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Moldau und Walachei mit Dobrudscha
Historische Grundzüge
Spätantike, Früh- und Hochmittelalter
Der westliche Teil der späteren Walachei (Oltenien oder Kleine Walachei) gehörte nach dem Untergang des Dakerreiches zwischen 105/106 und 274/275 zu den dakischen Provinzen des Römischen Reichs, dem zwischen dem 1. und frühen 7. Jh. auch die spätere Dobrudscha u.a. unter dem Namen Scythia Minor angegliedert war. Weder das Gebiet des späteren Fürstentums Moldau noch die östliche Walachei (Muntenien oder Große Walachei) gehörten jedoch dazu. Unter anderem aufgrund zahlreicher Einfälle ostgermanischer und anderer Völker kam es seit dem 3. Jh. zur Räumung der römischen Stützpunkte nördlich der unteren Donau. Über die Frage des Romanisierungsgrads größerer Bevölkerungsgruppen in diesen dakischen Reichsprovinzen bestehen zahlreiche Forschungskontroversen, wobei die Thematik der daraus abgeleiteten "Kontinuitätstheorie" auch heute Politik und Gesellschaft dieser Regionen bewegt. Neben der Interpretation der wenigen schriftlichen Quellenzeugnisse spielen sprachwissenschaftliche und archäologische Untersuchungen bei der Erörterung dieser Problematik eine zentrale Rolle.
Die Gebiete zwischen dem Dnjestr im Norden und Osten, dem Schwarzen Meer im Südosten, der Donau im Süden und den südlichen und östlichen Karpaten im Westen wurden bis in die Frühe Neuzeit von sich abwechselnden, meist viehzüchtenden und berittenen Stammesverbänden besiedelt und beherrscht. Namentlich zu erwähnen seien Goten (3.-5. Jh.), Alanen (4.-5. Jh.), Hunnen (4.-6. Jh.), Awaren (6. Jh.), Bulgaren (5.-9. Jh.), Magyaren (9. Jh.), Petschenegen (Ende 9.-12. Jh.), Kumanen (11.-13. Jh.) und verschiedene Tatarengruppen (13.-19. Jh.). Rural geprägte Slawen sind seit dem 6. Jh. belegbar. Die kulturgeographischen Gegebenheiten der Gebiete als Ausläufer der eurasischen Steppenzone hatten zur Folge, daß Ackerbau erst im 19. Jh. die Viehzucht als wichtigsten Erwerbszweig ablöste. Vor dem 13. Jh. ist von christianisierten Bevölkerungsgruppen nur wenig bekannt, schamanistische Kultformen überwogen bei den verschiedenen halbnomadisch lebenden Steppenvölkern. Neben zahlreichen militärischen Auseinandersetzungen sind die Beziehungen zwischen den oben erwähnten Stammesverbänden und Byzanz sowie dem donaubulgarischen Reich durch lebhaften Fernhandel und häufigen Gesandtenaustausch zwecks Einbeziehung in die jeweiligen politischen Konstellationen gekennzeichnet. Die von turksprachigen Gruppen geprägte Konföderation der Kumanen spielte neben dem Königreich Ungarn und dem zweiten bulgarischen Reich bei der Entstehung der Fürstentümer Moldau und Walachei eine wichtige Rolle.
Das lange „Mittelalter" (13./14. bis 18. Jh.)
Zwischen Mitte des 13. und Mitte des 14. Jhs. dominierte das mongolische Reich der Goldenen Horde die Gebiete östlich und nordöstlich von Sereth und Alt, wo neben unterworfenen Rumänen vor allem tatarische Gruppen und Slawen lebten. Ab der 2. Hälfte des 12. Jhs. treten die zur romanischen Sprachfamilie gehörenden *W(a)lachen (Aromunen) nördlich der Donau zunächst vereinzelt quellenmäßig in Erscheinung. Sie betrieben in der Regel eine spezielle Form der *Fernweidewirtschaft bekannten sich zur byzantinisch-*orthodoxen Kirche und benutzten Kirchenslawisch in der Liturgie. Anfang des 13. Jhs. begannen ungarische Könige, ihren Herrschaftsbereich in die Gebiete jenseits der Ost- und Südkarpaten auszuweiten. Erwähnt seien in diesem Zusammenhang das Milkower Kumanenbistum, das Severiner Banat (das spätere Oltenien) und walachische *Knesen als Vasallen der ungarischen Krone in den südlichen Vorgebirgen der Südkarpaten. In der späteren Walachei existierten in dieser Zeit Siedlungen von *Szekler *Grenzwächtern, die bis zum 15. Jh. einen Sprach- und Konfessionswechsel hin zu rumänisch und orthodox vollzogen.
Um 1300 entfaltete sich um die Hauptorte Curtea de Argeş und Câmpulung das *Woiwodat Walachei, das sich in wenigen Jahrzehnten nach Süden bis zur Donau, nach Osten zeitweise bis zum Schwarzen Meer, im Norden bis zur Ialomiţa und im Westen infolge Belehnung durch ungarische Könige über das Severiner Banat ausbreitete. Die rasche Ausdehnung dieses christlich-orthodoxen Woiwodats ist durch die Assimilierung von Slawen sowie die Christianisierung und damit verknüpfte Romanisierung der Kumanen in Muntenien (später auch in der Moldau) erklärbar. Langjährige innere Probleme Ungarns und der Goldenen Horde ermöglichten dem Woiwoden Bassarab ein relativ freies Agieren. Da die walachischen und moldauischen Landesherren bis ins 16. Jh. als Vasallen auch der ungarischen Könige betrachtet wurden, konnten sie mit Lehen innerhalb des ungarischen Reichs (wie etwa das Fogarascher Land in Siebenbürgen) bedacht werden. Die Walachei, die sich immer am byzantinisch-orthodoxen Kulturkreis orientierte (wobei das von Wlachen dominierte Erzbistum Ohrid in Makedonien als geistiges Zentrum eine zentrale Rolle spielte), vermochte dem sich seit dem späten 14. Jh. südlich der unteren Donau etablierenden Osmanischen Reich trotz einzelner diplomatischer und militärischer Erfolge wenig entgegenzusetzen. Im 15. Jh. wurde ein Vasallitätsverhältnis gegenüber dem * Sultan, verbunden mit regelmäßigen Tributzahlungen und Naturalabgaben sowie der Verpflichtung zur Heeresfolge, errichtet. Die wiederholt angehobenen Abgaben lasteten vom 16. bis zum frühen 19. Jh. erheblich auf der fast ausschließlich bäuerlichen Bevölkerung des Landes, ab dem späten 16. Jh. kamen hohe Steuern und *Robotdienste für Landes- und Grundherren hinzu. Versuche, sich gegen die osmanische Oberherrschaft aufzulehnen, erwuchsen aus internen Machtkämpfen, drückenden Tributforderungen, Elementen aus Kreuzzugsideen oder aus Bündnis- und Unterwerfungsangeboten durch bzw. an Habsburger, Polen-Litauen, Siebenbürgen und Rußland, die alle strategische und ökonomische Interessen in dieser Region bekundeten.
