"Batman"-Fans empören sich: Ben Affleck soll die Rolle des Bruce Wayne übernehmen. Dabei ist er genau der Richtige: Schauspieler und Figur haben sich gewaltig verändert. von Andreas Busche
Die Ankündigung von Zack Snyder, dass Ben Affleck in dem noch unbetitelten Superman-Batman-Projekt die Rolle des Batman übernehmen wird, hat über Nacht in Fanforen für beträchtlichen Wirbel gesorgt. Die Besetzung von Batman ist seit jeher ein Politikum, das ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl für die Befindlichkeiten der internationalen Comic-Community erfordert. Man muss den Batman-Fans allerdings zugute halten, dass in der Vergangenheit viel Schindluder mit der Figur Bruce Wayne getrieben wurde: Michael Keaton, Val Kilmer und ein entgrenzter George Clooney haben dem Ansehen des Schwarzen Ritters eher geschadet und das Franchise auf Jahre beschädigt.
Erst die Kollaboration von Christopher Nolan und Christian Bale fand bei Fans und Kritik gleichermaßen Zustimmung. Ihre Dark-Knight-Trilogie schöpfte erstmals das dramatische Potenzial der Comics aus und verschaffte dem Hollywood-Blockbuster eine neue zeitdiagnostische Brisanz. Die Rolle Batmans ist sozusagen die Königsdisziplin für jeden Schauspieler: eines der letzten Studioprojekte, in dem sich Kommerz und Kunst nicht ausschließen.
Nun also Ben Affleck, dessen Karriere in Hollywood vielleicht symptomatisch für den ewigen Widerspruch steht, es Kritik und Fans gleichermaßen recht machen zu wollen. Affleck ist ein Kind der zweiten Sundance-Generation, ein ehemaliger Posterboy des amerikanischen Independentfilms. Er hat mit Richard Linklater, Kevin Smith und Gus van Sant gedreht, sich später aber für eine Hollywood-Karriere mit sinnlosen Blockbustern wie Armageddon und Pearl Harbour oder sentimentalem Schmock wie Shakespeare in Love entschieden. In den letzten Jahren fiel er wieder durch kleinere sympathische Regiearbeiten auf, die wie eine Rückkehr zu seinen Anfängen wirkten: immer eine Spur zu selbstverliebt vielleicht, aber durchaus ambitioniert. Das brachte ihm den Oscar für Argoein.
Wie wenig man Affleck noch immer zutraut, zeigte sich in den Kritiken zu Terence Malicks To the Wonder im vergangenen Jahr. Die Häme über die mimischen Fähigkeiten Afflecks, der im Film meist in der Rückansicht zu sehen war, ist zur Routine geworden, wie ein schlechter Running Gag.
Im Grunde vollzieht sich hier aber, nur etwas langsamer, was vor ihm schon Leonardo Di Caprio und Matt Damon erfahren mussten: der Weg des belächelten Sunnyboys durch das Stahlbad der Kritik. Auch Ben Affleck wird ihn unbeschadet überstehen, denn im Grunde hat auch er niemandem mehr etwas zu beweisen. Batman ist für Affleck ein Glücksfall, die perfekte Rolle für Kritik und Fans. Und gleichzeitig die Möglichkeit, sich die künstlerischen Freiheiten zu erkaufen, um sein neues Profil als Autorenfilmer zu schärfen.
Affleck verkörpert im aktuellen Hollywoodkino eine selten gewordene Arbeitermentalität. Der leicht dumpfe Ausdruck seines Spiels ist nur teilweise auf darstellerisches Unvermögen zurückzuführen. Im Grunde agiert der komplexbehaftete Affleck ständig aus einer Position der Überforderung heraus: Er will immer etwas mehr, als er zu leisten fähig ist. Das aber kriegt er eigentlich ziemlich gut hin.
Batman ist übrigens nicht der erste Superheld, den Affleck spielt. Daredevil von 2003 war nicht gerade ein Empfehlungsschreiben. Es gibt jedoch noch eine kleinere Rolle in seinem Lebenslauf, die viel mit Affleck selbst zu tun hat: George Reeves in dem Film Noir Hollywoodland von 2006. Der ehemalige Superman-Darsteller Reeves nahm sich 1959 das Leben, weil er als ernstzunehmender Schauspieler in Hollywood keine Beachtung fand. Insofern ist es wohl eine Ironie, dass Ben Affleck jetzt einen Superhelden darstellen will, um sich endgültig Respekt zu verschaffen.