Vielleicht haben türken und Griechen vieles gemein.
Die Bevölkerung Griechenlands besteht aus zwei vorherrschenden Volksstämmen, den Griechen (Neu-griechen), den mit slawischem, romanischem und tür-^ischem Blut gemischten Nachkommen der alten Helle-nen, die besonders in Südgriechenland und (reinern Bluts) auf den Inseln weit überwiegen, und den Albanesen (s. d.), die sich vorherrschend im nörd-lichen, besonders nordwestlichen G. vorfinden. Sie bilden einen weniger durch Zahl als durch industrielle Thätigkeit bemerkenswerten Teil der Bevölkerung, da sie vorzügliche Ackerbauer und die unternehmend-sten Seeleute liesern. In dem Peloponnes finden sich nur einige albanesische Dörfer. Außerdem leben in G. Kutzowlachen oder Zinzaren (im Pindos und am obern Aspropotamo), Türken (sogen. Koniariden, im ebenen Thessalien, zum Teil seit einigen Iahren ausgewandert), wenige Armenier, noch weniger West-
europäer (Franken) und Juden. Die Zählung von 1879 ergab in G. (ohne Thessalien und Arta) 31,969 Ausländer, davon 23,133 Osmanen, 3104 Italie-
ner und 2187 Engländer; unter den griechischen Un-
terthanen verstanden 58,858, meist Albanesen, nicht die griechische Sprache. Die Neugriechen tragen unverkennbare Spuren der Ähnlichkeit mit den alten Hellenen an sich. Die Männer sind meist schön, groß und kräftig gebaut, von scharf geschnittenen, edlen Gesichtszügen, dunkeln Augen, schwarzem Haar, das sie mit dem türkischen Fes bedecken, und Da-
gegen wird ein schönes Weib, wie es die Alten schil-
dern, jetzt nicht häufig gefunden. Da sich die Mädchen
schon mit dem 1I.-12. Jahr verheiraten, so sind sie
mit 20 Iahren verblüht, und eine 30jährige Frau gleicht oft einer alten Matrone. Wenn die Behaup-tung aufgestellt worden ist (Fallmerayer), die heuti-gen Griechen hätten mit den Hellenen des Altertums keinen Zug gemein, so kann zwar nicht geleugnet werden,daß die ReiuheildergriechischenAbstammung durch Beimischung sremder Elemente und durch Be-einslussung seitens der Türken, Slawen und Italiener sehr getrübt worden ist lebhaften, feurigen Geistes. Greise in vollster Kraft von 90-100 Iahren gehören nicht zu den Seltenheiten. (die Schädelmessung hat neuerdings ergeben, daß die Neugriechen viel brachy-kephaler geworden sind, als die alten Griechenwaren) ; allein vielfache Ähnlichkeit mit den alten Hellenen tritt doch offenkundig hervor, was mit schlagenden Gründen nachgewiesen wurde, so durch Fauriel ("Chants popu.laires de 1a Grèce moderne", Par.
Die Osmanen (Osmanli), das herrschende Volk, obwohl sie keineswegs die Mehrzahl bilden, sind ein Turkmenenstamm, ein schöner Menschenschlag mit edlen Gesichtszügen. Ihre hervorstechenden Nationalzüge sind: Ernst und Würde im Benehmen, Mäßigkeit, Gastfreiheit, Redlichkeit im Handel und Wandel, Tapferkeit, anderseits Herrschsucht, übertriebener Nationalstolz, religiöser Fanatismus, Fatalismus und Hang zum Aberglauben. Trotz ihrer hohen körper-
lichen und geistigen Befähigung sind sie in wahrer Kultur hinter den meisten europäischen Völkern zurückgeblieben und haben nur langsam und mit Widerstreben der abendländischen Zivilisation Eingang bei sich gestattet. Die Ehe ist durch zahlreiche ins einzelne gehende Bestimmungen geregelte Polygamie, die aber nur vier rechtmäßige Frauen gestattet, während das Halten von Konkubinen und Sklavinnen unbeschränkt ist. Die Frauen der Reichen, auf welche sich die Polygamie beschränkt, leben in Harems eingeschlossen. Die gemeinen Osmanen haben selten mehr als eine Frau. Die Ehe ist nur ein bürgerlicher Kontrakt, welcher von dem Mann mit der Familie der Frau vor dem Kadi geschlossen wird. Die mit Konkubinen und Sklavinnen erzeugten Kinder sind ebenso legitim wie die mit rechtmäßigen Frauen erzeugten. Scheidung der Ehe ist nicht erschwert, kommt aber selten vor. Die Wohnungen sind unansehnlich und schmucklos, meist von Holz und einstöckig; sie haben im Innern einen viereckigen Hof, nach welchem die Fenster gehen, während nach der Straße zu nur einige Gitterfenster vorhanden sind. Die Kleidung der Männer besteht in einem faltenreichen Rock (Kaftan) oder einer kurzen Jacke, weiten, faltigen Beinkleidern, einer Weste ohne Kragen, einer um den Leib gewundenen Binde von farbigem Zeug und meist gelben Pantoffeln oder Stiefeln. Kopfbedeckung ist der Turban. Bei den Beamten und Vornehmern ist diese Nationaltracht durch den fränkischen schwarzen Rock, die engern Pantalons und den roten Fes mit schwarzer Quaste verdrängt worden. Der Kopf wird bis auf einen Büschel am Scheitel glatt geschoren, der Bart lang getragen und wohl gepflegt. Die Frauen, wenigstens in den Städten, haben eine Kleidung, welche sackförmig den ganzen Leib einhüllt, und gehen nie aus, ohne das Gesicht durch Musselinbinden und Schleier zu verhüllen. Die Osmanen sind die Inhaber der Zivil- und Militärstellen oder treiben Gewerbe, Ackerbau aber besonders in Kleinasien.