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100 Jahre Balkankriege

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Mulinho

Guest
Wer die politische Situation in Südeuropa verstehen will, sollte die Balkankriege von 1912/1913 kennen. Damals wurden die Türken aus Europa vertrieben und die Beute unter Serbien, Bulgarien und Griechenland aufgeteilt. Der Krieg war von unerhörtem nationalistischem Furor und neuer maschineller Grausamkeit.


Andreas Ernst

Als der Dichter und Diplomat Milan Rakić am 10. November 1912 an der Spitze einer serbischen Militärkolonne in Pristina einrückte, hatte er einen Plan. Er begab sich zum serbischen Konsulat und schleppte mithilfe seiner Soldaten eine dort versteckte Glocke zur orthodoxen Kirche. Dann liess er sie hochziehen. Nun traten Mann für Mann heran, bekreuzigten sich, zogen die Mütze und dann am Strang der Glocke. Stundenlang klang sie hell übers Amselfeld. Nach 500 Jahren Türkenherrschaft war Kosovo wieder serbisch. «Der Balkan den Balkanvölkern!», hiess die Losung des Balkanbundes, jener Allianz aus Bulgarien, Serbien, Griechenland und Montenegro, welche die osmanische Herrschaft in Europa in wenigen Monaten beendete. Doch befreit wurden nur jene Völker, die bereits einen Staat hatten – Albaner, Mazedonier, slawische Muslime und Balkantürken waren mit dem Wahlspruch nicht gemeint. Für Kosovos Albaner hatte Rakićs Glocke einen bedrohlichen Klang.

Hundert Jahre nach Ausbruch des Ersten Balkankriegs im Oktober 1912 wird in der Region dieses Ereignisses nur wenig gedacht. Ein serbischer Vorschlag, alle Kriegsparteien von damals zu einer Gedenkfeier zu versammeln, fand wenig Zuspruch. Und als Istanbul eine ähnliche Initiative ergriff, kamen nur Vertreter aus Albanien, Bosnien, Mazedonien und Montenegro. Das hat natürlich mit gegenwärtigen politischen Konstellationen zu tun, nicht zuletzt mit dem Erstarken der Türkei. Doch aus historischer Sicht hat der Anlass mehr Beachtung verdient. Die Balkankriege 1912 und 1913 markieren nicht nur das Ende der osmanischen Herrschaft in Europa, sie sind auch Vorboten einer neuen Art von Krieg.

Altes Unrecht rächen

Es ist der Krieg dienstverpflichteter Massenheere, die auf die Idee der Volksnation schwören und antreten, um «altes Unrecht» zu rächen. Bulgaren und Serben inspirierten ihre mittelalterlichen Reiche, die, vom osmanischen Okkupator befreit, als Nationalstaaten auferstehen sollten. Die eigentlichen Kampfhandlungen dauerten nur wenige Monate. Das reichte für den Tod von 200 000 Soldaten und einer grossen, unbekannten Zahl von Zivilisten. Mehrere hunderttausend – vorwiegend muslimische – Balkanbewohner wurden vertrieben. Einen Vorgeschmack auf Kommendes gaben auch der Grabenkrieg in Thrakien, die Artillerieduelle in Mazedonien und der massierte Einsatz von Maschinengewehren, welcher die vorrückende Infanterie niedermähte. Zum Einsatz kam auch immer wieder das Streichholz, die bevorzugte Waffe der ethnischen «Säuberung».
Der aus Deutschland und Italien importierte völkische Nationalismus war allerdings bloss eine ideelle Voraussetzung für den Krieg. Die zunehmende Repression des jungtürkischen Regimes, das aus dem schwächelnden archaischen Reich einen modernen türkischen Nationalstaat schmieden wollte, drückte die Balkanvölker nieder. Dagegen hatten Bulgaren und Serben mit russischer Hilfe im Frühjahr 1912 ein Bündnis geschlossen, zu dem später auch Griechen und Montenegriner stiessen. Das strategische Ziel der Russen war nicht nur die Zurückdrängung der Türken, sondern auch die Einschränkung des österreichischen Einflusses: Wien hatte 1908 Bosnien annektiert.
Als im Frühjahr in den albanischen Siedlungsgebieten ein Aufstand gegen die Osmanen losbrach und diese gleichzeitig mit Italien um Tripolis im Konflikt lagen, war der Moment zum Losschlagen gekommen. In schneller Abfolge erklärten die Länder des Balkanbundes der Hohen Pforte den Krieg. Das Hauptbeutestück sollte Mazedonien sein, eine historische Region mit ethnisch gemischter Bevölkerung, die sich von der Ägäis im Süden bis zu den Rhodopen im Osten und dem Vardartal im Norden erstreckt. Während der serbische Vorstoss nach Süden schnell vorankam, blieben starke bulgarische Kräfte in Thrakien gebunden, wo sich die Türken zäh verteidigten und erfolgreich die Eroberung Istanbuls verhinderten.

