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Der Ukraine Sammelthread

Kanada beteiligt sich an Flugabwehr-Fonds
In Kanada kann Verteidigungsminister Pistorius einen weiteren Unterstützer für die Initiative zur Stärkung der ukrainischen Flugabwehr gewinnen. Zusagen für die Abgabe von dringend gebrauchten »Patriot«-Systemen aber bleiben weiter aus.
Kanada will die deutsche Initiative zur schnellen Verbesserung der ukrainischen Flugabwehr unterstützen. Beim Besuch von Verteidigungsminister Boris Pistorius in Ottawa sagte sein Amtskollege Bill Blair am Freitag zu, dass Kanada gut 52 Millionen Euro in einen von Berlin aufgelegten Fonds einzahlen will, aus dem Munition für die hochmodernen Iris-T-Systeme bezahlt werden soll. Pistorius sagte, die Munition solle zeitnah in die Ukraine ausgeliefert werden. »Die Zeit ist knapp«, mahnte der Minister.

Der kanadische Verteidigungsminister Blair bedankte sich bei Pistorius, dass der gemeinsam mit Außenministerin Annalena Baerbock versucht, mehr Flugabwehr für die Ukraine zu organisieren. »Kanada ist dankbar für die deutsche Führung bei dieser wichtigen Initiative«, so Blair. Pistorius betonte, dass jeder Beitrag zur Flugabwehr in der Ukraine jeden Tag und jede Nacht Leben retten kann. Er hoffe deswegen, dass sich noch weitere Partner an der deutschen Initiative beteiligen.

 
Bericht: EU einigte sich auf Sicherheitszusagen für Kiew
Die Europäische Union hat sich einem Medienbericht zufolge auf Sicherheitszusagen für die Ukraine geeinigt. Die Zusagen sollen im Sommer in Kraft treten und gelten so lange, bis die Ukraine der EU und der NATO beigetreten sein wird. Das berichtet die deutsche Zeitung „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf einen vertraulichen Entwurf der Sicherheitszusagen.

„Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten werden langfristig und zusammen mit Partnern zu Sicherheitszusagen für die Ukraine beitragen, die der Ukraine helfen sollen, sich selbst zu verteidigen, sich Destabilisierungsversuchen zu widersetzen und in Zukunft vor Aggressionen abzuschrecken“, heißt es in dem elfseitigen Dokument, auf den sich die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten in Brüssel geeinigt hätten. Die Maßnahmen sicherten dem von Russland angegriffenen Land politischen, militärischen und wirtschaftlichen Beistand zu.

Zusage für weitere Waffenlieferungen

 
Wie nah waren die Ukraine und Russland 2022 wirklich an einem Friedensdeal?
Eine aufsehenerregende Veröffentlichung legt nahe, dass Kiew und Moskau detaillierter verhandelten als bisher bekannt. Viele Ungereimtheiten aber bleiben

Sie hält sich hartnäckig: die Erzählung, nach der Russland kurz nach der Vollinvasion der Ukraine im Frühjahr 2022 zu einer Art Friedensdeal bereit gewesen sei, der nur vom "kriegsgeilen Westen" und dessen "Marionetten" in Kiew torpediert worden sei. Das Argument kommt vom politisch linken wie vom rechten Rand. Und die Geschichte kommt auch von Wladimir Putin selbst. Aber stimmt sie? Wie nah war man dem schnellen Frieden wirklich?

In Wahrheit ist die Geschichte deutlich komplexer, als es die populäre Erzählung vermuten ließe. Direkte Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew gab es aber tatsächlich auch nach Kriegsbeginn noch – und es stimmt auch, dass sich beide Seiten in manchen Punkten nähergekommen sind als bisher oft angenommen.
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Kiew argumentierte, sowohl Russland als auch die USA und andere westliche Staaten müssten in einer Übereinkunft die Sicherheit der Ukraine garantieren – und zwar stärker und glaubhafter, als sie dies im 1994 beschlossenen Budapester Memorandum taten, das die Unversehrtheit des ukrainischen Territoriums im Tausch für die aus der Sowjetunion geerbten Atomwaffen vorsah. Denn diese Zusage Moskaus war für Kiew bekanntlich 2022 das Papier nicht wert, auf dem sie stand.



