Mazedonien : Suchen wir Alexanders Heimat auf. Man beachtet einen Fluß erst, wenn er schiffbar wird, eine Nation erst, wenn sie anfängt Träger der Geschichte zu sein, sagt Friedrich der Große. Wir haben also allen Grund, auf Mazedonien achtzugeben. Mazedonien liegt unter dem Balkan; seine Front aber weist nach Osten. Die ganze Balkanhalbinsel ist Asien offen zugewandt; sie stößt unmittelbar an Kleinasien an, auch dies Kleinasien eine Halbinsel, die gierig sich vorstreckt. Das ist bedeutsam. So wie Rußland und die Ukraine, war und ist auch die Balkanhalbinsel bestimmt, den Einfluß des übermächtigen asiatischen Riesen, gegen den Westeuropa sich wehrt, abzufangen. Daher kehrt sie Italien und Westeuropa gleichgültig den Rücken zu, und wer vom adriatischen Meer herkommt, sieht nur den klotzigen Schildkrötenrücken des durch unwohnliche, kalkige Gebirgsmassen verschlossenen Landes. Nach Kleinasien zu dagegen tut die Halbinsel ihr Inneres weit auf mit offenen Buchten und Hafenplätzen und wohnlichen Tiefebenen, zu denen die Hochgebirge sich freundlich niedersenken, und so drang allezeit hierher über den schmalen Wasserstrang der Dardanellen der lastende Hauch des Orients und der Machtanspruch seiner Despoten, Sultane und Tschingiskane. Der Mazedone war, wie der Grieche in Byzanz, des persisch-babylonischen Weltreichs nächster Nachbar und seine Geschichte damals mit der Persiens so eng verflochten wie heute mit der Geschichte der asiatischen Türkei.