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Humanismus ist ein Aberglaube

An sich Definitionssache. Atheisten glauben nicht an einen Gott, da es eine in den Raum gestellte Behauptung ohne jegliche wissenschaftliche Untermauerung ist. Deshalb tendiere ich in Bezug auf Atheismus, kein Aberglaube.

Würde ich erzählen das mich gestern ein Rosa Elefant mit 37 Augen darüber aufgeklärt hat, das Tomaten eine höher entwickelte Lebensform als der Mensch sind. Wäre das für die meisten vernünftigen Personen schwer zu glauben. Man könnte mir nachweisen das, dass mit den Tomaten nicht stimmt. Aber die Existenz von einem Rosa Elefanten mit 37 Augen, könnte man eben so wenig wiederlegen wie die Gottes.

Da der Glaube an Gott, das verlangen nach Sicherheit usw. befriedigt versucht man das erst gar nicht zu hinterfragen.

also definitionsgemäß könnte man davon ausgehen dass auch Glaube an Gott Aberglaube ist, nicht?
 
Jap, genau wie bei Kobolden und Vampiren, sollten jetzt aber nicht den Thread mit anderen Themen vollspamen.
 
Bismilillah,
Ich nehme die Herausforderung an und wage einige bescheidene Kommentare aus der Ecke des Islams.

Der britische Philosoph John Gray über den Fortschrittsmythos, die Suche nach dem Sinn der Geschichte und den menschlichen Hang zur Selbstzerstörung

SPIEGEL: Professor Gray, in Ihren Schriften unterziehen Sie den modernen Fortschrittsglauben einer radikalen Ideologiekritik. Sie gehen sogar so weit, den "Abschied vom Humanismus" zu verkünden. Was bleibt dann noch? Verzweiflung oder Zynismus?
Gray: Mir geht es darum, die menschliche Beschränkung aufzuzeigen und anzuerkennen. Der Mensch hat keinen Anspruch auf
eine gottähnliche Sonderstellung in der Natur. Deshalb plädiere ich für eine Abkehr von unserer Selbstüberhöhung, vom Anthropozentrismus, als könnten wir immer und überall die Herren unseres Schicksals sein. Wir Menschen können die Welt nicht retten, doch das ist kein Grund zu verzweifeln. Wenn Sie so wollen, drehe ich die berühmte elfte These von Marx zu Feuerbach um: Es geht nicht darum, die Welt
zu verändern, sondern darum, sie richtig zu sehen.


Das meine Freunde, nennen wir Muslime: SHIRK à Blasphemie / Gott einen Partner beistellen! Eine Sünde, die nicht vergeben wird!

SPIEGEL: Dennoch klingt das sehr pessimistisch,
zweihundert Jahre nach der europäischen Aufklärung. Sind Sie ein Misanthrop in der Tradition des deutschen Griesgrams Arthur Schopenhauer?
Gray: Ich sehe mich eher in der Tradition des gelassenen Skeptikers Michel de Montaigne. Aber Sie haben recht: Die erste und vielleicht noch immer unübertroffene Kritik des Humanismus hat Schopenhauer vorgetragen. Er glaubte nicht an die universelle Emanzipation des Menschen, wie es der Zeitgeist Mitte des 19. Jahrhunderts verhieß.


Wenn der Mensch versucht Gott zu spielen, in dem er die Welt säkularisiert und nur das als Wahrheit anerkennt, was er gerade mit seinem Verstand erfassen kann, stürzt er die Welt (Menschen die ihn folgen) in den Abgrund. Er kann die Welt nicht objektiv deuten, weil er sie nicht erschaffen hat!

SPIEGEL: Man könnte auch sagen, er war ein reaktionärer Einzelgänger, einer der ersten Neoliberalen.
Gray: Er erwartete wenig vom Staat außer Sicherheit des Lebens und Schutz des Eigentums, ja. Aber man muss seinen Charakter von seinem Denken unterscheiden. Was für uns, vor allem für die Linke,
in Europa und noch mehr in Amerika so schwer erträglich scheint, ist sein Leugnen einer übergreifenden Logik, eines höheren Sinns in der Geschichte. Diese Auffassung teile ich.


Die Geschichte hat einen Sinn, hat einen Anfang und ein Ende. Sie ist von Bedeutung (Wahrheit) geprägt. Daher muss man sie als ein GANZES Gebilde betrachten, um diesen Sinn auf die Spur zu kommen.