 
In Istanbul gab es laut Charap und Radchenko eine mögliche Lösung. In einem provisorischen Kommuniqué werden alle Mitglieder des UN-Sicherheitsrats (USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und China) sowie Kanada, Deutschland, Israel, Italien, Polen und die Türkei als mögliche Garantiemächte erwähnt. Kiew würde der Weg in Militärallianzen versperrt, jener in die EU aber ermöglicht. Charap und Radchenko melden hier Zweifel an: Würde Putin, der aus angeblicher Sorge vor einer Nato-Erweiterung an die russischen Grenzen überhaupt erst in der Ukraine eingefallen sein soll, nun einem De-facto-Verteidigungspakt für Kiew zustimmen?

Russland hätte auf diese Weise ja verbindlich festgehalten, dass bei einer neuen Verletzung der ukrainischen Souveränität die anderen Vertragspartner intervenieren dürften. Denkbar wäre dies nur für den Fall, dass der Kreml sich massiv unter Druck gesetzt fühlte. Oder belegt die russische Bereitschaft zur Zustimmung am Ende doch, dass man die Verhandlungen nicht in guter Absicht geführt hat?

In späteren Drafts wurde die Idee von Moskau dahingehend abgeschwächt, dass jeder Vertragspartner, also auch Moskau, in diesem Fall zustimmen müsste. Das wäre wiederum für Kiew skurril, weil die Sicherheit der Ukraine nur dann garantiert wäre, wenn Russland – also der Angreifer – ihre Verteidigung zusagt.

Deutliche Differenzen blieben
Ähnliche Mehrdeutigkeiten gibt es an weiteren Punkten: So geht aus dem Papier vom 12. April hervor, dass Kiew sich weigerte, Forderungen nach einem Verbot von Nazismus, Neo-Nazismus, Faschismus, aber vor allem auch dem sehr allgemein formulierten Punkt "aggressiver Nationalismus" nachzukommen. Waren die Punkte von Russland als Sollbruchstelle im Vertrag vorgesehen, um bei einem Scheitern Kiew die Schuld geben zu können? Oder als rhetorische Auswege, die Putin einen gesichtswahrenden Sieg beim Kriegsziel "Entnazifizierung" der Ukraine ermöglichen sollten?

 
"Der Deal, der nie war"
Inwieweit Medinski und alle weiteren Verhandler Moskaus tatsächlich mit einem Mandat von Putin ausgestattet waren, glaubhafte Zugeständnisse zu machen, ist schwer zu sagen. In einem vielbeachteten X-Thread von Daniel Szeligowski, Chef des Osteuropaprogrammes beim polnischen Institut für Internationale Angelegenheiten, behauptet dieser, dass Russland von vornherein geblufft hätte. Putin sei nie zu signifikanten Zugeständnissen bereit gewesen, wollte die Ukraine "unterjochen", und daher habe "der Deal, den es nie gab", zu keiner Zeit eine Chance gehabt.

Zu solch deutlichen Worten greifen Charap und Radchenko nicht. Sie sehen in den angedeuteten Zugeständnissen gar Hoffnung für künftige Verhandlungen. Bei genauer Lektüre ihrer 32.000-Zeichen-Analyse tun sich aber Unmengen an Fallstricken für einen etwaigen Deal auf. Wer wann gestolpert wäre, bleibt offen. Denn Russlands Kriegsverbrechen in Butscha, Irpin etc. torpedierten den schnellen Frieden schließlich zusätzlich. Dass Selenskyj nach der erfolgreichen Verteidigung Kiews und den Zusagen des Westens, Hilfe zu leisten, plötzlich stärker an eine Befreiung der besetzten Gebiete glaubte, trug wohl auch dazu bei.

