John Wayne
Keyboard Turner
13.08.2012 · Migranten haben in Motorradgangs wie den Hells Angels und Bandidos an Macht gewonnen. Ein Ex-Kampfsportler und ein ehemaliger PKK-Aktivist über die unverzichtbaren „Kanaken in den eigenen Reihen“.
„Die Kanaken sind brutal. Die freuen sich, wenn es Stress gibt.“ Yusuf redet über die Migranten in der Rockerszene. Er ist selbst einer von ihnen, ein einflussreicher Bandido. Schon oft war er in gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt. „Seit einigen Jahren mischen die Kanaken ordentlich mit in der Szene“, sagt er. Türken, Kurden, Araber, Perser.
Es ist ein sonniger Sommerabend, der Rocker sitzt in einer Teestube in einer Stadt in Nordrhein-Westfalen. Ganz leer ist der Laden. Kein Wunder. Die Wände sind vom Zigarettenrauch vergilbt, Bilder zeigen den Bosporus und Strände mit Palmen. Sie passen nicht zum Rest der Teestube mit ihrem ranzigen PVC-Boden. Die milchigen Fensterscheiben sorgen dafür, dass niemand von der Straße reinschauen kann. Hier fühlt Yusuf sich sicher.
Aus Rivalen wurden Verbündete
Er sagt, dass in manchen Ortsgruppen, die bei den Bandidos „Chapter“ heißen, gebürtige Deutsche inzwischen in der Minderheit seien. Es gibt sogar Chapter, in denen kein einziger gebürtiger Deutscher Mitglied ist. Bei den Hells Angels ist es nicht viel anders. Rocker betonen oft, dass Zusammenhalt ihnen heilig sei. „Auch in orientalischen Kulturen wird dieser Wert hochgehalten, das passt“, sagt Yusuf. Und die Rockerbanden haben sich geöffnet. „Wenn die einen Kanaken haben, müssen die anderen nachziehen.“ Die Rockerclubs haben sich so ihre Konkurrenten einverleibt. Denn jahrelang beherrschten Türken und Araber die Türsteherszene, sie waren die größten Feinde der Hells Angels und Bandidos. Jetzt sind viele von ihnen selbst Rocker.
Yusuf sitzt lässig im Stuhl, den Körper zurückgelehnt. Er wirkt nicht aggressiv, auch wenn er von Prügeleien und Messerstechereien berichtet. Obwohl „Kanaken“ wie er im Aufwind sind, verliert Yusuf kein schlechtes Wort über seine deutschen Kameraden. Aber wenn er über sie spricht, klingt es, als rede er über eine bedrohte Art. Es sei gut, auch Deutsche dabei zu haben: „Die haben Köpfchen, und manche von denen sind auch mutiger als die Ausländer.“ Es gibt Rocker, die sich weniger diplomatisch ausdrücken als Yusuf. „Die Kanaken übernehmen die Macht“, sagt einer aus der Szene.
Hells Angels versus Bandidos
Der Inhaber der Teestube kommt vorbei. Er stellt zwei Gläser Tee auf den Tisch und fragt Yusuf leise auf Türkisch: „Soll ich rausgehen?“ Das Gespräch über Gewalt, Prostitution und Drogen macht ihm Angst. „Es ist Ihre Entscheidung, ob Sie rausgehen.“ Er geht.
Yusuf ist groß, tätowiert. Das enge T-Shirt betont seine Muskeln. Früher war er ein erfolgreicher Kampfsportler. „Aber Kampfsport bringt nichts, die zücken sofort Messer, wenn es Stress gibt.“ Mit „die“ meint er die Hells Angels, mit denen sich die Bandidos in jüngster Zeit besonders in Nordrhein-Westfalen immer wieder Kämpfe liefern, in Köln, Mönchengladbach, Duisburg. Es geht um Gebietsansprüche. Das Rheinland ist von den Hells Angels dominiert, das Ruhrgebiet von den Bandidos. Doch beide Gruppen wollen expandieren und die anderen Clubs zurückdrängen. Dabei geht es um Drogen- und Waffengeschäfte und um Prostitution.