SPIEGEL: Und welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?
Gray: Es bedeutet jedenfalls nicht, dass ich in jeder geschichtlichen Konstellation ein Pessimist bleibe. So glaubte ich schon in den siebziger, achtziger Jahren an den Zusammenbruch des Kommunismus, zu einer Zeit, als eine solche Vorhersage noch als eine ziemlich romantische Wunschvorstellung galt. Doch als es dann tatsächlich geschah, hielt ich es mit George Bush dem Ersten, der ein viel weiserer Präsident war als sein Sohn: Bloß nicht triumphieren, lasst uns nicht frohlocken, denn es wird eine Zeit großer Unsicherheit, wenn nicht von Chaos und Anarchie, kommen.

Wie der Aufstieg des Kommunismus, als auch sein Untergang geschahen nicht zufällig und ungeplant. Der Zeitpunkt der Oktoberrevolution war perfekt gewählt und als das System ihnen ausgedient hatte, ließen sie es untergehen. Dahinter kommt man nur über die Religion.

SPIEGEL: Sie glaubten nie an das Ende der Geschichte, an den weltweiten Sieg demokratischer Ideale?
Gray: Es gibt keine Kohärenz, keinen Fortschritt in der Geschichte der Menschheit in der Art, wie Hegel und später Marx dies annahmen. Die Geschichte ist nicht die stetige Entfaltung der Vernunft.

Selbst Hegel glaubt (mit seiner Theorie von Thesis, Antithese und Synthese) nicht an ein Ende der Geschichte. Doch die Religionen tun das. Komischerweise hat die heutige Wissenschaft (siehe Fukuyama in Harvard) die These Hegels aufgegriffen und diese mit einem Dogma „dem Ende der Geschichte“ erweitert. Wie und wo er sich auf diese Schlussfolgerung (Ende der Geschichte) stütz, ist mir schleierhaft.

SPIEGEL: Weil immer Rückschläge drohen?
Gray: Nicht nur. Das westliche Denken hat so etwas wie einen
säkularen Monotheismus entwickelt. Die Idee des Fortschritts in der Geschichte ist der ins Säkulare gewendete Glaube an die Vorsehung. Im Judaismus, im Christentum hat die Menschheitsgeschichte einen Sinn, weil sie auf das Heil zustrebt. Aber dieser Sinn ist von Gott gegeben, wir können ihn nicht erkennen. Deshalb sollten wir demütig bleiben, es wäre geradezu gotteslästerlich, wollten wir den Anspruch erheben, Gottes Ziel in der Geschichte zu entschlüsseln und herbeizuführen.


Gut erkannt, masha`Allah. Lasst euch diesen Satz (Erkenntnis) auf der Zunge zergehen. Ein Schritt in die richtige Richtung, nämlich wieder die Erkenntnis wahrnehmen, dass man nur ein Mensch ist und daher mündig. Das beutet aber nicht, die Vernunft ganz abzuschreiben, sondern sie aus der Absolutheit raus nehmen und sie als dass erkennen was sie ist, nämlich relativ, denn NUR GOTT ist ABSOLUT!

SPIEGEL: Der Humanismus ist kein Rationalismus, sondern eine Religion?
Gray: Ich behaupte, dass die Grundüberzeugung der Humanisten,
die Geschichte der Menschheit sei eine Fortschrittsgeschichte, ein Aberglaube ist. Insofern ist der echte religiöse Glaube ein nützlicher Damm gegen die menschliche Hybris. Für Humanisten enthält die Religion ein subversives Potential, deshalb bekämpfen und pervertieren sie sie.


Zieh es dir rein Amphion. Silbe für Silbe. Mit anderen Worten: Nicht alles was glänzt, ist auch Gold!

SPIEGEL: In Ihrem Buch "Politik der Apokalypse" haben Sie das Wirken religiöser Überzeugungen, vor allem des Erlösungsgedankens und Heilsversprechens, im politischen Handeln analysiert. Aber sind nach dem Ende des Kommunismus Utopien nicht ein für alle Mal diskreditiert? Kämpfen Sie gegen Windmühlen?
Gray: Sicher, zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind überall die Trümmer politi-scher Utopien zu besichtigen. Doch während die Linke dahinkümmert, ist die Rechte - genauer der Rechtsliberalismus - zum Sammelort utopischer Verkündigungen geworden. Auf das Projekt des globalen Sozialismus folgte der globale Kapitalismus, angeblich Hand in Hand mit der globalen Demokratie. Auch eine Schimäre, wie es inzwischen zu dämmern beginnt.

Richtig beobachtet.

