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Zeitung Heute Russland schränkt die Freiheit ein
07.06.2012 00:00 Uhr
von Claudia von Salzen und Elke Windisch
Neues Gesetz sieht hohe Bußgelder für Demonstranten vor / Löning: Damit isoliert sich Moskau weiter.
Nur einen Monat nach der von Protesten begleiteten Amtseinführung des russischen Präsidenten Wladimir Putin hat Russlands Parlament beschlossen, das Versammlungsrecht drastisch zu verschärfen. Wer an einer nicht genehmigten Kundgebung teilnimmt, muss künftig mit Strafen von bis zu 300 000 Rubel (etwa 7400 Euro) rechnen, mehr als das durchschnittliche Jahresgehalt. Den Organisatoren droht sogar ein Bußgeld von einer Million Rubel (etwa 24 600 Euro). Die Behörden gingen schon bisher restriktiv mit dem Versammlungsrecht um, viele Kundgebungen der Opposition werden nicht genehmigt.
Verstöße sollen künftig auch mit „gesellschaftlich nützlicher Tätigkeit“ geahndet werden.
Ex-Arbeitsministerin Oxana Dmitrijewa sieht darin die Verfassung, die Zwangsarbeit verbietet, ebenso verletzt wie internationale Arbeitsabkommen. Zwar versuchte die Opposition, die Partei „Gerechtes Russland“ und die Kommunisten, die Annahme der Vorlage mit mehreren hundert Änderungsvorschlägen im Parlament zu blockieren, scheiterte jedoch an der Kremlpartei „Einiges Russland“, die den Entwurf eingebracht hatte. Sie verfügt über 238 der insgesamt 450 Mandate. In der Nacht zu Mittwoch verabschiedete das Parlament den Entwurf gleich in zweiter und in dritter Lesung. Daraufhin zog der Senat, Russlands Oberhaus, am Mittwoch in ähnlich rekordverdächtigem Tempo nach.
Ex-Finanzminister Alexej Kudrin verurteilte die Strafen als „drakonisch“. Das Gesetz verstoße gegen das von der Verfassung garantierte Recht der Bürger, friedliche Versammlungen zu organisieren, sagte Kudrin. Regierungschef Dmitri Medwedew verteidigte hingegen den Beschluss: Es könne nicht sein, dass jemand gegen ein Gesetz verstoße, eine geringe Strafe zahle und am nächsten Tag wieder gegen das Gesetz verstoße. Das neue Regelwerk muss noch von Putin unterzeichnet werden, damit es in Kraft tritt. Putin werde es erst einmal prüfen, sagte sein Sprecher. Die Opposition fürchtet, dass das Gesetz bereits am kommenden Dienstag rechtskräftig sein könnte. Für diesen Tag sind in Moskau neue Proteste geplant.
Auch in Deutschland stieß das neue Gesetz auf Kritik. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), appellierte an Putin, das Gesetz zu stoppen. „Ich kann ihn nur auffordern, das Gesetz nicht zu unterschreiben“, sagte Löning dem Tagesspiegel. Mit der Verschärfung des Versammlungsrechts werde ein weiterer Eckstein aus der russischen Demokratie herausgebrochen, wenn man überhaupt noch von Demokratie sprechen könne. „Putin macht damit deutlich, dass er die europäischen Werte nicht teilt.“ Löning warnte vor einer weiteren „Entfremdung“ in den Beziehungen zwischen Russland und der Europäischen Union. „Damit isoliert sich Russland weiter.“ Auch der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-russische Zusammenarbeit, Andreas Schockenhoff (CDU), sagte, das Gesetz sei ein „herber Rückschlag für die Modernisierungspartnerschaft mit Russland“. Außerdem sei es „ein falsches Signal an die Bürger“. Die wachsende Kluft zwischen Staat und Bürgern werde dadurch noch vergrößert.
Der Grünen-Europaabgeordnete und frühere DDR-Bürgerrechtler Werner Schulz sagte, die in Russland gerade erst erkämpfte Demonstrationsfreiheit werde faktisch ausgehebelt. „Das Gesetz ist ein direkter Schritt in den Polizeistaat. Allein der Zar bestimmt, wer ihm zujubeln darf.“
Russland schränkt die Freiheit ein - Zeitung Heute - Tagesspiegel
07.06.2012 00:00 Uhr
von Claudia von Salzen und Elke Windisch
Neues Gesetz sieht hohe Bußgelder für Demonstranten vor / Löning: Damit isoliert sich Moskau weiter.