Kopfloser Schritt

Die Hafenstadt Thessaloniki (Solun) wurde von Bulgaren und Griechen gleichermassen beansprucht. Einen dramatischen Wettlauf der Armeen gewann knapp Griechenland. Die Serben waren über Kosovo durch albanisches Gebiet bis an die Adria vorgestossen. Auf dem Weg durchs Gebirge wurden sie immer wieder von ansässigen Hochlandstämmen überfallen, wofür sie sich blutig in den Dörfern revanchierten. Im Mai 1913 besiegelte der Londoner Vertrag die Niederlage Istanbuls und beendete die Kämpfe. Doch nur für kurze Zeit. Die Absprachen zwischen den Staaten des Balkanbundes über die Aufteilung der Kriegsbeute waren bewusst unklar gehalten worden – andernfalls wäre der Bund nicht zustande gekommen. Vom Fait accompli fühlten sich nun die Bulgaren übervorteilt. Sie beanspruchten mehr vom mazedonischen Kuchen, was die Serben strikt ablehnten. Umso mehr, als die Grossmächte Serbien zum Rückzug aus Albanien gezwungen hatten: Dort war im November 1912 ein autonomer Staat ausgerufen worden. Ein bayrischer Prinz wurde an dessen Spitze gesetzt, seine Macht endete jedoch an den Toren seiner Residenz. Vor allem Rom und Wien hatten die Eigenstaatlichkeit Albaniens gefördert, mit der Serbien (und Russland) ein Zugang zur Adria verwehrt werden sollte. – Im Juni 1913 griff Bulgarien serbische und griechische Positionen in Mazedonien an. Es war ein kopfloser Schritt. Denn nun stürzten sich von allen Seiten die Nachbarn auf Bulgarien und entrissen ihm den Grossteil der eben gemachten Eroberungen. Nach vier Wochen kapitulierte Sofia. Im Vertrag von Bukarest wurden die neuen Grenzen gezogen. Viele europäische Zeitungen hatten Kriegsreporter an die Schauplätze geschickt. Sie schrieben über die todesverachtende «japanische Taktik» der serbischen Frontalangriffe und die bulgarische Belagerung türkischer Festungen; sehr oft aber auch von Seuchen und Kriegsverbrechen. Leo Trotzki schilderte in einer Kiewer Zeitung, wie der Feuerschein brennender albanischer Siedlungen den nächtlichen Vormarsch serbischer Truppen auf Skopje beleuchtete. In Thrakien rächten sich zurückweichende osmanische Verbände mit Vergewaltigungen und Brandstiftung an der christlichen Bevölkerung. Beobachter der kurz zuvor gegründeten Carnegie-Stiftung stellten fest, dass die Kriegsparteien internationales oder Kriegsrecht ganz einfach ignorierten.
Im restlichen Europa hielt man das für einen Ausdruck balkanischer Rückständigkeit und war gleichzeitig beeindruckt von den Fortschritten des Militärwesens vor allem der Bulgaren und Serben. Manche Beobachter waren beunruhigt darüber, wie stark der Einfluss der europäischen Mächte auf die Entwicklungen auf dem Balkan geschrumpft war. Die konkurrierenden europäischen Bündnissysteme hatten die Handlungsspielräume der Hauptstädte eingeengt und bargen die Gefahr unkontrollierbarer Kettenreaktionen. Und tatsächlich: Am 28. Juli 1914, einen Monat nach dem Attentat in Sarajevo, erklärte Österreich-Ungarn Serbien den Krieg. Der Erste Weltkrieg war ausgebrochen. Der britische Historiker Misha Glenny hat das elegant auf den Punkt gebracht: Nicht der Balkan war das Pulverfass. Er war nur die Zündschnur. Das Pulverfass war Europa.




Auftakt zur Katastrophe - NZZ.ch, 03.11.2012

IN diesem Sinne: Happy Independance to all :salute:
 
Nein werdet ihr nicht :srb1:
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Die Türkei konnte für das Jahr 2011 den höchsten Anstieg an Ausgaben für staatliche Entwicklungshilfe innerhalb der OECD-Staaten verzeichnen. In den vergangenen fünf Jahren kam so die Gesamtsumme von 4,3 Milliarden US-Dollar zusammen. Das berichtet die türkische Zeitung Hürriyet.

Fast die Hälfte, nämlich 46.6 Prozent, der staatlichen Hilfen seien im vergangenen Jahr nach Zentral- und Südasien geflossen. 23.9 Prozent des Geldes kamen dem Nahen Osten zugute, 22 Prozent gingen nach Afrika (Ende 2011 wurde das Engagement auch für 2012 zugesagt – mehr hier) und ein mit 6.3 Prozent relativ geringer Anteil schließlich auf den Balkan.

Am meisten von türkischen Hilfsgeldern profitiert haben laut dem Medium Pakistan, Syrien, Afghanistan, Somalia, Kirgistan, Libyen, Kasachstan, Irak, Aserbaidschan und Palästina. Sie stellen die Top Ten der Länder, die 2011 am intensivsten von der Türkei bedacht wurden.


1,2 Milliarden Dollar Hilfe für Bedürftige: Türkei gibt 2011 rund 32 Prozent mehr als im Vorjahr | DEUTSCH TÜRKISCHE NACHRICHTEN

Insgeheim ist uns der Balkan also scheißegal. :lol:

Auf jeden Fall natürlich unsere herzlichsten Grüße. Aber mal unter uns; so langsam wird's Zeit, ne? Macht endlich was aus eurer Unabhängigkeit.

:loool:

Ich liebe diese Türkei-Balkan-Threads. <3
 
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