Die historische Entwicklung des Fürstentums Moldau nahm streckenweise einen anderen Verlauf. Mitte des 14. Jhs. entfaltete es sich zwischen Ostkarpaten und Sereth. Im 13. Jh. waren bis zum Mongolensturm 1241/42 Erfolge der ungarischen Könige vorausgegangen, die Gebiete östlich der Karpaten durch den Aufbau eines Grenzverteidigungssystems in ihren Reichsverband einzufügen. Mitte des 14. Jhs. kam es zu neuerlichen Bemühungen Ungarns, hier Fuß zu fassen, wobei in Feldzügen mehrere Tatarenverbände verdrängt wurden und die Besiedlung vor allem mit Rumänen, *Sachsen und Ungarn erfolgte. Im Auftrag des ungarischen Königs kam es zur Landnahme durch Knesen mit ihren Gefolgschaften aus der rumänisch geprägten Marmarosch (Karpato-Ukraine), von denen einer als königlicher Amtsträger in den neuen Siedlungsgebieten fungierte. Konflikte zwischen einzelnen Knesenfamilien und daraus folgend mit der ungarischen Krone führten zur Verselbständigung der Region und zur Ausprägung des Woiwodats Moldau, das sich innerhalb weniger Jahrzehnte bis zum Dnjestr und zum Schwarzen Meer hin ausbreitete. Auch in der Moldau ist von einer stetigen und langsamen Assimilierung von Slawen, Kumanen, Sachsen, Griechen, Ungarn u.a. Ethnien in das allmählich zahlenmäßig dominierende rumänische Ethnikum auszugehen. Eine orthodoxe Bistumsorganisation wurde durch das ökumenische *Patriarchat von Konstantinopel im 14. und 15. Jh. in beiden sich etablierenden Fürstentümern installiert.
Die Moldau hatte sich in sämtlichen Epochen ihrer Geschichte gegen Aspirationen und Invasionen der machtpolitisch überlegenen Nachbarn zu behaupten: Ungarn, Siebenbürgen, das s Habsburgerreich, das Krimkhanat, das Osmanische Reich, Polen-Litauen und seit dem späten 17. Jh. auch Rußland bemühten sich um die direkte oder indirekte Herrschaft. Das Verhältnis zwischen den Fürstentümern Moldau und Walachei war (trotz häufigen Austauschs von Angehörigen aus der *Bojarenschicht) insbesondere ab dem 17. Jh. durch häufige Konflikte gekennzeichnet. Ein über die oft betonte gemeinsame Zugehörigkeit zur orthodoxen Kirche hinausgehendes Zusammengehörigkeitsbewußtsein existierte bis ins 19. Jh. in keiner gesellschaftlichen Schicht. Oftmals huldigten die Landesherren der Moldau oder der Walachei zwei Nachbarreichen zur gleichen Zeit als Vasallen und hatten damit verknüpfte Doppelverpflichtungen einzuhalten. Nach 1538 band die *Hohe Pforte die Moldau in politischer und ökonomischer Hinsicht immer stärker in ihr Reich ein. Einige siebenbürgische und zahlreiche polnische Versuche, die Moldau dem eigenen Herrschaftsbereich einzugliedern, führten besonders im 16. und 17. Jh. zu verheerenden Kriegen. Angriffen durch größere Armeen hatten die im europäischen Maßstab äußerst dünn besiedelten sog. Donaufürstentümer (um 1600 hatte die Moldau ungefähr 200.000 Einwohner) nichts entgegenzusetzen und sind oft als Manövriermasse anderer Mächte zu erkennen. Ein Städtesystem entwickelte sich in beiden Ländern nur rudimentär, größere marktähnliche Siedlungen, in der Regel sächsische oder ungarische Gründungen, fungierten als Stützpunkte des Fernhandels zwischen dem siebenbürgisch-ungarischen bzw. polnischen Raum und den Schwarzmeerhäfen (Akkerman, Chilia), in die Waren aus den iranischen, kleinasiatischen, kaukasischen und zentralasiatischen Ländern flössen.
In beiden Fürstentümern regierten bis weit ins 16. Jh. im wesentlichen Woiwoden aus einer je eigenen Dynastie. Dieses stabilisierend wirkende System brach im Verlauf des 16. Jhs. aufgrund mehrfacher Eingriffe der Hohen Pforte in die Fürstenwahl und der damit verknüpften Bemühungen zahlreicher Bojarengeschlechter um den Woiwodenstuhl zusammen. Bis ins 19. Jh. regierten fortan Woiwoden aus wechselnden Familien oft nichtrumänischer Herkunft, was auch auf die ethnische Zusammensetzung der Bojarenschaft Auswirkungen hatte. Wohlhabende griechische Händlerfamilien mit ihrem Gefolge, die seit dem 16. Jh. verstärkt in die Donaufürstentümer zogen, stellten während der *Phanariotenzeit (1711-1821 in der Moldau, 1715-1821 in der Walachei) sämtliche Fürsten, in dieser Epoche *Hospodare genannt. Alle wurden sie vom Sultan wie in *Paschaliks ein- und abberufen oder mit einem anderen Amt betraut. Eine starke Gräzisierung bzw. Byzantisierung der Elitenkultur ist in dieser Zeit in allen Bereichen feststellbar. Auch innerhalb der Bojarenschaft ist eine ständige Fluktuation durch Neuaufnahmen bzw. Degradierungen, Verbannungen und Enteignungen feststellbar. Als Folgeerscheinung entstand ein - unter anderen Voraussetzungen aus Polen und Ungarn bekanntes - Phänomen, nämlich die Existenz ganzer Dörfer, die von verarmten, oft landlosen Bojarenfamilien bewohnt wurden. Als Folge häufiger und langfristiger Unsicherheit fand schließlich eine ständige Bevölkerungsbewegung in die und aus den Nachbarprovinzen statt.
