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Keine Angst vor Mathe

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Keine Angst vor großen Zahlen

Vielen Studenten graut es vor Mathematik - häufig brechen sie ihr Ingenieurstudium deshalb ab. Immer mehr Hochschulen steuern mit Kursen und Tests dagegen.

Von Florian Vollmers




Maike Teuwsen will Bauingenieurin werden, doch vor einem Jahr hätte sie beinahe ihr Studium abgebrochen – wegen der Mathematik. „Gleich die erste Mathe-Klausur musste ich zweimal wiederholen“, erzählt die 21-Jährige, die im vierten Semester an der RWTH Aachen studiert und in der Schule nie Probleme mit dem Fach hatte. „Ich habe sogar Bauingenieurwesen als Studienfach gewählt, weil mir Mathe immer Spaß gemacht hat“, sagt Teuwsen. „Aber das Niveau an der Hochschule hat mich einfach umgehauen.“ Rechnen mit reellen und komplexen Zahlen habe sie zum Beispiel in der Schule nie gelernt; an der Universität werde es vorausgesetzt. „Ich habe ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, mein Studium abzubrechen“, sagt Teuwsen. Doch mit Hilfe eines Lernkurses und durchgepaukten Nächten bestand die Studentin schließlich die Mathe-Klausur. „Viele meiner Kommilitonen, die es nicht geschafft haben, sind dann an die Fachhochschule gewechselt oder haben gleich ganz aufgegeben“, berichtet Teuwsen.
Schwierigkeiten mit dem Grundlagenfach Mathematik sind einer der häufigsten Gründe für Studienabbrüche angehender Ingenieure: Nach Angaben des Hochschul-Informations-Systems (HIS) gibt an den Universitäten jeder vierte Studienanfänger in den ingenieurwissenschaftlichen Fächern sein Studium auf, 25 Prozent der Studienabbrecher nennen zu hohe fachliche Anforderungen als Grund. „Eine große Gruppe scheitert an der Mathematik“, sagt Lars Funk, Bereichsleiter „Beruf und Gesellschaft“ im Verein Deutscher Ingenieure (VDI). „Wir beobachten das mit großer Sorge, denn der Arbeitsmarkt braucht dringend gute Ingenieure, die die Mathematik beherrschen.“ Der Mangel an qualifizierten Ingenieuren ist ein heißes Thema: Von 3 Milliarden Euro, die deutsche Unternehmen derzeit nicht umsetzen könnten, weil es ihnen an Ingenieuren fehlt, spricht der VDI. Obwohl in den kommenden zehn Jahren durchschnittlich 45 000 ingenieurwissenschaftliche Absolventen im Jahr benötigt werden, falle die Zahl jetzt schon auf weniger als 40.000, klagt der Berufsverband.
Gravierende Mängel im Schulsystem


Um die Misere abzuwenden, bieten Hochschulen immer öfter Vorbereitungskurse an, die schulische Mathematik-Lücken auffüllen sollen. „Das Niveau der Studienanfänger ist erschreckend niedrig“, sagt Heinrich Hemme von der Fachhochschule Aachen. „In unseren Vorkursen müssen wir die Leute teilweise in der 7. Klasse abholen, weil sie weder den Dreisatz noch quadratische Gleichungen beherrschen.“ Doch woher kommen die Schwierigkeiten mit Mathematik? „Das ist nun einmal ein sehr schwieriges und abstraktes Fach“, sagt Mathematik-Professor Hemme. „Das will und kann nicht jeder bewältigen.“ Doch der Hochschullehrer sieht auch gravierende Mängel im Schulsystem: „Die Lehrpläne müssten überarbeitet werden, um der Mathematik größeren Raum zu geben.“
Einen weiteren Grund für das häufige Scheitern an der Mathematik nennt Günther Ziegler, Mathematik-Professor an der Freien Universität Berlin und Sprecher der Deutschen Mathematiker Vereinigung: „Weil die Mathematik eine so präzise Wissenschaft ist, lässt sich ihr leicht eine Filterfunktion zuweisen.“ An den Hochschulen würden Mathematik-Kurse deshalb oft dazu benutzt, nicht geeignete Studierende auszusieben. „Erst alle Studierwilligen an den Hochschulen zuzulassen, um sie dann mit Hilfe der Mathematik wieder herauszuwerfen, ist der falsche Weg“, sagt Ziegler. „Besser wären Eingangstests zur Studierfähigkeit – dann wären auch die späteren Abbruchquoten nicht so hoch.“ Studienvorbereitende Tests bietet seit diesem Wintersemester auch die FH Brandenburg an. Wer unsicher ist, ob er einen Mathematik-Kurs benötigt, kann zunächst einen Selbst-Test im Internet durchlaufen. Dann bekommt der Kandidat 16 Aufgaben zugeschickt, die er in Heimarbeit vorbereitet, um sie dann mit einem Dozenten durchzuarbeiten. „Am Ende gibt es die Möglichkeit, ein freiwilliges Prüfungszertifikat zu erwerben“, sagt Reinhard Wulfert von der Agentur für wissenschaftliche Weiterbildung und Wissenstransfer (AWW), der die Kurse für die FH Brandenburg entwickelt hat.
„Von Mathe nichts zu verstehen, gilt als cool“