„Eigentlich haben wir doch alle keinen Bock auf Stress“, sagt Yusuf. Er mag es auch nicht, wenn von einem „Rockerkrieg“ gesprochen wird. Doch wenn es Stress gibt, sei es gut, „Kanaken“ in den eigenen Reihen zu haben.
Türkischer Alpha-Rocker
Der bekannteste Kanake in der Rockerszene ist Kadir P. Der Hobbyboxer ist vermutlich auch der brutalste. Die Staatsanwaltschaft warf dem Chef einer Berliner Bandido-Gruppe 2007 vor, den Hells Angel Robert F. vor dessen Wohnung in Berlin mit drei Stichen am Oberschenkel verletzt zu haben. Nachweisen konnte ihm das aber niemand. 2008 wurde Kadir P. wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung verurteilt, nachdem einem Hells Angel mit einer Machete fast der Arm abgeschlagen worden war. Kadir P. hatte immer wieder Ärger mit anderen Bandido-Chefs, weil er und seine türkische Gruppe sich nicht an Abmachungen hielten. Deswegen signalisierte P., die Seiten wechseln zu wollen. Das war die Chance für die Hells Angels, ihn anzuwerben und damit auf einen Schlag mehr als ein Dutzend türkische Rocker zu gewinnen. Dass Kadir P. an Angriffen auf Hells Angels beteiligt gewesen war, spielte bei den Übertrittsverhandlungen offensichtlich keine allzu große Rolle. Das schien vergeben und vergessen zu sein, als die Verhandlungen liefen. Wenn es ums Geschäft geht, darf ein Rocker nicht nachtragend sein. Am 2. Februar 2010 wechselten 15 Mitglieder der Bandidos und Dutzende Unterstützer die Seiten, angeführt von Kadir P. - damit verschoben sich die Machtverhältnisse deutlich zugunsten der Hells Angels. Es war das erste Mal, dass Migranten in der Rockerszene im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit standen.
Mit der Rekrutierung von Migranten konnten die Rockerclubs innerhalb weniger Jahre stark wachsen und Einfluss gewinnen. Zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen: Dort hat sich die Zahl der Ortsgruppen bei den Hells Angels und den Bandidos seit 2005 fast verdoppelt. Allein seit Mai 2011 gab es vier Neugründungen von Ortsgruppen bei den Hells Angels, sieben bei den Bandidos. Doch nicht nur bei den großen Rockerclubs machen die Migranten mit. Es gibt inzwischen auch viele, die sich in eigenen Clubs organisieren. Azad ist einer von ihnen. Er ist Chef des Rockerclubs Median Empire, der seinen Hauptsitz in Köln hat. Nach eigenen Angaben sind die Rocker auch in Viersen, Nürnberg, Karlsruhe und Duisburg aktiv.
Vom PKK-Aktivisten zum kurdischen Rockerboss
Ein erstes Telefonat mit Azad, ein gemeinsamer Bekannter hat den Kontakt hergestellt. Azad klingt freundlich: Man könne sich mal treffen und dann weitersehen. Einige Tage später meldet sich ein junger Mann am Telefon, der „Secretary“ des Clubs. „Komm um sieben Uhr zum Friesenplatz, wir holen dich ab.“ Der Platz ist mitten in Köln, an der Ausgehmeile der Stadt. Der Secretary ist pünktlich und weist den Weg in ein türkisches Restaurant in der Nähe. Azad wartet schon. Er ist nicht allein. Etwa 15 seiner „Jungs“ hat er mitgebracht, alle sind um die 20 Jahre alt. Der Rockernachwuchs. Die meisten von ihnen sehen sportlich aus, ihre Schultern sind aber nicht besonders breit. Bis sie zu den etablierten Rockern aufschließen können, müssen sie noch oft ins Fitness-Studio.