SPIEGEL: Aber eine weniger menschenverachtende?
Gray: Da bin ich mir nicht so sicher. Sie hat in den USA so unterschiedliche Politiker wie Ronald Reagan und George W. Bush, in Großbritannien Margaret Thatcher und Tony Blair angetrieben, mit teilweise verheerenden Folgen.
Wann immer ein Staatsmann sich als Instrument der Vorsehung begreift, ist das Schlimmste zu befürchten.


Und es ist nicht vorbei, die Erkenntnis ist immer noch nicht da. Es muss noch ziemlich bergab gehen, bevor ein böses Erwachen kommt. Die Masse wurden blind gemacht.

SPIEGEL: So wie bei dem Versuch, Demokratie und Menschenrechte mit Feuer und Schwert zu verbreiten, etwa im Irak oder in Afghanistan?
Gray: Ein Krieg, der nicht absolut notwendig ist - wie der gegen Hitler -, kann nicht gerecht sein. Wenn er unnötig ist, ist er nicht gerecht. Und ich glaube,
dass der Angriff auf den Irak 2003 unnötig war. Politik kann kein Erlösungsersatz sein. Selbst die bestgemeinten politischen Programme sind nur Notbehelfe, bescheidene Versuche, unvermeidliche Übel zu lindern oder mit den Mängeln, die nicht abzustellen sind, zurechtzukommen.


Der Angriff war nicht nur unnötig, sondern ein Kriegsverbrechen, ein Völkermord. Doch sie laufen frei herum und bezeichnen sich sogar als Helden, kriegen Nobelpreise zu geschoben. Seht ihr wie mündig der Mensch ist. Denkt ihr etwa diese Kriegsverbrecher kommen so einfach davon?
Nicht unter dem Himmel Gottes! Sie grinsen heute und schauen auf uns herab, doch morgen, morgen weht ein anderer Wind. Morgen laufen sie und verstecken sich hinter Bäumen und Steinen.

Für sie war der Krieg nötig, denn sonst hätten nicht sie das erreicht, was sie heute erreicht haben. Das war sorgfältig geplant und durchdacht. Wir hingegen glauben immer noch, da geschieht etwas, so eine riesige internationale Invasion, aus Versehen, einfach so, ohne Plan, ohne Ziel. Doch sie haben ihre Ziele gesetzt und diese erreicht.

SPIEGEL: Lässt sich das Böse nicht bekämpfen, muss man mit ihm leben? Eine fatalistische Geschichtsauffassung kann doch nicht die Lösung sein.
Gray: Ich glaube durchaus an
universelle Werte, aber nicht an ihre Durchsetzung um jeden Preis. Wenn Sie das Unmögliche zu erreichen versuchen, schaffen Sie neues und oft genug noch schrecklicheres Böses. Deshalb widersetze ich mich ganz entschieden der Vorstellung, internationale Beziehungen zwischen Staaten als Bühne für die Verbreitung weitreichender Ideale zu benutzen - schon gar nicht als bewaffnete Mission.


Wer bestimmt diese universellen Werte? Der Stärkere! Diese Blutsauger, die gerade Mio. Menschen (Kinder und Frauen) auf brutalste Art abgeschlachtet haben. Behaltet sie!!! Hier seht ihr wieder, wie der Mensch unmündig ist und nicht vorausschauen kann.

SPIEGEL: Gibt es demgegenüber nicht ein Recht, ja sogar eine Pflicht zur Intervention, wenn vor aller Augen Verbrechen gegen die Menschheit begangen werden?
Gray: Natürlich kann die Alternative nicht Resignation sein. Völkermord muss verhindert werden. Aber wir müssen uns von der utopischen Idee eines Idealzustands, einer möglichen Vollkommenheit für die ganze Menschheit verabschieden. Anarchie kann schlimmer als Diktatur sein, und ich fürchte, etwas anderes als Anarchie - oder eine Mischung aus Demokratie, Anarchie und Theokratie - werden wir nach einem absehbaren Rückzug aus dem Irak und aus Afghanistan nicht hinterlassen. Bei einem erzwungenen Regimewechsel kommt fast immer etwas anderes
als das Erhoffte heraus.


Sie haben immer selbst diese Verbrechen und Völkermorde inszeniert, sie haben mit ihren Banken immer alle Seiten finanziert, um nachher selbst als Helden da zu stehen. Anarchie und Destabilisierung zu hinterlassen war ihr Plan. Das sind nicht Rechnungsfehler, sondern gehören zu ihrer Agenda. Habt immer noch nicht gemerkt, dass sie euch immer wieder den gleichen Fehler aufs Neue verkaufen? Man kann vielleicht einen Fehler aus Versehen machen, doch nicht immer denselben.