Was bleibt: Trotz der Verhandlungen gab es zu keiner Sekunde einen fertigen Deal, nur niedergeschriebene Annäherungsversuche in den kritischen Teilbereichen Neutralität und Sicherheitsgarantien, aber keine Bewegungen bei anderen riesigen Hürden. Dass der damalige britische Premier, der historisch versierte Boris Johnson, eiserner Verfechter der ukrainischen Souveränität, Selenskyj zu Vorsicht bei etwaigen Zusagen Putins geraten habe, wie von Charap und Radchenko beschrieben, wäre nur logisch. Die Verhandlungen torpediert hätte er damit aber kaum. Denn die Entscheidung lag letzten Endes immer bei Kiew. Dass Putin das nun anders verkauft, passt in seine große Desinformationskampagne. (Manuel Escher, Fabian Sommavilla, 10.5.2024)

 
Ukrainischer Präsidialberater zu Verhandlungen mit Russland: "Es gab keine Einigungen"
Mychajlo Podoljak erklärt, warum direkte Verhandlungen mit Russland aus seiner Sicht unmöglich sind – und wieso eine Einigung auch 2022 nicht realistisch war

Wie nahe waren die Ukraine und Russland bei ihren Verhandlungen 2022 an einem schnellen Frieden? Diese Frage beschäftigt nicht nur Querdenker und Putinfreunde, die besonders gerne auf die Gespräche im März und April nach dem Kriegsbeginn verweisen. Sie beschäftigt sei einem kürzlich erschienen Artikel in der Zeitschrift Foreign Affairs auch wieder die ernsthafte Politik-Forschung. Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak war damals dabei. Der STANDARD hat bei ihm nachgefragt.

STANDARD: Direkte Gespräche zwischen der Ukraine und Russland scheinen derzeit nicht zur Debatte zu stehen. Russland wird bei der Friedenskonferenz in der Schweiz auch nicht dabei sein. Könnte es sie aus Ihrer Sicht wieder geben?

Podoljak: Direkte Verhandlungen mit Russland sind grundsätzlich unmöglich. Der Gipfel in der Schweiz aber ist eine sehr wichtige Plattform. Wir haben drei Ziele. Die finale Annahme der Friedensformel als einziger Weg zu einem fairen Frieden. Zweitens: dass wir die Anzahl der Staaten maximieren, die diese Formel unterstützen. Und drittens: Ausgehend von den Ergebnissen dieses Treffens müssen wir festlegen, wie wir zurück zur Wahrung internationalen Rechts kommen.

STANDARD: Zuletzt waren die Gespräche im Frühjahr 2022 vermehrt Thema. Gab es damals unterschriftsreife Abkommen?

Podoljak: Die Russische Föderation hat 2022 eine massive Invasion in der Ukraine begonnen. Sie hat die Ukraine, einen souveränen Staat, angegriffen. Es ist klar, dass Russland damit internationales Recht gebrochen hat. Sie haben das nicht getan, weil sie knapp danach einen Kompromiss oder einen Friedensvertrag schließen wollten. Damals hat Russland versucht, nach Kiew zu kommen, die Regierung zu stürzen und seine Macht zu etablieren. Im Zuge der Verhandlungen im März 2022 hat Russland seine Konditionen sehr klar formuliert – mit ultimativem Charakter.

 
Russland bestätigt Offensive bei Charkiw
Nachdem Russland am Freitag mehrere Angriffe im Grenzgebiet bei der Millionenstadt Charkiw im Nordosten der Ukraine gestartet hatte, hat das Verteidigungsministerium in Moskau eine Offensive in der Region bestätigt. Russische Truppen hätten am Samstag fünf ukrainische Grenzdörfer besetzt. Die ukrainische Armee sprach von heftigen Gefechten an diesem Frontabschnitt. Militärbeobachter und -experten gehen allerdings davon aus, dass der russische Vorstoß noch nicht auf die Stadt Charkiw abziele.

