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Mysteriöser „Cold spot“: Neues Rätsel um eine Christusstatue in Medjugorje

Marcin

Spitzen-Poster

Mysteriöser „Cold spot“: Neues Rätsel um eine Christusstatue in Medjugorje



Ein neues Wunder in Medjugorje?
2004 berichteten wir im Skeptiker über die Statue des Auferstandenen Christus in dem „Marienerscheinungsort“ in Bosnien-Herzegowina. Damals konnte ich selbst in Augenschein nehmen, wie aus einer Stelle knapp unterhalb des rechten Knies der großen Bronzeskulptur Tropfen einer klaren Flüssigkeit sickerten:
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Bis heute gilt dieser anhaltende Vorgang vor Ort als „Real Miracle of God“, obwohl sich zum einen die theologisch-mystische Bedeutung eines „weinenden“ Unterschenkels nicht so ohne weiteres erschließt – es sei denn, man ließe sich auf folgenden Gedankengang ein:
Maria lehnte sich an Jesus als er am Kreuz hing und dort weinte sie.
Zum anderen konnten wir seinerzeit eine plausible Erklärung finden, die etwas mit den zahlreichen Mikrorissen in der Statue und dem Aufwärm- und Abkühlverhalten des Materials zu tun hat. Im Inneren von Bronzeskulpturen kann man mitunter Flüssigkeitsfilme und starke Kondensatbildung bis hin zu dicken Tropfen feststellen, die sich nach außen drücken können.

Das passt auch zur Beobachtung der Gläubigen:
This phenomenon occurs in all kinds of weather, but the speed of the oozing varies. Sometimes it takes a few minutes before a single drop comes out, but at other times the dripping is faster.
Den entscheidenden Beitrag leistete seinerzeit GWUP-Mitglied Dr. Mag. Gerhard Hubmer von der Forschungs- und Entwicklungsabteilung bei voestalpine Stahl in Linz mit einem Kollegen.
Daran erinnerte sich offenbar auch ein kürzlicher Medjugorje-Besucher, der Hubmer und der GWUP diese Fotos im Original zukommen ließ (die mittlerweile auch in verschiedenen Medjugorje-Publikationen erschienen sind):

Kurz gesagt geht es darum, dass der Herr mit einer Wärmebildkamera Fotos von der Statue aufgenommen hat (nach eigener Aussage hatte er das Gerät nach Medjugorje mitgebracht in der Hoffung, so die „Erscheinungen“ der Gottesmutter sichtbar machen zu können) und dabei eine scheinbar unerklärliche Anomalie entdeckte:
Dabei fiel mir auf, dass die Stelle, aus der die Wassertropfen austreten, kälter als -10° ist.

Auf der Seite von gloria.tv wird das Phänomen vom Fotografen diskutiert:
Als ich anfing mich mit Medjugorje zu befassen wollte ich mir beweisen dass das alles Fake ist und die Statue mochte ich besonders nicht. Habe dann aber recht schnell eingesehen das ich mich täusche. Wo kommt denn die Kälte her? […]
Fakt ist dass die Temperaturunterschiede nur mit Leitungen möglich wären. Diese Leitungen würde die Kamera erkennen. Photoshop war es nicht und Dämonen haben dort wo gebetet wird keine Chance.
Nun ja – Fakt ist, dass der gefilmte Temperaturunterschied mitnichten „nur mit Leitungen“ möglich ist. Und dass es den Medjugorje-Pilgern längst hätte auffallen müssen, wenn die „Wunderstelle“ an der Statue extrem kalt wäre. Und dass sich bei minus zehn Grad Celsius üblicherweise keine Wassertropfen bilden, sondern Eis.
Auch mit diesem neuerlichen Material-Rätsel befasste sich Gerhard Hubmer und kam zusammen mit einer „firmeninternen Expertenmeinung“ schnell auf die Lösung.