SPIEGEL: Kann das utopische Denken wenigstens wie ein Leuchtfeuer wirken, als ferner Orientierungspunkt am Horizont, der die Richtung vorgibt?
Gray: Ich bezweifle es.
Leuchtfeuerkönnen ein Schiff auf die Klippe locken. Darin liegt ja gerade das Trügerische des Fortschrittsgedankens. Die Humanisten sagen: Das Ziel mag einstweilen unerreichbar sein, aber wir können darauf zuhalten. Das sind Sirenengesänge.


Genau, blind! Die Welt nur mit einem Auge betrachten und so seine Urteile über die Dinge fällen.

SPIEGEL: Sie können doch nicht bestreiten, dass es moralische Fortschritte auch in der Politik gegeben hat - mindestens seit den Katastrophen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, eigentlich sogar schon seit der Französischen Revolution.
Gray: Das glauben Sie? Jeder vermeintliche Fortschritt ist ambivalent.
Wissen kann man kumulieren, ethische Verbesserungen nicht.


Sehr gut beobachtet. Das Gute wird immer gut bleiben und das Schlechte immer schlecht. Genauso wie mit der Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit. Genauso wie mit der Wahrheit und der Lüge. Diese Dinge werden sich nie ändern.

SPIEGEL: Hier eine kleine unvollständige Liste: die Deklaration der Menschenrechte 1789, Abschaffung der Sklaverei, der Kinderarbeit, Emanzipation der Frau, Ächtung von Folter und Angriffskrieg. Nicht perfekt, gewiss, aber immerhin.
Gray: Was gewonnen wird, kann in einem Lidschlag der Geschichte wieder verlorengehen. In einem Lidschlag! Di
e irakischen Frauen waren unter dem Regime von Saddam Hussein freier, als sie es heute sind. Der Sowjetkommunismus war eine Art Industriesklavensystem, nicht nur im Gulag. Und wie leicht Folter wieder tragbar werden kann, haben wir in Guantanamo und in Abu Ghuraib gesehen. Ganz zu schweigen von den Menschenrechten in China, die von westlichen Gesprächspartnern mit Engelszungen angemahnt werden. Dabei ist China heute, verglichen mit dem Maoismus, eine aufgeklärte, ja wohlwollende Diktatur.


Eine Deklaration bleibt nur eine Deklaration, wenn keine Taten folgen. Wir haben es mit grossen Lügnern zu tun, die ihr Wort niemals gehalten haben. Sie machen nicht das, was sie predigen. Papier nimmt alles an. Schaut euch die Welt an und sagt mir Wo und für Wem gelten diese Menschenrechte? Sie gelten für uns (Westen), weil sie uns noch eine Weile brauchen. So halten sie uns bei Laune, damit wir andere, die wie wir sind, ausbeuten können und unterdrücken können. Ausserdem dient diese Menschenrechts-lose Welt als Warnung, wenn ihr nicht spurt, dann werdet ihr so enden wie sie.

SPIEGEL: Natürlich gibt es Verstöße, so wie Verbrechen nicht verschwinden. Aber die Gültigkeit der Normen bleibt doch?
Gray: Waren die Folterungen von Häftlingen in Abu Ghuraib nur Exzesse Einzelner? Sicher, ihre Aufdeckung hat einen Aufschrei ausgelöst. Aber zugleich gab es rationale Denkversuche, Folter bis zu einem gewissen Grad als Mittel zum Zweck der Terrorismusbekämpfung zu rechtfertigen.
Sklavenarbeit gibt es immer noch, man nennt sie nur anders.


In einer Welt der Oberflächlichkeit, wo das Herz mehr oder weniger tot ist. Kann man mit der äußeren Hülle der Wörter spielen. Dasselbe meinen, doch es anders nennen. Du kannst dich hintern Begriffen verstecken und niemand kann dich erkennen, denn das Herz ist tot und ohne das Herz, bist du nicht in der Lage die innere Realität der Dinge zu erfassen

SPIEGEL: Das ändert nichts daran, dass universelle Werte wie die Würde des Menschen nicht ernsthaft in Frage gestellt werden können. Die Idee lässt sich nicht zerstören. Dass sie nicht immer geachtet wird, steht auf einem anderen Blatt.
Gray: Das Schlimmste kann in der zivilisiertesten Gesellschaft passieren. Wir sind nie vor Barbarei gefeit. Für mich war der größte Denker der Aufklärung im 20. Jahrhundert Sigmund Freud. Er sah in der Zivilisation eine Schutzmaßnahme des Menschen gegen sich selbst. Denn der Mensch ist nicht nur Eros, sondern auch Thanatos - mit seiner Neigung zu Aggression, Grausamkeit und Zerstörung. Deshalb ist jeder Fortschritt zweischneidig. Die Mehrung des Wissens erhöht die Macht des Menschen, zum Guten wie zum Bösen, über die Natur wie über andere Menschen.
Der Homo sapiens ist und bleibt immer auch ein Homo rapiens, ein Räuber mit ungeheurer destruktiver Kraft, der die Welt in den Untergang führen kann.


