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Kosovo
In seinen heutigen Grenzen existiert der Kosovo (alb. Kosovë/Kosova, serb. Kosovo bzw. 1945-1968 und seit 1990 offiziell Kosovo i Metohija), von einer Ausweitung im äußersten Norden 1959 abgesehen, seit 1945. Der seit dem 14. Jh. belegte Name hat bis zur erstmaligen Verwendung für das gleichnamige *Vilayet 1874 (oder 1877) nur einen Teil des heutigen Gebiets bezeichnet (anfangs nur das Amselfeld, Kosovo polje, später auch die ganze Gegend zwischen Mitrovica und Kaçanik), dann vorübergehend einen deutlich größeren Raum. Dennoch muß sich eine Geschichtsbetrachtung zum Kosovo nicht auf das Verfolgen einer angenommenen Traditionslinie eines bestehenden politischen Territoriums beschränken. Einesteils stellt der moderne Kosovo eine ziemlich klar abgegrenzte geographische Einheit dar. V.a. jedoch ist er das Kerngebiet einer jahrhundertealten Kontakt- und Konfliktzone zwischen dem albanischen Ethnikum und seinen slawischen Nachbarn, hier den Serben. Gerade die Zugehörigkeit sowohl zur serbischen (Serbien) wie zur albanischen (Albanien) Geschichte macht das Besondere der Region als Ganzes aus.
Historische Grundzüge
Das in der Antike vom illyrischen Stamm der Dardanen besiedelte Gebiet des späteren Kosovo wurde im Gefolge der slawischen Landnahme vermutlich weitgehend slawisiert. Das mittelalterliche Serbien mit seinem Kernland im benachbarten Raszien dehnte sich erst seit 1184/85 in den Kosovo aus, den es um 1216 erstmals zur Gänze beherrschte. Im Zuge der weiteren serbischen Expansion wurde der Kosovo in geographischer und durch die bedeutenden Bergwerke auch in wirtschaftlicher Hinsicht zu einer Zentrallandschaft des *Nemanjidenreiches. In politischer Hinsicht war dies nur bedingt der Fall: Prizren und Prishtina als zeitweise Residenzen rangieren an Bedeutung deutlich hinter solchen außerhalb des Kosovo. Bei Kirchen- und Klostergründungen wiederum war der Kosovo nur für wenige serbische Könige ein Hauptgebiet. Zu einem Zentrum im Institutionengefüge des Reiches machte ihn aber Ende des 13. Jhs. die Verlagerung des Sitzes des Erzbischofs der *autokephalen serbischen *orthodoxen Kirche (ab 1346: des *Patriarchen) in die Gegend von Peć. Die Schlacht auf dem Amselfeld zwischen vornehmlich serbischen und bosnischen Truppen auf der einen und osmanisch geführten auf der anderen Seite am 28. Juni 1389 endete entgegen der häufigen Vorstellung von einer katastophalen serbischen Niederlage militärisch mit einem Patt und beendete die Existenz serbischer Herrschaften im Kosovo nicht auf einen Schlag. Doch wurde das Gebiet ab etwa 1396 schrittweise und 1455 vollständig osmanisch (^Osmanisches Reich).
Die Geschichtsbilder der beiden involvierten Nationalhistoriographien divergieren extrem. "Historische Rechte" auf den Kosovo macht die serbische Seite wegen der Stellung des Gebiets im mittelalterlichen Serbien und mit bevölkerungsgeschichtlicher Argumentation geltend. Auf letztere stützt sich auch die albanische Seite. Bevölkerungs- und Demographiegeschichte ist so das zentrale Forschungsthema und zugleich Schauplatz politisierter historiographischer Konfrontation. Für das Mittelalter ergibt der Vergleich der Argumente das Bild einer deutlichen serbischen Mehrheit, der eine spürbare albanische Minderzahl von Hirten und Bauern entgegenstand. Im Westen des Gebiets ist für Gjakova 1485 eine albanisch-serbische Mischbevölkerung belegt, für 1582 eine albanische Mehrheit. Für die erste Hälfte des 17. Jhs. zeigen die sporadischen Angaben zur ethnischen Zusammensetzung der Städte insgesamt eine große albanische, vorwiegend muslimische Mehrheit, teils über die Grenzen des heutigen Kosovo hinaus (so 1623/24 für das benachbarte Skopje, Makedonien). Für das stärker christlich geprägte flache Land sind die Quellen zur Volkszugehörigkeit ganz unvollständig, doch war hier v.a. im Osten der serbische Bevölkerungsanteil wohl deutlich höher. Eine „protonationale" Konfrontationslinie zwischen den Bevölkerungsgruppen bestand offenbar nicht: Orthodoxe Serben, katholische und in hohem Maß auch muslimische Albaner schlössen sich 1689/90 während des "Großen Türkenkrieges" dem habsburgischen Lager an (Habsburgerreich). Nach dessen Niederlage konnte von der von osmanischen Repressionen bedrohten Bevölkerung nur diejenige des nordöstlichen Kosovo fliehen. Der „Große Exodus" (velika seoba) der Serben auf habsburgisches Gebiet in Ungarn, dessen Umfang zahlenmäßig überschätzt wird und von Mythenbildung umgeben ist, betraf denn auch weniger den Kosovo als vielmehr Zentralserbien. Für Serben wie Albaner waren in der Folge Ein- und Auswanderungen sowie starke Binnenmigration charakteristisch, eine Reduzierung auf albanische Ein- und serbische Auswanderung ist nicht haltbar.
