Gentos
Gesperrt
Unter Jugoslawien
Das Tito-Regime, das im engeren Sinn nicht serbisch-nationalistisch, sondern jugoslawisch-nationalistisch und ansonsten eine blutige Diktatur nach Stalin'schen Muster war, versuchte einerseits, die Kosovo-Albaner durch die Eröffnung von Schulen und Kulturinstitutionen für sich zu gewinnen, wobei allerdings Serbisch die einzige offizielle Sprache blieb, unterwarf aber gleichzeitig angesichts des fragwürdigen Erfolges dieser Bemühungen die ‘südserbische' Provinz ganz besonders der Unterdrückung durch das Polizeiregime des gleichermaßen stalinistischen wie serbisch-nationalistischen Innenministers Aleksandar Rankovic.
Die Repression wurde zunächst durch die Tatsache der engen Zusammenarbeit Jugoslawiens mit Albanien gemildert, setzte aber vollein, nachdem der Bruch zwischen Tito und Stalin auch Enver Hoxha die Möglichkeit verschaffte, sich des übermächtigen ‘Verbündeten' unmittelbar an der Grenze zu Gunsten eines wenigstens geographisch entfernteren Verbündeten zuentledigen. Ende der 40er Jahre begann eine umfassende Repressionswelle im vom praktisch ausschließlich von Nicht-Albanern verwalteten Kosovo zunächst unter dem Deckmantel des Einsammelns illegaler Waffen. Die serbischen Polizei- und Armeeeinheiten, die bereits den Aufstand niedergeschlagen hatten, der unmittelbar nach Befreiung ausgebrochen war, als es offenkundig war, daß von einer Selbstbestimmung der Albaner im Kosovo keine Rede sein würde, führten diese Maßnahme gegen Personen, bei denen keine Waffen gefunden wurden, mit ebensolcher Schärfe durch, wie gegen solche, bei denen sie gefunden wurden.
Ziel war offensichtlich die Vertreibung einer größtmöglichen Zahl von Albanern. Die Tatsache, daß das benachbarte Albanien 1948 seine Grenzen zu Jugoslawien geschlossen hatte, ermöglichte keinen wirklichen Erfolg bei diesem Vorhaben. Allerdings führte die kulturelle und rechtliche Förderung der ursprünglich nur 1.315 ‘Türken' im Kosovo auf Grund eines Gesetzes von 1949 dazu, daß das Kosovo 1951 wundersamerweise bereits 34.583 ‘Türken' zählte. Gashi/Steiner schreiben: "Der sprunghafte Anstieg der türkischen Bevölkerung war letztlich dem Wüten der serbischen und mazedonischen [wo das gleiche Gesetz galt, A.H.] Polizei zu verdanken. Nachdem Belgrad seine alten Vorkriegsverträge mit der Türkei erneuert hatte, wonach Ankara sich bereit erklärte, allein Jugoslawien lebende Türken aufzunehmen, stellte die Polizei die Albaner vor die Wahl: Entweder sich weiterhin als Albaner zu bekennen und Schikanen ausgesetzt zu sein oder sich als Türke zu deklarieren und damit alle Rechte zuerhalten, einschließlich einer Ausreise in die Türkei. Der Druck der Polizei und die wirtschaftliche Benachteiligung bewog viele Albaner, diesen Weg zu wählen. Allein zwischen 1953 und 1960 mußten 283.000 ‘türkische' Albaner das Kosovo und Mazedonien in Richtung Türkei verlassen. Eine 1976 in Prishtina veröffentlichte Studie geht sogar davon aus, daß bis 1966 etwa 400.000 Albaner emigrierten bzw. deportiert wurden. Die halblauten Proteste der Kosovo-Kommunisten, der serbische Geheim dienst und das Innenministerium müßten aufhören, Hunderttausende Albaner zu zwingen, sich als Türken zu deklarieren, blieben ebenso wirkungslos wie halblaute Proteste aus Tirana. Erst die 4.ZK-Sitzung des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens im Juni 1966 machten dem schrecklichen Treiben ein Ende." (Gashi, D., Steiner, I.: Albanien -- archaisch, orientalisch, europäisch. Wien 1994, S.216). Andere Quellen geben als Zahl derer, diezwischen 1945 und 66 in die Türkei emigriert sind, immerhin über 200.000 an (s. Robert Bideleux: Kosovo's Conflicts. in ‘History Today' Nov. 1998, p.31).
