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Die Regierung unter Premier Erdogan ist auf dem Weg zur ökonomischen Großmacht. Die Türken haben andere Mittelmeerländer abgehängt.
Von Daniel Eckert
Die Börse feiert das Referendum in der Türkei mit Kursgewinnen. Geht es nach der Meinung der Kapitalmarktakteure, macht die türkische AKP-Regierung fast alles richtig. Investoren werten die von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan gewonnene Volksabstimmung über weit reichende Verfassungsänderungen als wichtigen Schritt zur Modernisierung des Landes. Die Türkei ist auf dem Weg zur ökonomischen Großmacht.
Der Istanbuler Leitindex ISE Nation 100 kletterte am Montag um 2,2 Prozent. Seit Jahresanfang haben türkische Aktien mehr als 17 Prozent zugelegt. Rechnet man die Währungsgewinne der Türkischen Lira hinzu, beträgt das Plus 31 Prozent. „Die Zustimmungsrate von 58 Prozent ist ein großer Sieg für Erdogans AKP, das hebt die Stimmung am Markt“, sagt Ilker Domac, Ökonom bei Citigroup.
Das Land am Bosporus gilt als großer Aufsteiger der vergangenen Jahre. Während die Mittelmeerländer der Europäischen Union (EU) in eine tiefe wirtschaftliche Krise gestürzt sind, nähert sich die 77-Millionen-Einwohner-Nation im östlichen Mittelmeer mit beachtlicher Geschwindigkeit westlichen Wohlstandsstandards an. Experten sind davon überzeugt, dass die Türkei eine Wirtschaftsmacht ist, mit der in Zukunft gerechnet werden muss.
Die Ökonomen von Bank of America Merrill Lynch sagen für dieses Jahr ein Wachstum von 5,5 Prozent voraus, die Experten der ING halten sogar sieben Prozent für möglich.
Ökonomisch ist die Türkei schon jetzt alles andere als ein Zwerg. Mit einer jährlichen Wirtschaftsleistung von 617 Mrd. Dollar rangiert das Land zwar noch ein gutes Stück hinter den Niederlanden mit 792 Mrd. Dollar, doch schon vor dem Frühindustrieland Belgien, das es auf ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 469 Mrd. Dollar bringt. Deutschland stellt mit einer Wirtschaftskraft von 3347 Mrd. Dollar die mit Abstand größte Ökonomie in der Alten Welt, die Türkei bringt es bereits jetzt auf Position sieben.
Entgegen früherem Usus stehen auch die Staatsfinanzen am Bosporus auf einigermaßen soliden Füßen. Die Verschuldung des türkischen Staates wird dieses Jahr bei rund 48 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen und damit deutlich unter der deutschen. Das Haushaltsdefizit soll 4,5 Prozent erreichen. Mit beiden Kennziffern schneidet die Türkei deutlich besser ab als die meisten Euroländer, vor allem die kriselnden Peripherie-Staaten Irland, Portugal und Griechenland. Letztere steuern 2010 auf eine Schuldenquote von 130 Prozent zu, das Defizit wird im günstigen Fall bei rund neun Prozent liegen. Im Maastricht-Vertrag waren drei Prozent als Obergrenze für Euro-Staaten festgelegt worden.
Allerdings gehen von einer möglichen Verschlechterung der Staatsfinanzen die größten Gefahren für den türkischen Weg zum Wohlstand aus. Schon jetzt warnen Analysten, dass die Regierung Erdogan die Zügel vor den Parlamentswahlen 2011 schleifen lassen könnte. „Die Glaubwürdigkeit der türkischen Wirtschaftspolitik könnte bis zu dem Urnengang auf die Probe gestellt werden“, sagt Sengul Dagdeviren von der ING.
Schon allein die Zahl der Einwohner macht das Land zum Aspiranten für eine Großmacht. Würde die Türkei heute Mitglied der EU, müsste sie gemessen an der Bevölkerung die zweitgrößte Zahl der Abgeordneten im EU-Parlament stellen. Vor allem ist die demografische Struktur gesünder als die der alternden Europa-Staaten: 26 Prozent der Türken sind jünger als 15 Jahre, nur sechs Prozent älter als 65 Jahre. In Deutschland beträgt der Anteil der Über-65-Jährigen ein Fünftel.