Das wichtigste stabilisierende und identitätsstiftende Element für die gesamte Gesellschaft in beiden Fürstentümern war eine starke Bindung an die orthodoxe Kirche, die ihrerseits über großen Einfluß verfügte. Ungefähr ein Drittel der Gesamtfläche in beiden Ländern gehörte zwischen dem 17. Jh. und 1863 den zahlreichen, oft auch Abwehrfunktionen einnehmenden Klöstern. Diese waren somit in der Lage, umfangreiche materielle und politische Unterstützung für bedrängte und verarmte orthodoxe Bistümer, Patriarchate und andere Klöster im Osmanischen Reich und in Polen-Litauen zu leisten. Einzelnen Katholisierungs- und *Unionsversuchen durch katholische Kleriker oder Fürsten begegnete die orthodoxe Kirche erfolgreich. Im späten 17. Jh. war sie die erste Institution, in der das Rumänische als Schrift- und Liturgiesprache einen offiziellen Platz erhielt, ein Vorgang, der als Abwehrmaßnahme gegen die kulturell griechisch-byzantinisch ausgerichteten Fürsten und Bojaren einzuordnen ist.
Die Verwaltungs- und Ämterorganisation in den Donaufürstentümern erfolgte in Teilbereichen nach byzantinischen, südslawischen, ungarischen und osmanischen Vorbildern. Gleiches gilt für die Ämterbenennungen. Von großer Bedeutung bei der Ausformung beider Fürstentümer und ihrer inneren politischen und ökonomischen Grundstrukturen waren walachische und kumanische Einflüsse. Kumanische bzw. tatarische (reiternomadische) Ursprünge sind in der starken Zentralmacht, die auf einer kleinen, aus vielen ethnischen und sprachlichen Gruppen zusammengesetzten Oberschicht basierte, festzustellen. Gleiches gilt für die Formen der hier verbreiteten Sklavenhaltung von Tataren und den seit dem 14. Jh. erwähnten Sinti und Roman, die kollektiv versklavt wurden. Typisch für süddanubische Walachen und eurasische Steppenvölker waren die ausgeprägte und weiträumig angelegte Viehzucht und die Weidehaltung, bis in die ersten Jahrzehnte des 19. Jhs. die dominante Wirtschaftsform.
Seit der zweiten Hälfte des 16. Jhs. waren beide Fürstentümer ökonomisch auf das Osmanische Reich ausgerichtet während der Handel mit Siebenbürgen, Polen-Litauen und dem Krimkhanat an zweiter Stelle rangierte. Im Verlauf des 16. Jhs. büßte die Moldau ihre Rolle als Drehscheibe des Ost-West-Handels zwischen dem Schwarzmeerraum, der Levante und Ostmitteleuropa infolge zunehmender kriegerischer Ereignisse und sich verlagernder Handelswege ein. Neben der Schafhaltung waren die Ochsen- und die überregional geschätzte Pferdezucht in den Ebenen sowie Imkerei und Schweinemast in bewaldeten Gegenden entscheidend.
Phanariotenzeit und beginnende Modernisierung (18. Jh. bis 1859)
Seit dem Frieden von Karlowitz 1699 grenzten die Donaufürstentümer dauerhaft an das Habsburgerreich während im Norden Rußland seine Grenzen auf Kosten Polens und des Krimkhanats nach Süden und Westen vorschob. Die Rivalität der beiden Großmächte um die Donaufürstentümer und mehrere Kriege mit dem Osmanischen Reich führten zu Teilungsprojekten und Annexionen. Zwischen 1717/18 und 1739 gehörte Oltenien zum Habsburgerreich, das sich 1774/75 den Nordwestteil der Moldau unter dem Namen Bukowina langfristig einverleibte. Das Russische Reich annektierte 1806/12 die Moldau östlich des Pruth unter der Neubezeichnung Bessarabien (Moldawien) und bemühte sich während des 19. Jhs. um die direkte Kontrolle des Donaudeltas. Widerstand leisteten die Donaufürstentümer kaum und die Bewohner der abgetrennten Gebiete konnten rasch in die Strukturen Rußlands und der Habsburgermonarchie integriert werden, die in allen Bereichen Modernisierungen durchführten.
Im 18. Jh. kam es innerhalb eines Teils der dünnen Oberschicht zu einer allmählichen kulturellen Annäherung an West- und Mitteleuropa. In Frank reich, den deutschen Ländern, Italien und Rußland studierende Bojarensöhne brachten westliches Gedankengut mit. Nach zwei Aufständen in der Walachei 1821 wurde die Phanariotenherrschaft auf Druck der Großmächte durch die Osmanen aufgelöst. Das Handelsmonopol der Hohen Pforte mit den Donaufürstentümern endete 1829 im Vertrag von Adrianopel, den Rußland mit dem Sultan schloß. Es begann eine radikale Umstrukturierung im Agrarsektor. An die Stelle der Viehzucht trat der für den Export bestimmte Getreideanbau, was zu Monostrukturen führte und besonders den an Landbesitz reichen Bojaren und ihren Gutsverwaltern große Gewinne brachte. Von 1828 bis 1849 standen beide Fürstentümer unter russischem Protektorat. Dort eingesetzte russische Verwaltungsbeamte und Offiziere initiierten zahlreiche technische und gesetzgeberische Innovationen (etwa 1830 das "Regulament Organic", ein Bürgerliches Gesetzbuch), die wichtige Voraussetzungen für die Vereinigung der Fürstentümer zu Rumänien werden sollten. Rumänisch als Sprache in Verwaltung, Schule und Liturgie setzte sich nach Anfängen im 18. Jh. bis zur Mitte des 19. Jhs. auf allen gesellschaftlichen Ebenen durch. Ein für breite Bevölkerungsgruppen geschaffenes rumänischsprachiges Schulnetz führte im 19. Jh. zur Assimilierung zahlreicher Bulgaren in der Walachei, Armenier und Ungarn in der Moldau sowie Griechen in beiden Ländern. Seit dem frühen 19. Jh. kam es zur Einwanderung vieler Juden aus Rußland und den polnischen Teilungsgebieten, wo sie rechtlich benachteiligt waren; neben anderen Neusiedlern aus dem gesamten ostmitteleuropäischen Raum leisteten sie einen entscheidenden Beitrag bei der Entstehung eines Städtewesens und einer bürgerlichen Stadtkultur.