Der Grund für diese Richtungsänderung war Gashi/Steiner zufolge weniger eine veränderte Haltung zu den Rechten der Albaner im Kosovo, als vielmehr ein innenpolitischer Machtkampf zwischen einem konservativen Lager um Rankovic, der bei dieser Gelegenheit abgesetzt wurde, und einem auf verstärkte Westintegration setzenden Lager um Tito. In der jugoslawischen Verfassung von 1963 war das Kosovo im übrigen als ‘autonome Provinz' bezeichnet worden, dessen verfassungsrechtlicher Status jedoch vom serbischen Parlament zubestimmen sei.
Anders als im benachbarten Mazedonien, wo sich an der Unterdrückung der etwa ein Drittel der Bevölkerung stellenden Albaner kaum etwas änderte, verbesserte sich deren Lage im Kosovo von nun an spürbar. Prishtina erhielt eine Universität, Albanisch wurde gleichberechtigte Amtssprache und die Albaner erhielten deutlich größere politische und wirtschaftliche Selbstverwaltungsmöglichkeiten. Dieser Prozess wurde durch die jugoslawische Verfassung von 1974 gekrönt, in der dem Kosovo ebenso wie der Vojvodina mit ihrer ungarischen Minderheit zwar nicht formal aber faktisch weitgehend den Status einer gleichberechtigten Republik gewährt wurde.
Diese Verfassung war eine Antwort auf die wachsende wirtschaftliche und politische Krise, die sich in Jugoslawien wie in anderen Teilen der kapitalistischen Welt in der zweiten Hälfte der 60er Jahre entwickelthatte. Mit einem Höhepunkt 1968/69 war ab Mitte der 60er Jahre in Jugoslawien eine oppositionelle Studentenbewegung entstanden, die insbesondere die sozialen Forderungen der Arbeiterklasse und allgemeine Forderungen nach Demokratie aufgriff (s. Pavlovic, R: Von der Revolution zum Nationalismus. in: ‘Inprekorr'. Oktober 1998). Sie hatte im Kern einen sozialistischen Charakter und konnte deswegen vom vermeintlich selbst sozialistischen Regime nicht einfach ignoriert werden, sondern mußte durch Zugeständnisse und Repression niedergemacht werden. Diese Studentenbewegung -- und das hieß damals faktisch linke Opposition -- hatte nicht nur 1966 gegen den Willen des Regimes gegen den Vietnam-Krieg demonstriert und war dafür vor der US-Botschaft in Belgrad auseinandergeknüppelt worden, sie hatte sich beispielsweise auch in einem Hungerstreik mit den aufständischen bosnischen Bergarbeitern solidarisiert. "Daß Jugoslawien" -- schreibt R. Pavlovic -- "in der nationalistischen Barbarei untergehen konnte, daß Faschisten [Milosevics Regierungspartner Seselj, A.H.] Einzug halten konnten und die richtigen Sozialisten sich in ihre Löcher verkriechen mußten, ist zu einem großen Teil der titoistischen Repression der 70er Jahre zu verdanken, die die Linke zerschlagen und der Rechten das Terrain überlassen hat."
Für die Nomenklatura in den verschiedenen Republiken hatte die Antwort der Zentralregierung auf die Krise immerhin größere Bewegungsspielräume mit sich gebracht. Desgleichen hatten auch die Massenproteste, die am 27.11.1968 in Prishtina begonnen und sich bald auf andere Städte im Kosovo ausgedehnt hatten, nicht nur zu Haftstrafen für ihre Führer, sondern auch zu Konzessionen geführt. Ende 1969 wurde in Prishtina eine Universität eröffenet, in der neben Serbo-Kroatisch auch Albanisch gelehrt wurde und die meisten Ämter wurden nunmehr mit Albanern besetzt.
Alle diese Maßnahmen, die die Funktion hatten, das interne Gleichgewicht zwischen den Nomenklaturen der einzelnen Teilrepubliken im Interesse der Macherhaltung Titos und seiner Fraktion auszugleichen bzw. diese gegeneinander auszuspielen, mußten notwendigerweise auf Kosten des schon immer hegemonialen Serbiens gehen und wurden von den serbischen Nationalisten aller Schattierungen auch so verstanden.
