aus dem "Lexikon der Mythologie"
Gottschalk, Herbert - Seite 461
"Vampir; im slawischen Toten- und Geisterglauben verankerte Erscheinung des »Wiedergängers«; Leichnam, der im Grabe keine Ruhe fand und in Menschen oder Tiergestalt den Lebenden das Blut aussaugte und sie tötete. Das Wort »Vampir« ist aller Wahrscheinlichkeit nach slawischen, und zwar makedonischen Ursprungs. Bei anderen slawischen Völkern findet sich die entnasalierte Form »upir«, »upyr« oder »upiör«. Unter Vampir verstand man in einigen slawischen Gegenden, u. a. in Rußland, die Seele eines Verstorbenen ohne die furchteinflößende Deutung. Als blutgieriger Leichnam erschien er bei den Südslawen und Bulgaren. In Deutschland und Westeuropa wurde der Begriff »Vampir« nach 1725 durch Zeitungsmeldungen über Vampirismus in Serbien eingebürgert und fand rückwirkend neben den ursprünglichen Bezeichnungen Aufnahme bei allen Slawen. Bei den Serben und Kroaten überdeckten sich Vampir und Werwolf.
Als Vampir gingen alle verstorbenen Bösewichte um. Doch auch jeder andere wurde zum Vampir, wenn man nicht durch Totenwache verhindert, daß ein unreines Tier (Katze, Hund, Maus usw.) über seinen Leichnam sprang. Man glaubte auch, daß der Teufel die Haut des Verstorbenen abziehe und mit Blut fülle, daß der Vampir also keine Knochen habe und nichts als ein Blutsack sei. Ein Stich in die Haut sollte vorsorglich das Ausfließen des Blutes bewirken und dem Entstehen des Vampirs vorbeugen. Den rasch aufeinander folgenden Tod mehrerer Familienmitglieder deutete man als Werk eines Vampirs. In manchen Gegenden war es üblich, um ihn ausfindig zu machen, ein Fohlen an die Gräber zu führen. Dieses galt als Geisterseher und scheute vor dem Grab des Gesuchten. In das Herz des Leichnams trieb man dann einen Pfahl aus Erlen- oder Weißdornholz. Ein unfehlbares Mittel gegen Vampire war indessen nicht bekannt, und so gab es zahllose Varianten des Abwehrzaubers."