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Jugoslawienkrieg Chronologie 1992

Ivo2

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Croatia
1992
JANUAR 1992: In Sarajevo wird am 2.1. der Vance-Friedensplan zwischen Kroaten und JVA als bisher 15. Waf­fenstillstandsvereinbarung unterzeichnet und als erster auch eingehalten. Am 7.1. kommen beim Abschuss eines Hubschraubers durch die JVA fünf EG-Beobachter um. Tags darauf beschließt der UN-Sicherheitsrat die Entsen­dung von 50 Militärbeobachtern nach Kroatien. Der Schutz der Serben in Kroatien durch UN-Truppen wird von Milosevic als Begründung für die Einstellung der Kämpfe in Kroatien angegeben. Am 9.1. schließen sich die serbischen „autonomen Gebiete" zur Serbischen Republik in Bosnien-Herzegowina (Republika Srpska) zusam­men. In Makedonien organisieren Albaner am 10. und 11.1. ein (illegales) Referendum, das über 90 % Zustim­mung zu ihrer Unabhängigkeit ergibt. Die Badinter-Kommission hält am 11.1. fest, dass Kroatien in seinem Minderheitenschutz noch Mängel aufweise, ansonsten aber die Voraussetzungen für eine Anerkennung durch die EG erfülle. Am 13.1. werden Kroatien und Slowenien vom Vatikan, am 15.1. von der EG und von Österreich, Schweiz, Schweden, Finnland, Polen, Ungarn und Bulgarien anerkannt. Am 25.1. beschließt das Parlament von Bosnien-Herzegowina eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit, die von Karadzic als Kriegserklärung an die Serben bezeichnet wird.
februar 1992: An der Spitze der HDZ in Bosnien-Herzegowina wird Stjepan Kljuic, der für den Erhalt der Republik plädierte, vom Anhänger Tudmans und eines Anschlusses an Kroatien, Mate Boban, abgelöst. Am 11.2. vereinbart Makedonien mit der JVA deren Abzug. Die UN-Sicherheitsrats-Resolution 743 vom 21.2. umfasst die Stationierung von 14.000 Mann (UNPROFOR) in den serbisch besetzten Gebieten Kroatiens, dort die Entmilitari­sierung, die Stationierung einer Zivilpolizei und die militärische Beobachtung in vier „Schutzzonen" UNPAs. (Protection Area) Am 26.2. wird die „Republik Serbische Krajina" aus den drei „Autonomen Regionen" der Serben in Kroatien zusammengeschlossen, Präsident wird Goran Hadzic. Es erfolgt keinerlei internationale Aner­kennung, auch nicht aus Serbien.
 
MÄRZ 1992: Das am 29.2. begonnene Referendum in Bosnien-Herzegowina über die Unabhängigkeit ergibt am 1.3. bei einer Wahlbeteiligung von 64 % (unter serbischem Boykott) 99 % Zustimmung. Gleichzeitig votieren in Montenegro unter albanisch-muslimischem Boykott etwa 95 % der 63 % Referendumsteilnehmer für ein erneu­ertes „Jugoslawien". Am 1.3. feuert ein Krimineller auf eine serbische Hochzeitsgesellschaft in Sarajevo, worauf erste Barrikaden von Serben errichtet werden. Die Unabhängigkeit Bosnien-Herzegowinas wird am 3.3. verkün­det. Ab dem 6.3. beginnen die JVA und serbische Paramilitärs quer durch Bosnien-Herzegowina mit Angriffen. Ein am 9.3. von der EG bei ihrer zehnten Jugoslawien-Konferenz vorgelegter Verfassungsentwurf für Bosnien-Herzegowina wird von den Serben wegen der Beschneidung ihrer Souveränität zurückgewiesen. Am 17.3. wird der von der EG mit den Vertretern der drei Nationalitäten in Lissabon ausgehandelte Plan für Bosnien-Herzegowina mit „selbstverwalteten Kantonen" vorgelegt. Unzufrieden mit der Aufteilung weist am 24.3. die HDZ, tags darauf die SD A die Lissaboner Erklärung jedoch zurück. In Bosanski Brod und Gorazde wird erbittert gekämpft. Am 24.3. werden Slowenien und Kroatien in die KSZE aufgenommen. Am 27.3. verabschieden die bosnischen Serben eine Verfassung, die die Serbische Republik Bosnien-Herzegowina als integralen Bestandteil Jugoslawiens definiert. Ab 27.3. führen die „Tiger"-Einheiten des Milizenführers Arkan gezielte Schläge gegen wichtige logistische Punkte in Nord- und Ostbosnien. Ein Kongress serbischer Intellektueller in Sarajevo fordert unter der Ägide der SANU (Serbische Akademie) am 29.3. die Verwandlung Bosnien-Herzegowinas in eine „dreiteilige Gemeinschaft".
