Die Chefs der mit weitem Abstand größten Einrichtung der katholischen Kirche residieren in Rom nahe der Spanischen Treppe. Hier werden sie eingenebelt von den Ausdünstungen gewaltiger Schnellrestaurants, und die Priester drängen sich auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz nicht nur durch Touristenmassen, sondern müssen auch noch an den teuersten Unterwäsche-Boutiquen der Stadt vorbei. Dafür wissen alle Mitarbeiter, dass ihr Job ungeheuer an Bedeutung gewonnen hat. Sie arbeiten für eine der einflussreichsten und zugleich unbekanntesten Organisationen des Vatikans.
Die "Congregatio pro Gentium Evangelizatione", die Kongregation für die Evangelisierung der Völker, die zwischen 1566 und 1572 aus der Kongregation "De Propaganda Fide" von Papst Pius V. hervorging, versuchte bisher - ohne das große Interesse der Weltöffentlichkeit zu erlangen -, den christlichen Glauben auf dem Globus zu verbreiten. Geostrategisch schien die Kongregation völlig bedeutungslos, kein Außenminister nahm sich die Zeit, mit ihren Vertretern zu sprechen. Doch das war in der Welt von gestern.
Heute fordern immer mehr Regierungsstellen aus aller Welt ihre Statistiken an, die die Ausbreitung des Christentums und des Islam sehr genau veranschaulichen. Die Kongregation ist die einzige Institution der Welt, die den Konflikt zwischen der christlichen und der muslimischen Religion aktiv austrägt. Sie untersucht nicht wie ein Kultur- oder Forschungsinstitut das Verhältnis zwischen Muslimen und Christen, sondern arbeitet ganz praktisch mit einem Heer von mehr als einer Million Mitarbeitern daran, die Ausbreitung des Islam und die Verehrung für den Kriegsherren Mohammed einzudämmen. Sie will Menschen in aller Welt zum friedlichen Christentum bekehren, dessen Religionsstifter niemals eine Waffe in die Hand nahm und darüber hinaus den Menschen sogar befahl, ihre Feinde zu lieben.Die Auseinandersetzung wird allerdings durchaus mit militärischer Präzision ausgetragen. Kardinal Crescenzio Sepe, Chef dieser aktiven Missionare, nennt seine Mitarbeiter nicht zufällig "meine Truppen". Denn die Zahlen in diesem Kampf um die Seelen auf der ganzen Welt sind beeindruckend. Die Kongregation für die Evangelisierung der Völker ist allein zuständig für 40 Prozent der christlichen Welt. Der Kongregation sind 1081 Diözesen direkt anvertraut, darunter alle so genannten "Zonen des Schweigens" - gemeint sind damit alle Teile der Welt, in denen die katholische Kirche de facto verboten ist wie in China, Saudi-Arabien, Vietnam, im Jemen oder in Kambodscha.
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Weil sich seit dem 11. September der christlich-muslimische Konflikt weltweit verschärft, wird mit härteren Bandagen um jeden einzelnen Gläubigen gekämpft. Da sind die Chefs der Kongregation auch mal bereit, einiges in Kauf zu nehmen. So galt im Vatikan als ausgemacht, dass die Kirchenmänner in keinen Staat reisen, in dem das Kreuz als Symbol öffentlich nicht gezeigt werden darf. Doch Kardinal Sepe versteckte bei der Ankunft auf dem Flughafen in Katar kürzlich brav sein Bischofskreuz, um zur Einweihung einer Schule zu fahren. In der von der katholischen Kirche finanzierten Einrichtung werden 4000 Schüler ausgebildet, davon ist nicht einmal ein Drittel christlich. Die Kongregation geht aber wohl zu Recht davon aus, dass in einer christlichen Schule unterrichtete Muslime zumindest nicht mehr die schlimmsten Gerüchte über Christen glauben, sondern eher Toleranz üben.