Zurich
Der Lustmolch
Die EU gerät mit ihrer Kosovo-Politik in eine Sackgasse
Uno und EU kommen Serbien weit entgegen, um die Rechtsstaatmission in Kosovo zu stationieren. Die Albaner wehren sich gegen ihre Schutzherren.
Die Anleitung für die Abspaltung Kosovos war auf dem Papier einfach formuliert. Die Provinz erklärt mit Unterstützung der Westmächte die Unabhängigkeit von Serbien, eine EU-Rechtsstaatsmission ersetzt die träge Uno-Übergangsverwaltung und hilft beim Aufbau eines funktionsfähigen Staates; gleichzeitig überwacht eine zweite Mission, die Internationale Verwaltungsbehörde (ICO), die Umsetzung des Plans für die Staatswerdung Kosovos. So weit zur Theorie des finnischen Uno-Vermittlers Martti Ahtisaari.
Und die Realität? Am Wochenende, elf Monate nach der Ausrufung der Unabhängigkeit, fielen Schüsse im serbisch dominierten Norden Kosovos, und vor dem ICO-Büro in der Hauptstadt Pristina explodierte ein Sprengsatz, der Sachschaden verursachte. Noch ist unklar, wer hinter diesen Provokationen steckt.
Auffallend ist jedoch die Frust der kosovo-albanischen Bevölkerungsmehrheit über die vielen internationalen Missionen, die sich in Kosovo gegenseitig im Weg stehen. Die Uno-Mission (Unmik) bleibt in verkleinerter Form weiterhin im Land, da die Resolution 1244 vom Juni 1999 wegen der russischen Parteinahme für Serbien nicht durch eine neue ersetzt werden konnte, welche die Unabhängigkeit gebilligt hätte. Gleichzeitig stationiert die EU ihre Mission in Kosovo. Und eine der Regierung in Pristina freundlich gesinnte Staatenkoalition baut die Internationale Verwaltungsbehörde (ICO) auf.
Gemeinsam verheddern sich einheimische und ausländische Beamte im Kompetenzwirrwarr, für die Uno gilt nach wie vor die Resolution 1244, welche Kosovo indirekt als Teil Serbiens definiert, für die Verwaltungsbehörde ICO ist nur das Grundgesetz des unabhängigen Staates Kosovo verbindlich.
Für morgen Mittwoch planen mehrere Nichtregierungsorganisationen eine Kundgebung in Pristina gegen einen Uno-Plan, der nach Meinung unabhängiger Beobachter die ohnehin begrenzte Souveränität bedroht. Der Plan wurde von einem Uno-Mediator mit der serbischen Regierung ausgehandelt.
Teilung in ethnische Gebiete
Der Plan schreibt die faktische Teilung des neuen Staates in ethnisch getrennte Gebiete fest. Im Norden Kosovos und in den von Serben bewohnten Enklaven sollen serbische Polizisten operieren, die nur den internationalen Vertretern unterstehen. Die Zentralregierung in Pristina soll dort keinen Einfluss haben. Das gilt auch für die Justiz: In den serbischen Gemeinden sollen die Gerichte ausserhalb der kosovarischen Verfassung funktionieren. Die Nordgrenze zu Serbien sollen nur ausländische Beamten kontrollieren.
Auf die Barrikaden gebracht hat die Kosovo-Albaner auch eine Erklärung von Pierre Mirel, der in der EU-Kommission für den Balkan zuständig ist. Der französische Diplomat hatte in Belgrad verkündet, die EU-Rechtsstaatsmission Eulex werde in Kosovo nicht den Ahtisaari-Plan umsetzen. Nach diesen Zugeständnissen, die im Widerspruch zur Verfassung des kosovarischen Staates stehen, ist Belgrad nun bereit, die Stationierung der EU-Mission in Kosovo zu tolerieren.
Die Uno-Vorschläge stossen jedoch auf Kritik von Beobachtern, die für internationale Missionen in Pristina tätig sind. Weil bisher nicht alle EU-Länder Kosovo anerkannt haben, sei Brüssel nicht in der Lage, eine eigene Aussenpolitik zu betreiben, heisst es. Nun drohe ein Desaster, denn man könne nicht eine EU-Mission stationieren, die einen Rechtsstaat aufbauen soll, aber sich gegenüber der Unabhängigkeit des Landes neutral verhalte, sagt ein Diplomat. Während die serbischen Politiker von einer «Beerdigung» der Unabhängigkeit Kosovos sprechen, hat die Regierung in Pristina den Uno-Plan vorläufig über den Haufen geworfen. Diplomaten rechnen jedoch damit, dass der Widerstand der kosovo-albanischen Führung unter dem Druck des Westens in den nächsten Wochen brechen könnte.