Die nächsten Jahrzehnte führten zu einer neuen Islamisierungswelle, die von den Osmanen v.a. gegenüber den als politisch unzuverlässig erachteten Katholiken gezielt betrieben wurde. 1737 schlössen sich Teile der christlichen Bevölkerung den diesmal bis Prishtina vorstoßenden habsburgischen Truppen an. Das nach diesen Ereignissen griechisch-*phanariotisch dominierte und finanziell ruinierte Patriarchat von Peć (das nach längerer Funktionslosigkeit 1557 wiedererrichtet worden war) wurde 1766 aufgelöst. In einer Wechselwirkung von eigenmächtigen osmanischen örtlichen Würdenträgern und Revolten der muslimischen Bevölkerung gegen stärkere wirtschaftliche und politische Einwirkung des osmanischen Staates erodierte dessen Machtausübung im Kosovo seit der ersten Hälfte des 19. Jhs. Mit der 1878 in Prizren gegründeten Albanischen Liga wurde das Gebiet zu einem Zentrum der albanischen Nationalbewegung. Zur nun spürbaren Verschlechterung der interethnischen Beziehungen trugen die Ansprüche Serbiens und Montenegros auf osmanisches Gebiet ebenso bei wie die systematische Vertreibung der albanischen Bevölkerung aus den 1878 von Serbien erworbenen Gebieten und die nachfol-gende Präsenz dieser Flüchtlingsgruppe im Kosovo. Erst um diese Zeit wurde die ethnische Zugehörigkeit zu einem Politikum, woraus erheblicher Druck auf die serbische Minderheit erwuchs.
War für diese Minderheit der Erwerb des Kosovo durch Serbien und im Nordwesten durch Montenegro im Ersten *Balkankrieg 1912 eine Befreiung, so war es für die albanische Mehrheit eine mit brutaler Militärgewalt erzwungene Unterwerfung. Ähnliches galt nach dem Ersten Weltkrieg für den faktischen Wiedererwerb (Jugoslawien), dem sich von Ende 1918 bis 1927 der gewaltsame Widerstand der in Banden organisierten Kaçak-Bewegung entgegenstellte. Der schwankende Rückhalt derselben durch den jungen benachbarten albanischen Staat verweist auf eine Kontinuität: Angesichts des regionalen Kräfteverhältnisses hat der Kosovo in Albanien im 20. Jh. kaum einmal politische Priorität erlangt. Auch die soziokulturelle und sozioökonomische Differenzierung zwischen Albanern beiderseits der Grenze durch die unterschiedliche Staatlichkeit hat bis heute stark zugenommen.
Durch von Belgrad erwünschte Auswanderung von Albanern in die Türkei und nach Albanien sowie staatliche Kolonisationsmaßnahmen wurde der "serbische" Bevölkerungsanteil im Kosovo von einem Viertel 1921 auf etwa ein Drittel gegen Ende der Zwischenkriegszeit erhöht. Gleichzeitig genossen die Albaner keinerlei Minderheitenrechte. Das vorübergehende Ende der jugoslawischen Herrschaft 1941 wurde daher von der albanischen Bevölkerung begrüßt; gut zwei Drittel des Gebiets fielen an Albanien, der Rest wurde deutsch bzw. bulgarisch besetzt.