Azad sitzt am Kopf des Tisches, dichtgedrängt um ihn herum die anderen. Es ist so eng, dass man sich kaum bewegen kann. Ein Jahr lang war Azad Mitglied der Mongols, bevor er im November letzten Jahres Median Empire gründete. Die Rocker beziehen sich mit dem Namen auf das medische Reich, das vom achten bis zum sechsten Jahrhundert vor Christus bestand. Viele Kurden sehen sich als Nachfahren der Meden. „Bei den Mongols war kein Respekt da. Es wurde gelogen, verarscht“, sagt Azad. Hinter seinem Rücken sei er als „Zuchtkanake“ bezeichnet worden. Azads Stimme hebt sich. Was genau passiert ist, will er nicht erzählen: „Darüber redet man nicht“.
Azad ist mit 30 der Älteste am Tisch. Ein agiler Typ, sehr aufrechter Gang. Er trägt einen buschigen Schurrbart, der typisch ist für viele Kurden. Seine Eltern hatten in der kommunistischen Partei Irans ihre politische Heimat. Azad selbst war viele Jahre lang im Umfeld der verbotenen Arbeiterpartei PKK aktiv.
Azad ist mit 30 der Älteste am Tisch. Ein agiler Typ, sehr aufrechter Gang. Er trägt einen buschigen Schurrbart, der typisch ist für viele Kurden. Seine Eltern hatten in der kommunistischen Partei Irans ihre politische Heimat. Azad selbst war viele Jahre lang im Umfeld der verbotenen Arbeiterpartei PKK aktiv.
„Die Blonden haben Angst vor den Kanaken“
Wenn er über Ausländer in der Rockerszene spricht, klingt er martialisch. „Die Blonden haben Angst vor den Kanaken. Die träumen nachts, dass sie ihnen ein Messer in den Rücken rammen.“ Er selbst sei aber nicht gewalttätig - „natürlich nicht“. Median Empire habe nichts mit Drogen oder Prostitution zu tun, sagt Azad. Sein Rockerclub habe aber in Köln „vier Türen“. Heißt: in vier Diskotheken stellt er die Türsteher. Median Empire ist für die Männer auch eine berufliche Chance.
Wenn sie zusammen im Restaurant sitzen, bleiben die umliegenden Tische frei. Niemand will in der Nähe der Rocker sitzen. Auch der Kellner schaut nur zwei Mal ganz kurz vorbei.
Dann kommen noch mehr Männer rein, sie gehen auf Azad und seine Jungs zu. Vorneweg geht ein stämmiger Deutscher mit Glatze. Er trägt einen schwarzen Jogginganzug, darüber eine Kutte. Seinen Kopf hat er leicht in den Nacken gelegt, er schaut ernst, fast aggressiv. Das Gespräch am Tisch verstummt. Dann stehen Azad und seine Jungs auf, um ihn zu begrüßen.
Rockerdasein als Lebensinhalt
Der Deutsche wird als Chef der Viersener Gruppe vorgestellt. Der deutsche Chef einer kurdischen Rockergruppe - ein Integrationserfolg. Bei Median Empire seien nur etwa 50 Prozent der Mitglieder und Anhänger Kurden, sagt Azad. Es sei bei den Rockern wie im Osmanischen Reich: „Die besten Krieger sind Kurden.“ Aber es sei nicht nur die Brutalität, die die Ausländer so stark mache. „Ich habe fünfzehn Cousins, er hat zehn Cousins. Wenn es Stress gibt, sind die zur Stelle.“ Die anderen Männer lauschen Azad wie hypnotisiert. Keiner traut sich, ihn zu unterbrechen. Hinterher sagt einer der jungen Rocker, dass die Bruderschaft, dass Median Empire sein Leben sei. Die anderen nicken.
Auch für den Bandido Yusuf ist der Club sein Leben. Er weiß, welche Gefahren dieses Leben mit sich bringt. Ob er keine Angst hat, irgendwann verhaftet oder getötet zu werden? „Ich habe mir das alles doch selbst ausgesucht.“
Am Ende des Gesprächs geht Yusuf an die Theke, der Besitzer der Teestube traut sich auch wieder herein. Für den Tee will er kein Geld haben, doch Yusuf besteht darauf zu zahlen. Rechnungen müssen beglichen werden.