april 1992: Die SDS zieht am 1.4. die Mitarbeiter aus dem Innenministerium von Bosnien-Herzegowina zu­rück und kündigt die Aufstellung einer serbischen Polizei an. Am 4.4. wird von Verwüstungen und Massakern berichtet, die Arkans Einheiten mit Unterstützung von JVA-Truppen bei der Eroberung der strategisch wichtigen Stadt Bijeljina an der Grenze zwischen Serbien und Bosnien anrichteten; dabei wurden schätzungsweise 500 bosniakische Zivilisten umgebracht. Damit beginnt die serbische Offensive in Ostbosnien. Bis Ende des Monats wird die Mehrheit der Muslime aus den Städten Zvornik, Visegrad, Foca vertrieben, eine unbekannte Zahl umge­bracht. Überall werden die Moscheen gesprengt; in Foca die berühme Aladscha-Moschee aus dem 16. Jh. In Makedonien proklamieren Albaner am 5.4. eine „Albanische Autonome Republik Illirida". Ab dem 5.4. intensi­vieren sich in Sarajevo und anderen Orten die serbischen Angriffe; der bosnisch-herzegowinische Regierungschef Pelivan tritt zurück. Bosnien-Herzegowina wird am 6./7A von der EG und den USA anerkannt, zugleich erkennen die USA auch Slowenien und Kroatien an. Alle serbischen Regierungsmitglieder in Bosnien-Herzegowina treten zurück. Die Republika Srpska in Bosnien-Herzegowina mit der Hauptstadt Banja Luka wird proklamiert, „Regie­rungssitz" wird Pale. Am 8.4. erklärt das Staatspräsidium von Bosnien-Herzegowina den Ausnahmezustand und übernimmt die Regierung und den Oberbefehl über die zu gründenden Streitkräfte. Am selben Tag begehen Ein­heiten Arkans in der Stadt Zvornik weitere Massaker. Am 10.4. greift die Artillerie der JVA mehrere kroatische Städte an, es folgen gemeinsame Angriffe serbischer Truppen und der JVA auf muslimische und kroatische Städte. Widerstand wird in der Herzegowina von dem dort gegründeten Kroatischen Verteidigungsrat (HVO) und den Einheiten der Kroatischen Rechtspartei (HOS) geleistet. Die Einheiten der bosnischen Serben bringen immer mehr Gebiete unter ihre Gewalt, was zur Flucht und Vertreibung Hundertausender führt. In Banja Luka vertreiben serbische Behörden Kroaten und Muslime in Zusammenarbeit mit der JVA, die in der Nähe die Internierungslager Manjaca und Trnopolje errichtet. Am 12.4. einigen sich die drei Seiten in Bosnien-Herzegowina auf einen Waf-
fenstillstand, der nicht eingehalten wird. Am 15.4. wird Serbien von den USA als Aggressor verurteilt. Am 20.4. setzt die EG ihre Friedensmission aus. Tags darauf werden in Sarajevo Fernsehen und Elektrizitätswerk beschos­sen. Am 27.4. proklamieren Serbien und Montenegro die „Föderative Republik Jugoslawien" (auch: Bundesrepu­blik Jugoslawien) und erklären sie zur Rechtsnachfolgerin der SFRJ, was zur Verweigerung der Anerkennung durch die UNO fuhrt. In der Folge wird Jugoslawien aus der KSZE ausgeschlossen, die am 15.4. ein Ultimatum zur Einstellung der Kämpfe gestellt hat. In Slowenien ist unterdessen nach einem Misstrauensvotum gegen Peterle Janez Drnovsek zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Am 30.4. gibt die UNHCR die Schätzung über mehr als 400.000 bosnischen Vertriebenen (122.000 in Bosnien-Herzegowina selbst, 210.00 in Kroatien, 61.000 in Serbien, 12.000 in Montenegro und 10.000 in Slowenien) heraus.