Seit dem späten 18. Jh. kam es in beiden Fürstentümern zu einer raschen Bevölkerungszunahme. Über 90 % waren Bauern und lebten meist im Status der Leibeigenschaft. Für den weiteren Verlauf der rumänischen Geschichte sollte der Gegensatz zwischen einem durch das Osmanische Reich und die orthodoxe Kirche geprägten Kulturmodell der bäuerlichen Mehrheit, die über die Schule erstmals mit nationalstaatlichen Vorstellungen in Berührung kam, und einer oft nur äußerlich verwestlichten Oberschicht von großer Bedeutung sein. Der zunehmende Wunsch der intellektuellen und politischen Führungsschichten in den Fürstentümern nach einem staatlichen Zusammenschluß der s beiden Länder konnte durch geschicktes diplomatisches Agieren gegenüber den Großmächten zwischen 1857 und 1861 durchgesetzt werden.
Grundlinien der Geschichte der Dobrudscha
Das Gebiet der Dobrudscha war seit der Antike eines der wichtigsten Durchzugsgebiete für Stammesverbände aus der eurasischen Steppenzone. Die Gebiete entlang der Westküste des Schwarzen Meeres sind bis zur Mitte des 20. Jhs. von einem auch für Südost- und ostmitteleuropäische Verhältnisse sehr häufigen Wechsel der Ethnien geprägt. Der größte Teil der gegenwärtigen Siedlungen wurde seit dem 19. Jh. gegründet. Viele ethnische und religiöse Gruppen fanden im schwer zugänglichen Donaudelta Zuflucht. Hafenstädte und Festungen dienten den fluktuierenden Bevölkerungsgruppen als Handelsplätze und den die Dobrudscha phasenweise kontrollierenden Imperien als militä-rische Stützpunkte.
Goten, Hunnen, Slawen, Awaren, Bulgaren, Petschenegen, Rumänen, Seldschuktürken, Kiptschaktataren und Griechen sind zu unterschiedlichen Epochen zwischen dem 3. und 14. Jh. anzutreffen. Romanisierte Bevölkerungselemente, die in den zahlreichen Legionslagern entlang der unteren Donau siedelten, sind in der Dobrudscha bis ins 7. Jh. nachzuweisen. Im Verlauf des 14. Jhs. kam es zur Einwanderung von walachischen Hirten, die hier bis 1829 eine Minderheit bildeten. Rund ein halbes Jh. (ca. 1340 bis 1391) existierte in der Dobrudscha ein *Despotat mit einer orthodoxen seldschuktürkischen, kumanischen und bulgarischen Oberschicht. Einer der Fürsten, Dobrotica, sollte namengebend für die Region werden. Vom 15. Jh. bis ca. 1850 bestand der große Teil der Bevölkerung aus muslimischen Bulgaren, Türken, Jürüken und Budschaktataren, daneben seien Juden, Armenier, Sinti und Roma, Griechen und einige Italiener in den Küstenstädten, schließlich deutsche Bauern erwähnt. Die Dobrudscha blieb bis 1878 in das osmanische Provinzialsystem eingegliedert; mehrheitlich türkischsprachige Kolonisten betrieben in dieser strategisch wichtigen Provinz intensiven Ackerbau zur Belieferung Konstantinopels. Die russischen Invasionen zwischen 1771 und 1878 wirkten sich verheerend aus. Große Teile der muslimischen Bevölkerung wurden vertrieben oder wanderten infolge der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen aus. Nach 1829 zogen zunehmend Rumänen und Bulgaren orthodoxen Glaubens in die Dobrudscha, wo sie gemeinsam mit den in mehreren Wellen aus Rußland seit dem 18. Jh. geflohenen *Kosaken und Lippowanern (russischsprachige *Altgläubige) um 1850 bereits eine christliche Mehrheit bildeten.
Auf dem *Berliner Kongreß wurde der nördliche Teil der Dobrudscha 1878 Rumänien zugesprochen, um Rußland vom erstrebten Zugang zur Donaumündung fernzuhalten. 1913-1916 und 1918-1940 gehörte auch der südliche Teil zu Rumänien. Die südliche Dobrudscha bildet(e) 1878-1913 sowie 1916-1918 und seit 1940 einen Teil /Bulgariens, das 1916-1918 auch nördliche Teile beherrschte. Bulgarien und Rumänien bemühten sich in den jeweils eigenen Teilen seit 1878 trotz wechselnder politischer Systeme mit Erfolg um die ethnische und kulturelle Homogenisierung der Bevölkerung und der Land-schaft. Gegenwärtig stellen in der nördlichen Dobrudscha Rumänen, im südlichen Landesteil Bulgaren den Großteil der Bevölkerung.
Forschungsfragen
Zum Themenkomplex walachisch-moldauische Beziehungen bis zur Mitte des 19. Jhs. sind große Forschungslücken vorhanden. Hinzuweisen ist auf die im nationalistischen Sinne oft ideologiebelastete Historiographie in Rumänien seit der zweiten Hälfte des 19. Jhs. Zur Thematik existieren außerhalb Rumäniens und Moldawiens keine spezifischen Forschungseinrichtungen. Die einschlägigen Institute an den Universitäten Wien, Leipzig, Münster, München, Berlin (Humboldt Universität und Freie Universität) und die jüngst neuaufgebaute Rumänistik in Jena sowie die jeweiligen Universitätsbibliotheken haben die umfangreichsten Fachliteratur-Bestände. Besonders zu erwähnen sind die wichtigen Bestände in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien, in der Rumänischen Bibliothek in Freiburg/Br. und im Siebenbürgen-Institut in Gundelsheim/Neckar.
[Bibliographie lasse ich diesmal weg.]
Meinolf Arens, in: Studienhandbuch Östliches Europa, H. Roth (Hg.) 1999, 267-276.