Es handelt sich nicht um einen Messfehler, sondern um eine Fehldeutung des Gemessenen. Messergebnisse sind nicht objektiv – auch das, was eine Wärmebildkamera zeigt, muss korrekt interpretiert werden.
Bei einer Wärmebildkamera erfolgt die Bestimmung der Temperatur nicht durch direkten Kontakt mit der Messobjektoberfläche, sondern indirekt über die Messung der von dem Objekt ausgehenden Strahlung (jeder Körper emittiert abhängig von seiner Temperatur elektromagnetische Strahlung).
Bei der Messung muss deshalb nicht nur die Temperatur berücksichtigt werden, sondern auch der Emissionsgrad, vereinfacht gesagt das Abstrahlverhalten eines Gegenstands. Der Emissionsgrad hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel vom Material, von der Temperatur, der Wellenlänge – und ganz erheblich auch von der Beschaffenheit der Oberfläche.
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Und das ist der maßgebliche Punkt für diese scheinbare Anomalie:
Die Stelle, an der das Wasser austritt, unterscheidet sich deutlich von der übrigen Statue. Zahllose Medjugorje-Pilger haben über viele Jahre hinweg die vermeintliche „Wunde“ mit Tüchern oder bloßen Händen praktisch blankpoliert – auch das konnte ich schon 2004 selbst beobachten.
Und blanke Metalle haben einen sehr niedrigen Emissionsgrad. Bei ihnen wird mehr als 90 Prozent der Umgebungsstrahlung auf der Messoberfläche reflektiert. Die Umgebungsstrahlung ist in diesem Fall die sogenannte „kalte Himmelsstrahlung“, also die infrarote Strahlung, die vom klaren Himmel ausgeht.
Das kann tatsächlich „jeder prüfen“, der sich eine Wärmebildkamera kauft oder ausleiht, wie unser Fotograf es fordert: Wenn man die Thermografie-Kamera gegen den Himmel hält (nicht in die Sonne), zeigt sie eine Temperatur von ungefähr minus 50 Grad Celsius an.
Diese minus 50 Grad müssten auch auf dem Foto von der Christus-Statue zu sehen sein. Der Fotograf schreibt aber:
Ich hatte eine BOSCH GTC 400 C die geht leider nur bis -10°.
Und das sind genau die „-10°“, die das Wärmebild zeigt. Die Kamera hat also gar nicht die besagte Stelle der Bronzestatue gemessen, sondern die Reflexion des Himmels auf der blankpolierten Oberfläche.
Hubmer betonte in seiner Antwort an den Fotografen, dass es ihm keineswegs angelegen sei, dessen persönlichen Glauben anzugreifen – nur von einer „Wundersucht“ halte er nichts:
Ich bin mir absolut sicher, dass es keine Wunder im übernatürlichen Sinne gibt, jedoch Wunder der anderen – und mich sehr berührenden – Art.
Der heuer verstorbene Zauberkünstler James Randi hat es so formuliert: „Das Wunder ist nicht die fünfbeinige, sondern die vierbeinige Katze.“ Und der Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe meinte: „Wenn ein Wunder in der Welt geschieht, geschieht es durch liebevolle, reine Herzen.“
Fun Fact am Rande:
Der Schöpfer der Statue des Auferstandenen Christus, der slowenische Künstler Andrej Ajdič, fühlt sich von der Pfarrgemeinde in Medjugorje betrogen, weil die Kirche sich nicht um Ajdičs Urheberrechte beim Verkauf von Andenken kümmere:
Andrej Ajdič gehört nicht zu denen, die an ein Wunder glauben:
„Das kommt von irgendwo, das Wasser. Für die Gläubigen ist das absolut ein Wunder. Die Kirche hat das ausgenutzt. Sie verkaufen spezielle Taschentücher für das Wischen dieser Tränen. Und dadurch wird ein Riesengeld verdient.“
Die Tränentücher, Brillenputztüchern sehr ähnlich, sind für zwei Euro im Andenken-Supermarkt zu haben.
Zum Weiterlesen:
  • 30 Jahre Medjugorje Teil I: Die Vorgeschichte
  • 30 Jahre Medjugorje Teil II: Die Seher
  • 30 Jahre Medjugorje Teil III: Die Franziskaner
  • 30 Jahre Medjugorje Teil IV: Die Botschaften
  • 30 Jahre Medjugorje: Teil V: Das kritische Fazit
  • Leuchtende Madonnen – solved, GWUP-Blog am 29. September 2013
  • Streit um Christus-Statue in Medjugorje: Jesus – made in China, Deutschlandfunk am 27. November 2019
  • Maria im Home-Office, Süddeutsche am 2. April 2020
 
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