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Titel: Zukunftsinstitut | Online-Archiv | Die Neue Bürgerlichkeit
Die Neue Bürgerlichkeit
Comeback der Familie und Bindungssehnsucht
Wird aus Deutschland ein kinderfeindlicher Single-Staat, in dem jeder nur sein eigenes Ding macht? Sicher nicht. Der Aufbruch aus der Familie, der vor allem in den 80er und 90er Jahren stattfand, war ein notwendiger Erosionsprozess, um die Abhängigkeiten der traditionellen, hierarchisierten und formatisierten Familien hinter sich zu lassen. Die daraus entstehende Individualisierung wird jedoch erst vollendet, wenn es gelingt, auf dieser Grundlage neue und tragfähige Bindungs- und Beziehungsformen zu entwickeln. Denn für viele blieben im Zuge der „Mega-Individualisierung“ zu viele eigene Lebenssehnsüchte auf der Strecke. Also schlägt das Pendel jetzt zurück: Familie und Geborgenheit werden gewünscht – aber ohne die Zwänge und Beschränkungen eines traditionellen Familienverständnisses.
In Bezug auf die persönlichen Lebensvorstellungen führt das zu einem „Werte-Retro“ und dem Comeback der Familie als Hort der Geborgenheit. Verstärkt wird die Orientierung auf die Familie durch wirtschaftliche und gesellschaftliche Unsicherheiten (Stichwort „Unsicherheits-Zeitalter“). Je bedrohlicher die persönliche Zukunft empfunden wird und je größer die Desorientierung im Lebenstil-Wirrwarr wird, desto mehr dient die „neue Familie“ als Sehnsuchtsanker und geschützter Hafen für individuelle Zugehörigkeit. So sind im Jahr 2004 laut einer Allensbach- Umfrage 66 Prozent der Deutschen davon überzeugt, dass der Mensch „auf jeden Fall“ eine Familie braucht, um glücklich zu sein. Nur 20 Prozent der Befragten fanden, dass man allein mindestens genauso glücklich sein kann, 14 Prozent waren unentschieden. Dabei glaubten 55 Prozent der Gesprächspartner eigentlich, dass der Familienzusammenhalt in Deutschland schwächer wird. Doch das scheint eine Einschätzung zu sein, die sich mit der eigenen Erfahrung überhaupt nicht deckt. In der eigenen Familie erlebten 27 Prozent der Befragten den Zusammenhalt als „sehr stark“ oder „ziemlich stark“ (51 Prozent). Nur 17 Prozent schätzten die Familienbindung als „eher gering“ oder „sehr schwach“ (4 Prozent) ein. Die subjektiv empfundenen Familienbande werden also enger, denn im Jahr 1995 lagen die Vergleichszahlen noch bei 23 bzw. 6 Prozent. Auch bei der Frage, auf wen sie sich im Zweifelsfall verlassen können, steht die Familie ganz oben. Besonders wenn es um Leben und Tod geht, sind Familienangehörige weit mehr als Freunde die wichtigsten Ansprechpartner (Quelle: Geo Wissen, Familie & Partnerschaft, 2004). Wieder näher zusammen zu rücken und sich im Familien-Kokon einzuspinnen wird also wieder zum Trend – nicht nur in alt-konservativen Lebenssettings, sondern quer durch alle Bevölkerungsschichten.
Meinungen dazu erwünscht
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Comeback der Familie und Bindungssehnsucht
Wird aus Deutschland ein kinderfeindlicher Single-Staat, in dem jeder nur sein eigenes Ding macht? Sicher nicht. Der Aufbruch aus der Familie, der vor allem in den 80er und 90er Jahren stattfand, war ein notwendiger Erosionsprozess, um die Abhängigkeiten der traditionellen, hierarchisierten und formatisierten Familien hinter sich zu lassen. Die daraus entstehende Individualisierung wird jedoch erst vollendet, wenn es gelingt, auf dieser Grundlage neue und tragfähige Bindungs- und Beziehungsformen zu entwickeln. Denn für viele blieben im Zuge der „Mega-Individualisierung“ zu viele eigene Lebenssehnsüchte auf der Strecke. Also schlägt das Pendel jetzt zurück: Familie und Geborgenheit werden gewünscht – aber ohne die Zwänge und Beschränkungen eines traditionellen Familienverständnisses.
