einer "reineren Realität", das ist weder Arroganz des Bildungsbürgers noch Zynismus eines belesenen Dandys. Vielmehr setzt Gaziel, der Doktor der Philosophie, seine ästhetische, kulturelle Kennerschaft ganz selbstverständlich ein, um die sorgsam geschilderte Oberfläche, das Gesehene, noch einmal gedanklich, literarisch zu durchdringen, den Alltag in vielen Facetten zu reflektieren. Das ergibt exemplarische, über das jeweilige Ereignis hinausweisende Bilder, existenzielle Schilderungen. Etwa von einem militärischen Routinemanöver, der für seine Journalistenkollegen nicht weiter erwähnenswerten Einschiffung des englisch-französischen Expeditionskorps im Hafen von Saloniki:
"Während die Schiffe entladen wurden, betrachtete ich die Gesichter der Schaulustigen. Was ich sah, spiegelte die Gefühle wider, die der Krieg hervorruft. Einige waren wütend, besorgt um die materiellen Folgen; andere waren freudig erregt, von üppigen Gewinnen träumend; andere ergötzten sich an der Vorfreude auf das baldige Spektakel einer kolossalen Katastrophe. Das war alles. Nicht ein Funken Mitleid."
Die Erde als parzellierte Landkarte

agusti-gaziel-100~_v-gseaabsatzportrait.jpg
Agusti Gaziel



Mit psychologischem Gespür diagnostiziert Gaziel tiefe, oft verborgene Spuren, die der Krieg bei jedem Einzelnen hinterlässt, auch im sogenannten Hinterland, fernab der Front. Mit ähnlichem Einfühlungsvermögen widmet er sich aber auch der politische Lage: Nicht als allwissender Kommentator, sondern indem er die Menschen selbst zu Wort kommen lässt. So beklagt ein Mönch des Klosters Megaspiläon die Schuldenlast des griechischen Staates, der eben entlassene Ministerpräsident Venizelos attackiert das Königshaus wegen dessen germanophiler, deutschfreundlicher Haltung. Über diese Schlagworte und Parolen hinaus bringt Gaziel das Gespräch aber immer wieder auf individuelle Schicksale, persönliche Ansichten. Die wiederum konfrontiert er in seiner Reportage mit den Schachzügen einer engstirnigen und nationalistischen Diplomatie:
"Ein Zuviel an Ideologie und ein Zuwenig an Brüderlichkeit verleiten uns dazu, die Erde als parzellierte Landkarte zu betrachten und in jedes Feld stolze oder einfach nur wohlklingende Namensschilder zu stecken: DEUTSCHLAND, FRANKREICH, ENGLAND, SERBIEN, BULGARIEN, RUSSLAND, TÜRKEI"
Sephardische Juden

"Brüderlichkeit" hatte auch Gaziel selbst nicht im Sinn, als er seine Reise antrat. Noch in Saloniki mokiert er sich über die sephardischen, 1492 aus Spanien vertriebenen Juden. Sie suchen dem neuen, im Vergleich zum türkischen Schlendrian strengen Regime der Griechen dadurch zu entgehen, dass sie sich auf ihre Jahrhunderte zurückliegende spanische Staatsbürgerschaft berufen:
"So wollten sie dem Militärdienst entgehen, den Steuern, den patriotischen Pflichten gegenüber Griechenland, und zwar ohne von Spanien abhängig zu sein. Das wäre so etwas gewesen wie eine Einbürgerung im Nirgendwo."
Serben

Dieses "Nirgendwo" aber, der Verzicht auf Zugehörigkeit zu einer Nation, ist für den spanischen Journalisten unvorstellbar. Noch. Denn wenig später gelingt es Gaziel, der wie das Expeditionskorps der Entente in Saloniki festsitzt, auf eigene Faust in die von bulgarischen Freischärlern heimgesuchte Region um die serbische Stadt Monastir aufzubrechen. Schon während der halsbrecherischen Autofahrt durch das tief verschneite Gebirge begegnet der Reporter einem Tross ausgehungerter, völlig entkräfteter Flüchtlinge. Nur mit Hilfe eines sprach- und landeskundigen Reisegefährten kann er sich mit ihnen verständigen. Es sind Serben:
"Was also bedeutet dann das Wort Serbe in diesem Fall? Es bedeutet lediglich, dass diese Menschen auf serbischem Territorium geboren wurden und die Sprache ihres Landes sprechen. Deswegen werden sie angegriffen und gehetzt wie wilde Tiere? Deswegen schlachtet man sie ab, vernichtet sie, vertreibt sie aus ihrer Heimat? Haben sie sich ihren Geburtsort etwa ausgesucht? Und welch anderen Gebrauch machen sie von dieser Sprache, als notdürftig ihren Schmerz auszudrücken?"
 
Was ist Köter?

Thread läuft nicht?

Eigentlich ein guter Thread. 1 Weltkrieg hatten wir bis jetzt nicht einmal durchgenommen.

Mitzlerweile kennen wir das in und auswendig, Schäferhund.
 
Zurück
Oben