Regionalpolitiker in Cherson: "Wir haben evakuiert, wen wir konnten"
Der Präsident des Parlaments der Region Cherson berichtet davon, dass Russland Rettungsmaßnahmen nach den Überflutungen "gezielt" beschieße
Oleksandr Samoilenko ist der Präsident des Parlaments der Region Cherson. Im Gespräch erzählt er von Rettungsmaßnahmen nach der Explosion des Kachowka-Staudamms unter Artilleriebeschuss. Und erst nach und nach erschließt sich den ukrainischen Behörden das gesamte Ausmaß dieser Katastrophe und der Überflutungen. Am schwierigsten sei die Lage in der Stadt Cherson. Über die Aktivitäten internationaler Organisationen weiß der führende Regionalpolitiker nur aus der lokalen Gerüchteküche. Autos der Uno habe er jedenfalls "gesehen".
STANDARD: Aus der Ferne betrachtet stellt sich die Lage unübersichtlich dar. Haben Sie selbst denn einen Überblick?
Samoilenko: Als Erstes müssen wir zwei Themen voneinander trennen. Das rechte Ufer des Dnipro, zu dem wir Zugang haben. Und das linke Ufer, zu dem wir keinen Zugang haben, das von den russischen Streitkräften kontrolliert wird und wo sich auch Menschen aufhalten. In dem von der Ukraine kontrollierten Gebiet sind circa 3.400 Gebäude überflutet. Auch ein Teil der Stadt Cherson wurde überflutet.
Die meisten Evakuierungen haben auch dort stattgefunden. Das rechte Ufer ist höher gelegen. In den betroffenen Dörfern sind überwiegend einige Straßen überflutet. Allerdings gibt es in der Stadt Cherson auch ein Gebiet, das nur durch eine Brücke mit der Stadt verbunden ist. Dort ist das Hochwasser besonders schlimm. Dort gibt es Hochhäuser, in denen das Wasser bis zum zweiten oder dritten Stockwerk steht.
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STANDARD: All das unter Artilleriebeschuss. Gestern wurde ja auch die Stadt Cherson schwer getroffen. Ist das gezielt, oder wirkt das auf sie eher willkürlich?
Samoilenko: Das war definitiv gezielt. Es handelte sich um Mörsergranaten und Grad. An den Orten, die getroffen wurden, war auch keine ukrainische Armee präsent. Der Ort, auf den sie gezielt haben, ist ein normaler offener Platz in der Stadt, wo die Leute mit Booten ankommen und mit Booten abfahren, um Menschen zu retten. Das war ein bewusster Beschuss ebendieses speziellen Punktes. Und Präsident Selenskyj war in Cherson. Sie wollten mit dem Beschuss demonstrieren, dass sie die Menschen treffen können. Während des gestrigen Beschusses wurden 17 Menschen verletzt, zwei starben. Unter den Verletzten ist auch der deutsche Freiwillige, von dem ich erzählt habe. Ein 25-Jähriger.
Der Präsident des Parlaments der Region Cherson berichtet davon, dass Russland Rettungsmaßnahmen nach den Überflutungen "gezielt" beschieße
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