 
mai 1992: Bosnien-Herzegowina ist seit dem 1.5. das 52. Mitglied der KSZE. Am 2.5. wird Izetbegovic von JVA-Einheiten einen Tag lang als Geisel gefangen gehalten. Am 4.5. legt das jugoslawische Staatspräsidium den Oberbefehl über die JVA in Bosnien-Herzegowina nieder und ruft die aus der Föderation Jugoslawien stammen­den Soldaten zurück. In der JVA werden über vierzig Generäle entlassen, darunter der Nachfolger des Verteidi­gungsministers Kadijevic, Blagoje Adzic, und der Oberbefehlshaber aus Sarajevo Milutin Kukanjac. Die JVA spaltet sich in die „Armee der serbischen Republik Bosnien-Herzegowina" (VRS) und die „Armee Jugoslawiens" (VJ). Am 6.5. treffen in Graz Boban und Karadzic zu Verhandlungen zusammen. Am 8.5. wird in Kroatien die Stärkung der Minderheitenrechte beschlossen, zwei Gebiete mit serbischer Mehrheit sollen einen Autonomiestatus erhalten. Am 11.5. rufen die EG-Staaten ihre Botschafter aus Belgrad zurück, zuvor waren die EG-Beobachter aus Bosnien-Herzegowina abberufen worden, nachdem einer von ihnen umgekommen war. Das Parlament der bosni­schen Serben setzt am 12.5. ein Staatspräsidium unter dem Präsidenten Karadzic sowie eigene Streitkräfte unter dem Kommando von General Ratko Mladic ein. Am 14.5. wird die Armee von Bosnien-Herzegowina (ARBiH) offiziell konstituiert. Ab dem 20.5. ist die JVA offiziell nicht mehr in Bosnien-Herzegowina präsent. An vielen Orten der Republik wird erbittert gekämpft, etwa eine Million Menschen sind auf der Flucht. Am 22.5. werden Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina in die UNO aufgenommen. Sieg der Demokratischen Liga des Kosovo (LDK) mit 76 % bei den illegalen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen vom 24.5. im Kosovo, Ibrahim Rugova erhält als einziger Präsidentschaftskandidat 99 %, Regierungschef wird Bujar Bukoshi. In Sarajevo wer­den am 27.5. achtzehn Zivilisten von einer Granate getötet. Tags darauf beschließt die EG Sanktionen gegen die FR Jugoslawien, am 30.5. folgt Resolution 757 des UN-Sicherheitsrats über ein Öl- und Handelsembargo, die Unterbindung des Flugverkehrs und das Einfrieren der Auslandskonten. Muslime aus Kozarac und Prijedor in Nordbosnien werden in die Lager Keraterm oder Omarska gebracht, wo sie gefoltert, viele umgebracht werden. Aus Bosanski Novi werden viele Muslime in Zügen nach Kroatien deportiert. Oft müssen sie unterschreiben, dass sie „dauerhaft" die Gemeinde verlassen und dieser ihr Eigentum überlassen. Junge Frauen werden verschleppt und systematisch vergewaltigt, die berüchtigtste Einrichtung dazu ist in Luka bei Brcko. Die Wahlen in der FR Jugos­lawien am 31.5. ergeben unter Oppositionsboykott eine Beteiligung von 56 %. In der ersten Kammer erhalten die serbischen Sozialisten 73, die montenegrinischen Sozialisten 23 der insgesamt 138 Sitze. Die Radikale Partei Vojislav Seseljs erhält 30 Sitze.
JUNI 1992: Am 3.6. bescheinigt die Badinter-Kommission, dass in Kroatien nun ausreichender Minderheiten­schutz gewährt werde. Die letzten Einheiten der JVA verlassen am 6.6. Sarajevo, das gleich anderen Zielen wie Dubrovnik weiter beschossen wird. Am 8.6. beschließt der UN-Sicherheitsrat in Resolution 758, den Flughafen von Sarajevo mit 1100 Blauhelmen zu sichern, um die Verteilung der humanitären Hilfe zu ermöglichen. Am 15.6. wird Dobrica Cosic, Schriftsteller und SANU-Mitglied, zum Präsidenten der FR Jugoslawien gewählt. Zuvor war die Politik Serbiens von einigen Akademiemitgliedern kritisiert worden. Die EG erkennt auf Druck Griechenlands die Unabhängigkeit Makedoniens nicht an. Am 16.6. treffen Izetbegovic und Tudman ein militärisches Bündnis. Beim Zurückschlagen der serbischen Belagerer von Mostar durch HVO und HOS kämpfen Kroaten und Muslime gemeinsam. Doch am Kupres-Pass, einem wichtigen Zugang nach Bosnien von Westen, wird der HVO in schwe­ren Kämpfen von den serbischen Einheiten geschlagen. Am 19.6. fordern die Außenminister der Islamischen Konferenz ein internationales militärisches Vorgehen gegen die Serben. Im Kosovo wird am 23.6. die konstituie­rende Sitzung des Parlaments durch serbische Polizei verhindert. Am 28.6. besucht der französische Präsident Mitterrand das umkämpfte Sarajevo, am 29.6. wird dort der Flughafen von den Serben an die UNO übergeben, deren Generalsekretär durch die UN-Sicherheitsratsresolution 761 zum Einsatz weiterer Truppen ermächtigt wird.