Nach Referendum: Türkei auf dem Weg zur ökonomischen Großmacht - Nachrichten Geld - WELT ONLINE
Von Daniel Eckert
Die Börse feiert das Referendum in der Türkei mit Kursgewinnen. Geht es nach der Meinung der Kapitalmarktakteure, macht die türkische AKP-Regierung fast alles richtig. Investoren werten die von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan gewonnene Volksabstimmung über weit reichende Verfassungsänderungen als wichtigen Schritt zur Modernisierung des Landes. Die Türkei ist auf dem Weg zur ökonomischen Großmacht.
Der Istanbuler Leitindex ISE Nation 100 kletterte am Montag um 2,2 Prozent. Seit Jahresanfang haben türkische Aktien mehr als 17 Prozent zugelegt. Rechnet man die Währungsgewinne der Türkischen Lira hinzu, beträgt das Plus 31 Prozent. „Die Zustimmungsrate von 58 Prozent ist ein großer Sieg für Erdogans AKP, das hebt die Stimmung am Markt“, sagt Ilker Domac, Ökonom bei Citigroup.
Das Land am Bosporus gilt als großer Aufsteiger der vergangenen Jahre. Während die Mittelmeerländer der Europäischen Union (EU) in eine tiefe wirtschaftliche Krise gestürzt sind, nähert sich die 77-Millionen-Einwohner-Nation im östlichen Mittelmeer mit beachtlicher Geschwindigkeit westlichen Wohlstandsstandards an. Experten sind davon überzeugt, dass die Türkei eine Wirtschaftsmacht ist, mit der in Zukunft gerechnet werden muss.
Die Ökonomen von Bank of America Merrill Lynch sagen für dieses Jahr ein Wachstum von 5,5 Prozent voraus, die Experten der ING halten sogar sieben Prozent für möglich.
Ökonomisch ist die Türkei schon jetzt alles andere als ein Zwerg. Mit einer jährlichen Wirtschaftsleistung von 617 Mrd. Dollar rangiert das Land zwar noch ein gutes Stück hinter den Niederlanden mit 792 Mrd. Dollar, doch schon vor dem Frühindustrieland Belgien, das es auf ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 469 Mrd. Dollar bringt. Deutschland stellt mit einer Wirtschaftskraft von 3347 Mrd. Dollar die mit Abstand größte Ökonomie in der Alten Welt, die Türkei bringt es bereits jetzt auf Position sieben.
Entgegen früherem Usus stehen auch die Staatsfinanzen am Bosporus auf einigermaßen soliden Füßen. Die Verschuldung des türkischen Staates wird dieses Jahr bei rund 48 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen und damit deutlich unter der deutschen. Das Haushaltsdefizit soll 4,5 Prozent erreichen. Mit beiden Kennziffern schneidet die Türkei deutlich besser ab als die meisten Euroländer, vor allem die kriselnden Peripherie-Staaten Irland, Portugal und Griechenland. Letztere steuern 2010 auf eine Schuldenquote von 130 Prozent zu, das Defizit wird im günstigen Fall bei rund neun Prozent liegen. Im Maastricht-Vertrag waren drei Prozent als Obergrenze für Euro-Staaten festgelegt worden.
Allerdings gehen von einer möglichen Verschlechterung der Staatsfinanzen die größten Gefahren für den türkischen Weg zum Wohlstand aus. Schon jetzt warnen Analysten, dass die Regierung Erdogan die Zügel vor den Parlamentswahlen 2011 schleifen lassen könnte. „Die Glaubwürdigkeit der türkischen Wirtschaftspolitik könnte bis zu dem Urnengang auf die Probe gestellt werden“, sagt Sengul Dagdeviren von der ING.
Schon allein die Zahl der Einwohner macht das Land zum Aspiranten für eine Großmacht. Würde die Türkei heute Mitglied der EU, müsste sie gemessen an der Bevölkerung die zweitgrößte Zahl der Abgeordneten im EU-Parlament stellen. Vor allem ist die demografische Struktur gesünder als die der alternden Europa-Staaten: 26 Prozent der Türken sind jünger als 15 Jahre, nur sechs Prozent älter als 65 Jahre. In Deutschland beträgt der Anteil der Über-65-Jährigen ein Fünftel.
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