Hier ein Artikell über sie,ist jedoch fast 1 Jahr her.
"Ich suche noch echte Männer"
Heidi Fleiss hatte den größten Callgirl-Ring Hollywoods. Sie wanderte ins Gefängnis wegen Steuerschulden. Jetzt plant sie ein Bordell für Frauen
Keine 20 Meilen Luftlinie östlich vom Death Valley liegt mitten in der Wüste ein kleines Örtchen mit dem schönen Namen Crystal. Es ist eine abgelegene Ecke des Wilden Westens - mancher Besucher aus Las Vegas hat sich hier schon auf staubige Straßen mit Namen wie "Bandit Road" oder "Butch Cassidy Pass" verirrt. An einer einsamen Auffahrt weist ein Schild den Weg: "The Best Little Whorehouse in Nevada". Denn Bordelle sind hier der einzige Touristenmagnet.
Doch bald soll ein neuer Wegweiser eine etwas andere Attraktion bewerben: "Heidi's Stud Farm" (Zuchthengstfarm). Die berüchtigte "Hollywood-Madam" hat hier ein 24 Hektar großes Stück Land erworben, auf dem sie einen Luxuspuff für Frauen eröffnen will. "Ich suche noch nach echten Männern", sagt die 39jährige am Telefon aus ihrer Suite im "Caesar's Palace" in Las Vegas und entschuldigt sich dann unter die Dusche. "Rufen Sie mich in 20 Minuten noch einmal an!"
Fleiss ist vielbeschäftigt. Sie hat sich vor einer Woche aus ihrer Heimatstadt Los Angeles verabschiedet, wo sie den berühmtesten Edelnuttenring der neunziger Jahre betrieb, und plant nun aus dem Nobelhotel ihr neuestes Unternehmen. Diesmal will sie nicht Mädchen, sondern Männer für Liebesdienste vermieten, auf einem Anwesen "mit einer weitläufigen, zwanglosen Lounge in der Mitte, angeschlossenen Räumen und Privatbungalows, das Ganze im Stil des klassischen Hollywood - ,Coconut Grove", Rudolph Valentino, modernes Art déco". Und das prüde Amerika, wo Heidi Fleiss irgendwo zwischen Popkultur-Ikone und Schmuddelmädchen rangiert, bekommt einmal mehr rote Ohren.
Doch wer, wenn nicht sie, fragt sich Heidi Fleiss: "Ich stecke diese ganzen Zuhälter in Nevada doch in die Tasche. Ich will nicht angeben, aber ich bin im ältesten Gewerbe der Welt erfolgreicher gewesen als alle anderen. Leider dort, wo es illegal ist."
Prostitution ist in den USA verboten - mit Ausnahme einer Handvoll Landkreise im Umland von Las Vegas, und dorthin, in die Wüste Nevadas, zog es Heidi Fleiss nun. Die zierliche Frau mit der Energie eines Zehnkämpfers in der Stimme hat mit ihrer Ankündigung einen wahren PR-Sturm losgetreten. Pausenlos klingelt im Hintergrund ihr Handy - der Fernsehsender HBO will ein Porträt mit ihr machen, gleich steht ein Radiointerview an. "In 45 Minuten sitze ich im Auto, dann können wir weitersprechen!"
Es ist eine erstaunliche Phönix-aus-der-Asche-Geschichte, die Miss Fleiss da inszeniert. Aufgewachsen als eines von sechs Kindern eines Kinderarztes und einer Lehrerin, entwickelte die Kleine aus LAs Stadtteil Los Feliz früh einen scharfen Geschäftssinn. "Ich habe schon als Zwölfjährige das Babysitter-Business in meiner Straße organisiert. Ich war die Nummer eins", sagt sie, als wäre das auch gar nicht anders zu erwarten gewesen, "und ich hatte 20 Mädchen, die für mich arbeiteten. Und das ist immerhin der schwierigste Job der Welt, weil es um anderer Leute Kinder geht. Ich mußte genau abwägen und lernte schon als junges Mädchen, wer sich mit wem wohl fühlen würde."
