soaktuell.ch Nachricht vom 20.9.06 12:11
Wangen: Verkehren Rechtsextreme beim künftigen Wangener Minarett?
Am 8. September machte SOaktuell.ch publik, dass vor dem Gebäude des türkisch-kulturellen Treffpunkts in Wangen b.O. eine weisse Fahne mit dem Symbol der Grauen Wölfe im Wind flattert. Jetzt wird diese Story ein nationales Thema, denn so harmlos sind die Grauen Wölfe offenbar nicht. Am Freitag widmet sich die Sendung "ARENA" von SF DRS dem Thema. Vor dem türkisch-kulturellen Treffpunkt in Wangen bei Olten standen schon seit längerem drei Fahnen im Wind: Die Fahne der Gemeinde Wangen, die Schweizer Fahne sowie die türkische Flagge. Seit einigen Tagen weht zwischen der Wangener und der Schweizer Fahne eine vierte Flagge. Sie trägt das Symbol der türkischen Grauen Wölfe, laut deutschen Verfassungsschutz-Bericht eine rechtsextreme Gruppierung. Dies schreibt die Winterthurer Gemeinderätin Natalie Rickli in der aktuellen Ausgabe der landesweit erscheinenden Zeitung "Schweizerzeit".
Bekannt wurde der türkisch-kulturelle Treffpunkt in Wangen durch das dortige Minarett-Bauprojekt, das erheblichen Widerstand in der Bevölkerung ausgelöst hat. Dass im türkisch-kulturellen Treffpunkt Wangen die Grauen Wölfe ein- und ausgehen, ist seit einiger Zeit ein offenes Geheimnis. Jetzt, wo das Symbol des heulenden grauen Wolfes öffentlich vor dem Gebäude weht, stellt man sich in Wangen natürlich die Frage nach dem Zusammenhang mit dem geforderten Minarett: Geht es wirklich bloss um ein religiöses Anliegen? Oder dominieren halt eben doch politische Zielsetzungen?
Wer sind eigentlich die Grauen Wölfe? Laut einem Bericht des Verfassungsschutzes des Landes Nordrhein-Westfalen zum türkischen Nationalismus liefern die Grauen Wölfe mit ihrer ethnisch (rassistisch)-nationalistisch gearteten, betont islamischen Ideologie sowie mit ihrer Gewaltbereitschaft und ihren am Führerprinzip ausgerichteten Strukturen den Nährboden auch für islamistisch geprägte Bewegungen. Der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalens wirft den Grauen Wölfen vor, "zur Entstehung einer Parallelgesellschaft in Europa" beizutragen. Er bezeichnet sie als "Hindernis für die Integration der türkischstämmigen Bevölkerung". Mehmet Ali Agca, der das Attentat 1981 auf Papst Johannes Paul II. begangen hatte, gehörte übrigens zum militärischen Arm der Grauen Wölfe.
Auch der Extremismusbericht 2004 des Schweizerischen Bundesrates stuft die Grauen Wölfe als rechtsextreme türkische Gruppierung ein, die als paramilitärische Einheit der MHP (Milli Hareket Partisi/Nationale Bewegungs-/Aktionspartei) auftritt. Sie pflegt einen ausgeprägten Nationalismus und Rassismus gegen ethnische Minderheiten in der Türkei und greift auch Mitglieder türkischer linker Gruppen an. Den Mitgliedern der Grauen Wölfe wird in der Türkei die Ermordung von mehr als 5000 Personen sowie Beteiligung an Folterungen angelastet.
Ende der 1990er Jahre kam es vor allem im Raum Basel mehrfach zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Mitglieder der Grauen Wölfe in der Schweiz werden verdächtigt, ebenfalls hier ansässige türkische Linksgruppierungen auszuforschen (Quelle: Extremismusbericht des Bundesrates 2004).
Ideologisches Ziel der Grauen Wölfe ist eine sich vom Balkan über Zentralasien bis in die Volksrepublik China erstreckende Nation, die alle Turkvölker vereint. Zentrum der von ihr beanspruchten Gemeinschaft aller Turkvölker ist eine starke, unabhängige und vor allem selbstbewusste Türkei. Die Grauen Wölfe bewerten das kurdische Streben nach Autonomie als Terrorismus. Die Auseinandersetzung zwischen Grauen Wölfen und ihr Ablegern mit Kurden darüber kostete insgesamt tausende Todesopfer auf beiden Seiten.
Wenn sich ein TV-Team ankündigt, ist die Fahne weg
Obwohl Vorstandsmitglieder des türkisch-kulturellen Vereins in Wangen, der seit 1978 besteht, immer wieder beteuern, dass sie politisch neutral seien und friedliche Absichten hätten, bleiben die Ziele der Grauen Wölfe natürlich unverändert. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die vom türkisch-kulturellen Verein als harmlose und unbedeutend dargestellte Flagge mit dem Symbol der Grauen Wölfe (die von SOaktuell.ch am 8. September fotografiert wurde), ausgerechnet bei den angekündigten Dreharbeiten eines Teams von SF DRS nur fünf Tage danach wie von Geisterhand verschwunden war. In der Sendung "Rundschau" vom 13. September ist deutlich zu erkennen, dass eine der vier Fahnenstangen vor dem türkisch-kulturellen Treffpunkt unbenutzt war.
Mit dem Symbol der Grauen Wölfe vor dem geforderten Minarett geben die Bauherren ohne jeden Zweifel eine Absicht bekannt: Sie bekennen sich öffentlich zu den Zielen dieser rechtsextremen Bewegung.
In den kommenden Monaten entscheidet das Solothurner Verwaltungsgericht über das Bauprojekt eines Minaretts auf dem Dach des türkisch-kulturellen Treffpunkts in Wangen. Das Gericht wäre gut beraten, die "Bauherren" von Wangen etwas genauer unter die Lupe nehmen.
Und klar ist: Wenn Wangens Bevölkerung dieses Minarett aus politischer Erwägung ablehnt, dann ist dieser demokratische Entscheid für alle politischen und gerichtlichen Instanzen bindend.
Quelle: http://www.soaktuell.ch/index.php?site=news&news_ID=109&PHPSESSID=1c13f9f21ab5d60bad5ea019974b50c8