Kann?!? Genau hier ist der Punkt.
Er kann es eben nicht, weil er (Mensch) die Welt und sich selbst nicht erschaffen hat und daher weder den Anfang, noch das Ende Geschichte bestimmt.

Der Mensch wird geleitet, er besitzt eine Eingebung, eine Eingebung die zum Guten führt. Wir nennen es im Islam: die Fitra. Doch diese Eingebung funktioniert nur, wenn der Mensch sich freiwillig Gott ergibt, bzw. hingibt, mit anderen Worten anvertraut und damit diese Führung akzeptiert. Die Säkularisierung (Aufklärung) macht genau das Gegenteil, nämlich es klärt alles auf, macht alles mechanisch, keine Geheimnisse mehr, keine Göttliche Führung mehr. Doch es ist eine Täuschung, eine gewaltige sogar. In dem Moment, wo der Mensch die Göttliche Führung ablehnt, übernimmt das Böse, die Rebellion die (Ver) - Führung! Der Mensch glaubt, er ist sein eigener Herr, doch er irrt sich gewaltig.

Macht ein Zoom- Out über die ganze Geschichte der Menschheit und verknüpft die Dinge miteinander und ihr werdet verstehen was ich meine!

SPIEGEL: Dass Wissen befreit, dass Erkenntnis auch eine moralische Komponente hat, dass Einsicht und Vernunft das Gute befördern und das Böse zähmen, das ist die Quintessenz europäischer Philosophie. Ihr Abschied vom Humanismus ist ein frontaler Angriff auf das westliche Menschenbild und auf zweitausend Jahre Philosophiegeschichte.
Gray:
Wissen macht uns nicht frei. Ja, das ist eine unstatthafte, schwer erträgliche Wahrheit. Seit Sokrates beruht das westliche Denken auf der Annahme, dass die Erkenntnis des Wahren unweigerlich zum Guten führt. Die Genesis der Bibel, der Mythos vom Sündenfall, sagt etwas anderes. Die Unschuld ist verloren, sie lässt sich nicht wiedergewinnen. Wir haben vom Baum der Erkenntnis gegessen, aber wir bleiben zu jeder Torheit und zu jeder Bosheit imstande.


Richtig erkannt.

Der Beweis, dass (äusseres) Wissen nicht frei macht, ist doch unser Leben. Wer von euch kann für einen Tag in den Wald oder in einer Abgeschiedenheit ohne diese sogenannte Zivilisation leben?!? Es gibt Kinder, die glauben, die Milch kommt aus dem Supermarkt. Sag einem (Stadt) Kind, er soll dir einen Tunfisch zeichnen, und er wird dir eine Konservendose zeichnen. Wir sind abhängiger geworden, als jemals zu vor. Darum werden wir jetzt alles mitmachen müssen, egal wo sie uns hinführen und egal ob uns das passt oder nicht. Sie haben uns fast dort wo sie uns haben wollten, nämlich in einer Ecke, wo wir „keine“ andere Wahl haben. Der Krieg mit Putin ist unausweichlich. WARUM? Weil sie das wollen und wir keine andere Wahl haben, ansonsten müssten wir diese Zivilisation (trügerisches, gottloses Banksystem) opfern. Alle sind betroffen! Klein und gross, weiss und schwarz, egal welcher Religion, wenn du Teil dieser gottlosen Zivilisation bist, wirst du folgen müssen. Und jeder wird sich eine Ausrede ausdenken, um sich selbst anzulügen und zu betrügen, seinen Gewissen (die letzte Gottgegebene Fitra überhaupt) zu beruhigen (unterdrücken).

Das mit der verloren Unschuld sehe ich als Muslim anders. Gott sagt, die Söhne Adams sind Sünder, doch der Beste von euch ist derjenige der noch rechtzeitig bereut und um Vergebung bittet. Mit Rechtzeitig meine ich, noch bevor Gott dir die Wahrheit glasklar vor deinen Augen zeigt, wie z.B. im Falle des Pharaos. Er bereute, doch es war zu spät.

