Das Gesetz gefährde die Einheit der Muslime und ihre Existenz in Österreich, kritisiert der türkische Theologe Görmez. - Foto: APA/BARBARA GINDL
PARLAMENT
Islamgesetz Neu: Türkische Kritik, deutsches Lob
Letztes Update am 25.02.2015, 15:24
Heute wird die umstrittene Novelle beschlossen. Interesse kommt aus Deutschland, aus der Türkei hagelt es hingegen Empörung und Kritik.
Nach monatelangen Diskussionen wird heute im Nationalrat endlich das neue Islamgesetz beschlossen. Diese grundsätzliche Überarbeitung des aus dem Jahr 1912 stammenden Gesetzes bringt Muslimen mehr Rechtssicherheit, verbietet andererseits aber die Auslandsfinanzierung der religiösen Vereine und ihrer Funktionsträger.
"Islamgesetz wirft Österreich 100 Jahre zurück"
Das stößt weiterhin auf viel Kritik, nicht nur unter Muslimen in Österreich. Der Chef der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Mehmet Görmez, lehnt die Novelle ab. Wie das Ö1-Mittagsjournal berichtete, kritisierte er es als diskriminierend und als Rückschritt.
Görmez sprach von einem "gewaltigen Fehler", zitierte ihn das ORF-Radio. Er befürchte, "dass das geplante Gesetz Österreich um 100 Jahre zurückwerfen wird, was die Freiheit der Religionen in dem Land betrifft". Es gefährde die Einheit der Muslime und ihre Existenz. Im Zentrum der Kritik steht das Verbot der Auslandsfinanzierung, denn rund 60 der etwa 300 Imame in Österreich sind über den Verein ATIB aus der Türkei entsandt.
Nicht nur Österreich wird von Görmez kritisiert. Der Islam sei eine universale Religion. Wenn Länder glaubten, sie könnten sich ihre eigene Version davon zusammenzimmern, hätten sie sich getäuscht.
Lob aus Deutschland
Aus Deutschland hingegen kommen lobende Reaktionen: Die Union zeigt sich angetan. Franz-Josef Jung, Vize-Fraktionschef und Beauftragter für Kirchen und Religionsgemeinschaften in der CDU/CSU, findet das Anliegen und die Zielrichtung im Grundsatz richtig. "Wir haben uns auch schon länger mit der Frage beschäftigt, ob Imame aus dem Ausland finanziert und von dort entsandt werden sollten."
Auch andere Länder hätten schon Interesse am Islamgesetz gezeigt, so Außenminister Sebastian Kurz. Er nennt neben Deutschland Frankreich und die Schweiz.
"Generalverdacht gegenüber Muslimen"
Auch der Verein ATIB meldete sich am Mittwoch zu Wort. Der Versuch, einen "Islam österreichischer Prägung" zu schaffen, verkenne das eigentliche Bedürfnis nach Förderung religiöser Vielfalt und gegenseitigem Respekt und mache das Islamgesetz zu einem Sicherheitsgesetz, hieß es in einer Presseerklärung.
Das ausschließlich im Islamgesetz verankerte Verbot der Auslandsfinanzierung und "der dem Gesetz weiterhin anhaftende Generalverdacht gegenüber Muslimen" sei mit den Grundwerten der österreichischen Verfassungs- und Rechtsordnung und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht in Einklang zu bringen, so ATIB weiter. Man werde "die in einem demokratischen Rechtsstaat zur Verfügung stehenden Mittel dafür einsetzen, um Gleichheit für alle herzustellen".
"Meilenstein für Aleviten"
Durchwegs positiv fiel dagegen die Einschätzung der Islamisch Alevitischen Glaubensgemeinschaft in Österreich aus. Die geplante Verabschiedung des Islamgesetzes stelle einen "Meilenstein für das Alevitentum in Österreich" dar, hieß es in einer Aussendung.
Am Dienstagabend fand vor dem Parlament in Wien eine Protestkundgebung gegen das Gesetz statt, zu dem das Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft aufgerufen hatte. Nach Polizeiangaben nahmen rund 200 Personen teil. In Österreich mit seinen knapp neun Millionen Einwohnern leben heute etwa 570 000 Muslime.
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