Von Susanne Simon
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Ibrahim Rugova (1945–2006) - Blutige Konflikte prägten sein Leben. Als er noch in der Wiege lag, stürmten serbisch-kommunistische Partisanen das Haus seiner Eltern. Vater und Grossvater wurden niedergeschlagen, verschleppt, getötet. Als er später in Pristina Literatur studierte, liess der serbische Geheimdienst «unbequeme» Albaner ermorden. Rugova verlor zwei Onkel, die vor den Augen ihrer Familien hingerichtet wurden. Den Vater seiner ersten Jugendliebe fand man mit einem Kopfschuss im Garten wieder. 1976, nach blutigen Unruhen, floh Rugova nach Paris. An der Sorbonne studierte er bei Barthes. Seither sei er «der Demokratie verfallen», sagte er. Und dem Pazifismus.
Als er zurück im Kosovo war, kam es im Frühling 1981 zu neuen Unruhen. Obwohl Rugova die brutalen Verhörmethoden der serbischen Polizisten am eigenen Leib kennen lernte, entschied er sich für gewaltlosen Widerstand. Als Existenzialist wollte er nicht hassen. Er wollte Frieden.
Als der serbische Diktator Slobodan Milosevic dem Kosovo die Autonomie nahm, bastelte Rugova an einem albanischen Schattenstaat mit Parallelverwaltung und eigenem Schul- und Gesundheitssystem. In inoffiziellen Wahlen wurde er mehrfach zum Präsidenten der Kosovaren gewählt. Im Westen sahen ihn viele als neuen Gandhi: unbeugsam, friedlich, leise und stark. Rugova erhielt den Toleranzpreis der Stadt Münster, den Sacharowpreis des Europäischen Parlaments und diverse Ehrendoktortitel.
Doch im Kosovo wuchs eine neue Generation heran, die an seinem Friedenskurs zweifelte und die Kosovo-Befreiungsarmee (UCK) gründete. Rugova bezeichnete diese zunächst als «Hirngespinst der Milosevic-Propaganda», später tat er die Kämpfer als «die Frustrierten» ab. Doch bald musste er einsehen, dass aus ihnen politische Rivalen heranwuchsen. Bei den gescheiterten Friedensgesprächen von Rambouillet Anfang 1999 drängte ihn UCK-Führer Hashim Thaci an den Rand. Und als ihn Milosevic während der Nato-Luftangriffe zwang, die Bombardierungen im serbischen Fernsehen zu kritisieren, verlor er bei den Kosovaren viel Prestige. Aber Rugova blieb mächtig. Im inzwischen von der Uno kontrollierten Kosovo gewann seine Partei, die Demokratische Liga, bei allen Wahlen. 2002 wurde er Präsident, zwei Jahre danach bestätigt. Er forderte von den USA und der EU, die Unabhängigkeit «Kosovas» anzuerkennen, «dann wird sich auch der Rest zum Besten fügen». Dies zu erleben, blieb ihm versagt. Ibrahim Rugova starb am 21. Januar in Pristina an Lungenkrebs
http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=13070&CategoryID=66
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Ibrahim Rugova (1945–2006) - Blutige Konflikte prägten sein Leben. Als er noch in der Wiege lag, stürmten serbisch-kommunistische Partisanen das Haus seiner Eltern. Vater und Grossvater wurden niedergeschlagen, verschleppt, getötet. Als er später in Pristina Literatur studierte, liess der serbische Geheimdienst «unbequeme» Albaner ermorden. Rugova verlor zwei Onkel, die vor den Augen ihrer Familien hingerichtet wurden. Den Vater seiner ersten Jugendliebe fand man mit einem Kopfschuss im Garten wieder. 1976, nach blutigen Unruhen, floh Rugova nach Paris. An der Sorbonne studierte er bei Barthes. Seither sei er «der Demokratie verfallen», sagte er. Und dem Pazifismus.
Als er zurück im Kosovo war, kam es im Frühling 1981 zu neuen Unruhen. Obwohl Rugova die brutalen Verhörmethoden der serbischen Polizisten am eigenen Leib kennen lernte, entschied er sich für gewaltlosen Widerstand. Als Existenzialist wollte er nicht hassen. Er wollte Frieden.
Als der serbische Diktator Slobodan Milosevic dem Kosovo die Autonomie nahm, bastelte Rugova an einem albanischen Schattenstaat mit Parallelverwaltung und eigenem Schul- und Gesundheitssystem. In inoffiziellen Wahlen wurde er mehrfach zum Präsidenten der Kosovaren gewählt. Im Westen sahen ihn viele als neuen Gandhi: unbeugsam, friedlich, leise und stark. Rugova erhielt den Toleranzpreis der Stadt Münster, den Sacharowpreis des Europäischen Parlaments und diverse Ehrendoktortitel.
Doch im Kosovo wuchs eine neue Generation heran, die an seinem Friedenskurs zweifelte und die Kosovo-Befreiungsarmee (UCK) gründete. Rugova bezeichnete diese zunächst als «Hirngespinst der Milosevic-Propaganda», später tat er die Kämpfer als «die Frustrierten» ab. Doch bald musste er einsehen, dass aus ihnen politische Rivalen heranwuchsen. Bei den gescheiterten Friedensgesprächen von Rambouillet Anfang 1999 drängte ihn UCK-Führer Hashim Thaci an den Rand. Und als ihn Milosevic während der Nato-Luftangriffe zwang, die Bombardierungen im serbischen Fernsehen zu kritisieren, verlor er bei den Kosovaren viel Prestige. Aber Rugova blieb mächtig. Im inzwischen von der Uno kontrollierten Kosovo gewann seine Partei, die Demokratische Liga, bei allen Wahlen. 2002 wurde er Präsident, zwei Jahre danach bestätigt. Er forderte von den USA und der EU, die Unabhängigkeit «Kosovas» anzuerkennen, «dann wird sich auch der Rest zum Besten fügen». Dies zu erleben, blieb ihm versagt. Ibrahim Rugova starb am 21. Januar in Pristina an Lungenkrebs
http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=13070&CategoryID=66