SPIEGEL: Die Frage nach dem richtigen Leben hat Denker und Dichter, Propheten und Wissenschaftler von jeher beschäftigt. Falls die Hoffnung auf Fortschritt wirklich eine Illusion ist, wie Sie behaupten, wie sollen wir denn dann leben?
Gray: Der Nihilismus, auf dessen Gefahr Sie anspielen, verliert seinen Schrecken, wenn wir uns von der Zwangsvorstellung
lösen, das menschliche Leben müsse vor dem Sturz in den Abgrund der Sinnlosigkeit bewahrt werden. Ein gelungenes oder erfülltes Leben beruht nicht auf der Kapazität, einen Beitrag zur Weltverbesserung zu leisten. Die Gewissheit, dass es kein Heil gibt, ist selbst das Heil, so hat es der Schriftsteller E. M. Cioran formuliert. Das Leben hat keine Bedeutung, die über es selbst hinausweist.


Je nachdem was man unter Leben versteht.

Ich persönlich als Muslim sehe das ein wenig anders. Es gibt einen Kampf, zwischen Gut und Böse, zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen Licht und Dunkelheit. Die Geschichte muss mit der Bestätigung der Wahrheit enden. Doch das Schicksal der Geschichte ist nicht der einzige Faden, der den Menschen, sein Leben, seinem Sein, usw. betrifft. Da gibt es noch weitere Fäden. Der edle Qur`an bricht es herunter, macht es einfach und für jeden zugänglich, in dem ER sinngemäss sagt: Ich habe die Menschen und die Jinns nur aus dem Grund erschaffen, MIR zu dienen. Dort liegt das Heil. Das ist meine Überzeugung!

Im Islam musst du nicht unbedingt ein Sokrates sein, um deine Bedeutung zu erfüllen. Um Erkenntnis, Frieden und Überzeugung zu erlangen. Er ist für alle zugänglich, egal welchen Titel du trägst. Denn der Islam ist ein Zustand des Herzens.

SPIEGEL: Das entbindet uns aber nicht von der Notwendigkeit zu handeln. Wie kann ein Staatsmann sich mit der Vergeblichkeit seines Agierens abfinden?
Gray: Indem er pragmatisch, also so geschickt, so ehrlich und so gut wie möglich mit der vorgefundenen Situation umgeht. Das gute Leben ist nicht die Summe von Weltverbesserungs- oder Fortschrittsträumen, es ergibt sich aus dem Bewältigen schicksalhafter und damit leider auch tragischer Zufälle. Für die Moralphilosophen ist die Kontingenz, die Zufälligkeit der menschlichen Existenz, ein permanenter Skandal. Aber im Grunde ahnen wir, dass uns nichts gegen Schicksal und Zufall verlässlich schützen kann.

Schön erkannt.
Das ist der Glaube an das Verborgene (Ghaib).

Ich als Muslim würde den Hadith des Propheten hinzufügen, als er (saws) seinen Gefährten mit auf dem Weg gab: …urteile erstens mit dem Qur`an, dann mit meiner Sunnah, usw….bis am Schluss er (saws) sagte: …und wenn du nichts mehr findest, weder im Qur`an noch in der Sunnah, so benutze dein Verstand.


SPIEGEL: Das Leben als eine Abfolge von Zufällen - besteht der freie Wille in der Kunst der Improvisation, nicht in der Entscheidung zwischen Gut und Böse?
Gray: Jedenfalls kann das richtige Leben nicht im Versuch bestehen, irgendein Ideal zu verwirklichen. Wir müssen erkennen - und uns damit abfinden -, wie unfrei wir in Wirklichkeit sind. Das selbstbestimmte Leben ist ein moderner Fetisch. Wer die Welt durch Willenskraft verändern will, kommt dem Terrorismus im Namen der Vernunft oder des Guten gefährlich nahe, wie die Jakobiner während der Französischen Revolution oder die Bolschewiken unter Lenin, Trotzki und Stalin gezeigt haben.

Ich bin davon überzeugt, dass es ein Ideal gibt. Ich bin sowas davon überzeugt, dass es eine Gerechtigkeit gibt. Und ich bin sowas davon überzeugt, dass diese Gerechtigkeit noch vor dem Ende der Welt, noch einmal triumphieren und sich manifestieren wird. Und das nicht nur weil ich vielleicht zu viele Hollywood- Filme gekuckt habe. Denn diese Filme gehen meistens davon aus, dass ihre Gerechtigkeit, also dieses gottlose Elysium triumphiert, doch ich bin der Meinung, dass die Wahrheit und die Gerechtigkeit dieses Elysium gar nicht nötig hat!

Die Ungerechtigkeit, die Ausbeutung, die Unterdrückung, die Morde, die Sklaverei, das Blutvergießen, all die Tränen weltweit, das Schweigen, das Wegsehen, die Ignoranz, all das hat Konsequenzen! Ist eine nur Frage der Zeit!