In Bezug auf die persönlichen Lebensvorstellungen führt das zu einem „Werte-Retro“ und dem Comeback der Familie als Hort der Geborgenheit. Verstärkt wird die Orientierung auf die Familie durch wirtschaftliche und gesellschaftliche Unsicherheiten (Stichwort „Unsicherheits-Zeitalter“). Je bedrohlicher die persönliche Zukunft empfunden wird und je größer die Desorientierung im Lebenstil-Wirrwarr wird, desto mehr dient die „neue Familie“ als Sehnsuchtsanker und geschützter Hafen für individuelle Zugehörigkeit. So sind im Jahr 2004 laut einer Allensbach- Umfrage 66 Prozent der Deutschen davon überzeugt, dass der Mensch „auf jeden Fall“ eine Familie braucht, um glücklich zu sein. Nur 20 Prozent der Befragten fanden, dass man allein mindestens genauso glücklich sein kann, 14 Prozent waren unentschieden. Dabei glaubten 55 Prozent der Gesprächspartner eigentlich, dass der Familienzusammenhalt in Deutschland schwächer wird. Doch das scheint eine Einschätzung zu sein, die sich mit der eigenen Erfahrung überhaupt nicht deckt. In der eigenen Familie erlebten 27 Prozent der Befragten den Zusammenhalt als „sehr stark“ oder „ziemlich stark“ (51 Prozent). Nur 17 Prozent schätzten die Familienbindung als „eher gering“ oder „sehr schwach“ (4 Prozent) ein. Die subjektiv empfundenen Familienbande werden also enger, denn im Jahr 1995 lagen die Vergleichszahlen noch bei 23 bzw. 6 Prozent. Auch bei der Frage, auf wen sie sich im Zweifelsfall verlassen können, steht die Familie ganz oben. Besonders wenn es um Leben und Tod geht, sind Familienangehörige weit mehr als Freunde die wichtigsten Ansprechpartner (Quelle: Geo Wissen, Familie & Partnerschaft, 2004). Wieder näher zusammen zu rücken und sich im Familien-Kokon einzuspinnen wird also wieder zum Trend – nicht nur in alt-konservativen Lebenssettings, sondern quer durch alle Bevölkerungsschichten.
- Urbane Family-Trendsetter: Der demografische Wandel in Deutschland kann sich kurzfristig nicht umkehren. Die Zahl der potenziellen Mütter sinkt schon seit langem und damit auch die Hoffnung auf eine plötzliche Kinder-Schwemme. Doch in Städten wie Berlin, Frankfurt, München und in einigen ländlichen Gebieten mit gutverdienenden Stadt-Aussiedlern sind auf einmal wieder neubürgerliche Lebensmodelle mit entsprechendem Wertewandel zu beobachten. In bestimmten Stadtteilen deutscher Großstädte findet sogar ein regelrechter Baby-Boom statt. Statt Karrierefixierung geht es vielen Mitgliedern der urbanen Eliten um Entschleunigung und „Downshifting“ der eigenen Ambitionen zugunsten von stabilen Werten.
- Renaissance der Hochzeit: Die neue Lust auf Familie lässt auch das Heiraten wieder en vogue werden und schafft es bis auf die Titelblätter der Stadtmagazine. „Heiraten, mit allem was dazu gehört, liegt wieder voll im Trend“, sagt auch die Frauenzeitschrift „Brigitte“. Nicht wegen der Steuer oder damit die Kinder eine richtige Familie haben – nein, es geht um Romantik. „Brigitte“ präsentiert in einem eigenen Buch die „schönsten Ideen für einen rundum gelungenen Tag“. Als Extraservice gibt es aber auch juristischen Rat für einen guten Start in die Ehe (Quelle: „Heiraten“, Goldmann 2003). Heirats- und Partnerschaftsfieber herrscht derweil auch im Internet. Partnervermittlungsbörsen haben enormen Zulauf – und protzen mit „Erfolgsstorys“. Bei Parship zum Beispiel wird ein Paar vorgestellt, das sich nach nur vier Wochen das Jawort gegeben hat.
- Anerkannte Familienarbeiterinnen: Parallel zum großen Familienboom wird auch die klassische Hausfrau wieder entdeckt und gewürdigt. „Millionen von Hausfrauen sollen endlich die verdiente öffentliche Anerkennung erhalten“, sagen zum Beispiel das Unternehmen „Vorwerk“ und die TV-Zeitschrift „HörZu“. Sie rückten im Jahr 2004 Frauen, die zu Hause arbeiten, ins Rampenlicht und wählten die „Familien-Managerin des Jahres“.
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