Die Rückgliederung erfolgte 1944/45 wieder unter massiver militärischer Gewaltanwendung. Als Bestandteil Serbiens erhielt der Kosovo als "Autonomes Gebiet Kosovo-Metohija" im September 1945 einen Sonderstatus. Während einer bis 1966 dauernden Periode der Behandlung als unzuverlässiges Bevölkerungselement und mit massenhaften polizeistaatlichen Drangsalierungen sollten möglichst viele Albaner zur Auswanderung bewegt werden. Zu einer wirklichen Autonomie kam es erst 1968; 1969 wurde die zweisprachige Universität Prishtina gegründet. Aus ihren Reihen rekrutierte sich in der Folge die bis heute dominierende laizistische und überwiegend strikt national ausgerichtete politische Führungsschicht der Kosovo-Albaner. In der Verfassung von 1974 erhielt der Kosovo de facto, aber nicht de jure den Status einer jugoslawischen Teilrepublik. Wirtschaftlich wuchs indessen die Kluft zwischen dem an Bevölkerung stark zunehmenden Kosovo und dem jugoslawischen Durchschnitt trotz Regionalförderung immer mehr.
Blutig niedergeschlagene Unruhen von 1981 erwuchsen aus der Forderung albanischer Demonstranten nach einer offiziellen eigenen Teilrepublik. In den 70er Jahren hatte eine serbische Abwanderung nach Binnenserbien eingesetzt, vornehmlich aus ökonomischen Gründen und wegen des Verlusts der früher privilegierten Stellung im staatlichen Bereich. Sie wurde ab etwa 1984 zum Gegenstand einer öffentlichen Kampagne in Serbien, deren Ausnutzung Slobodan Milošević 1987 wesentlich zur Macht in der Teilrepublik verhalf. 1988/90 wurde die Autonomie des Kosovo unter Androhung und Einsatz serbischer Staatsgewalt erst eingeschränkt, dann suspendiert. Die im Juli bzw. September 1990 von der albanischen Mehrheit im Provinzparlament deklarierte eigene jugoslawische Republik und die im September 1991 im Gefolge einer Volksabstimmung ausgerufene volle Unabhängigkeit der "Republik Kosovo" blieben ohne jede internationale Anerkennung. Die Fiktion erreichter Eigenstaatlichkeit wurde von der durch die "Demokratische Liga" LDK unter Ibrahim Rugova geführten Kosovo-albanischen politischen Szene mit friedlichem Widerstand gegen serbische und jugoslawische Staatspräsenz und mit Aufbau einiger paralleler staatsähnlicher Strukturen untermauert. Die angestrebte Internationalisierung der Konfliktlösung wurde nicht erreicht. Nach Jahren massiver Diskriminierung und zahlreichen Menschen- und Bürgerrechtsverletzungen durch Serbien verlor die unbewaffnete Strategie ab etwa 1995 sukzessive an Rückhalt unter der albanischen Bevölkerung. Der Übergang zu einer Strategie der Gewalt durch die "Befreiungsarmee des Kosovo" UÇK ab 1996 rief ab Februar 1998 massive serbische und jugoslawische Kriegsführung v.a. gegen die ländliche Zivilbevölkerung hervor. Parallel zum Scheitern internationaler Verhandlungen hatten massive Vertreibungen der Kosovo-Albaner schon begonnen, als im März 1999 ein kriegerisches Eingreifen der NATO einsetzte.
Forschungsfragen
Zu Institutionen [siehe] Albanien, Serbien. Von Bedeutung ist außerdem die albanische Akademie der Wissenschaften des Kosovo (Prishtina). Die beiderseitigen Nationalhistoriographien sind in hohem Maß vom verkappten und offenen Territorialkonflikt gekennzeichnet. Die serbische leidet am zusätzlichen schwerwiegenden Mangel fehlender Albanischkenntnisse. Kritische Lektüre ist bei Veröffentlichungen beider Seiten besonders gefordert, v.a bei Zahlenangaben zur historischen Demographie und bei der Terminologie. Die Bestände der Archive im Kosovo umfassen vorrangig die Zeit nach 1918 bzw. 1945; das wichtigste ist das Arhiv Kosova i Metohije/Arkivi i Kosovës (Priština); der Zustand der albanischsprachigen Bestände nach der Übernahme durch eine rein serbische Verwaltung 1990/91 und der Institutionen insgesamt angesichts der Kriegsereignisse 1999 ist ungewiß.
Konrad Clewing, in: Studienhandbuch Östliches Europa, 224-227.