Bei den von Russland genannten Orten handelt es sich um die Grenzdörfer Striletsche, Krasne, Pylne und Boryssiwka, die etwa 30 Kilometer nördlich von Charkiw in der Nähe des Ortes Lipzy liegen, sowie Ohirzewe bei der Stadt Wowtschansk. Zudem sei auch in der Region Donezk weiter im Süden ein Dorf eingenommen worden. Unabhängige Bestätigungen darüber gibt es keine.

 
Putin wechselt Verteidigungsminister
Mehr als zwei Jahre nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Kremlchef Wladimir Putin seinen Verteidigungsminister und engen Vertrauten Sergej Schoigu entlassen. Schoigus Nachfolger wird der bisherige Vize-Regierungschef Andrej Beloussow, wie die russische Staatsagentur Tass mit Verweis auf Angaben aus dem Föderationsrat am Sonntag mitteilte.

Dort waren Putins Vorschläge für die Zusammensetzung der neuen russischen Regierung eingegangen. Die von Putin vorgenommenen Änderungen sollen am Montag und Dienstag vom russischen Parlament abgesegnet werden, dies ist aber eine reine Formalität.

Ein offizieller Grund für die Personaländerung wurde nicht genannt. Vereinzelt war allerdings über eine mögliche Entlassung des 68 Jahre alten Schoigu, der seit 2012 Verteidigungsminister war, spekuliert worden. Vor wenigen Wochen nämlich war einer von Schoigus Stellvertretern, Timur Iwanow, wegen Korruptionsvorwürfen verhaftet worden. Beobachter orteten hier ein Anzeichen von Machtkämpfen innerhalb des russischen Militär- und Sicherheitsapparats.

 
„Erfolge“ Moskaus in Region Charkiw
Beim Vorstoß in der nordostukrainischen Region Charkiw hat Russland laut der ukrainischen Armee Erfolge erzielt. „Derzeit verzeichnet der Feind taktische Erfolge“, erklärte der ukrainische Generalstab in der Nacht auf Montag auf Facebook. Insbesondere in der an der russischen Grenze gelegenen Stadt Wowtschansk gingen die Kämpfe weiter.

Die russische Armee verlegte dem Generalstab zufolge „bis zu fünf Bataillone“ in die Region. Am Sonntag hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij von „erbitterten Kämpfen“ in der Region gesprochen. Das Ziel hinter den russischen Angriffen dort sei es, „unsere Kräfte auseinanderzuziehen und die Moral zu untergraben“.

Zuvor hatte der ukrainische Gouverneur der Region mitgeteilt, dass die Grenzgebiete „fast rund um die Uhr“ unter russischem Beschuss stünden. Das gelte für das gesamte Grenzgebiet der Region Charkiw, sagte Oleh Synehubow in Onlinemedien. Synehubow zufolge wurden bisher über 4.000 Menschen aus grenznahen Gebieten fortgebracht.

 
Europa braucht in der Ukraine ein Ziel
Die Suche nach einer realistischen Strategie für den Krieg führt über einen schmalen Grat zwischen Realismus und vorauseilender Schwarzmalerei. Ihn zu gehen ist nicht einfach, aber nötig

Der Titel klingt nach Datenblatt oder PR-Kurzinformation. Der Inhalt aber bietet einiges an Sprengkraft, auch über die Grenzen hinaus. "What Does America Want in Ukraine?" heißt ein Debattenbeitrag der drei US-Politikwissenschafter Stephen Wertheim, Joshua Shifrinson und Emma Ashford in der US-Zeitschrift Foreign Policy. Worauf sie hinauswollen: Eine Antwort, die zugleich konkret und realistisch wäre, ist die US-Regierung bisher schuldig geblieben. Und erweitert muss man sagen: Das Gleiche gilt für Europa.

 
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