Die vermeintliche Ehre einer Person oder der Familie, einer Gruppe oder sogar des Landes werden dabei als besonders hohes und schützenwertes Gut eingestuft, das es zu wahren und zu verteidigen gilt. Insbesondere stark traditionsbewusst verwurzelte Menschen, Gruppen oder Gesellschaften, wie häufig in
islamisch geprägten Ländern – dort ebenfalls bei nicht-muslimischen Minderheiten, wie z. B. der Fall der
Jesidin Du’a Khalil Aswad zeigt – orientieren sich stark an alten Sitten, Bräuchen und Ritualen. Bei Gesichtsverlust, d. h. Verstoß gegen einen Ehrenkodex, werden zur vermeintlichen „Wiederherstellung der Ehre“ in bestimmten Fällen auch Mordtaten ausgeübt.
Da es sich um eine vorislamische Praxis und Tradition handelt, können diese Morde nicht mit der Theologie des Islam begründet werden. Die auffällige Häufung von Ehrenmorden im islamischen Kulturkreis, auch innerhalb von Einwandererpopulationen, lässt allerdings darauf schließen, dass islamisch-fundamentalistische bzw. islamisch-antiwestliche Grundeinstellungen bei den Tätern die Anwendung der vorislamischen Praxis eher begünstigt