Rockergruppen: Kanaken in Kutten - Kriminalität - FAZ
____________________________
gelungene integration
„Die Kanaken sind brutal. Die freuen sich, wenn es Stress gibt.“ Yusuf redet über die Migranten in der Rockerszene. Er ist selbst einer von ihnen, ein einflussreicher Bandido. Schon oft war er in gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt. „Seit einigen Jahren mischen die Kanaken ordentlich mit in der Szene“, sagt er. Türken, Kurden, Araber, Perser.
Es ist ein sonniger Sommerabend, der Rocker sitzt in einer Teestube in einer Stadt in Nordrhein-Westfalen. Ganz leer ist der Laden. Kein Wunder. Die Wände sind vom Zigarettenrauch vergilbt, Bilder zeigen den Bosporus und Strände mit Palmen. Sie passen nicht zum Rest der Teestube mit ihrem ranzigen PVC-Boden. Die milchigen Fensterscheiben sorgen dafür, dass niemand von der Straße reinschauen kann. Hier fühlt Yusuf sich sicher.
Aus Rivalen wurden Verbündete
Er sagt, dass in manchen Ortsgruppen, die bei den Bandidos „Chapter“ heißen, gebürtige Deutsche inzwischen in der Minderheit seien. Es gibt sogar Chapter, in denen kein einziger gebürtiger Deutscher Mitglied ist. Bei den Hells Angels ist es nicht viel anders. Rocker betonen oft, dass Zusammenhalt ihnen heilig sei. „Auch in orientalischen Kulturen wird dieser Wert hochgehalten, das passt“, sagt Yusuf. Und die Rockerbanden haben sich geöffnet. „Wenn die einen Kanaken haben, müssen die anderen nachziehen.“ Die Rockerclubs haben sich so ihre Konkurrenten einverleibt. Denn jahrelang beherrschten Türken und Araber die Türsteherszene, sie waren die größten Feinde der Hells Angels und Bandidos. Jetzt sind viele von ihnen selbst Rocker.
Yusuf sitzt lässig im Stuhl, den Körper zurückgelehnt. Er wirkt nicht aggressiv, auch wenn er von Prügeleien und Messerstechereien berichtet. Obwohl „Kanaken“ wie er im Aufwind sind, verliert Yusuf kein schlechtes Wort über seine deutschen Kameraden. Aber wenn er über sie spricht, klingt es, als rede er über eine bedrohte Art. Es sei gut, auch Deutsche dabei zu haben: „Die haben Köpfchen, und manche von denen sind auch mutiger als die Ausländer.“ Es gibt Rocker, die sich weniger diplomatisch ausdrücken als Yusuf. „Die Kanaken übernehmen die Macht“, sagt einer aus der Szene.
Hells Angels versus Bandidos
Der Inhaber der Teestube kommt vorbei. Er stellt zwei Gläser Tee auf den Tisch und fragt Yusuf leise auf Türkisch: „Soll ich rausgehen?“ Das Gespräch über Gewalt, Prostitution und Drogen macht ihm Angst. „Es ist Ihre Entscheidung, ob Sie rausgehen.“ Er geht.
Yusuf ist groß, tätowiert. Das enge T-Shirt betont seine Muskeln. Früher war er ein erfolgreicher Kampfsportler. „Aber Kampfsport bringt nichts, die zücken sofort Messer, wenn es Stress gibt.“ Mit „die“ meint er die Hells Angels, mit denen sich die Bandidos in jüngster Zeit besonders in Nordrhein-Westfalen immer wieder Kämpfe liefern, in Köln, Mönchengladbach, Duisburg. Es geht um Gebietsansprüche. Das Rheinland ist von den Hells Angels dominiert, das Ruhrgebiet von den Bandidos. Doch beide Gruppen wollen expandieren und die anderen Clubs zurückdrängen. Dabei geht es um Drogen- und Waffengeschäfte und um Prostitution.