SPIEGEL: Tiere suchen nicht nach Sinn …
Gray:… weshalb sie auch keinen Genozid begehen, obwohl Massaker unter Schimpansen gelegentlich vorkommen sollen
.

Gemäß dem Islam haben die Tiere keinen freien Willen, sondern folgen nur ihre gottgegebenen Instinkten. Daher werden sie auch nicht vor einem Jüngsten Gericht stehen!

SPIEGEL: Aber woher kommt das menschliche Bedürfnis nach Sinnhaftigkeit? Unterscheidet sich der Mensch vom Tier nicht doch dadurch, dass er ein metaphysisches Wesen ist?
Gray: Der Mensch ist sich seiner selbst bewusst und in sich gespalten, ein Opfer widerstreitender Tugenden und Instinkte. Das sind Tiere nicht. Dieses Selbstbewusstsein des Menschen führt ihn dazu, seine Sterblichkeit in Frage zu stellen, seine Endlichkeit. Manche Tiere können Trauer empfinden, doch Bestattungsrituale, Totenkult, Ahnengedenken praktiziert nur der Mensch. Der Tod ist ein Mysterium. Wir erleben den eigenen Tod nicht. Deshalb bezweifle ich, dass wir seine Endgültigkeit akzeptieren. Der Mensch bleibt das todesbestimmte Tier - das einzige.

Wir leben in einer Welt der Paare. Wie Allah te ala in Qur`an (sinngemäß) sagt: Er hat alles in Paare erschaffen. Somit gehört der Tod zum Leben. Somit sind das Diesseits und Jenseits auch ein Paar. Der Säkularismus blendet den Tod aus, blendet das Jenseits, das Unsichtbare, das Verborgene, das Geheime aus und bezieht sie in seiner alltäglichen Agenda (Politik, Justiz, Wirtschaft, Bildung, Öffentlichkeit, Nahrung, usw.) nicht mit ein. Damit leugnet (arabisch: KUFR) sie einen wesentlichen Teil der Wahrheit! Die Folgen daraus sehen wir heute, nämlich unsere einäugige Welt!

SPIEGEL : Soll man daraus schließen, dass er ohne Religion nicht auskommt?
Gray : Humanisten sagen, dass die Religionen Illusionen sind - aber vielleicht sind sie notwendige Illusionen.

Tausende von Jahren glauben die Menschen. Wenn man die Geschichte in ihrer Gesamtheit betrachtet, so haben die Menschen mehrheitlich geglaubt. Wenn man mit den Humanisten mitgeht, dann kommt man um die Schlussfolgerung nicht drum herum, dass die Menschen mehrheitlich in ihrer Geschichte falsch lagen. Dass die Menschen bis vor kurzem kein Plan von der Wahrheit hatten. Ich persönlich empfinde diese Schlussfolgerung als eine extreme Arroganz. Und Arroganz hat nichts mit der Wahrheit zu tun, sondern steht immer im Gegensatz zu der Wahrheit.

SPIEGEL: Aber gefährliche?
Gray: Das lehrt uns die Geschichte der Religionskriege ebenso wie der Fundamentalismus der Gegenwart. Diese Gefährlichkeit schwindet indes nicht, wenn wir Gott für tot erklären wie Nietzsche und
die metaphysische Sinn- und Heilssuche
zur weltlichen, insbesondere zur politischen Aufgabe machen. Es gibt nichts Schrecklicheres, und zugleich nichts Menschlicheres, als die Bereitschaft zu töten und zu sterben, um seinem Leben einen Sinn zu verleihen. Der Selbstmordattentäter - ich ziehe den Begriff Selbstmordmörder vor - ist der größte Skandal in der Geschichte menschlicher Verirrungen: Er bringt den Tod, anderen wie sich selbst, um in die Ewigkeit einzutreten. Der Tod ist sein Mythos.

Gefährlich wird es, wenn das Herz aufhört zu denken und zu steuern. Im Herz wohnt die Demut, die Rechtleitung, die Fitra, die Reue usw.

