Alle Religionen haben recht! publiziert: Donnerstag, 18. Apr 2013 / 15:36 Uhr
Alle haben recht... zumindest was alle anderen Religionen angeht.
Ein Vorschlag, was Religiöse am kommenden Sonntag (statt eines Gottesdienstbesuches) machen könnten
Ich schlage allen Religiösen (nicht nur den hier überwiegenden Christen) vor: Geht einmal in euch, statt in die Kirche. Betrachtet möglichst neutral und von aussen, was eure Glaubensgrundsätze und Dogmen sind. Ein viele Milliarden Jahre altes Universum, aber dann ein Erlöser vor 2000 Jahren? Geboren von einer Jungfrau? Einer, der drei und eins zugleich war...? Stellen wir uns doch einmal vor, wir wären in einer Zivilisation aufgewachsen, die von einem Christus-Erlöser (oder von Mohammed, Eris oder Mithras) noch nie etwas gehört hätte. Es wäre eine Zivilisation, die zwar Geschichten erzählt, sich aber grundsätzlich so gut wie möglich an die Wissenschaft und das freie Denken hält. In dieser Welt geht ein junger Mensch in ein Antiquariat (denn Bücher auf Papier gibt es dort auch) und er findet dort ein Buch, welches «Bibel» heisst. Er erwirbt es, nimmt es nach Hause und liest es sehr interessiert durch. Was wird er denken? Was wird er tun? Wird er in die Welt hinaus gehen, und verkünden: «Ich habe hier das einzig wahre Buch gelesen! Bekehret euch! Es ist noch nicht zu spät! Christus ist der Erlöser!» Oder würde er nicht vielmehr das Buch zur Seite legen und sagen: «Ziemlich konfuses Zeug, ziemlich blutig, teilweise sehr widersprüchlich und absurd. Der Herr der Ringe und die Spiderman-Comics gefallen mir jedenfalls besser!»
In einer solchen Welt könnte sich das Christentum sicherlich nicht zu einem derart kulturell bestimmenden Phänomen entwickeln. Die Inhalte der Wissenschaft hingegen würden so ziemlich die selben sein. Die spezielle Relativitätstheorie würde auch entdeckt werden. Wahrscheinlich nicht von einer Person, die Albert Einstein heisst, aber von jemandem. Die allgemeine Relativitätstheorie würde dann vielleicht nicht von der selben Person entdeckt und irgendwann würde wohl auch ein Grosser Hadron-Kollidierer gebaut werden.
Was wäre das also für eine Gesellschaft, wenn nicht grosse Teile der Bevölkerung antrainiert bekommen hätten, dass Dinge aus der Bibel einen besonderen Stellenwert einnehmen, dass sie auf eine andere (oder: gar keine) Art zu hinterfragen sind?
Ich wünsche mir, dass Religiöse es vermehrt wagen, etwas zurückzutreten, in einiger Distanz eine Gesamtschau ihrer Ideen zu veranstalten und dann ihre Schlüsse daraus zu ziehen. Es wird freilich nicht jeder vom Glauben abfallen. Viele Menschen können ja auch nicht wirklich von ihren Ideen zurücktreten und diese von aussen betrachten. Aber einigen Leuten wird auffallen, dass sie sich in ihrem Alltag sehr rational verhalten, auf die Wissenschaft und Technik vertrauen. Und es mutet ihnen dann vielleicht etwas komisch an, dass sie am Sonntag (oder wann auch immer) ins kindlich-magische Denken zurückkehren sollen.
Es ist schön, dass immer mehr Menschen ein Lichtlein aufgeht: Religionen haben recht, wenn sie behaupten, dass die Götter der jeweils anderen Religionen falsche Götter seien. Sie liegen einfach nur falsch, wenn sie behaupten, dass die eigenen Götter, der eigene Gott und die eigenen Dogmen die einzig wahren seien.