Die hohen Abbruchquoten seien auch hausgemacht, meint Wulfert: „Die Mathematiker an den Hochschulen sind oft brillante Wissenschaftler, die ihr Fach aber nicht vermitteln können.“ Es sei auch Aufgabe der Hochschullehrer, ihren Studenten zu verdeutlichen, dass fleißiges Lernen dazugehöre und dass man dieses Fach regelrecht „abackern“ müsse. „Ich selbst habe während meines ersten Studiensemesters jeden Abend in der Bibliothek gesessen und mich in die mathematische Fachliteratur gekniet“, erzählt Wulfert. „Bei meinen Kommilitonen hat mir das den Spitznamen ,Knecht‘ eingebracht, aber ich habe ihn bis zu meinem Diplom mit Stolz getragen.“ Dass gute Mathematik-Studenten verspottet werden und dass das Fach generell unter einem schlechten Ruf leidet, nennt auch Hemme von der Fachhochschule Aachen als Grund für mangelnde Motivation und hohe Abbrecherquoten. „Wer sagt, dass er Goethe nicht kennt, wird schief angeschaut. Aber wer zugibt, von Mathe nichts zu verstehen, gilt als cool“, sagt Hemme. „Solange die Mathematik in der Gesellschaft einen derart schlechten Stand hat, werden wir das dramatische Problem des Fachkräftemangels in Deutschland nicht lösen.“
Auch Ziegler von der Mathematiker Vereinigung findet das Imageproblem gravierend „Viele Menschen glauben, dass man sich heute auf Rechenmaschinen verlassen kann und die mathematische Ausbildung überflüssig ist“, sagt er. Doch gerade Ingenieure oder Architekten bräuchten ein mathematisches Profil, das über das bloße Rechnen hinausgehe. „Wenn ein Ingenieur konstruiert, muss er auch einschätzen können, ob ein bestimmte Rechenergebnis tatsächlich die Antwort auf seine Frage ist, und ob er die Frage überhaupt richtig gestellt hat“, sagt Ziegler. Der Mathematiker wünscht sich in der Hochschularbeit mehr Raum für die einem Studium vorausgehende Beratung. „Ich würde lieber mehr Interessierte beraten und ihnen im Zweifelsfall vom Studium abraten, als schlechte Klausuren von Mathe-Studierenden zu korrigieren.“ Besser wäre es, das Potential an Studierfähigen auszuschöpfen, die sich ein Mathematik-Studium nicht zutrauen. „Darunter sind übrigens viele Frauen“, sagt Ziegler.
Eine unbemannte Flugdrohne entwickeln

Der VDI sieht in der anwendungsbezogenen Vermittlung von Mathematik einen Ausweg aus dem Fachkräftemangel: „Wir müssen jungen Ingenieuren über anschauliche Praxisbeispiele einen anderen Zugang zur Mathematik und damit eine andere Motivation ermöglichen“, sagt VDI-Experte Funk und verweist auf das Vorbild der TU Darmstadt. Der Fachbereich Maschinenbau hat mehrwöchige Praxisprojekte zum festen Bestandteil der mathematischen Grundausbildung gemacht und damit die Abbrecherquote auf weniger als 10 Prozent gedrückt. Im Mathematik-Kurs müssen Teilnehmer mit ihrem neu erworbenen Wissen zum Beispiel eine unbemannte Flugdrohne entwickeln, mit der man illegale Mohnfelder in Afghanistan aufspürt. „So wird den Studierenden schon früh klar gemacht, wie sie die Mathematik in ihrem späteren Beruf umsetzen können“, sagt Funk. Der VDI arbeitet derzeit an einer Sammlung entsprechender „Best Practice“-Beispiele, mit der der Verband eine Imagekampagne zugunsten der Mathematik fahren will.
Von dieser Kampagne könnte bald auch Maile Teuwsen profitieren. Denn die Studentin hat ihre ersten Mathematik-Klausuren zwar bestanden. „Und mir macht das Fach inzwischen sogar Spaß“, sagt sie. Doch: „Bei einem Großteil des Stoffes ist mir einfach nicht klar, wozu das später gut sein soll.“
 
Hab beim Nachhilfegeben gemerkt, dass es oft nur an Bruchrechnen und Algebra mangelt. Sobald das sitzt, läuft alles danach besser. Eigentlich totaler Beschiss auch an den Schulen GTR's zu benutzen.
 
Das Problem bei Mathe ist das viele Sachen einfach nur in eine Richtung führen.
Ich mein wenn ich später z.B Rechtsanwalt werde brauch ich doch keine Ableitungen, Steigungen etc. :-k
 
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