Die Albanesen müssen ausgerottet werden!
In Verbindung mit der Nachricht, daß in Prizrend 300 albanesische Ljumesen, die unbewaffnet angetroffen wurden, ohne Gerichtsverfahren erschossen worden sind, schreibt die "Frankfurter Zeitung": In dem jetzigen Falle scheint reguläres serbisches Militär das Blutbad angerichtet zu haben. Aber auch wo man sonst die schlimmsten Metzeleien den irregulären Hilfstruppen überließ, haben diese ohne allen Zweifel unter vollständiger Duldung und nach dem Willen der serbischen Behörden gehandelt. Uns selbst gegenüber ist zu Beginn des Krieges von verantwortlicher serbischer Stelle aus offen erklärt worden: "Wir werden die Albanesen ausrotten." Nachdem allen europäischen Protesten gegenüber diese systematische Ausrottungspolitik unverändert fortgesetzt wird, scheint es uns Pflicht, die Absichten der Herren in Belgrad rücksichtslos bloßzulegen. Die Herren werden entrüstet leugnen in der Gewißheit, daß journalistischer Anstand uns hindert, Namen zu nennen. Aber es versteht sich von selbst, daß wir eine solche Mitteilung nicht machen würden, wenn wir nicht unbedingt an ihr festhalten könnten. Schließlich sprechen hier die Tatsachen lauter, als die offenherzigsten Geständnisse es tun könnten. Seitdem im vergangenen Herbst serbische Truppen die Grenze überschritten und Gebiete besetzt haben, die von Albanern bewohnt sind, hat ein Blutbad an das andere sich gereiht.
Ein Ausrottungskrieg.
Professor Schiemann schrieb in einem in der "Kreuzzeitung" veröffentlichten Artikel: Ein außerordentlich betrübendes Bild geben allmählich, trotz der strengen Zensur der verbündeten Balkanstaaten und trotz des Druckes, der auf die Kriegskorrespondenten ausgeübt wird, die hierher gelangenden Privatbriefe vom Kriegsschauplatze, in welchen die Kriegsführung der Serben und Griechen geschildert wird. Die Serben, heißt es in dem Artikel, führen einen Ausrottungskrieg gegen die albanesische Nation, die sie am liebsten bis auf die Wurzel vernichten möchten.
"Daily Cronicle" meldet am 12. November 1912, es sei Tatsache, daß Tausende von Arnauten von den Serben massakriert wurden. In der Nähe von Üsküb wurden 2000 und unweit Prizrend 5000 mohammedanische Arnauten niedergemetzelt. Viele Dörfer sind von den Serben angezündet und die Bewohner abgeschlachtet worden. Bei den Hausdurchsuchungen nach Waffen wurden Albanesen, auch wenn man in deren Häusern keine Waffen vorfand, einfach getötet. Die Serben erklärten ganz offen, die mohammedanischen Albaner müßten ausgerottet werden, das sei das wirksamste Mittel zur Pazifizierung des Landes.
Der Kriegsberichterstatter des römischen "Mesaggero" meldet furchtbare serbische Albanesengemetzel im Wilajet Kossowo. Infolge Widerstandes der Albanesen wurden die Ortschaften Ferisovic, Negotin, Lipian Babus und andere völlig zerstört, die Bewohner größtenteils niedergemacht. Ein katholischer Erzprister erzählte, es sei drei Tage wütend um Ferisovic gekämpft worden, nach der Eroberung habe der serbische Kommandant die Geflüchteten auffordern lassen, ruhig zurückzukehren und die Waffen abzuliefern. Nachdem dies geschehen, seien drei- oder vierhundert Personen niedergemacht worden. In ganz Ferisovic sei nur ein halbes Dutzend muselmanischer Familien übriggeblieben. Die ärmeren serbischen Familien haben sich schleunigst in den Häusern der wohlhabenden Flüchtlinge eingenistet.
Die Pariser "Humanité" veröffentlicht einen offiziellen Bericht, der einem Konsulat in Salonichi erstattet wurde. Der Konsulatsbericht schildert die Tätigkeit der Serben in Albanien: Plünderungen, Zerstörungen, Massaker. Die Zahl der albanischen Ortschaften, die von den Serben vollständig oder zum Teil systematisch zerstört worden sind, beträgt einunddreißig. Die von Kristo von Kumanovo, Ssiro Diliow von Üsküb, Alexandrowos von Ischtip und andere geführten Banden plünderten alle Ortschaften der Distrikte Kratowo und Kotschana, steckten sie in Brand und metzelten die ganze mohammedanische Bevölkerung nieder. In Schujowo und Mescheli wurden alle Mohammedaner massakriert, weitere zweihundert in Vétreni. In Bodganitza wurden sechzig Türken in einer Moschee eingesperrt. Nachher ließ man sie heraustreten und machte einen nach dem anderen nieder. Im Distrikt von Kawadar wurden von insgesamt achtundneunzig Dörfern vierunddreißig zerstört. Die Türken, die sich zum Teil durch ein an eine Bande gezahltes Lösegeld gerettet glaubten, wurden von einer anderen Bande niedergemacht. In Drenewo wurden alle Bewohner getötet. Zwischen diesem Orte und Palikura hat man eine Reihe Gräber gefunden, aus denen Köpfe hervorragten. Sie gehören zu den Gemarterten, die lebendig begraben worden sind!
Menschenjagden.
Der Kriegskorrespondent der dänischen Zeitung "Riget", Fritz Magnussen, ein sonst serbenfreundlich gesinnter Mann, schildert folgendermaßen in einem Telegramme, das er, um der strengen Zensur zu entgehen, mit einem besonderen Kurier von Üsküb nach Semlin gesandt, das Vorgehen der Serben unter der arnautischen Bevölkerung:
"Die serbische Kriegsführung in Mazedonien hat den Charakter einer entsetzlichen Massakrierung der arnautischen Bevölkerung angenommen, das Heer führt einen greulichen Ausrottungskrieg. Nach Aussage der Offiziere und Soldaten sind zwischen Kumanovo und Üsküb 300 und bei Pristina 5000 Arnauten gemordet worden. Die arnautischen Dörfer werden umringt und in Brand gesteckt, worauf die Einwohner aus den Häusern gejagt und wie Ratten niedergeschossen werden. Von dieser Menschenjagd erzählt das serbische Militär ganz prahlerisch. Die Verhältnisse in Üsküb sind ganz entsetzlich. Bei den Arnauten wird eine rücksichtslose Hausuntersuchung angeordnet und wenn man etwas findet, was Waffen gleicht, werden sie auf der Stelle niedergeschossen. Es ist höchst unsicher auf den Straßen, da ständig aus den Häusern und in die Häuser geschossen wird. Gestern wurden 36 Arnauten von einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt und auf der Stelle erschossen. Kein Tag vergeht, ohne daß grausame Morde an den Arnauten verübt werden. Der Fluß weiter hinauf ist mit Leichen angefüllt. Jeden Tag werden Jagdexpeditionen in die umliegenden Dörfer veranstaltet. Gestern lud mich ein serbischer Offizier ein, an einer solchen Jagd teilzunehmen, indem er zu gleicher Zeit damit prahlte, daß er am Tage vorher eigenhändig neun Arnauten ermordet."