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Uno und EU kommen Serbien weit entgegen, um die Rechtsstaatmission in Kosovo zu stationieren. Die Albaner wehren sich gegen ihre Schutzherren.
Die Anleitung für die Abspaltung Kosovos war auf dem Papier einfach formuliert. Die Provinz erklärt mit Unterstützung der Westmächte die Unabhängigkeit von Serbien, eine EU-Rechtsstaatsmission ersetzt die träge Uno-Übergangsverwaltung und hilft beim Aufbau eines funktionsfähigen Staates; gleichzeitig überwacht eine zweite Mission, die Internationale Verwaltungsbehörde (ICO), die Umsetzung des Plans für die Staatswerdung Kosovos. So weit zur Theorie des finnischen Uno-Vermittlers Martti Ahtisaari.
Und die Realität? Am Wochenende, elf Monate nach der Ausrufung der Unabhängigkeit, fielen Schüsse im serbisch dominierten Norden Kosovos, und vor dem ICO-Büro in der Hauptstadt Pristina explodierte ein Sprengsatz, der Sachschaden verursachte. Noch ist unklar, wer hinter diesen Provokationen steckt.
Auffallend ist jedoch die Frust der kosovo-albanischen Bevölkerungsmehrheit über die vielen internationalen Missionen, die sich in Kosovo gegenseitig im Weg stehen. Die Uno-Mission (Unmik) bleibt in verkleinerter Form weiterhin im Land, da die Resolution 1244 vom Juni 1999 wegen der russischen Parteinahme für Serbien nicht durch eine neue ersetzt werden konnte, welche die Unabhängigkeit gebilligt hätte. Gleichzeitig stationiert die EU ihre Mission in Kosovo. Und eine der Regierung in Pristina freundlich gesinnte Staatenkoalition baut die Internationale Verwaltungsbehörde (ICO) auf.
Gemeinsam verheddern sich einheimische und ausländische Beamte im Kompetenzwirrwarr, für die Uno gilt nach wie vor die Resolution 1244, welche Kosovo indirekt als Teil Serbiens definiert, für die Verwaltungsbehörde ICO ist nur das Grundgesetz des unabhängigen Staates Kosovo verbindlich.
Für morgen Mittwoch planen mehrere Nichtregierungsorganisationen eine Kundgebung in Pristina gegen einen Uno-Plan, der nach Meinung unabhängiger Beobachter die ohnehin begrenzte Souveränität bedroht. Der Plan wurde von einem Uno-Mediator mit der serbischen Regierung ausgehandelt.
Teilung in ethnische Gebiete
Der Plan schreibt die faktische Teilung des neuen Staates in ethnisch getrennte Gebiete fest. Im Norden Kosovos und in den von Serben bewohnten Enklaven sollen serbische Polizisten operieren, die nur den internationalen Vertretern unterstehen. Die Zentralregierung in Pristina soll dort keinen Einfluss haben. Das gilt auch für die Justiz: In den serbischen Gemeinden sollen die Gerichte ausserhalb der kosovarischen Verfassung funktionieren. Die Nordgrenze zu Serbien sollen nur ausländische Beamten kontrollieren.
Auf die Barrikaden gebracht hat die Kosovo-Albaner auch eine Erklärung von Pierre Mirel, der in der EU-Kommission für den Balkan zuständig ist. Der französische Diplomat hatte in Belgrad verkündet, die EU-Rechtsstaatsmission Eulex werde in Kosovo nicht den Ahtisaari-Plan umsetzen. Nach diesen Zugeständnissen, die im Widerspruch zur Verfassung des kosovarischen Staates stehen, ist Belgrad nun bereit, die Stationierung der EU-Mission in Kosovo zu tolerieren.
Die Uno-Vorschläge stossen jedoch auf Kritik von Beobachtern, die für internationale Missionen in Pristina tätig sind. Weil bisher nicht alle EU-Länder Kosovo anerkannt haben, sei Brüssel nicht in der Lage, eine eigene Aussenpolitik zu betreiben, heisst es. Nun drohe ein Desaster, denn man könne nicht eine EU-Mission stationieren, die einen Rechtsstaat aufbauen soll, aber sich gegenüber der Unabhängigkeit des Landes neutral verhalte, sagt ein Diplomat. Während die serbischen Politiker von einer «Beerdigung» der Unabhängigkeit Kosovos sprechen, hat die Regierung in Pristina den Uno-Plan vorläufig über den Haufen geworfen. Diplomaten rechnen jedoch damit, dass der Widerstand der kosovo-albanischen Führung unter dem Druck des Westens in den nächsten Wochen brechen könnte.
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