Paprika
Gesperrt
10/08/2011Rassistischer Musiker verbreitet auf seiner Homepage rechtsextreme Botschaften
Aargauer Zeitung vom10.08.2011
Black Metal Antisemitisches Pamphlet von Varg Vikernes. Seine CDs sind hier nicht verboten.
Während die Welt noch immer über die Motive und Hintergründe des rechtsextremen Massenmörders Anders B. Breivik rätselt, hat der bekannte norwegische Musiker Varg Vikernes für sich die Antwort gefunden. In einem wahnwitzigen Pamphlet suggeriert er die Mitschuld der Juden an der Tragödie und sieht Breivik als ferngesteuerte Marionette der Juden.
Seine rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Thesen verbreitet Vikernes auf der Website seines Black-Metal-Projekts Burzum – in verschiedenen Sprachen, unter anderem auch auf Deutsch:
«Wie kann Breivik all die Probleme, die von verschiedenen Juden in unserer Geschichte verursacht wurden, und dennoch keinen einzigen von ihnen in seinem Manifest auch nur mit einem Wort erwähnen? Er greift die Symptome der Krankheit, unter der Europa leidet, an, nicht jedoch den Grund für diese Krankheit», schreibt Vikernes über das 1500 Seiten starke Manifest Breiviks. «Die Juden erfanden den Marxismus, Feminismus, das Christentum, Bankentum, die Hippie-Bewegung und alle anderen Ideologien und Bewegungen, die darauf abzielen, alle Nationen Europas zu zerstören und demontieren. Hinter allem werden Sie einen Juden finden», schreibt er weiter. Sein abstruses Fazit zu den Anschlägen: «Wer profitiert davon? Israel! Die Juden!»
CDs in der Schweiz erhältlich
Wie kann ein bekannter Musiker über seine Homepage unbehindert und ungestraft solch irrsinnige Verschwörungstheorien und solch rassistisches Gedankengut verbreiten? Weshalb wurde seine Homepage nicht längst gesperrt? Und vor allem auch: Wie ist möglich, dass seine letzte CD auch in der Schweiz vertrieben und, unter anderem im Media Markt in Oftringen und Zürich, legal verkauft wurde.
Der Vertrieb Irascible verteidigt sich auf Anfrage der az: «In unserem Katalog haben wir keine Alben mit faschistischen oder antisemitischen Botschaften und wir verabscheuen die jüngsten rassistischen Aussagen von Varg Vikernes», erklärt Geschäftsführer Renaud Meichtry. Deshalb hat der Vertrieb kontrolliert, ob auf Burzum-CDs – in den Texten, auf dem Cover oder im Booklet – extreme, politische Aussagen vorkommen. Gemäss Meichtry ist das nicht der Fall. Irascible sieht deshalb keinen Grund, die CD zu sperren. Meichtry erklärt: «Die Tatsache, dass Frontmann Varg Vikernes ein bekennender Antisemit mit schäbigem Charakter ist und untolerierbare, erbärmliche, rechtsextreme Ansichten vertritt, ist aus unserer Sicht kein Grund, sein musikalisches Werk, das keine solchen Ansichten verbreitet, zu verbieten. Unserer Meinung nach ist es falsch, ein künstlerisches Werk wegen politischer Ansichten des Urhebers zu boykottieren.»
Doch wie steht es rechtlich? Kann Musik verboten werden, wenn der Musiker ein Rassist ist? Nein. «Eine CD, die unverfänglich ist, kann nicht indexiert werden, weil andernorts strafwürdige Texte bestehen», sagt Doris Angst, die Geschäftsführerin der eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) auf Anfrage. Beim Verkauf der CDs sind alleine die moralischen Grundwerte der einzelnen Händler ausschlaggebend. Sie entscheiden, ob die Musik von Varg Vikernes weiterhin in der Schweiz erhältlich ist oder nicht.
Anzeige ist möglich
Anders verhält es sich im Fall der Burzum-Website, wo der Fan unweigerlich auf das irre Weltbild seines Schöpfers stösst. Gemäss Angst gibt es die Möglichkeit, beim Bundesamt für Polizei (Fedpol) Anzeige zu erstatten. Über www.cybercrime.ch könne dies auf elektronischem Weg jeder tun. Dort wird darauf geprüft, ob man die Site in der Schweiz sperren kann. Für Angst ist eine Anzeige in diesem Fall «besonders wichtig», weil er einen Bezug zu Breivik hat.
Varg Vikernes ist bekannt und berüchtigt. Er war in den Neunzigerjahren eine der Hauptfiguren des Black Metal, der härtesten und extremsten Stilrichtung des Metal-Genres. Der norwegische Black-Metal-Musiker sorgte mit einem Schwulenmord und Kirchenbrandstiftungen weltweit für Schlagzeilen. 1994 wurde Vikernes deshalb zu 21 Jahren Haft verurteilt, weil er einen Mitmusiker erstochen hatte. Vor zwei Jahren wurde er entlassen und widmet sich seither wieder seiner Musik. Wollte er in den Neunzigerjahren vor allem provozieren und gab sich als Satanist, ist er heute ein bekennender Rassist und Vertreter eines rechtsextremen Neuheidentums.
Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis sind zwei Alben unter dem Namen Burzum erschienen – «Belus» und «Fallen». Aufgrund der atmosphärischen Dichte seiner Songs gehört er zu den talentiertesten Musikern des Black Metal.
«Unserer Meinung nach ist es falsch, ein künstlerisches Werk wegen politischer Ansichten des Urhebers zu boykottieren.»