 
juli 1992: Milan Panic, der lange in den USA gelebt hatte, wird am 1.7. zum Ministerpräsidenten Jugosla­wiens gewählt. US-Kriegsschiffe kreuzen zeitweilig vor der Adriaküste, der Beschuss von Dubrovnik wird da­durch nicht gestoppt. Am 2.7. übernimmt die UNPROFOR die Kontrolle über alle Schutzzonen in Kroatien, wird aber in der Folge keine Rückkehr der vertriebenen Kroaten durchsetzen. Ab 2.7. wird der Flughafen Sarajevo für eine EG-Luftbrücke genützt. Am 3.7. proklamieren die Führer der HDZ eine „Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna" unter der Führung von Mate Boban. Am 9.7. verkünden Tudman und Izetbegovic die Wahrung der bos-nisch-herzegowinischen Integrität gegen die serbische Aggression und beschließen auch formell eine militärische Zusammenarbeit. Am 10.7. beschließen Nato und WEU, das Embargo gegen die FR Jugoslawien mit Kriegsschif­fen durchzusetzen. Daraus wird der erste Nato-Einsatz mit UN-Mandat. Die KSZE beschließt die Entsendung von Beobachtern nach Jugoslawien, das als Haupt- aber nicht Alleinschuldiger am Krieg verurteilt und von den Bera-
tungen der KSZE ausgeschlossen wird. Mitte des Monats richtet sich die serbische Offensive auf die Herstellung einer Verbindung zwischen „Krajina" und Serbien. Das von Serben belagerte Gorazde wird beschossen. Am 15.7. setzt Lord Carrington in London die Friedensverhandlungen fort. Ein am 19.7. in Bosnien-Herzegowina geschlos­sener Waffenstillstand wird in weniger als zwei Stunden bereits wieder gebrochen. In Zagreb unterzeichnen Tud­man und Izetbegovic am 21.7. ein Abkommen, wodurch der Status von HVO legalisiert und als Teil der Abwehr­kräfte von Bosnien-Herzegowina anerkannt wird. Am 26.7. beschließt das Parlament der bosnischen Serben die Grenzen einer „Republika Srpska" auf dem von ihnen zu diesem Zeitpunkt kontrollierten Territorium von über 2/3 Bosnien-Herzegowinas.
AUGUST 1992: Bei den ersten direkten Präsidentschaftswahlen in Kroatien am 2.8. siegt Tudman mit 57 % vor Drazen Budisa 22 % (Kroatische Sozialliberale Partei HSLS). Im Parlament erringt die HDZ 85 Sitze (41,3 % der Stimmen), die HSLS 14 (17,3 %), die kleineren Parteien jeweils nicht mehr als 8 Sitze. US-Präsident George Bush droht am 6.8. mit der Entsendung von Bodentruppen nach Bosnien-Herzegowina zur Sicherung der Hilfslie-ferungen, am 11.8. wird dies auch vom Kongress gefordert, ebenso der Zugang zu Gefangenenlager. Zuvor hatten sich Meldungen über Verbrechen in den serbischen Lagern Omarska, Manjaca, Keraterm und Trnopolje in Bos­nien-Herzegowina gehäuft. Am 13.8. verurteilt der UN-Sicherheitsrat in Resolution 771 die ethnischen Säuberun­gen und beschließt in Resolution 770, mit „allen erforderlichen Maßnahmen" die Hilfslieferungen durchzusetzen. Dieser Forderung schließt sich am 14.8. die KSZE an. Bei einer Konferenz des UNHCR am 13. und 14.8. wird der ehemalige polnische Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki zum UN-Sonderbeauftragten für Menschenrechte ernannt. Lord Owen folgt Lord Carrington, der am 25.8. sein Amt niederlegt, als EG-Friedensunterhändler. Am 26.-28.8. bringt die Londoner Jugoslawien-Konferenz erstmals alle Konfliktparteien an einen Tisch. Ende des Monats legt Mazowiecki einen ersten Bericht über Menschenrechtsverletzungen vor und empfiehlt einen UN-Einsatz zur Verteidigung der Zivilbevölkerung.