Historische Grundzüge
Spätantike, Früh- und Hochmittelalter
Der westliche Teil der späteren Walachei (Oltenien oder Kleine Walachei) gehörte nach dem Untergang des Dakerreiches zwischen 105/106 und 274/275 zu den dakischen Provinzen des Römischen Reichs, dem zwischen dem 1. und frühen 7. Jh. auch die spätere Dobrudscha u.a. unter dem Namen Scythia Minor angegliedert war. Weder das Gebiet des späteren Fürstentums Moldau noch die östliche Walachei (Muntenien oder Große Walachei) gehörten jedoch dazu. Unter anderem aufgrund zahlreicher Einfälle ostgermanischer und anderer Völker kam es seit dem 3. Jh. zur Räumung der römischen Stützpunkte nördlich der unteren Donau. Über die Frage des Romanisierungsgrads größerer Bevölkerungsgruppen in diesen dakischen Reichsprovinzen bestehen zahlreiche Forschungskontroversen, wobei die Thematik der daraus abgeleiteten "Kontinuitätstheorie" auch heute Politik und Gesellschaft dieser Regionen bewegt. Neben der Interpretation der wenigen schriftlichen Quellenzeugnisse spielen sprachwissenschaftliche und archäologische Untersuchungen bei der Erörterung dieser Problematik eine zentrale Rolle.
Die Gebiete zwischen dem Dnjestr im Norden und Osten, dem Schwarzen Meer im Südosten, der Donau im Süden und den südlichen und östlichen Karpaten im Westen wurden bis in die Frühe Neuzeit von sich abwechselnden, meist viehzüchtenden und berittenen Stammesverbänden besiedelt und beherrscht. Namentlich zu erwähnen seien Goten (3.-5. Jh.), Alanen (4.-5. Jh.), Hunnen (4.-6. Jh.), Awaren (6. Jh.), Bulgaren (5.-9. Jh.), Magyaren (9. Jh.), Petschenegen (Ende 9.-12. Jh.), Kumanen (11.-13. Jh.) und verschiedene Tatarengruppen (13.-19. Jh.). Rural geprägte Slawen sind seit dem 6. Jh. belegbar. Die kulturgeographischen Gegebenheiten der Gebiete als Ausläufer der eurasischen Steppenzone hatten zur Folge, daß Ackerbau erst im 19. Jh. die Viehzucht als wichtigsten Erwerbszweig ablöste. Vor dem 13. Jh. ist von christianisierten Bevölkerungsgruppen nur wenig bekannt, schamanistische Kultformen überwogen bei den verschiedenen halbnomadisch lebenden Steppenvölkern. Neben zahlreichen militärischen Auseinandersetzungen sind die Beziehungen zwischen den oben erwähnten Stammesverbänden und Byzanz sowie dem donaubulgarischen Reich durch lebhaften Fernhandel und häufigen Gesandtenaustausch zwecks Einbeziehung in die jeweiligen politischen Konstellationen gekennzeichnet. Die von turksprachigen Gruppen geprägte Konföderation der Kumanen spielte neben dem Königreich Ungarn und dem zweiten bulgarischen Reich bei der Entstehung der Fürstentümer Moldau und Walachei eine wichtige Rolle.
Das lange „Mittelalter" (13./14. bis 18. Jh.)
Zwischen Mitte des 13. und Mitte des 14. Jhs. dominierte das mongolische Reich der Goldenen Horde die Gebiete östlich und nordöstlich von Sereth und Alt, wo neben unterworfenen Rumänen vor allem tatarische Gruppen und Slawen lebten. Ab der 2. Hälfte des 12. Jhs. treten die zur romanischen Sprachfamilie gehörenden *W(a)lachen (Aromunen) nördlich der Donau zunächst vereinzelt quellenmäßig in Erscheinung. Sie betrieben in der Regel eine spezielle Form der *Fernweidewirtschaft bekannten sich zur byzantinisch-*orthodoxen Kirche und benutzten Kirchenslawisch in der Liturgie. Anfang des 13. Jhs. begannen ungarische Könige, ihren Herrschaftsbereich in die Gebiete jenseits der Ost- und Südkarpaten auszuweiten. Erwähnt seien in diesem Zusammenhang das Milkower Kumanenbistum, das Severiner Banat (das spätere Oltenien) und walachische *Knesen als Vasallen der ungarischen Krone in den südlichen Vorgebirgen der Südkarpaten. In der späteren Walachei existierten in dieser Zeit Siedlungen von *Szekler *Grenzwächtern, die bis zum 15. Jh. einen Sprach- und Konfessionswechsel hin zu rumänisch und orthodox vollzogen.
Um 1300 entfaltete sich um die Hauptorte Curtea de Argeş und Câmpulung das *Woiwodat Walachei, das sich in wenigen Jahrzehnten nach Süden bis zur Donau, nach Osten zeitweise bis zum Schwarzen Meer, im Norden bis zur Ialomiţa und im Westen infolge Belehnung durch ungarische Könige über das Severiner Banat ausbreitete. Die rasche Ausdehnung dieses christlich-orthodoxen Woiwodats ist durch die Assimilierung von Slawen sowie die Christianisierung und damit verknüpfte Romanisierung der Kumanen in Muntenien (später auch in der Moldau) erklärbar. Langjährige innere Probleme Ungarns und der Goldenen Horde ermöglichten dem Woiwoden Bassarab ein relativ freies Agieren. Da die walachischen und moldauischen Landesherren bis ins 16. Jh. als Vasallen auch der ungarischen Könige betrachtet wurden, konnten sie mit Lehen innerhalb des ungarischen Reichs (wie etwa das Fogarascher Land in Siebenbürgen) bedacht werden. Die Walachei, die sich immer am byzantinisch-orthodoxen Kulturkreis orientierte (wobei das von Wlachen dominierte Erzbistum Ohrid in Makedonien als geistiges Zentrum eine zentrale Rolle spielte), vermochte dem sich seit dem späten 14. Jh. südlich der unteren Donau etablierenden Osmanischen Reich trotz einzelner diplomatischer und militärischer Erfolge wenig entgegenzusetzen. Im 15. Jh. wurde ein Vasallitätsverhältnis gegenüber dem * Sultan, verbunden mit regelmäßigen Tributzahlungen und Naturalabgaben sowie der Verpflichtung zur Heeresfolge, errichtet. Die wiederholt angehobenen Abgaben lasteten vom 16. bis zum frühen 19. Jh. erheblich auf der fast ausschließlich bäuerlichen Bevölkerung des Landes, ab dem späten 16. Jh. kamen hohe Steuern und *Robotdienste für Landes- und Grundherren hinzu. Versuche, sich gegen die osmanische Oberherrschaft aufzulehnen, erwuchsen aus internen Machtkämpfen, drückenden Tributforderungen, Elementen aus Kreuzzugsideen oder aus Bündnis- und Unterwerfungsangeboten durch bzw. an Habsburger, Polen-Litauen, Siebenbürgen und Rußland, die alle strategische und ökonomische Interessen in dieser Region bekundeten.