Nur einen Monat nach der von Protesten begleiteten Amtseinführung des russischen Präsidenten Wladimir Putin hat Russlands Parlament beschlossen, das Versammlungsrecht drastisch zu verschärfen. Wer an einer nicht genehmigten Kundgebung teilnimmt, muss künftig mit Strafen von bis zu 300 000 Rubel (etwa 7400 Euro) rechnen, mehr als das durchschnittliche Jahresgehalt. Den Organisatoren droht sogar ein Bußgeld von einer Million Rubel (etwa 24 600 Euro). Die Behörden gingen schon bisher restriktiv mit dem Versammlungsrecht um, viele Kundgebungen der Opposition werden nicht genehmigt.
Verstöße sollen künftig auch mit „gesellschaftlich nützlicher Tätigkeit“ geahndet werden.
Ex-Arbeitsministerin Oxana Dmitrijewa sieht darin die Verfassung, die Zwangsarbeit verbietet, ebenso verletzt wie internationale Arbeitsabkommen. Zwar versuchte die Opposition, die Partei „Gerechtes Russland“ und die Kommunisten, die Annahme der Vorlage mit mehreren hundert Änderungsvorschlägen im Parlament zu blockieren, scheiterte jedoch an der Kremlpartei „Einiges Russland“, die den Entwurf eingebracht hatte. Sie verfügt über 238 der insgesamt 450 Mandate. In der Nacht zu Mittwoch verabschiedete das Parlament den Entwurf gleich in zweiter und in dritter Lesung. Daraufhin zog der Senat, Russlands Oberhaus, am Mittwoch in ähnlich rekordverdächtigem Tempo nach.
Ex-Finanzminister Alexej Kudrin verurteilte die Strafen als „drakonisch“. Das Gesetz verstoße gegen das von der Verfassung garantierte Recht der Bürger, friedliche Versammlungen zu organisieren, sagte Kudrin. Regierungschef Dmitri Medwedew verteidigte hingegen den Beschluss: Es könne nicht sein, dass jemand gegen ein Gesetz verstoße, eine geringe Strafe zahle und am nächsten Tag wieder gegen das Gesetz verstoße. Das neue Regelwerk muss noch von Putin unterzeichnet werden, damit es in Kraft tritt. Putin werde es erst einmal prüfen, sagte sein Sprecher. Die Opposition fürchtet, dass das Gesetz bereits am kommenden Dienstag rechtskräftig sein könnte. Für diesen Tag sind in Moskau neue Proteste geplant.
Auch in Deutschland stieß das neue Gesetz auf Kritik. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), appellierte an Putin, das Gesetz zu stoppen. „Ich kann ihn nur auffordern, das Gesetz nicht zu unterschreiben“, sagte Löning dem Tagesspiegel. Mit der Verschärfung des Versammlungsrechts werde ein weiterer Eckstein aus der russischen Demokratie herausgebrochen, wenn man überhaupt noch von Demokratie sprechen könne. „Putin macht damit deutlich, dass er die europäischen Werte nicht teilt.“ Löning warnte vor einer weiteren „Entfremdung“ in den Beziehungen zwischen Russland und der Europäischen Union. „Damit isoliert sich Russland weiter.“ Auch der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-russische Zusammenarbeit, Andreas Schockenhoff (CDU), sagte, das Gesetz sei ein „herber Rückschlag für die Modernisierungspartnerschaft mit Russland“. Außerdem sei es „ein falsches Signal an die Bürger“. Die wachsende Kluft zwischen Staat und Bürgern werde dadurch noch vergrößert.
Der Grünen-Europaabgeordnete und frühere DDR-Bürgerrechtler Werner Schulz sagte, die in Russland gerade erst erkämpfte Demonstrationsfreiheit werde faktisch ausgehebelt. „Das Gesetz ist ein direkter Schritt in den Polizeistaat. Allein der Zar bestimmt, wer ihm zujubeln darf.“
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