In seinen heutigen Grenzen existiert der Kosovo (alb. Kosovë/Kosova, serb. Kosovo bzw. 1945-1968 und seit 1990 offiziell Kosovo i Metohija), von einer Ausweitung im äußersten Norden 1959 abgesehen, seit 1945. Der seit dem 14. Jh. belegte Name hat bis zur erstmaligen Verwendung für das gleichnamige *Vilayet 1874 (oder 1877) nur einen Teil des heutigen Gebiets bezeichnet (anfangs nur das Amselfeld, Kosovo polje, später auch die ganze Gegend zwischen Mitrovica und Kaçanik), dann vorübergehend einen deutlich größeren Raum. Dennoch muß sich eine Geschichtsbetrachtung zum Kosovo nicht auf das Verfolgen einer angenommenen Traditionslinie eines bestehenden politischen Territoriums beschränken. Einesteils stellt der moderne Kosovo eine ziemlich klar abgegrenzte geographische Einheit dar. V.a. jedoch ist er das Kerngebiet einer jahrhundertealten Kontakt- und Konfliktzone zwischen dem albanischen Ethnikum und seinen slawischen Nachbarn, hier den Serben. Gerade die Zugehörigkeit sowohl zur serbischen (Serbien) wie zur albanischen (Albanien) Geschichte macht das Besondere der Region als Ganzes aus.
Historische Grundzüge
Das in der Antike vom illyrischen Stamm der Dardanen besiedelte Gebiet des späteren Kosovo wurde im Gefolge der slawischen Landnahme vermutlich weitgehend slawisiert. Das mittelalterliche Serbien mit seinem Kernland im benachbarten Raszien dehnte sich erst seit 1184/85 in den Kosovo aus, den es um 1216 erstmals zur Gänze beherrschte. Im Zuge der weiteren serbischen Expansion wurde der Kosovo in geographischer und durch die bedeutenden Bergwerke auch in wirtschaftlicher Hinsicht zu einer Zentrallandschaft des *Nemanjidenreiches. In politischer Hinsicht war dies nur bedingt der Fall: Prizren und Prishtina als zeitweise Residenzen rangieren an Bedeutung deutlich hinter solchen außerhalb des Kosovo. Bei Kirchen- und Klostergründungen wiederum war der Kosovo nur für wenige serbische Könige ein Hauptgebiet. Zu einem Zentrum im Institutionengefüge des Reiches machte ihn aber Ende des 13. Jhs. die Verlagerung des Sitzes des Erzbischofs der *autokephalen serbischen *orthodoxen Kirche (ab 1346: des *Patriarchen) in die Gegend von Peć. Die Schlacht auf dem Amselfeld zwischen vornehmlich serbischen und bosnischen Truppen auf der einen und osmanisch geführten auf der anderen Seite am 28. Juni 1389 endete entgegen der häufigen Vorstellung von einer katastophalen serbischen Niederlage militärisch mit einem Patt und beendete die Existenz serbischer Herrschaften im Kosovo nicht auf einen Schlag. Doch wurde das Gebiet ab etwa 1396 schrittweise und 1455 vollständig osmanisch (^Osmanisches Reich).
Die Geschichtsbilder der beiden involvierten Nationalhistoriographien divergieren extrem. "Historische Rechte" auf den Kosovo macht die serbische Seite wegen der Stellung des Gebiets im mittelalterlichen Serbien und mit bevölkerungsgeschichtlicher Argumentation geltend. Auf letztere stützt sich auch die albanische Seite. Bevölkerungs- und Demographiegeschichte ist so das zentrale Forschungsthema und zugleich Schauplatz politisierter historiographischer Konfrontation. Für das Mittelalter ergibt der Vergleich der Argumente das Bild einer deutlichen serbischen Mehrheit, der eine spürbare albanische Minderzahl von Hirten und Bauern entgegenstand. Im Westen des Gebiets ist für Gjakova 1485 eine albanisch-serbische Mischbevölkerung belegt, für 1582 eine albanische Mehrheit. Für die erste Hälfte des 17. Jhs. zeigen die sporadischen Angaben zur ethnischen Zusammensetzung der Städte insgesamt eine große albanische, vorwiegend muslimische Mehrheit, teils über die Grenzen des heutigen Kosovo hinaus (so 1623/24 für das benachbarte Skopje, Makedonien). Für das stärker christlich geprägte flache Land sind die Quellen zur Volkszugehörigkeit ganz unvollständig, doch war hier v.a. im Osten der serbische Bevölkerungsanteil wohl deutlich höher. Eine „protonationale" Konfrontationslinie zwischen den Bevölkerungsgruppen bestand offenbar nicht: Orthodoxe Serben, katholische und in hohem Maß auch muslimische Albaner schlössen sich 1689/90 während des "Großen Türkenkrieges" dem habsburgischen Lager an (Habsburgerreich). Nach dessen Niederlage konnte von der von osmanischen Repressionen bedrohten Bevölkerung nur diejenige des nordöstlichen Kosovo fliehen. Der „Große Exodus" (velika seoba) der Serben auf habsburgisches Gebiet in Ungarn, dessen Umfang zahlenmäßig überschätzt wird und von Mythenbildung umgeben ist, betraf denn auch weniger den Kosovo als vielmehr Zentralserbien. Für Serben wie Albaner waren in der Folge Ein- und Auswanderungen sowie starke Binnenmigration charakteristisch, eine Reduzierung auf albanische Ein- und serbische Auswanderung ist nicht haltbar.