„Eigentlich haben wir doch alle keinen Bock auf Stress“, sagt Yusuf. Er mag es auch nicht, wenn von einem „Rockerkrieg“ gesprochen wird. Doch wenn es Stress gibt, sei es gut, „Kanaken“ in den eigenen Reihen zu haben.
Türkischer Alpha-Rocker
Der bekannteste Kanake in der Rockerszene ist Kadir P. Der Hobbyboxer ist vermutlich auch der brutalste. Die Staatsanwaltschaft warf dem Chef einer Berliner Bandido-Gruppe 2007 vor, den Hells Angel Robert F. vor dessen Wohnung in Berlin mit drei Stichen am Oberschenkel verletzt zu haben. Nachweisen konnte ihm das aber niemand. 2008 wurde Kadir P. wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung verurteilt, nachdem einem Hells Angel mit einer Machete fast der Arm abgeschlagen worden war. Kadir P. hatte immer wieder Ärger mit anderen Bandido-Chefs, weil er und seine türkische Gruppe sich nicht an Abmachungen hielten. Deswegen signalisierte P., die Seiten wechseln zu wollen. Das war die Chance für die Hells Angels, ihn anzuwerben und damit auf einen Schlag mehr als ein Dutzend türkische Rocker zu gewinnen. Dass Kadir P. an Angriffen auf Hells Angels beteiligt gewesen war, spielte bei den Übertrittsverhandlungen offensichtlich keine allzu große Rolle. Das schien vergeben und vergessen zu sein, als die Verhandlungen liefen. Wenn es ums Geschäft geht, darf ein Rocker nicht nachtragend sein. Am 2. Februar 2010 wechselten 15 Mitglieder der Bandidos und Dutzende Unterstützer die Seiten, angeführt von Kadir P. - damit verschoben sich die Machtverhältnisse deutlich zugunsten der Hells Angels. Es war das erste Mal, dass Migranten in der Rockerszene im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit standen.
Mit der Rekrutierung von Migranten konnten die Rockerclubs innerhalb weniger Jahre stark wachsen und Einfluss gewinnen. Zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen: Dort hat sich die Zahl der Ortsgruppen bei den Hells Angels und den Bandidos seit 2005 fast verdoppelt. Allein seit Mai 2011 gab es vier Neugründungen von Ortsgruppen bei den Hells Angels, sieben bei den Bandidos. Doch nicht nur bei den großen Rockerclubs machen die Migranten mit. Es gibt inzwischen auch viele, die sich in eigenen Clubs organisieren. Azad ist einer von ihnen. Er ist Chef des Rockerclubs Median Empire, der seinen Hauptsitz in Köln hat. Nach eigenen Angaben sind die Rocker auch in Viersen, Nürnberg, Karlsruhe und Duisburg aktiv.
Vom PKK-Aktivisten zum kurdischen Rockerboss
Ein erstes Telefonat mit Azad, ein gemeinsamer Bekannter hat den Kontakt hergestellt. Azad klingt freundlich: Man könne sich mal treffen und dann weitersehen. Einige Tage später meldet sich ein junger Mann am Telefon, der „Secretary“ des Clubs. „Komm um sieben Uhr zum Friesenplatz, wir holen dich ab.“ Der Platz ist mitten in Köln, an der Ausgehmeile der Stadt. Der Secretary ist pünktlich und weist den Weg in ein türkisches Restaurant in der Nähe. Azad wartet schon. Er ist nicht allein. Etwa 15 seiner „Jungs“ hat er mitgebracht, alle sind um die 20 Jahre alt. Der Rockernachwuchs. Die meisten von ihnen sehen sportlich aus, ihre Schultern sind aber nicht besonders breit. Bis sie zu den etablierten Rockern aufschließen können, müssen sie noch oft ins Fitness-Studio.