Kosovo: national unterdrückt oder nicht?
Das Tito-Regime, das im engeren Sinn nicht serbisch-nationalistisch, sondern jugoslawisch-nationalistisch und ansonsten eine blutige Diktatur nach Stalin'schen Muster war, versuchte einerseits, die Kosovo-Albaner durch die Eröffnung von Schulen und Kulturinstitutionen für sich zu gewinnen, wobei allerdings Serbisch die einzige offizielle Sprache blieb, unterwarf aber gleichzeitig angesichts des fragwürdigen Erfolges dieser Bemühungen die ‘südserbische' Provinz ganz besonders der Unterdrückung durch das Polizeiregime des gleichermaßen stalinistischen wie serbisch-nationalistischen Innenministers Aleksandar Rankovic.
Die Repression wurde zunächst durch die Tatsache der engen Zusammenarbeit Jugoslawiens mit Albanien gemildert, setzte aber vollein, nachdem der Bruch zwischen Tito und Stalin auch Enver Hoxha die Möglichkeit verschaffte, sich des übermächtigen ‘Verbündeten' unmittelbar an der Grenze zu Gunsten eines wenigstens geographisch entfernteren Verbündeten zuentledigen. Ende der 40er Jahre begann eine umfassende Repressionswelle im vom praktisch ausschließlich von Nicht-Albanern verwalteten Kosovo zunächst unter dem Deckmantel des Einsammelns illegaler Waffen. Die serbischen Polizei- und Armeeeinheiten, die bereits den Aufstand niedergeschlagen hatten, der unmittelbar nach Befreiung ausgebrochen war, als es offenkundig war, daß von einer Selbstbestimmung der Albaner im Kosovo keine Rede sein würde, führten diese Maßnahme gegen Personen, bei denen keine Waffen gefunden wurden, mit ebensolcher Schärfe durch, wie gegen solche, bei denen sie gefunden wurden.
Ziel war offensichtlich die Vertreibung einer größtmöglichen Zahl von Albanern. Die Tatsache, daß das benachbarte Albanien 1948 seine Grenzen zu Jugoslawien geschlossen hatte, ermöglichte keinen wirklichen Erfolg bei diesem Vorhaben. Allerdings führte die kulturelle und rechtliche Förderung der ursprünglich nur 1.315 ‘Türken' im Kosovo auf Grund eines Gesetzes von 1949 dazu, daß das Kosovo 1951 wundersamerweise bereits 34.583 ‘Türken' zählte. Gashi/Steiner schreiben: "Der sprunghafte Anstieg der türkischen Bevölkerung war letztlich dem Wüten der serbischen und mazedonischen [wo das gleiche Gesetz galt, A.H.] Polizei zu verdanken. Nachdem Belgrad seine alten Vorkriegsverträge mit der Türkei erneuert hatte, wonach Ankara sich bereit erklärte, allein Jugoslawien lebende Türken aufzunehmen, stellte die Polizei die Albaner vor die Wahl: Entweder sich weiterhin als Albaner zu bekennen und Schikanen ausgesetzt zu sein oder sich als Türke zu deklarieren und damit alle Rechte zuerhalten, einschließlich einer Ausreise in die Türkei. Der Druck der Polizei und die wirtschaftliche Benachteiligung bewog viele Albaner, diesen Weg zu wählen. Allein zwischen 1953 und 1960 mußten 283.000 ‘türkische' Albaner das Kosovo und Mazedonien in Richtung Türkei verlassen. Eine 1976 in Prishtina veröffentlichte Studie geht sogar davon aus, daß bis 1966 etwa 400.000 Albaner emigrierten bzw. deportiert wurden. Die halblauten Proteste der Kosovo-Kommunisten, der serbische Geheim dienst und das Innenministerium müßten aufhören, Hunderttausende Albaner zu zwingen, sich als Türken zu deklarieren, blieben ebenso wirkungslos wie halblaute Proteste aus Tirana. Erst die 4.ZK-Sitzung des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens im Juni 1966 machten dem schrecklichen Treiben ein Ende." (Gashi, D., Steiner, I.: Albanien -- archaisch, orientalisch, europäisch. Wien 1994, S.216). Andere Quellen geben als Zahl derer, diezwischen 1945 und 66 in die Türkei emigriert sind, immerhin über 200.000 an (s. Robert Bideleux: Kosovo's Conflicts. in ‘History Today' Nov. 1998, p.31).
