Türkische Militäroffensive Will Ankara Kurden aus der Pufferzone verdrängen?
Die Kurden in Syrien und der Türkei misstrauen Ankaras Plänen, eine entmilitarisierte Pufferzone im Norden Syriens zu errichten. Ihre Angst: Nicht der „Islamische Staat“, sondern die Kurden sind eigentliches Ziel der Militäroperation.
28.07.2015, von
Michael Martens, Istanbul
Erdogan war außer sich vor Wut
Plant Ankara also entkurdisierte Pufferzonen an seiner Südgrenze? An Aussagen führender türkischer Politiker, die eine solche Sichtweise zumindest plausibel erscheinen lassen, mangelt es nicht. Die türkische Forderung nach der Einrichtung von entmilitarisierten Pufferzonen in Syrien besteht seit 2011, sie ist damit fast so alt wie der syrische Konflikt selbst. Wer alte Reden von
Recep Tayyip Erdogan – vormals Regierungschef, jetzt Staatspräsident der Türkei – noch einmal liest, wird rasch fündig werden. Im Oktober 2014 etwa sagte Erdogan vor Studenten der Istanbuler Marmara-Universität, die Einrichtung einer Flugverbots- und Pufferzone im Norden Syriens sei von zentraler Bedeutung für die Befriedung des Nachbarstaates. In einer solchen Zone könnten dann auch die syrischen Flüchtlinge angesiedelt werden, die sich derzeit in der Türkei aufhalten.
Die Debatte nahm einen neuen Aufschwung, als kurdische Freischärler in Syrien in diesem Juni mit amerikanischer Luftunterstützung einen großen Erfolg im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ errangen. Am 15. Juni vertrieben kurdische Einheiten den IS aus der Stadt Tal Abyad. Was in Washington als großer Erfolg bezeichnet wurde, sorgte in Ankara für Wut. Tal Abyad sei „ein großartiges Beispiel“ für das Zusammenwirken von (amerikanischen) Luftschlägen und (kurdischen) Bodentruppen, sagte ein Pentagon-Sprecher. Erdogan dagegen, der nach einer kurzen rhetorischen Schwächephase in den ersten Tagen nach der Niederlage seiner Regierungspartei AKP bei der Parlamentswahl am 7. Juni rasch wieder zu alter Schärfe zurückfand, war außer sich, denn in Ankara interpretierte man die Bedeutung des Machtwechsels von Tal Abyad anders.
Türkische Militäroffensive: Will Ankara Kurden aus der Pufferzone verdrängen? - Türkei - FAZ
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Sehr bedeutend diese Aussage, da unsere Nationalisten dies oft als Vorwurf formulieren:
Plötzlich tauchten in türkischen Medien, die der AKP ergeben sind, schauerliche Berichte auf, in denen die kurdischen Vorwürfe gegen die Türkei gleichsam umgedreht und noch verschärft wurden. Tausende, ja zehntausende Araber und Turkmenen seien aus von den Kurden eroberten Gebieten in Syrien geflohen, hieß es. Von „ethnischen Säuberungen“ war die Rede. Stattdessen planten die Kurden, 9000 eigene Leute in Tel Abyad anzusiedeln. Das sei „offenes demographisches Engineering“, hieß es dazu in der AKP-Hauspostille „Sabah“. Sprecher der kurdischen Freischärler bestritten die Vorwürfe, und auch unabhängige Menschenrechtler, die sich in den von Kurden gehaltenen Gebieten in Syrien vergleichsweise frei bewegen können, haben derlei bisher nicht bestätigt.
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Türkische Propagandamaschinerie dreht auf
Erdogan jedoch fuhr in einem seiner ersten öffentlichen Auftritte nach der Parlamentswahl scharfe Geschütze auf: „Seht euch den Westen an, der in Tal Abyad Araber und Turkmenen angreift“, schimpfte er und sprach von kurdischen „Terroristen“, die mit westlicher Hilfe Gebiete im Norden Syriens eroberten. „Wie können wir diesen Westen als ehrlich betrachten?“, fragte Erdogan sein Publikum. Bei einer Rede am 27. Juni sagte er dann, worum es ihm tatsächlich geht: „Wir werden niemals zulassen, dass in Nordsyrien und im Süden unseres Landes ein Staat etabliert wird“. Gemeint war natürlich ein neuer, kurdischer Staat. Die Türkei, versicherte Erdogan seinen Mitbürgern, werde ihren Kampf (gegen einen kurdischen Rumpfstaat in Syrien) „um jeden Preis fortsetzen.“ Der amtierende Ministerpräsident
Ahmet Davutoglu sekundierte, die Kurden seien nicht besser als der IS. Sobald sie ein Gebiet eroberten, müssten alle von dort fliehen, die nicht Kurden seien, während die
von Ankara geförderte islamische Opposition gegen den Diktator Assad sich in neu gewonnenen Landstrichen um Harmonie bemühe.
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Auch vom von der nationalistischen Opposition wird die AKP unterstützt. Devlet Bahceli, Chef der „Partei der Nationalistischen Bewegung“ empörte sich darüber, dass nun kurdische Flaggen an der Grenze zur Türkei wehen und das Land von Terroristen belagert sei. (Gegen die Flagge des Islamischen Staates hatte er nichts einzuwenden). Die kurdischen Kräfte in Syrien sind personell und ideologisch eng verbunden mit der verbotenen „Arbeiterpartei Kurdistans“ (
PKK), und so schlussfolgerte Bahceli: „Die PKK vereint die Kantone (in Syrien) und schafft auf diese Weise den westlichen Teil von Großkurdistan.“ Die Staatengemeinschaft schweige unterdessen zu den „Greueltaten“, die an den „turkmenischen Brüdern“ in Syrien verübt würden.
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That fragile peace is now effectively dead, and the Turkish airstrikes come amid
a spiraling "vortex" of violence inside the country.
Turkish police rounded up more than a thousand suspected Islamic State, PKK, and lefitst militants -- but the vast majority appeared to belong to the latter two categories, and were not jihadists. Meanwhile, Turkey forged a security pact with the United States allowing
American fighter jets and armed drones to launch from the NATO air base at Incirlik.
https://www.washingtonpost.com/blogs/worldviews/wp/2015/07/27/the-messy-war-turkey-is-now-fighting-in-the-middle-east/