 
september 1992: Der Europarat lehnt den Aufnahmeantrag Kroatiens wegen mangelnder Einhaltung der Menschenrechte am 1.9. ab. Am 3.9. stürzt ein italienisches Transportflugzeug bei Sarajevo, wahrscheinlich von einer Rakete getroffen, ab, worauf die UNO die Flüge mit Hilfslieferungen einstellt. Am 3.9. nimmt die Jugoslawien-Konferenz unter Vorsitz von Vance und Owen als ständige Einrichtung von EG und UNO ihre Arbeit auf. In Makedonien wird am 4.9. eine Koalitionsregierung unter Branko Crvenkovski und der Beteiligung von albanischen Parteien gebildet. In Serbien scheitert am 4.9. ein Misstrauensantrag der Sozialistischen Partei Ser­biens und der Serbischen Radikalen Partei gegen Ministerpräsident Milan Panic. Ein iranisches Flugzeug mit Waffen für Bosnien wird am 10.9. von Kroatien zurückgeschickt. Am 14.9. begegnen Tudman und Izetbegovic den ersten bosniakisch-kroatischen Feindseligkeiten in Mittelbosnien mit einer Vereinbarung zu deren Einstellung; Resolution 776 des UN-Sicherheitsrats sieht die Aufstockung der UNPROFOR-Truppen von 1.500 auf 6.000 Mann in Bosnien-Herzegowina vor. Am 17.9. nimmt die serbische Artillerie den Beschuss von Sarajevo wieder auf, der zuletzt Ende August besonders massiv gewesen war. Am 19.9. weist Resolution 777 des UN-Sicher­heitsrats den Anspruch Jugoslawiens auf Rechtsnachfolge der SFRJ und damit auf den Sitz in der UNO zurück. Am 22.9. schließt die UN-Hauptversammlung Jugoslawien mit 127 gegen 6 Stimmen, davon neben Jugoslawien fünf afrikanische Staaten, und 26 Enthaltungen aus. Am 23.9. unterzeichnen Tudman und Izetbegovic ein Ab­kommen zur militärischen Koordination. Am 30.9. unterschreiben Tudman und Cosic eine Erklärung über die Normalisierung der kroatisch-jugoslawischen Beziehungen und den serbischen Rückzug von der Halbinsel Prevlaka bei Dubrovnik, auf der eine entmilitarisierte Zone unter UN-Schutz errichtet wird. Ende des Monats liegen erste Berichte vor, dass muslimische Frauen systematisch vergewaltigt werden.
oktober 1992: Der französische General Philippe Morillon übernimmt das Kommando über die UNPRO-FOR in Bosnien. Am 3.10. wird Sarajevo wieder aus der Luft versorgt. Die Resolution 779 des UN-Sicherheitsrats vom 6.10. unterstützt den zwischen Tudman und Cosic vereinbarten Austausch von gefangenen Zivilisten und fordert den Rückzug der Jugoslawischen Armee aus Kroatien. Resolution 780 sieht die Errichtung eines Kriegs­verbrechertribunals vor. Serbische Truppen nehmen Bosanski Brod ein, nachdem sich die HVO-Truppen zurück­gezogen haben, und sprengen die Save-Brücke nach Kroatien. Nun sind die bosnisch-serbischen Gebiete bis nach Kroatien (zur „Krajina") zusammengeschlossen. Am 9.10. verabschiedet der UN-Sicherheitsrat in Resolution 781 ein Flugverbot über Bosnien-Herzegowina, definiert aber nicht, wie Verstöße zu ahnden sind. Am 19.10. treffen erstmals Izetbegovic und Cosic zusammen. In Zentralbosnien kommt es zu Kämpfen zwischen Muslimen und Kroaten. Am 16.10. wird offiziell die „Serbische Armee der Krajina" (SVK) gegründet. Am 20.10. beenden die Serben nach dreizehn Monaten die Belagerung von Dubrovnik. Am 22.10. berichtet Mazowiecki über Massengrä­ber in Vukovar und warnt vor dem drohenden Völkermord an den Muslimen. Am 25.10. wird Mostar zur Haupt­stadt von „Herceg-Bosna" proklamiert, das die bis dahin gebildeten kroatischen „Gemeinschaften" zusammen­schließt. Nach der Einnahme von Jajce durch VRS am 28.10. fliehen die meisten Muslime nach Travnik, die Kroaten nach Mostar (25.000 insgesamt), nachdem sie fünf Monate lang gemeinsam Widerstand geleistet haben; die serbische Offensive kommt danach zum Erliegen.