Der Grund für diese Richtungsänderung war Gashi/Steiner zufolge weniger eine veränderte Haltung zu den Rechten der Albaner im Kosovo, als vielmehr ein innenpolitischer Machtkampf zwischen einem konservativen Lager um Rankovic, der bei dieser Gelegenheit abgesetzt wurde, und einem auf verstärkte Westintegration setzenden Lager um Tito. In der jugoslawischen Verfassung von 1963 war das Kosovo im übrigen als ‘autonome Provinz' bezeichnet worden, dessen verfassungsrechtlicher Status jedoch vom serbischen Parlament zubestimmen sei.
Anders als im benachbarten Mazedonien, wo sich an der Unterdrückung der etwa ein Drittel der Bevölkerung stellenden Albaner kaum etwas änderte, verbesserte sich deren Lage im Kosovo von nun an spürbar. Prishtina erhielt eine Universität, Albanisch wurde gleichberechtigte Amtssprache und die Albaner erhielten deutlich größere politische und wirtschaftliche Selbstverwaltungsmöglichkeiten. Dieser Prozess wurde durch die jugoslawische Verfassung von 1974 gekrönt, in der dem Kosovo ebenso wie der Vojvodina mit ihrer ungarischen Minderheit zwar nicht formal aber faktisch weitgehend den Status einer gleichberechtigten Republik gewährt wurde.
Diese Verfassung war eine Antwort auf die wachsende wirtschaftliche und politische Krise, die sich in Jugoslawien wie in anderen Teilen der kapitalistischen Welt in der zweiten Hälfte der 60er Jahre entwickelthatte. Mit einem Höhepunkt 1968/69 war ab Mitte der 60er Jahre in Jugoslawien eine oppositionelle Studentenbewegung entstanden, die insbesondere die sozialen Forderungen der Arbeiterklasse und allgemeine Forderungen nach Demokratie aufgriff (s. Pavlovic, R: Von der Revolution zum Nationalismus. in: ‘Inprekorr'. Oktober 1998). Sie hatte im Kern einen sozialistischen Charakter und konnte deswegen vom vermeintlich selbst sozialistischen Regime nicht einfach ignoriert werden, sondern mußte durch Zugeständnisse und Repression niedergemacht werden. Diese Studentenbewegung -- und das hieß damals faktisch linke Opposition -- hatte nicht nur 1966 gegen den Willen des Regimes gegen den Vietnam-Krieg demonstriert und war dafür vor der US-Botschaft in Belgrad auseinandergeknüppelt worden, sie hatte sich beispielsweise auch in einem Hungerstreik mit den aufständischen bosnischen Bergarbeitern solidarisiert. "Daß Jugoslawien" -- schreibt R. Pavlovic -- "in der nationalistischen Barbarei untergehen konnte, daß Faschisten [Milosevics Regierungspartner Seselj, A.H.] Einzug halten konnten und die richtigen Sozialisten sich in ihre Löcher verkriechen mußten, ist zu einem großen Teil der titoistischen Repression der 70er Jahre zu verdanken, die die Linke zerschlagen und der Rechten das Terrain überlassen hat."
Für die Nomenklatura in den verschiedenen Republiken hatte die Antwort der Zentralregierung auf die Krise immerhin größere Bewegungsspielräume mit sich gebracht. Desgleichen hatten auch die Massenproteste, die am 27.11.1968 in Prishtina begonnen und sich bald auf andere Städte im Kosovo ausgedehnt hatten, nicht nur zu Haftstrafen für ihre Führer, sondern auch zu Konzessionen geführt. Ende 1969 wurde in Prishtina eine Universität eröffenet, in der neben Serbo-Kroatisch auch Albanisch gelehrt wurde und die meisten Ämter wurden nunmehr mit Albanern besetzt.
Alle diese Maßnahmen, die die Funktion hatten, das interne Gleichgewicht zwischen den Nomenklaturen der einzelnen Teilrepubliken im Interesse der Macherhaltung Titos und seiner Fraktion auszugleichen bzw. diese gegeneinander auszuspielen, mußten notwendigerweise auf Kosten des schon immer hegemonialen Serbiens gehen und wurden von den serbischen Nationalisten aller Schattierungen auch so verstanden.
Kosovo: national unterdrückt oder nicht?