In der zehnten Klasse schmiß Heidi Fleiss die Schule, hielt sich mal als Kellnerin, mal als Floristin über Wasser und begann schließlich eine Beziehung mit dem Finanzmagnaten Bernie Cornfeld, der sie in die Welt der Reichen und Schönen einführte. Mit 22 lernte sie dort eine alte Philippinerin kennen, die sich Madame Alex nannte und einen lukrativen Callgirlring leitete. Knapp fünf Jahre später hatte Heidi Fleiss ihren eigenen Service aufgebaut und war eine der meistgefragten Persönlichkeiten Hollywoods - wenn auch hinter vorgehaltener Hand. "Ich habe für meine Mädchen 1500 Dollar die Nacht verlangt und 2000 Dollar außerhalb der Stadt", sagt sie. Und sie schickte ihre Girls nicht nur nach New York, Chicago und Miami, sondern um die ganze Welt. Die Kundschaft wußte es zu schätzen. "Es gab Männer, die Trinkgelder in Höhe von 5000 oder 20 000 Dollar gegeben haben. Manche meiner Kunden legten sogar eine Million Dollar obendrauf, die dann drei Mädchen unter sich aufteilten."
Doch dann wurde der verbotene Ruhm der Heidi Fleiss den prüden Stadtvätern von Los Angeles zuviel. Verdeckte Ermittler stellten Fleiss eine Falle und verhafteten die damals 27jährige. Ihre Festnahme löste in Prominentenkreisen helles Entsetzen aus, weil viele befürchteten, als Kunden eines hochklassigen Hurenrings geoutet zu werden. Doch ein sagenumwobenes schwarzes Büchlein, das angeblich ihre Kundenkartei enthielt, wurde nie öffentlich. Ein Prozeß wegen Kuppelei platzte, doch 1994 wurde Heidi Fleiss wegen Steuerhinterziehung zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. 20 Monate davon saß sie ab, und als sie rauskam, schwor sie sich, "nie wieder etwas Illegales zu machen".
Vom Sexgeschäft freilich will die heute 39jährige, deren hohlwangige Schönheit ein paar plastische Korrekturen wie eine aufgespritzte Oberlippe nur unwesentlich geschmälert haben, die Finger nicht lassen. Und dank ihres verrucht-glamourösen Images mangelt es ihr auch mitten in der Wüste nicht an Bewerbern für ihre "Hengstfarm". "Es haben sich schon eine ganze Reihe aufregend schöner Männer vorgestellt", sagt sie. Die Einstellungsbedingungen für angehende "Hengste": "Sie müssen verdammt gut aussehen und sehr sexy sein. Sie müssen einen Sinn für Stil und tadellose Manieren haben - und natürlich müssen sie sich auf Aids und andere Geschlechtskrankheiten testen lassen." Fleiss erwartet, "daß ich mehr als 2000 Bewerbungen erhalten werde, wenn das so weitergeht". Einstellen will sie zunächst nur 20, dazu weitere zehn Ersatzleute, um den Markt zu testen. Denn bereits vor über zehn Jahren hatte eine Unternehmerin aus San Francisco ein Bordell für Frauen geplant. Sie gab auf, nachdem sie sich umhörte - und erfuhr, daß Frauen weniger auf eine schnelle Nummer als auf einen romantischen Abend aus sind - und schon gar nicht dafür bezahlen wollten.
Doch Heidi Fleiss ist sicher, daß es Bedarf gibt. "Ich habe eineinhalb Jahre recherchiert, und was ich immer wieder hörte, war: Heidi, du solltest unbedingt einen Laden für uns Mädels aufmachen. Und ich kenne viele wohlhabende, einflußreiche Frauen in Hollywood, die mir sagten: Heidi, ich werde ganz vorn in der Schlange stehen!" Der Preis des Luxus-Vergnügens? "Von Frauen kann man nicht die gleichen Preise verlangen wie von Männern. Ich nehme 250 die Stunde, die Hälfte davon können die Männer behalten, plus Trinkgeld", sagt sie.