Die historische Entwicklung des Fürstentums Moldau nahm streckenweise einen anderen Verlauf. Mitte des 14. Jhs. entfaltete es sich zwischen Ostkarpaten und Sereth. Im 13. Jh. waren bis zum Mongolensturm 1241/42 Erfolge der ungarischen Könige vorausgegangen, die Gebiete östlich der Karpaten durch den Aufbau eines Grenzverteidigungssystems in ihren Reichsverband einzufügen. Mitte des 14. Jhs. kam es zu neuerlichen Bemühungen Ungarns, hier Fuß zu fassen, wobei in Feldzügen mehrere Tatarenverbände verdrängt wurden und die Besiedlung vor allem mit Rumänen, *Sachsen und Ungarn erfolgte. Im Auftrag des ungarischen Königs kam es zur Landnahme durch Knesen mit ihren Gefolgschaften aus der rumänisch geprägten Marmarosch (Karpato-Ukraine), von denen einer als königlicher Amtsträger in den neuen Siedlungsgebieten fungierte. Konflikte zwischen einzelnen Knesenfamilien und daraus folgend mit der ungarischen Krone führten zur Verselbständigung der Region und zur Ausprägung des Woiwodats Moldau, das sich innerhalb weniger Jahrzehnte bis zum Dnjestr und zum Schwarzen Meer hin ausbreitete. Auch in der Moldau ist von einer stetigen und langsamen Assimilierung von Slawen, Kumanen, Sachsen, Griechen, Ungarn u.a. Ethnien in das allmählich zahlenmäßig dominierende rumänische Ethnikum auszugehen. Eine orthodoxe Bistumsorganisation wurde durch das ökumenische *Patriarchat von Konstantinopel im 14. und 15. Jh. in beiden sich etablierenden Fürstentümern installiert.
Die Moldau hatte sich in sämtlichen Epochen ihrer Geschichte gegen Aspirationen und Invasionen der machtpolitisch überlegenen Nachbarn zu behaupten: Ungarn, Siebenbürgen, das s Habsburgerreich, das Krimkhanat, das Osmanische Reich, Polen-Litauen und seit dem späten 17. Jh. auch Rußland bemühten sich um die direkte oder indirekte Herrschaft. Das Verhältnis zwischen den Fürstentümern Moldau und Walachei war (trotz häufigen Austauschs von Angehörigen aus der *Bojarenschicht) insbesondere ab dem 17. Jh. durch häufige Konflikte gekennzeichnet. Ein über die oft betonte gemeinsame Zugehörigkeit zur orthodoxen Kirche hinausgehendes Zusammengehörigkeitsbewußtsein existierte bis ins 19. Jh. in keiner gesellschaftlichen Schicht. Oftmals huldigten die Landesherren der Moldau oder der Walachei zwei Nachbarreichen zur gleichen Zeit als Vasallen und hatten damit verknüpfte Doppelverpflichtungen einzuhalten. Nach 1538 band die *Hohe Pforte die Moldau in politischer und ökonomischer Hinsicht immer stärker in ihr Reich ein. Einige siebenbürgische und zahlreiche polnische Versuche, die Moldau dem eigenen Herrschaftsbereich einzugliedern, führten besonders im 16. und 17. Jh. zu verheerenden Kriegen. Angriffen durch größere Armeen hatten die im europäischen Maßstab äußerst dünn besiedelten sog. Donaufürstentümer (um 1600 hatte die Moldau ungefähr 200.000 Einwohner) nichts entgegenzusetzen und sind oft als Manövriermasse anderer Mächte zu erkennen. Ein Städtesystem entwickelte sich in beiden Ländern nur rudimentär, größere marktähnliche Siedlungen, in der Regel sächsische oder ungarische Gründungen, fungierten als Stützpunkte des Fernhandels zwischen dem siebenbürgisch-ungarischen bzw. polnischen Raum und den Schwarzmeerhäfen (Akkerman, Chilia), in die Waren aus den iranischen, kleinasiatischen, kaukasischen und zentralasiatischen Ländern flössen.
In beiden Fürstentümern regierten bis weit ins 16. Jh. im wesentlichen Woiwoden aus einer je eigenen Dynastie. Dieses stabilisierend wirkende System brach im Verlauf des 16. Jhs. aufgrund mehrfacher Eingriffe der Hohen Pforte in die Fürstenwahl und der damit verknüpften Bemühungen zahlreicher Bojarengeschlechter um den Woiwodenstuhl zusammen. Bis ins 19. Jh. regierten fortan Woiwoden aus wechselnden Familien oft nichtrumänischer Herkunft, was auch auf die ethnische Zusammensetzung der Bojarenschaft Auswirkungen hatte. Wohlhabende griechische Händlerfamilien mit ihrem Gefolge, die seit dem 16. Jh. verstärkt in die Donaufürstentümer zogen, stellten während der *Phanariotenzeit (1711-1821 in der Moldau, 1715-1821 in der Walachei) sämtliche Fürsten, in dieser Epoche *Hospodare genannt. Alle wurden sie vom Sultan wie in *Paschaliks ein- und abberufen oder mit einem anderen Amt betraut. Eine starke Gräzisierung bzw. Byzantisierung der Elitenkultur ist in dieser Zeit in allen Bereichen feststellbar. Auch innerhalb der Bojarenschaft ist eine ständige Fluktuation durch Neuaufnahmen bzw. Degradierungen, Verbannungen und Enteignungen feststellbar. Als Folgeerscheinung entstand ein - unter anderen Voraussetzungen aus Polen und Ungarn bekanntes - Phänomen, nämlich die Existenz ganzer Dörfer, die von verarmten, oft landlosen Bojarenfamilien bewohnt wurden. Als Folge häufiger und langfristiger Unsicherheit fand schließlich eine ständige Bevölkerungsbewegung in die und aus den Nachbarprovinzen statt.