 
november 1992: Die Serben aus Bosnien und Kroatien beschließen am 31.10./1.11. in Prijedor, eine „Union der Serbischen Staaten" mit gemeinsamer Armee zu bilden, was aber nicht umgesetzt wird. Izetbegovic und Tudman verurteilen am 1.11. die Zusammenstöße zwischen der ARBiH und dem HVO in Mittelbosnien, worauf
diese zurückgehen, in Mostar aber zunehmen. In Makedonien kommen bei Auseinandersetzungen albanischer De­monstranten mit der Polizei vier Menschen um. Am 7.11. sind UNPROFOR-Truppen erstmals in einen Kampf­einsatz verwickelt. Am 10.11. wird Mile Akmadzic Ministerpräsident einer Koalitionsregierung aus HDZ und SDA in Bosnien-Herzegowina. UN-Sicherheitsrats-Resolution 787 vom 16.11. sieht bei den Sanktionen gegen Jugoslawien auch eine Hafenblockade und die Genehmigungspflicht für Transitlieferungen durch das Krisengebiet vor, am 18.11. unterstützt der Nato-Rat die Seeblockade. In den folgenden Tagen kommen nach langen Behinde­rungen die ersten UN-Hilfskonvois in die von den Serben belagerten Städte Tuzla, Gorazde und Srebrenica durch.
dezember 1992: Nach UNHCR-Schätzungen hat der Krieg mittlerweile zu 3 Millionen Flüchtlingen gefuhrt, davon 1,7 Millionen in Bosnien-Herzegowina. Bei den Wahlen in Slowenien am 6.12. siegen die Liberaldemokra­ten mit 22 von 90 Sitzen vor den Christdemokraten (15 Sitze), einer Vereinigten Liste (14), der Slowenischen Nationalpartei (12) und kleineren Parteien mit je bis zu 10 Sitzen. Milan Kucan wird mit 64 % vor dem Christde­mokraten Bizjak (21 %) als Präsident wieder gewählt. Am 11.12. beschließt der UN-Sicherheitsrat in Resolution 795 die präventive Stationierung von UN-Truppen in Makedonien. Jugoslawien wird am 15.12. vom Inter­nationalen Währungsfonds ausgeschlossen. Am 16.12. werden in Genf die internationalen Friedensverhandlungen fortgesetzt. In einer vom US-Außenminister Lawrence Eagleburger vorgelegten Liste von Kriegsverbrechern sind auch Milosevic, Mladic und Karadzic enthalten. Letzterer wird am 18.12. vom Parlament der bosnischen Serben als Präsident der „Serbischen Republik Bosnien" bestätigt, nachdem dieses Parlament den Krieg für beendigt erklärt hat. Resolution 798 des UN-Sicherheitsrats verurteilt die Massenvergewaltigungen von Musliminnen und fordert die sofortige Schließung aller Internierungslager. Am 20.12. endet zum zweiten Mal die auf ein Jahr be­grenzte Präsidentschaft Izetbegovics, aber er weigert sich, das Amt an das kroatische Mitglied des bosnischen Präsidiums weiterzugeben. In Jugoslawien wird am gleichen Tag bei den Wahlen Milosevic (56 %) vor Milan Panic (34 %) als Präsident bestätigt. Von 138 Parlamentssitzen („Rat der Bürger") erringt die Sozialistische Partei SPS 47, die Serbische Radikale Partei SRS 34, das Oppositionsbündnis DEPOS 20, die Demokratische Sozialisti­sche Partei Montenegros 17, kleinere Parteien bis zu je fünf Sitze. In Serbien gewinnt die SPS 101 von 250 Sitzen, die SRS 73 und DEPOS 49. Bei den Präsidentschaftswahlen in Montenegro liegt Momir Bulatovic vor Kostic. Am 29.12. wird der jugoslawische Ministerpräsident Panic durch Misstrauensantrag gestürzt, Nachfolger wird Kontic.
 
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