SPIEGEL: Fanatismus und Märtyrerkult sind nicht nur religiös bedingt. Sie kommen auch in den totalitären Ideologien des 20. Jahrhunderts zur Geltung.
Gray: Dort wird der religiöse Glaube ans Jenseits in den utopischen Glauben ans Ende der Geschichte umgewandelt. Beide Male herrscht mythologisches Denken. Die moderne Technik der Selbstmordanschläge wurde nicht nur von Islamisten, sondern vor allem von den Tamilen auf Sri Lanka angewandt. Die Tamilen-Tiger sind stramme Leninisten, also motiviert durch eine weltliche Ideologie, deren metaphysischer Kern das Versprechen der Freiheit in der Zukunft ist. Thomas Hobbes glaubte, dass die Geschichte sich aus dem Streben des Menschen nach Selbsterhaltung erklärt. Aber für den Menschen auf der Suche nach Sinn kann der Tod die Erfüllung bringen: das Ende als metaphysischer Sieg.

Das geht sehr in Spiritualität rein. Da reichen Worte nicht mehr aus.
SPIEGEL: Karl Popper empfahl den Politikern Stückwerkreformen statt Meisterplänen. Der deutsche Altkanzler Helmut Schmidt, der Popper sehr
schätzt, empfahl Politikern mit Visionen, zum Arzt zu gehen.
Gray: Unbedingt! Politik ist kein Mittel der Sinnstiftung für das menschliche Leben. Wer Visionen hat, sollte sich als Mystiker in die Einsamkeit der Natur zurückziehen. Oder als Mönch ins Kloster. Oder seine seherischen Fähigkeiten in Dichtung und Kunst umsetzen - Kunstwerke sind Salbungen der Seele.

Da bin ich anderer Meinung! Wir brauchen Visionäre, solcher aber, die ihr Herz am rechten Fleck haben. Welche mit zwei Augen sehen. Denn die Politik bestimmt das Leben aller und ohne rechtschaffene, zwei äugige und gerechte Visionäre, treibt sie alle Menschen in den Abgrund. Diese wird man aber immer ausgrenzen (ins Kloster oder einsam in der Natur verbannen) und ja nicht zur Macht kommen lassen. Denn solche, die ihr Herz am rechten Fleck haben, Mut, Rückgrat, Courage und Integrität besitzen, wären nicht mehr so einfach zu schmieren, korrumpieren und zu manipulieren.

Diese Art Menschen sind unzerstörbar, sie kennen keine Kompromisse mit der Wahrheit, auch dann nicht wenn du ihnen die Sonne auf der rechten Hand und den Mond auf die linke Hand anbietest.

SPIEGEL: Das Dumme ist nur, dass die Menschen Visionäres von ihren Führern erwarten. Ist nach dem Scheitern des Freiheits- und Demokratiekriegers George W. Bush Präsident Obama dagegen gefeit?
Gray: Er hat Charisma, und Charisma ist eine Versuchung, deren Gefahren Max Weber in seiner politischen Typologie schon analysiert hat. Der Charismatiker versteht es, die Zweifel der Massen zu zerstreuen und vermutlich auch seine eigenen. Ich schätze Obama sehr, aber es könnte ihm ergehen wie Michail Gorbatschow, und er wohnt hilflos dem relativen Niedergang der imperial überdehnten Weltmacht bei. Das ist in seinem Drehbuch nicht vorgesehen. Obama hat Probleme geerbt, die unlösbar sind. Gut möglich, dass er deswegen nur eine Amtszeit regiert.

The blackman in the whitehouse. Malcom X erklärt schön der Unterschied zwischen „the Houseslave and the fieldslave“.
Sehr lesenswert.

Ich erkläre euch mal ganz kurz anhand eines Beispiels was einäugig aus religiöser Sicht bedeutet. Vor 2000 Jahren, als der Messias (a.s.) in seiner Wiege gemeinsam mit seiner ehrenvollen Mutter (r.a.) im Heiligen Land erschien. Urteilten die Rabbiner einäugig, nur mit ihren hochmutigen Verstand. Es war helllichter Tag und sie (Allahs Wohlgefallen auf ihr) kam mit ihm (a.s.) mitten in Zentrum und jeder konnte sie (r.a.) sehen. Die Rabbiner kannten dieses Mädchen (r.a.), denn sie wuchs bei ihnen auf, im Tempel (Moschee Al-Aqsa). Wie urteilten sie? Ihr kennt die Geschichte. Es steckte mehr dahinter, als das blosse Auge erkennen konnte.

Denn die Realität der Dinge und die äußerliche Erscheinung standen diametral voneinander entgegengesetzt. Mit anderen Worten bedeutet das: Wenn du dich nur auf die äußerliche Erscheinung verlässt (z.B. unsere heutige Medienlandschaft) und dort dein Urteil fällst, wirst du nur auf der Oberfläche stecken bleiben und damit wirst du irregeleitet.

Und wir leben wieder in einer Zeit, wo man genauer hinsehen muss und sich nicht nur auf das eine Auge verlassen darf!

 
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