Das wichtigste stabilisierende und identitätsstiftende Element für die gesamte Gesellschaft in beiden Fürstentümern war eine starke Bindung an die orthodoxe Kirche, die ihrerseits über großen Einfluß verfügte. Ungefähr ein Drittel der Gesamtfläche in beiden Ländern gehörte zwischen dem 17. Jh. und 1863 den zahlreichen, oft auch Abwehrfunktionen einnehmenden Klöstern. Diese waren somit in der Lage, umfangreiche materielle und politische Unterstützung für bedrängte und verarmte orthodoxe Bistümer, Patriarchate und andere Klöster im Osmanischen Reich und in Polen-Litauen zu leisten. Einzelnen Katholisierungs- und *Unionsversuchen durch katholische Kleriker oder Fürsten begegnete die orthodoxe Kirche erfolgreich. Im späten 17. Jh. war sie die erste Institution, in der das Rumänische als Schrift- und Liturgiesprache einen offiziellen Platz erhielt, ein Vorgang, der als Abwehrmaßnahme gegen die kulturell griechisch-byzantinisch ausgerichteten Fürsten und Bojaren einzuordnen ist.
Die Verwaltungs- und Ämterorganisation in den Donaufürstentümern erfolgte in Teilbereichen nach byzantinischen, südslawischen, ungarischen und osmanischen Vorbildern. Gleiches gilt für die Ämterbenennungen. Von großer Bedeutung bei der Ausformung beider Fürstentümer und ihrer inneren politischen und ökonomischen Grundstrukturen waren walachische und kumanische Einflüsse. Kumanische bzw. tatarische (reiternomadische) Ursprünge sind in der starken Zentralmacht, die auf einer kleinen, aus vielen ethnischen und sprachlichen Gruppen zusammengesetzten Oberschicht basierte, festzustellen. Gleiches gilt für die Formen der hier verbreiteten Sklavenhaltung von Tataren und den seit dem 14. Jh. erwähnten Sinti und Roman, die kollektiv versklavt wurden. Typisch für süddanubische Walachen und eurasische Steppenvölker waren die ausgeprägte und weiträumig angelegte Viehzucht und die Weidehaltung, bis in die ersten Jahrzehnte des 19. Jhs. die dominante Wirtschaftsform.
Seit der zweiten Hälfte des 16. Jhs. waren beide Fürstentümer ökonomisch auf das Osmanische Reich ausgerichtet während der Handel mit Siebenbürgen, Polen-Litauen und dem Krimkhanat an zweiter Stelle rangierte. Im Verlauf des 16. Jhs. büßte die Moldau ihre Rolle als Drehscheibe des Ost-West-Handels zwischen dem Schwarzmeerraum, der Levante und Ostmitteleuropa infolge zunehmender kriegerischer Ereignisse und sich verlagernder Handelswege ein. Neben der Schafhaltung waren die Ochsen- und die überregional geschätzte Pferdezucht in den Ebenen sowie Imkerei und Schweinemast in bewaldeten Gegenden entscheidend.
Phanariotenzeit und beginnende Modernisierung (18. Jh. bis 1859)
Seit dem Frieden von Karlowitz 1699 grenzten die Donaufürstentümer dauerhaft an das Habsburgerreich während im Norden Rußland seine Grenzen auf Kosten Polens und des Krimkhanats nach Süden und Westen vorschob. Die Rivalität der beiden Großmächte um die Donaufürstentümer und mehrere Kriege mit dem Osmanischen Reich führten zu Teilungsprojekten und Annexionen. Zwischen 1717/18 und 1739 gehörte Oltenien zum Habsburgerreich, das sich 1774/75 den Nordwestteil der Moldau unter dem Namen Bukowina langfristig einverleibte. Das Russische Reich annektierte 1806/12 die Moldau östlich des Pruth unter der Neubezeichnung Bessarabien (Moldawien) und bemühte sich während des 19. Jhs. um die direkte Kontrolle des Donaudeltas. Widerstand leisteten die Donaufürstentümer kaum und die Bewohner der abgetrennten Gebiete konnten rasch in die Strukturen Rußlands und der Habsburgermonarchie integriert werden, die in allen Bereichen Modernisierungen durchführten.
Im 18. Jh. kam es innerhalb eines Teils der dünnen Oberschicht zu einer allmählichen kulturellen Annäherung an West- und Mitteleuropa. In Frank reich, den deutschen Ländern, Italien und Rußland studierende Bojarensöhne brachten westliches Gedankengut mit. Nach zwei Aufständen in der Walachei 1821 wurde die Phanariotenherrschaft auf Druck der Großmächte durch die Osmanen aufgelöst. Das Handelsmonopol der Hohen Pforte mit den Donaufürstentümern endete 1829 im Vertrag von Adrianopel, den Rußland mit dem Sultan schloß. Es begann eine radikale Umstrukturierung im Agrarsektor. An die Stelle der Viehzucht trat der für den Export bestimmte Getreideanbau, was zu Monostrukturen führte und besonders den an Landbesitz reichen Bojaren und ihren Gutsverwaltern große Gewinne brachte. Von 1828 bis 1849 standen beide Fürstentümer unter russischem Protektorat. Dort eingesetzte russische Verwaltungsbeamte und Offiziere initiierten zahlreiche technische und gesetzgeberische Innovationen (etwa 1830 das "Regulament Organic", ein Bürgerliches Gesetzbuch), die wichtige Voraussetzungen für die Vereinigung der Fürstentümer zu Rumänien werden sollten. Rumänisch als Sprache in Verwaltung, Schule und Liturgie setzte sich nach Anfängen im 18. Jh. bis zur Mitte des 19. Jhs. auf allen gesellschaftlichen Ebenen durch. Ein für breite Bevölkerungsgruppen geschaffenes rumänischsprachiges Schulnetz führte im 19. Jh. zur Assimilierung zahlreicher Bulgaren in der Walachei, Armenier und Ungarn in der Moldau sowie Griechen in beiden Ländern. Seit dem frühen 19. Jh. kam es zur Einwanderung vieler Juden aus Rußland und den polnischen Teilungsgebieten, wo sie rechtlich benachteiligt waren; neben anderen Neusiedlern aus dem gesamten ostmitteleuropäischen Raum leisteten sie einen entscheidenden Beitrag bei der Entstehung eines Städtewesens und einer bürgerlichen Stadtkultur.
