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Die Albanische Ausnahme Geigerin Elvis Gega

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"Plötzlich musste ich um nichts mehr kämpfen"

Wie das albanische Flüchtlingsmädchen Eivis zur deutschen Ausnahmegeigerin Ervis Gega wurde


Wie im Märchenland fühlt sich die in Albanien geborene Ausnahmegeigerin Ervis Gega, seit sie mit ihren Eltern nach Deutschland kam.
Foto: hbz/Jörg Henkel
Vom 11.12.2004

Seit Anfang 2002 ist Ervis Gega Dozentin am Peter Cornelius Konservatorium in Mainz sowie Lehrbeauftragte an der Musikhochschule Mainz. Die 30-jährige Ausnahmegeigerin, Meisterschülerin von Yfrah Neaman, kam 1990 aus Albanien nach Deutschland. Ihr nächstes Ziel: "Ich möchte Professorin werden."


Von unserem

Redaktionsmitglied

Bernd Funke

"Mainz hat mir so viel gegeben, das möchte ich zurück geben", sagt Ervis Gega. Die gebürtige Albanerin ("Ich stamme aus einer der ehemals einflussreichsten Familien des Landes") hat schwerste Zeiten erlebt. Und sie weiß: "Fast 50 Jahre verbrachte meine Familie, die gegen den Kommunismus war, in Gefängnissen und Konzentrationslagern." Als 1990 die Deutsche Botschaft in Albanien eröffnet wurde, flüchtete das damals 16-jährige Mädchen "in einer schrecklichen und emotionalen Aktion" gemeinsam mit ihren Eltern, beide Violin-Professoren, über die Mauer der Botschaft. Auf sie abgefeuerte Kugeln verfehlten das Ziel, "und eine Woche später war ich in Ingelheim in der Turnhalle der Sebastian Münster-Schule".

Und spätestens hier wurde man auf Eivis, die durch einen Schreibfehler in deutschen Amtsformularen plötzlich Ervis hieß, aufmerksam. Denn: Mitten unter den exotisch anmutenden Flüchtlingen aus Albanien stand die 16-Jährige - und spielte Geige. Das hatte sie daheim schon als Sechsjährige getan, acht Stunden täglich geübt ("Ich habe die Geige gehasst") und war im Alter von acht mit Mendelssohns Violinkonzert aufgetreten. Das ZDF drehte einen Beitrag mit dem "Wunderkind", dessen fortwährende Glückssträhne drei Wochen später ihren Anfang nahm. Durch Vermittlung von Ingelheimern und dem Mainzer Volker Müller, dem Leiter des renommierten Yfrah-Neaman-Wettbewerbs, interessierte sich Professor Yfrah Neaman, der zufällig in Mainz war, höchstselbst für die 16-Jährige, ließ sie vorspielen und befand: "Ich möchte dich unbedingt haben." Johannes Gerster, heute Repräsentant der Konrad Adenauer-Stiftung in Jerusalem, trat auf den Plan, ließ Beziehungen spielen - und Ervis Gega wurde ohne die üblichen langen Wartezeiten sofort deutsche Staatsangehörige.

"Von da an habe ich zehn Stunden am Tag geprobt", erinnert sich die Geigerin. Von 1990 bis 1993 studierte sie in der Meisterklasse von Neaman am Peter-Cornelius-Konservatorium und anschließend bis 1999 in seiner Solistenklasse an der Guildhall School of Music and Drama in London. Im Juni 1996 bekam sie das renommierte Concert Recital Diploma (Premier Prix) der Guildhall School. Zwischen 1996 und 2000 spielte sie innerhalb des "String Experience Scheme" im London Symphony Orchestra ("Gegen den Widerstand von Professor Neaman"). Für die Dauer ihres Studiums in London stellte ihr die Stiftung Villa Musica eine Violine des berühmten Petrus Guarnerius zur Verfügung. "Mein Herz war immer in Mainz", bekennt die junge Frau.

Die Glückssträhne riss nicht ab. "Plötzlich musste ich um nichts mehr kämpfen", ist Ervis Gega heute noch dankbar, "ich fühlte mich wie im Märchenland". Volker Müller stellte ihr leihweise eine 150000-Mark-Geige zur Verfügung, Ervis Gega gab ein Konzert - und eine ältere Dame, die in einem Ingelheimer Altersheim lebte, versprach: "Wenn Sie etwas brauchen, wenden Sie sich an mich."

EspressoDie Frau hielt Wort. Als Ervis Gega das geliehene Instrument wieder an Volker Müller zurück geben musste, schickte die Seniorin Ervis Gega mit Blanko-Schecks nach London: "Kaufen Sie sich eine Geige bis zu 200000 Mark." Und so gelangte die vom italienischen Geigenbaumeister Antonio Graniani 1782 gebaute Geige in den Besitz der Virtuosin. "Vor zwei Jahren starb meine Gönnerin und hinterließ mir auch noch ihre wertvolle Bildersammlung."

Der Erfolgsweg der Ervis Gega ist nachgerade endlos: Gewinnerin des 3. International Yfrah-Neaman Violin-Wettbewerbs in Deutschland, Gewinn des Emily English Award, des Ian Fleming Award, des Pecskai Price, Preisträgerin beim 7. Haverhill Symphony Solistenwettbewerb. Inzwischen hat sie das Spohr-Duo (Violine und Harfe) gegründet, ist dafür 2001 zusammen mit Harfenistin Silke Aichhorn mit dem Kulturförderpreis des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet worden. Sie trat als Solistin mit Orchestern in Deutschland, England, Südamerika und Südafrika auf, konzertierte beim Bromsgrove Music Festival in England, dem Semanas Musicales de Frutillar in Chile und dem Schleswig-Holstein Musikfestival. ARD und ZDF strahlten Porträtsendungen und Konzerte über und mit Ervis Gega aus...

Regelmäßig gastiert Ervis Gega in verschiedenen Kammermusikformationen der Villa Musica, ist seit 2002 Lehrerin am Peter-Cornelius-Konservatorium und hat seit 2003 einen Lehrauftrag im Fachbereich Musik der Universität. "Von der nächsten Saison an bin ich auch Dozentin der Villa Musica und leite einen Meisterkurs bei der Landesmusikakademie", blickt Ervis Gega, die zwischen Bonn (ihr Mann ist Redakteur der Deutschen Welle) und Mainz pendelt, in die nächste Zukunft. Ihr ganz großer Traum: "Ich möchte eine Professur."

http://www.main-rheiner.de/region/objekt.php3?artikel_id=1718083
 
Schöne Geschichte, freut mich so etwas zu hören! Es ist mal wieder etwas schönes, nicht immer diese Schlechten nachrichten! :D
 
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