Wo der Glaube im Gehirn sitzt
Seit 25 Jahren versuchen Neurowissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, mit Hilfe von Brainscans den Sitz spiritueller und religiöser Erfahrung im Gehirn zu verorten. Jüngste Forschungen zeigen, dass ein entwicklungsgeschichtlich uralter Bereich des Stammhirns dabei eine wichtige Rolle spielt. Religiöses Empfinden war für das Überleben der frühen Menschheit möglicherweise ein entscheidender Vorteil. Auch in Österreich beschäftigen sich Forschende mit dem „eingebauten“ Glauben.
„Wir können nicht nicht glauben.“ So bringt es Hans-Ferdinand Angel, Forschungsleiter und Lehrstuhlinhaber für Religionspädagogik an der Universität Graz, auf den Punkt. Er und ein weltweites Netzwerk von Forscherinnen und Forschern aus Neurowissenschaft, Psychologie und Religionswissenschaft beschäftigen sich seit Jahren mit der Frage, was „in Individuen abläuft, während sie gerade glauben“.
Heute ist er überzeugt: „Glaubensvorgänge“ sind eine eigene Funktion des Gehirns. Er betont allerdings im Gespräch mit ORF Topos: „Derartige Glaubensvorgänge oder Creditionen sind selbst nicht religiös und müssen auch nichts mit Religion zu tun haben.“
Ohne Glauben kein Handeln
Glaubensvorgänge werden von Irritationen ausgelöst, so Angel. Sie ermöglichen dem Menschen erst, zu handeln. „Und übers Handeln sehe ich dann, ob ich richtig geglaubt habe.“ Er nennt das Beispiel eines Kleinkindes, das gegen eine Wand läuft. Schmerz, der visuelle Eindruck der Wand und die Empfindung von etwas Hartem und Festen verbinden sich. Aus solchen Erfahrungen, im Zusammenwirken von Kognition und Emotion, ergibt sich eine Vorstellung, an die wir fest glauben: Wir können nicht durch Wände gehen.
topos.orf.at
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