Renaud Meichtry, Geschäftsführer Irascible
Früher Satanist, heute Rassist: Der Musiker Varg Vikernes ist bekannt und berüchtigt. Ester Segarra
Aargauer Zeitung vom10.08.2011
Black Metal Antisemitisches Pamphlet von Varg Vikernes. Seine CDs sind hier nicht verboten.
Während die Welt noch immer über die Motive und Hintergründe des rechtsextremen Massenmörders Anders B. Breivik rätselt, hat der bekannte norwegische Musiker Varg Vikernes für sich die Antwort gefunden. In einem wahnwitzigen Pamphlet suggeriert er die Mitschuld der Juden an der Tragödie und sieht Breivik als ferngesteuerte Marionette der Juden.
Seine rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Thesen verbreitet Vikernes auf der Website seines Black-Metal-Projekts Burzum – in verschiedenen Sprachen, unter anderem auch auf Deutsch:
«Wie kann Breivik all die Probleme, die von verschiedenen Juden in unserer Geschichte verursacht wurden, und dennoch keinen einzigen von ihnen in seinem Manifest auch nur mit einem Wort erwähnen? Er greift die Symptome der Krankheit, unter der Europa leidet, an, nicht jedoch den Grund für diese Krankheit», schreibt Vikernes über das 1500 Seiten starke Manifest Breiviks. «Die Juden erfanden den Marxismus, Feminismus, das Christentum, Bankentum, die Hippie-Bewegung und alle anderen Ideologien und Bewegungen, die darauf abzielen, alle Nationen Europas zu zerstören und demontieren. Hinter allem werden Sie einen Juden finden», schreibt er weiter. Sein abstruses Fazit zu den Anschlägen: «Wer profitiert davon? Israel! Die Juden!»
CDs in der Schweiz erhältlich
Wie kann ein bekannter Musiker über seine Homepage unbehindert und ungestraft solch irrsinnige Verschwörungstheorien und solch rassistisches Gedankengut verbreiten? Weshalb wurde seine Homepage nicht längst gesperrt? Und vor allem auch: Wie ist möglich, dass seine letzte CD auch in der Schweiz vertrieben und, unter anderem im Media Markt in Oftringen und Zürich, legal verkauft wurde.
Der Vertrieb Irascible verteidigt sich auf Anfrage der az: «In unserem Katalog haben wir keine Alben mit faschistischen oder antisemitischen Botschaften und wir verabscheuen die jüngsten rassistischen Aussagen von Varg Vikernes», erklärt Geschäftsführer Renaud Meichtry. Deshalb hat der Vertrieb kontrolliert, ob auf Burzum-CDs – in den Texten, auf dem Cover oder im Booklet – extreme, politische Aussagen vorkommen. Gemäss Meichtry ist das nicht der Fall. Irascible sieht deshalb keinen Grund, die CD zu sperren. Meichtry erklärt: «Die Tatsache, dass Frontmann Varg Vikernes ein bekennender Antisemit mit schäbigem Charakter ist und untolerierbare, erbärmliche, rechtsextreme Ansichten vertritt, ist aus unserer Sicht kein Grund, sein musikalisches Werk, das keine solchen Ansichten verbreitet, zu verbieten. Unserer Meinung nach ist es falsch, ein künstlerisches Werk wegen politischer Ansichten des Urhebers zu boykottieren.»
Doch wie steht es rechtlich? Kann Musik verboten werden, wenn der Musiker ein Rassist ist? Nein. «Eine CD, die unverfänglich ist, kann nicht indexiert werden, weil andernorts strafwürdige Texte bestehen», sagt Doris Angst, die Geschäftsführerin der eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) auf Anfrage. Beim Verkauf der CDs sind alleine die moralischen Grundwerte der einzelnen Händler ausschlaggebend. Sie entscheiden, ob die Musik von Varg Vikernes weiterhin in der Schweiz erhältlich ist oder nicht.
Anzeige ist möglich
Anders verhält es sich im Fall der Burzum-Website, wo der Fan unweigerlich auf das irre Weltbild seines Schöpfers stösst. Gemäss Angst gibt es die Möglichkeit, beim Bundesamt für Polizei (Fedpol) Anzeige zu erstatten. Über www.cybercrime.ch könne dies auf elektronischem Weg jeder tun. Dort wird darauf geprüft, ob man die Site in der Schweiz sperren kann. Für Angst ist eine Anzeige in diesem Fall «besonders wichtig», weil er einen Bezug zu Breivik hat.
Varg Vikernes ist bekannt und berüchtigt. Er war in den Neunzigerjahren eine der Hauptfiguren des Black Metal, der härtesten und extremsten Stilrichtung des Metal-Genres. Der norwegische Black-Metal-Musiker sorgte mit einem Schwulenmord und Kirchenbrandstiftungen weltweit für Schlagzeilen. 1994 wurde Vikernes deshalb zu 21 Jahren Haft verurteilt, weil er einen Mitmusiker erstochen hatte. Vor zwei Jahren wurde er entlassen und widmet sich seither wieder seiner Musik. Wollte er in den Neunzigerjahren vor allem provozieren und gab sich als Satanist, ist er heute ein bekennender Rassist und Vertreter eines rechtsextremen Neuheidentums.
Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis sind zwei Alben unter dem Namen Burzum erschienen – «Belus» und «Fallen». Aufgrund der atmosphärischen Dichte seiner Songs gehört er zu den talentiertesten Musikern des Black Metal.
«Unserer Meinung nach ist es falsch, ein künstlerisches Werk wegen politischer Ansichten des Urhebers zu boykottieren.»
Renaud Meichtry, Geschäftsführer Irascible
Früher Satanist, heute Rassist: Der Musiker Varg Vikernes ist bekannt und berüchtigt. Ester Segarra