Heidi Fleiss glaubt nicht, daß ihre potentiellen Kundinnen das Stigma von käuflichem Sex fürchten. "Ich vermute eher, daß sie stolz zu mir kommen. Wer dennoch Anonymität möchte, der kann unerkannt direkt an den Bungalows vorfahren." Dann fällt ihr zum Stichwort Stigma noch etwas ein. "Eine Freundin hat mir neulich eine sehr clevere SMS geschrieben ..." Fleiss tippt kurz auf ihrem Handy herum und sagt dann in den Hörer: "Verdammt, ich habe sie nicht mehr, aber sinngemäß schrieb sie mir: Du wirst den Männern damit für immer das Schimpfwort ,Hure" verderben!" Fleiss lacht, ein freches, kehliges Lachen, in dem Triumph mitschwingt.
Fleiss nimmt es gern mit Männern auf, zum Beispiel mit den Bezirksverordneten von Nye County, die ihr noch einen Strich durch die Rechnung machen könnten - denn wegen "moralischer Schandtaten" verurteilte Straftäter dürfen in Nevada, auch in den "Hurenbezirken" kein Unternehmen führen. "Gott sei Dank", sagt Fleiss, "gibt es eine Grauzone, die den Bezirksverordneten die Möglichkeit einräumt, mich nicht als Bedrohung für die Gesellschaft zu betrachten. Und es gibt noch ganz andere verurteilte Straftäter in der Gegend, die ebenfalls Geschäftslizenzen erhalten haben: Brandstifter, Geldfälscher, Versicherungsbetrüger."
Den ursprünglichen Plan, mit einem der örtlichen Bordellbesitzer zusammenzuarbeiten und selbst im Hintergrund zu bleiben, schlug Fleiss kurzerhand in den Wind. "Ich bin Alleinunternehmerin. Niemand außer mir selbst wird hier die Finger im Spiel haben, kein Zuhälter, nichts dergleichen." Es wundert nicht, daß die "Zuhälter" der Gegend gereizt auf die Ankunft von Fleiss reagieren. In einem Geschäft, in dem man traditionell lieber leise tritt und Diskretion als höchste Tugend gilt, wirkt die Publicity, die Heidi Fleiss umgibt, überaus beunruhigend. Und die unverblümte, siegessichere Art dieser zarten Person mit den schönen Rehaugen, die mit kaum Vierzig schon längst eine Legende im Geschäft ist, wird ein übriges zur Skepsis beigetragen haben.
"Ich habe sogar in einem der Bordelle Hausverbot bekommen, im ,Sheri's"", erzählt Fleiss und lacht. "Ich dachte bloß: Na, habt ihr Angst, daß ich euren Billighotel-Stil kopieren könnte?" Auch mit dem Chef des örtlichen Bordellverbandes hat sie sich schon angelegt. "Er wirft mir vor, ein zu großes Mundwerk zu haben", sagt Heidi Fleiss. "Großes Mundwerk? Ich habe noch nie in meinem Leben irgend jemanden verpfiffen. Ich bin in den Knast gegangen, obwohl ich hätte reden und leichter davonkommen können." Sie schnaubt verächtlich. "Er ist ein Typ, der sagt: Wenn du nicht Teil meiner Organisation bist, bist du gegen mich. Das ist für mich organisierte Kriminalität! Ich bin in keiner Organisation, Kirche oder sonstigen Gruppierung Mitglied. Ich bin Einzelgängerin!"
Wie beruhigend, daß die Bordellbetreiber von Nye County keine Konkurrenz von Ms. Fleiss fürchten müssen. Zunächst zumindest. Denn auch wenn ihr Damenbordell scheitern sollte, ist wohl kaum zu erwarten, daß sich Heidi Fleiss ins Privatleben zurückzieht. Im Gegenteil: Dann dürften die "Zuhälter" in Nevadas Wüste wirklich zu knabbern haben.