Übrigens: Diskordianer, Unitarier und Anhänger des Fliegenden Spaghettimonsters dürfen weiter machen, wie gehabt. Aus Gründen.
news.ch - Alle Religionen haben recht!. Von Valentin Abgottspon - Valentin Abgottspon, Freidenker, Religion, Brauchtum, Gesellschaft
Alle haben recht... zumindest was alle anderen Religionen angeht.
Ein Vorschlag, was Religiöse am kommenden Sonntag (statt eines Gottesdienstbesuches) machen könnten
Ich schlage allen Religiösen (nicht nur den hier überwiegenden Christen) vor: Geht einmal in euch, statt in die Kirche. Betrachtet möglichst neutral und von aussen, was eure Glaubensgrundsätze und Dogmen sind. Ein viele Milliarden Jahre altes Universum, aber dann ein Erlöser vor 2000 Jahren? Geboren von einer Jungfrau? Einer, der drei und eins zugleich war...? Stellen wir uns doch einmal vor, wir wären in einer Zivilisation aufgewachsen, die von einem Christus-Erlöser (oder von Mohammed, Eris oder Mithras) noch nie etwas gehört hätte. Es wäre eine Zivilisation, die zwar Geschichten erzählt, sich aber grundsätzlich so gut wie möglich an die Wissenschaft und das freie Denken hält. In dieser Welt geht ein junger Mensch in ein Antiquariat (denn Bücher auf Papier gibt es dort auch) und er findet dort ein Buch, welches «Bibel» heisst. Er erwirbt es, nimmt es nach Hause und liest es sehr interessiert durch. Was wird er denken? Was wird er tun? Wird er in die Welt hinaus gehen, und verkünden: «Ich habe hier das einzig wahre Buch gelesen! Bekehret euch! Es ist noch nicht zu spät! Christus ist der Erlöser!» Oder würde er nicht vielmehr das Buch zur Seite legen und sagen: «Ziemlich konfuses Zeug, ziemlich blutig, teilweise sehr widersprüchlich und absurd. Der Herr der Ringe und die Spiderman-Comics gefallen mir jedenfalls besser!»
In einer solchen Welt könnte sich das Christentum sicherlich nicht zu einem derart kulturell bestimmenden Phänomen entwickeln. Die Inhalte der Wissenschaft hingegen würden so ziemlich die selben sein. Die spezielle Relativitätstheorie würde auch entdeckt werden. Wahrscheinlich nicht von einer Person, die Albert Einstein heisst, aber von jemandem. Die allgemeine Relativitätstheorie würde dann vielleicht nicht von der selben Person entdeckt und irgendwann würde wohl auch ein Grosser Hadron-Kollidierer gebaut werden.
Was wäre das also für eine Gesellschaft, wenn nicht grosse Teile der Bevölkerung antrainiert bekommen hätten, dass Dinge aus der Bibel einen besonderen Stellenwert einnehmen, dass sie auf eine andere (oder: gar keine) Art zu hinterfragen sind?
Ich wünsche mir, dass Religiöse es vermehrt wagen, etwas zurückzutreten, in einiger Distanz eine Gesamtschau ihrer Ideen zu veranstalten und dann ihre Schlüsse daraus zu ziehen. Es wird freilich nicht jeder vom Glauben abfallen. Viele Menschen können ja auch nicht wirklich von ihren Ideen zurücktreten und diese von aussen betrachten. Aber einigen Leuten wird auffallen, dass sie sich in ihrem Alltag sehr rational verhalten, auf die Wissenschaft und Technik vertrauen. Und es mutet ihnen dann vielleicht etwas komisch an, dass sie am Sonntag (oder wann auch immer) ins kindlich-magische Denken zurückkehren sollen.
Es ist schön, dass immer mehr Menschen ein Lichtlein aufgeht: Religionen haben recht, wenn sie behaupten, dass die Götter der jeweils anderen Religionen falsche Götter seien. Sie liegen einfach nur falsch, wenn sie behaupten, dass die eigenen Götter, der eigene Gott und die eigenen Dogmen die einzig wahren seien.
Übrigens: Diskordianer, Unitarier und Anhänger des Fliegenden Spaghettimonsters dürfen weiter machen, wie gehabt. Aus Gründen.
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