Azad sitzt am Kopf des Tisches, dichtgedrängt um ihn herum die anderen. Es ist so eng, dass man sich kaum bewegen kann. Ein Jahr lang war Azad Mitglied der Mongols, bevor er im November letzten Jahres Median Empire gründete. Die Rocker beziehen sich mit dem Namen auf das medische Reich, das vom achten bis zum sechsten Jahrhundert vor Christus bestand. Viele Kurden sehen sich als Nachfahren der Meden. „Bei den Mongols war kein Respekt da. Es wurde gelogen, verarscht“, sagt Azad. Hinter seinem Rücken sei er als „Zuchtkanake“ bezeichnet worden. Azads Stimme hebt sich. Was genau passiert ist, will er nicht erzählen: „Darüber redet man nicht“.
Azad ist mit 30 der Älteste am Tisch. Ein agiler Typ, sehr aufrechter Gang. Er trägt einen buschigen Schurrbart, der typisch ist für viele Kurden. Seine Eltern hatten in der kommunistischen Partei Irans ihre politische Heimat. Azad selbst war viele Jahre lang im Umfeld der verbotenen Arbeiterpartei PKK aktiv.
Azad ist mit 30 der Älteste am Tisch. Ein agiler Typ, sehr aufrechter Gang. Er trägt einen buschigen Schurrbart, der typisch ist für viele Kurden. Seine Eltern hatten in der kommunistischen Partei Irans ihre politische Heimat. Azad selbst war viele Jahre lang im Umfeld der verbotenen Arbeiterpartei PKK aktiv.
„Die Blonden haben Angst vor den Kanaken“
Wenn er über Ausländer in der Rockerszene spricht, klingt er martialisch. „Die Blonden haben Angst vor den Kanaken. Die träumen nachts, dass sie ihnen ein Messer in den Rücken rammen.“ Er selbst sei aber nicht gewalttätig - „natürlich nicht“. Median Empire habe nichts mit Drogen oder Prostitution zu tun, sagt Azad. Sein Rockerclub habe aber in Köln „vier Türen“. Heißt: in vier Diskotheken stellt er die Türsteher. Median Empire ist für die Männer auch eine berufliche Chance.
Wenn sie zusammen im Restaurant sitzen, bleiben die umliegenden Tische frei. Niemand will in der Nähe der Rocker sitzen. Auch der Kellner schaut nur zwei Mal ganz kurz vorbei.
Dann kommen noch mehr Männer rein, sie gehen auf Azad und seine Jungs zu. Vorneweg geht ein stämmiger Deutscher mit Glatze. Er trägt einen schwarzen Jogginganzug, darüber eine Kutte. Seinen Kopf hat er leicht in den Nacken gelegt, er schaut ernst, fast aggressiv. Das Gespräch am Tisch verstummt. Dann stehen Azad und seine Jungs auf, um ihn zu begrüßen.
Rockerdasein als Lebensinhalt
Der Deutsche wird als Chef der Viersener Gruppe vorgestellt. Der deutsche Chef einer kurdischen Rockergruppe - ein Integrationserfolg. Bei Median Empire seien nur etwa 50 Prozent der Mitglieder und Anhänger Kurden, sagt Azad. Es sei bei den Rockern wie im Osmanischen Reich: „Die besten Krieger sind Kurden.“ Aber es sei nicht nur die Brutalität, die die Ausländer so stark mache. „Ich habe fünfzehn Cousins, er hat zehn Cousins. Wenn es Stress gibt, sind die zur Stelle.“ Die anderen Männer lauschen Azad wie hypnotisiert. Keiner traut sich, ihn zu unterbrechen. Hinterher sagt einer der jungen Rocker, dass die Bruderschaft, dass Median Empire sein Leben sei. Die anderen nicken.
Auch für den Bandido Yusuf ist der Club sein Leben. Er weiß, welche Gefahren dieses Leben mit sich bringt. Ob er keine Angst hat, irgendwann verhaftet oder getötet zu werden? „Ich habe mir das alles doch selbst ausgesucht.“
Am Ende des Gesprächs geht Yusuf an die Theke, der Besitzer der Teestube traut sich auch wieder herein. Für den Tee will er kein Geld haben, doch Yusuf besteht darauf zu zahlen. Rechnungen müssen beglichen werden.
Rockergruppen: Kanaken in Kutten - Kriminalität - FAZ
____________________________
gelungene integration