Gescheiterte Kompromisse
Die Rede ist von dem so genannten Z4-Plan. Er wurde bereits Ende 1994, Anfang 1995 von der diplomatischen "Zagreb 4"-Gruppe ausgearbeitet, in der auch Geert Ahrens saß. Die Krajina-Serben lehnten den Plan ab, der ihnen eine weit reichende Autonomie, ja fast eine staatliche Selbstständigkeit, garantiert hätte. Doch die Krajina-Serben waren nur an einer Vereinigung mit Serbien interessiert.
Militärische Absprachen?
Acht Monate später - im August 1995 – griffen die kroatischen Truppen die UN-Schutzzone Krajina an. Sowohl die Einheiten aus Kroatien als auch die der bosnischen Kroaten hatten die selbsternannte Serben-Republik umzingelt. Frei gelassen wurden nur zwei Korridore, über die serbische Truppen und Flüchtlinge zu den serbischen Gebieten in Bosnien gelangen konnten. Der aus Kroatien stammende Belgrader Militärexperte Aleksandar Radic meint: "In dieser Operation war die Armee der Krajina-Serben von Anfang an zum Scheitern verurteilt, weil sie nach den politischen Entscheidungen des Regimes Milosevic durchgeführt wurde. Es handelte sich dabei um einen organisierten, von vornherein geplanten Rückzug aus diesen Territorien. Die kroatische Seite erreichte einen hohen Grad der Verständigung mit Belgrad. Ich bin fest davon überzeugt, dass die kroatische Seite den Angriff nicht angefangen hätte, hätte Belgrad nicht versichert, dass es keine organisierte und langwierige Gegenwehr geben werde."
Der damalige Präsident Serbiens Milosevic war der eigentliche Lenker der Serben in Kroatien. Er hat deren Ängste geschürt, als sie sich durch die nationalistischen Parolen Tudjmans an die Pogrome aus dem Zweiten Weltkrieg erinnert fühlten. Und es waren Milosevics Geheimdienstleute, die den Serben-Aufstand nach der kroatischen Unabhängigkeitserklärung mit vorbereitet haben. Zudem gab es einen regen Offiziersaustausch. Noch kurz vor der Operation "Sturm" wurden ein Dutzend Generäle und mehr als 100 Armee-Oberste aus Serbien in die Krajina geschickt. Um die Truppen für den Rückzug vorzubereiten, meint Militärexperte Radic.
Es liegt nahe, so der deutsche Diplomat Geert Ahrens, dass Milosevic den Z4-Plan für die kroatischen Serben verworfen hat, weil ihm signalisiert wurde, eine ähnliche Regelung werde er später auch für die Albaner in Kosovo akzeptieren müssen. Milosevic habe die kroatischen Serben geopfert, weil er sich auf Bosnien konzentrieren musste, glaubt wiederum der deutsche Kriegs-Reporter und Balkan-Buchautor Norbert Mappes-Niediek. Man könne noch nicht beweisen, dass es zu einer Absprache gekommen sei. Aber, so Mappes-Niediek weiter: "Was es im ganzen Jahr 1995 gegeben hat, war eine unsichtbare Hand, die die Verhältnisse geordnet hat. Stück für Stück haben sich die Verhältnisse auf dem Boden an das angenähert, was die Kontakt-Gruppe 1994 in ihrem Territorialverteilungsplan beschlossen hat: nämlich dass 51 Prozent des bosnischen Territoriums zu Föderation und 49 Prozent den bosnischen Serben gehören sollen."
Der Bosnien-Plan der Kontakt-Gruppe für Ex-Jugoslawen wurde bei den Dayton-Verhandlungen im Oktober 1995 in einen Friedensplan umgesetzt: Etwas mehr als die Hälfte des Territoriums für die muslimisch-kroatische Föderation, etwas weniger für die bosnische Serben-Republik. Ohne den Sieg der Kroaten in der Operation "Sturm", darin sind sich heute alle Beobachter einig, wäre diese Lösung nicht möglich gewesen.