Die nächsten Jahrzehnte führten zu einer neuen Islamisierungswelle, die von den Osmanen v.a. gegenüber den als politisch unzuverlässig erachteten Katholiken gezielt betrieben wurde. 1737 schlössen sich Teile der christlichen Bevölkerung den diesmal bis Prishtina vorstoßenden habsburgischen Truppen an. Das nach diesen Ereignissen griechisch-*phanariotisch dominierte und finanziell ruinierte Patriarchat von Peć (das nach längerer Funktionslosigkeit 1557 wiedererrichtet worden war) wurde 1766 aufgelöst. In einer Wechselwirkung von eigenmächtigen osmanischen örtlichen Würdenträgern und Revolten der muslimischen Bevölkerung gegen stärkere wirtschaftliche und politische Einwirkung des osmanischen Staates erodierte dessen Machtausübung im Kosovo seit der ersten Hälfte des 19. Jhs. Mit der 1878 in Prizren gegründeten Albanischen Liga wurde das Gebiet zu einem Zentrum der albanischen Nationalbewegung. Zur nun spürbaren Verschlechterung der interethnischen Beziehungen trugen die Ansprüche Serbiens und Montenegros auf osmanisches Gebiet ebenso bei wie die systematische Vertreibung der albanischen Bevölkerung aus den 1878 von Serbien erworbenen Gebieten und die nachfol-gende Präsenz dieser Flüchtlingsgruppe im Kosovo. Erst um diese Zeit wurde die ethnische Zugehörigkeit zu einem Politikum, woraus erheblicher Druck auf die serbische Minderheit erwuchs.
War für diese Minderheit der Erwerb des Kosovo durch Serbien und im Nordwesten durch Montenegro im Ersten *Balkankrieg 1912 eine Befreiung, so war es für die albanische Mehrheit eine mit brutaler Militärgewalt erzwungene Unterwerfung. Ähnliches galt nach dem Ersten Weltkrieg für den faktischen Wiedererwerb (Jugoslawien), dem sich von Ende 1918 bis 1927 der gewaltsame Widerstand der in Banden organisierten Kaçak-Bewegung entgegenstellte. Der schwankende Rückhalt derselben durch den jungen benachbarten albanischen Staat verweist auf eine Kontinuität: Angesichts des regionalen Kräfteverhältnisses hat der Kosovo in Albanien im 20. Jh. kaum einmal politische Priorität erlangt. Auch die soziokulturelle und sozioökonomische Differenzierung zwischen Albanern beiderseits der Grenze durch die unterschiedliche Staatlichkeit hat bis heute stark zugenommen.
Durch von Belgrad erwünschte Auswanderung von Albanern in die Türkei und nach Albanien sowie staatliche Kolonisationsmaßnahmen wurde der "serbische" Bevölkerungsanteil im Kosovo von einem Viertel 1921 auf etwa ein Drittel gegen Ende der Zwischenkriegszeit erhöht. Gleichzeitig genossen die Albaner keinerlei Minderheitenrechte. Das vorübergehende Ende der jugoslawischen Herrschaft 1941 wurde daher von der albanischen Bevölkerung begrüßt; gut zwei Drittel des Gebiets fielen an Albanien, der Rest wurde deutsch bzw. bulgarisch besetzt.
