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Guest
ich glaube es nicht so eine frechheit so nen mist als buch zu veröffentlichen
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[h1]Buch über Nationalhelden Skanderbeg erregt die Albaner[/h1]
Von Gerhard Lechner
Schriftsteller Kadare sieht "Angriff auf die Freiheit".
Tirana/Wien. Es sind Reaktionen, wie sie Oliver Jens Schmitt auf seine Bücher üblicherweise nicht bekommt: Vor ein paar Tagen sah der Schweizer Historiker, der an der Universität Wien am Institut für Osteuropäische Geschichte forscht und lehrt, gar seine Adresse in einer albanischen Zeitung veröffentlicht – versehen mit der doppeldeutigen Aufforderung, sich doch persönlich an ihn zu wenden.
Stein des Anstoßes bildete Schmitts Buch über den albanischen Nationalhelden Skanderbeg, der durch einen 25 Jahre dauernden Aufstand gegen die Osmanen im 15. Jahrhundert großes Aufsehen erregte. Schmitt vermutet, das Motiv für die Rebellion könnte Blutrache gewesen sein, und verletzt damit das mythische Bild des für seine Nation kämpfenden Helden. Weitere Kratzer im Bild entstanden durch den Hinweis des Schweizers, dass Skanderbegs Vater Gjon in den Quellen stets als "Ivan" auftauche – für viele Albaner ist es eine Provokation, dass ihr Nationalheld einen slawischen Namen getragen haben soll.
Nun wird in albanischen Medien und Internetforen heftig gegen Schmitt und seinen Übersetzer Ardian Klosi, dem gar "Landesverrat" vorgeworfen wird, polemisiert. Klosi hatte mit seiner Forderung, dass nun die Schulbücher umgeschrieben werden müssten, erheblichen Widerspruch erregt. Auch Albaniens bekanntester Schriftsteller, Ismail Kadare, meldete sich zu Wort und kritisierte das Buch als "Angriff auf die Freiheit" und "Schande für die albanische Nation". Damit gab der "Nationalschriftsteller", der in Albanien meist direkter formuliert als im Ausland, für viele Kritiker die Stoßrichtung vor.
Oliver Jens Schmitt sieht die Auswüchse der Debatte im Albanien unter KP-Chef Enver Hoxha grundgelegt: "In der stalinistischen Hoxha-Zeit wurde eine Bunkermentalität kultiviert, die jedes Argument in ein Freund-Feind-Schema einordnet", so der Historiker. "Sachargumente werden in diesem Denken immer zu Scheinargumenten, Andersdenkende zu serbischen Agenten oder von irgendwem Gekauften".
Einen Grund für die Aufregung sieht Schmitt auch in der personellen Kontinuität der Bildungseliten zum Hoxha-Regime: "Die Eliten wollen ihre Deutungshoheit über die öffentliche Meinung nicht aufgeben."
Im Albanien Enver Hoxhas wurde die Gestalt Skanderbegs als nationale Identifikationsfigur benutzt. Georg Kastriota, wie Skanderbeg eigentlich hieß, eignet sich für das multireligiöse Land dazu auch wie kein anderer: Er wurde als Orthodoxer geboren, konvertierte am Hof des Sultans zum Islam und starb zuletzt als Katholik.
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[h1]Buch über Nationalhelden Skanderbeg erregt die Albaner[/h1]
Von Gerhard Lechner
Tirana/Wien. Es sind Reaktionen, wie sie Oliver Jens Schmitt auf seine Bücher üblicherweise nicht bekommt: Vor ein paar Tagen sah der Schweizer Historiker, der an der Universität Wien am Institut für Osteuropäische Geschichte forscht und lehrt, gar seine Adresse in einer albanischen Zeitung veröffentlicht – versehen mit der doppeldeutigen Aufforderung, sich doch persönlich an ihn zu wenden.
Stein des Anstoßes bildete Schmitts Buch über den albanischen Nationalhelden Skanderbeg, der durch einen 25 Jahre dauernden Aufstand gegen die Osmanen im 15. Jahrhundert großes Aufsehen erregte. Schmitt vermutet, das Motiv für die Rebellion könnte Blutrache gewesen sein, und verletzt damit das mythische Bild des für seine Nation kämpfenden Helden. Weitere Kratzer im Bild entstanden durch den Hinweis des Schweizers, dass Skanderbegs Vater Gjon in den Quellen stets als "Ivan" auftauche – für viele Albaner ist es eine Provokation, dass ihr Nationalheld einen slawischen Namen getragen haben soll.
Nun wird in albanischen Medien und Internetforen heftig gegen Schmitt und seinen Übersetzer Ardian Klosi, dem gar "Landesverrat" vorgeworfen wird, polemisiert. Klosi hatte mit seiner Forderung, dass nun die Schulbücher umgeschrieben werden müssten, erheblichen Widerspruch erregt. Auch Albaniens bekanntester Schriftsteller, Ismail Kadare, meldete sich zu Wort und kritisierte das Buch als "Angriff auf die Freiheit" und "Schande für die albanische Nation". Damit gab der "Nationalschriftsteller", der in Albanien meist direkter formuliert als im Ausland, für viele Kritiker die Stoßrichtung vor.
Oliver Jens Schmitt sieht die Auswüchse der Debatte im Albanien unter KP-Chef Enver Hoxha grundgelegt: "In der stalinistischen Hoxha-Zeit wurde eine Bunkermentalität kultiviert, die jedes Argument in ein Freund-Feind-Schema einordnet", so der Historiker. "Sachargumente werden in diesem Denken immer zu Scheinargumenten, Andersdenkende zu serbischen Agenten oder von irgendwem Gekauften".
Einen Grund für die Aufregung sieht Schmitt auch in der personellen Kontinuität der Bildungseliten zum Hoxha-Regime: "Die Eliten wollen ihre Deutungshoheit über die öffentliche Meinung nicht aufgeben."
Im Albanien Enver Hoxhas wurde die Gestalt Skanderbegs als nationale Identifikationsfigur benutzt. Georg Kastriota, wie Skanderbeg eigentlich hieß, eignet sich für das multireligiöse Land dazu auch wie kein anderer: Er wurde als Orthodoxer geboren, konvertierte am Hof des Sultans zum Islam und starb zuletzt als Katholik.
Printausgabe vom Donnerstag, 27. November 2008