Seit dem späten 18. Jh. kam es in beiden Fürstentümern zu einer raschen Bevölkerungszunahme. Über 90 % waren Bauern und lebten meist im Status der Leibeigenschaft. Für den weiteren Verlauf der rumänischen Geschichte sollte der Gegensatz zwischen einem durch das Osmanische Reich und die orthodoxe Kirche geprägten Kulturmodell der bäuerlichen Mehrheit, die über die Schule erstmals mit nationalstaatlichen Vorstellungen in Berührung kam, und einer oft nur äußerlich verwestlichten Oberschicht von großer Bedeutung sein. Der zunehmende Wunsch der intellektuellen und politischen Führungsschichten in den Fürstentümern nach einem staatlichen Zusammenschluß der s beiden Länder konnte durch geschicktes diplomatisches Agieren gegenüber den Großmächten zwischen 1857 und 1861 durchgesetzt werden.
Grundlinien der Geschichte der Dobrudscha
Das Gebiet der Dobrudscha war seit der Antike eines der wichtigsten Durchzugsgebiete für Stammesverbände aus der eurasischen Steppenzone. Die Gebiete entlang der Westküste des Schwarzen Meeres sind bis zur Mitte des 20. Jhs. von einem auch für Südost- und ostmitteleuropäische Verhältnisse sehr häufigen Wechsel der Ethnien geprägt. Der größte Teil der gegenwärtigen Siedlungen wurde seit dem 19. Jh. gegründet. Viele ethnische und religiöse Gruppen fanden im schwer zugänglichen Donaudelta Zuflucht. Hafenstädte und Festungen dienten den fluktuierenden Bevölkerungsgruppen als Handelsplätze und den die Dobrudscha phasenweise kontrollierenden Imperien als militä-rische Stützpunkte.
Goten, Hunnen, Slawen, Awaren, Bulgaren, Petschenegen, Rumänen, Seldschuktürken, Kiptschaktataren und Griechen sind zu unterschiedlichen Epochen zwischen dem 3. und 14. Jh. anzutreffen. Romanisierte Bevölkerungselemente, die in den zahlreichen Legionslagern entlang der unteren Donau siedelten, sind in der Dobrudscha bis ins 7. Jh. nachzuweisen. Im Verlauf des 14. Jhs. kam es zur Einwanderung von walachischen Hirten, die hier bis 1829 eine Minderheit bildeten. Rund ein halbes Jh. (ca. 1340 bis 1391) existierte in der Dobrudscha ein *Despotat mit einer orthodoxen seldschuktürkischen, kumanischen und bulgarischen Oberschicht. Einer der Fürsten, Dobrotica, sollte namengebend für die Region werden. Vom 15. Jh. bis ca. 1850 bestand der große Teil der Bevölkerung aus muslimischen Bulgaren, Türken, Jürüken und Budschaktataren, daneben seien Juden, Armenier, Sinti und Roma, Griechen und einige Italiener in den Küstenstädten, schließlich deutsche Bauern erwähnt. Die Dobrudscha blieb bis 1878 in das osmanische Provinzialsystem eingegliedert; mehrheitlich türkischsprachige Kolonisten betrieben in dieser strategisch wichtigen Provinz intensiven Ackerbau zur Belieferung Konstantinopels. Die russischen Invasionen zwischen 1771 und 1878 wirkten sich verheerend aus. Große Teile der muslimischen Bevölkerung wurden vertrieben oder wanderten infolge der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen aus. Nach 1829 zogen zunehmend Rumänen und Bulgaren orthodoxen Glaubens in die Dobrudscha, wo sie gemeinsam mit den in mehreren Wellen aus Rußland seit dem 18. Jh. geflohenen *Kosaken und Lippowanern (russischsprachige *Altgläubige) um 1850 bereits eine christliche Mehrheit bildeten.
Auf dem *Berliner Kongreß wurde der nördliche Teil der Dobrudscha 1878 Rumänien zugesprochen, um Rußland vom erstrebten Zugang zur Donaumündung fernzuhalten. 1913-1916 und 1918-1940 gehörte auch der südliche Teil zu Rumänien. Die südliche Dobrudscha bildet(e) 1878-1913 sowie 1916-1918 und seit 1940 einen Teil /Bulgariens, das 1916-1918 auch nördliche Teile beherrschte. Bulgarien und Rumänien bemühten sich in den jeweils eigenen Teilen seit 1878 trotz wechselnder politischer Systeme mit Erfolg um die ethnische und kulturelle Homogenisierung der Bevölkerung und der Land-schaft. Gegenwärtig stellen in der nördlichen Dobrudscha Rumänen, im südlichen Landesteil Bulgaren den Großteil der Bevölkerung.
Forschungsfragen
Zum Themenkomplex walachisch-moldauische Beziehungen bis zur Mitte des 19. Jhs. sind große Forschungslücken vorhanden. Hinzuweisen ist auf die im nationalistischen Sinne oft ideologiebelastete Historiographie in Rumänien seit der zweiten Hälfte des 19. Jhs. Zur Thematik existieren außerhalb Rumäniens und Moldawiens keine spezifischen Forschungseinrichtungen. Die einschlägigen Institute an den Universitäten Wien, Leipzig, Münster, München, Berlin (Humboldt Universität und Freie Universität) und die jüngst neuaufgebaute Rumänistik in Jena sowie die jeweiligen Universitätsbibliotheken haben die umfangreichsten Fachliteratur-Bestände. Besonders zu erwähnen sind die wichtigen Bestände in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien, in der Rumänischen Bibliothek in Freiburg/Br. und im Siebenbürgen-Institut in Gundelsheim/Neckar.
[Bibliographie lasse ich diesmal weg.]
Meinolf Arens, in: Studienhandbuch Östliches Europa, H. Roth (Hg.) 1999, 267-276.