Die Rückgliederung erfolgte 1944/45 wieder unter massiver militärischer Gewaltanwendung. Als Bestandteil Serbiens erhielt der Kosovo als "Autonomes Gebiet Kosovo-Metohija" im September 1945 einen Sonderstatus. Während einer bis 1966 dauernden Periode der Behandlung als unzuverlässiges Bevölkerungselement und mit massenhaften polizeistaatlichen Drangsalierungen sollten möglichst viele Albaner zur Auswanderung bewegt werden. Zu einer wirklichen Autonomie kam es erst 1968; 1969 wurde die zweisprachige Universität Prishtina gegründet. Aus ihren Reihen rekrutierte sich in der Folge die bis heute dominierende laizistische und überwiegend strikt national ausgerichtete politische Führungsschicht der Kosovo-Albaner. In der Verfassung von 1974 erhielt der Kosovo de facto, aber nicht de jure den Status einer jugoslawischen Teilrepublik. Wirtschaftlich wuchs indessen die Kluft zwischen dem an Bevölkerung stark zunehmenden Kosovo und dem jugoslawischen Durchschnitt trotz Regionalförderung immer mehr.
Blutig niedergeschlagene Unruhen von 1981 erwuchsen aus der Forderung albanischer Demonstranten nach einer offiziellen eigenen Teilrepublik. In den 70er Jahren hatte eine serbische Abwanderung nach Binnenserbien eingesetzt, vornehmlich aus ökonomischen Gründen und wegen des Verlusts der früher privilegierten Stellung im staatlichen Bereich. Sie wurde ab etwa 1984 zum Gegenstand einer öffentlichen Kampagne in Serbien, deren Ausnutzung Slobodan Milošević 1987 wesentlich zur Macht in der Teilrepublik verhalf. 1988/90 wurde die Autonomie des Kosovo unter Androhung und Einsatz serbischer Staatsgewalt erst eingeschränkt, dann suspendiert. Die im Juli bzw. September 1990 von der albanischen Mehrheit im Provinzparlament deklarierte eigene jugoslawische Republik und die im September 1991 im Gefolge einer Volksabstimmung ausgerufene volle Unabhängigkeit der "Republik Kosovo" blieben ohne jede internationale Anerkennung. Die Fiktion erreichter Eigenstaatlichkeit wurde von der durch die "Demokratische Liga" LDK unter Ibrahim Rugova geführten Kosovo-albanischen politischen Szene mit friedlichem Widerstand gegen serbische und jugoslawische Staatspräsenz und mit Aufbau einiger paralleler staatsähnlicher Strukturen untermauert. Die angestrebte Internationalisierung der Konfliktlösung wurde nicht erreicht. Nach Jahren massiver Diskriminierung und zahlreichen Menschen- und Bürgerrechtsverletzungen durch Serbien verlor die unbewaffnete Strategie ab etwa 1995 sukzessive an Rückhalt unter der albanischen Bevölkerung. Der Übergang zu einer Strategie der Gewalt durch die "Befreiungsarmee des Kosovo" UÇK ab 1996 rief ab Februar 1998 massive serbische und jugoslawische Kriegsführung v.a. gegen die ländliche Zivilbevölkerung hervor. Parallel zum Scheitern internationaler Verhandlungen hatten massive Vertreibungen der Kosovo-Albaner schon begonnen, als im März 1999 ein kriegerisches Eingreifen der NATO einsetzte.
Forschungsfragen
Zu Institutionen [siehe] Albanien, Serbien. Von Bedeutung ist außerdem die albanische Akademie der Wissenschaften des Kosovo (Prishtina). Die beiderseitigen Nationalhistoriographien sind in hohem Maß vom verkappten und offenen Territorialkonflikt gekennzeichnet. Die serbische leidet am zusätzlichen schwerwiegenden Mangel fehlender Albanischkenntnisse. Kritische Lektüre ist bei Veröffentlichungen beider Seiten besonders gefordert, v.a bei Zahlenangaben zur historischen Demographie und bei der Terminologie. Die Bestände der Archive im Kosovo umfassen vorrangig die Zeit nach 1918 bzw. 1945; das wichtigste ist das Arhiv Kosova i Metohije/Arkivi i Kosovës (Priština); der Zustand der albanischsprachigen Bestände nach der Übernahme durch eine rein serbische Verwaltung 1990/91 und der Institutionen insgesamt angesichts der Kriegsereignisse 1999 ist ungewiß.
Konrad Clewing, in: Studienhandbuch Östliches Europa, 224-227.