Albanesi
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Europa braucht in der Zukunft neue Freunde
von Detlef Drewes, 22.10.06, 19:46h
Brüssel/MZ. Die Sorge um eine sichere Energieversorgung wird das politische Bild in den nächsten Jahren tiefgreifender verändern, als wir ahnen. Das wurde auch beim EU-Gipfel deutlich. Gas und Öl sind das Kapital der Zukunft, das große Verschiebungen bringen wird. Europa wird Allianzen schmieden und Partnerschaften eingehen müssen, die heute noch unvorstellbar sind. Die Versuche, Russland in eine Energiepartnerschaft einzubinden, sind nur ein Vorspiel.
Afrika wird als Rohöllieferant wichtiger. Und die Türkei sieht sich am Endpunkt einer neuen russischen Pipeline vom Kaspischen Meer, wo ein riesiger Hafen entstehen soll, von dem aus Europa und die USA beliefert werden. Die EU, die sich noch mit Ankara um Aufnahmekriterien streitet, wird sich um eine strategische Verbrüderung mit den Türken reißen müssen.
Europa ist ohne belastbare Zukunftskonzepte von unsicheren Staaten wie Venezuela oder Iran abhängig. Zumindest die Möglichkeit politischer Erpressbarkeit kann niemand verleugnen. Vor diesem Hintergrund braucht die EU mehr als nur halbherzige Gipfel-Absichtserklärungen, die am Status quo nichts ändern. Wenn die Gemeinschaft nicht als Block auftritt und ihr Gewicht in die Waagschale wirft, sondern sich in Einzelstaaten aufsplitten lässt, steht sie vor einer Existenzfrage.
Vor diesem Hintergrund ist der Versuch der Bundeskanzlerin, ein Kooperationsabkommen mit Moskau zum ersten Knotenpunkt eines internationalen Energie-Netzwerks zu machen, der richtige Schritt. Wie groß die Abhängigkeit aber von denen ist, die unsere Energiezukunft bedeuten, zeigt die Begegnung mit dem russischen Präsidenten beim EU-Gipfel. Natürlich kann Europa mit harten Euros winken, aber das dringend benötigte Geld bekäme Moskau auch von anderen - politisch willfährigeren? - Kunden. Auch wenn Putin stets versucht, sich als seriöser Vertragspartner zu zeigen: Die europäischen Versuche, dem Kreml Auflagen (Menschenrechte, freie Marktwirtschaft, Gewaltverzicht in Konflikten) zu machen, hat er nicht nur in Lahti erkennbar als lästig abgetan.
Europa aber hat keine Wahl. Die EU muss Russland ebenso wie Afrika oder den Iran, Libyen und Saudi-Arabien in Allianzen einbinden, bei denen es auch, aber nicht nur um Energie geht. Dass die Europäer und Moskau beim Atomstreit mit Teheran und im Nahost-Quartett an einem Tisch sitzen, ist deshalb von großer Bedeutung. Das muss keine Verbrüderung sein, die zur Vernachlässigung anderer Allianzen wie der mit den USA führt. Aber der "alte Kontinent" braucht langfristig neue Freunde, von denen er nicht nur abhängig ist, sondern denen er auch selbst etwas anbieten kann.
Die politische Akzeptanz als ernstzunehmender internationaler Partner mit ökonomisch gesicherter Zukunft ist ohne Zweifel ein Weg. Vor diesem Hintergrund sollte die EU-kritische Öffentlichkeit manche Ausdehnung oder freundschaftliche Umarmung im Rahmen der erweiterten Nachbarschaftspolitik in einem neuen Licht betrachten.
Europa braucht in der Zukunft neue Freunde
von Detlef Drewes, 22.10.06, 19:46h
Brüssel/MZ. Die Sorge um eine sichere Energieversorgung wird das politische Bild in den nächsten Jahren tiefgreifender verändern, als wir ahnen. Das wurde auch beim EU-Gipfel deutlich. Gas und Öl sind das Kapital der Zukunft, das große Verschiebungen bringen wird. Europa wird Allianzen schmieden und Partnerschaften eingehen müssen, die heute noch unvorstellbar sind. Die Versuche, Russland in eine Energiepartnerschaft einzubinden, sind nur ein Vorspiel.
Afrika wird als Rohöllieferant wichtiger. Und die Türkei sieht sich am Endpunkt einer neuen russischen Pipeline vom Kaspischen Meer, wo ein riesiger Hafen entstehen soll, von dem aus Europa und die USA beliefert werden. Die EU, die sich noch mit Ankara um Aufnahmekriterien streitet, wird sich um eine strategische Verbrüderung mit den Türken reißen müssen.
Europa ist ohne belastbare Zukunftskonzepte von unsicheren Staaten wie Venezuela oder Iran abhängig. Zumindest die Möglichkeit politischer Erpressbarkeit kann niemand verleugnen. Vor diesem Hintergrund braucht die EU mehr als nur halbherzige Gipfel-Absichtserklärungen, die am Status quo nichts ändern. Wenn die Gemeinschaft nicht als Block auftritt und ihr Gewicht in die Waagschale wirft, sondern sich in Einzelstaaten aufsplitten lässt, steht sie vor einer Existenzfrage.
Vor diesem Hintergrund ist der Versuch der Bundeskanzlerin, ein Kooperationsabkommen mit Moskau zum ersten Knotenpunkt eines internationalen Energie-Netzwerks zu machen, der richtige Schritt. Wie groß die Abhängigkeit aber von denen ist, die unsere Energiezukunft bedeuten, zeigt die Begegnung mit dem russischen Präsidenten beim EU-Gipfel. Natürlich kann Europa mit harten Euros winken, aber das dringend benötigte Geld bekäme Moskau auch von anderen - politisch willfährigeren? - Kunden. Auch wenn Putin stets versucht, sich als seriöser Vertragspartner zu zeigen: Die europäischen Versuche, dem Kreml Auflagen (Menschenrechte, freie Marktwirtschaft, Gewaltverzicht in Konflikten) zu machen, hat er nicht nur in Lahti erkennbar als lästig abgetan.
Europa aber hat keine Wahl. Die EU muss Russland ebenso wie Afrika oder den Iran, Libyen und Saudi-Arabien in Allianzen einbinden, bei denen es auch, aber nicht nur um Energie geht. Dass die Europäer und Moskau beim Atomstreit mit Teheran und im Nahost-Quartett an einem Tisch sitzen, ist deshalb von großer Bedeutung. Das muss keine Verbrüderung sein, die zur Vernachlässigung anderer Allianzen wie der mit den USA führt. Aber der "alte Kontinent" braucht langfristig neue Freunde, von denen er nicht nur abhängig ist, sondern denen er auch selbst etwas anbieten kann.
Die politische Akzeptanz als ernstzunehmender internationaler Partner mit ökonomisch gesicherter Zukunft ist ohne Zweifel ein Weg. Vor diesem Hintergrund sollte die EU-kritische Öffentlichkeit manche Ausdehnung oder freundschaftliche Umarmung im Rahmen der erweiterten Nachbarschaftspolitik in einem neuen Licht betrachten.